Bei Lanz: Scheidung einer toxischen Beziehung

Der 6. November 2024 hatte es in sich. Am Morgen wurde bekannt, dass Donald Trump die US-Wahl gewonnen hat und am Abend wurde Lindner von Kanzler Scholz entlassen. Für den ÖRR bricht eine Welt zusammen.

Screenprint: ARD / Lanz

Bei den einen knallen unter Jubel die Champagnerkorken, während sich bei den anderen die Wut mit bitteren Tränen mischt. In den deutschen Mainstream Medien wurde der Sieg von Kamala Harris prophezeit, nur um die von ihnen „gut informierte“ deutsche Bevölkerung mit dem Sieg von Donald Trump in eine Schockstarre zu versetzen. Kaum verdaut, wird ihnen ein weiterer Brocken vor die Füße geworfen – der Zusammenbruch der Ampelregierung.

Am Abend desselben Tages, entlässt Kanzler Scholz den Bundesfinanzminister Lindner. Dieser hatte mit einem Papier am Mittwoch den Koalitionspartnern neue Vorschläge für eine Verbesserung der deutschen Wirtschaft vorgelegt. Wie vorherzusehen war, kamen sie der FDP nicht entgegen, und wie diese bereits wusste, war das das Ende der Zusammenarbeit.

US-Wahl
Nach Trumps Triumph: die Schockstarre der Selbstgerechten
Scholz kam nun Lindner zuvor und verkündete die Nachricht von dessen Entlassung. Das führte bei der ARD für Chaos. Die Sendung „Brennpunkt“ begann, an Sandra Maischberger zu übergeben und verpasste dadurch die erste Hälfte der Pressekonferenz von Olaf Scholz. Schnell wurde wieder zurückgeschaltet und alle anderen Statements wurden in voller Länger übertragen – Maischberger dagegen wurde an diesem Abend nicht mehr gesichtet.

Anders Markus Lanz. Er schaffte es dank seiner Sendezeit um Mitternacht, die Ereignisse im Anschluss zu analysieren. Wie immer wurden hierzu herausragend qualifizierte Gäste eingeladen. So musste sich der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle, umringt von dem zugeschalteten Grünen-Politiker Anton Hofreiter, der Journalistin von der „Rheinischen Post“ Kerstin Münstermann und dem Chefredakteur vom „Stern“ Gregor Peter Schmitz, um Kopf und Kragen reden. Wie eine Endlosschleife wurden die Aussagen von Olaf Scholz, Christian Lindner aber auch Robert Habeck abgespielt. Mit immer wieder denselben Mustern antworteten die Gäste und schöpften jede Möglichkeit aus, sich selbst ins bessere Licht zu rücken. Wie zu oft wurde die Sendung zu einer Tortur und das Wort Zeitverschwendung bekommt eine ganz neue Dimension.

Ampel vor dem Aus
Neuwahlen im März – so geht es weiter mit der Bundesregierung
An Tagen wie jenem wird deutlich, dass die deutsche Politik zu einem Schauspiel mit unqualifizierten und überbezahlten Darstellern mutiert ist. Selten wurde in der Politik so sehr mit den Fingernägeln gekratzt und an den Haaren gezogen, wie es Scholz und Lindner an diesem Abend taten. Das Statement von Olaf Scholz wirkte wie eine einstudierte Ballade, in welcher er sich selbst als Opfer inszeniert und Lindner die Schuld an allem zuschiebt. Schließlich habe dieser einfach nicht mit sich reden lassen und nur an das „Überleben der eigenen Partei“ gedacht. Lindner wirft Scholz dagegen vor, von Anfang an seinen Rausschmiss geplant zu haben. Er begründet dies damit, dass seine Vorschläge von den Koalitionspartnern „nicht mal als Beratungsvorschläge akzeptiert“ wurden und „seit dem genau vorbereiteten Statement des Bundeskanzlers vom heutigen Abend“ wisse er warum. Dass auch für die FDP diese Trennung die einzige Rettung für eine kommende Wahl sein könnte, verschweigt er souverän.

In seinem Statement macht er dann auch deutlich, an welchem Punkt die Zusammenarbeit in die Brüche gegangen ist – er wollte die Schuldenbremse nicht aussetzen, um die Fehler auszubügeln, welche durch die Regierung in den letzten Jahren erst entstanden sind. Lindner sah an diesem Punkt eine Grenze überschritten und betont: „Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich dadurch meinen Amtseid verletzt hätte!“

Das kann Markus Lanz überhaupt nicht verstehen. In Krisenzeiten, wie wir sie im Moment erleben, sei eine Aussetzung der Schuldenbremse zwingend, damit sich die deutsche Wirtschaft erholen könne. Er zählt auf, wo es in der deutschen Wirtschaft überall hapert, und entlarvt mit seiner Aufzählung, wie tief die Ampelregierung Deutschland heruntergewirtschaftet hat. Er selbst wird aber wohl kaum wie die Mehrheit der hart arbeitenden Steuerzahler in diesem Land unter einer derartigen Verschuldung leiden. Allerdings rutscht die Erholung der deutschen Wirtschaft und die Zufriedenheit der deutschen Bürger immer mehr in den Hintergrund. Denn Deutschland muss schließlich auch seinen Teil in der Europäischen Union beitragen, so Lanz.

Hofreiter bringt daher einen neuen Schwerpunkt in die Sendung: die Ukraine. Es geht eben nicht um Deutschland, sondern als erstes um unsere Unterstützung des Friedens in Europa. Für den Grünen-Politiker ist daher jedes Mittel recht, solange das Geld weiter in die Ukraine fließt. Von einer solidarischen und hilfsbereiten Ausstrahlung kann aber bei Hofreiter nicht die Rede sein. Seine Arroganz und Bevormundung unterstreichen die bekannte Grünen-Rhetorik. Noch fragwürdiger ist seine Ermahnung des kritischen Journalisten Schmitz: „In manchen Sachen würde ich mir schon etwas mehr Zurückhaltung wünschen und eine gewisse Demut gegenüber dem, was eine Bundesregierung macht.“ Aber was ist, wenn sie eben nichts macht?

Ende der Koalition
Ampel isch over - Olaf Scholz will Deutschland durch Schulden ins nächste Chaos stürzen
Schmitz muss ein weiteres Mal Hofreiters Gereiztheit ertragen. Trumps Wahl wird als zusätzlicher Stressfaktor für die deutsche Politik gesehen. Schmitz betont daher die Notwendigkeit, dass die deutsche Regierung auf internationale Veränderungen vorbereitet sein müsse, um Europa zu stabilisieren. Als er nun den Umgang von deutschen Politikern mit der US-Wahl kritisiert, spuckt Hofreiter wieder Feuer: „Diese Bundesregierung hat sehr gute Gesprächskanäle in Richtung Trump aufgebaut. Das mögen Sie nicht wissen und es ist auch richtig, dass Sie das nicht wissen. […] Des Weiteren hat man sich selbstverständlich vorbereitet, darauf, dass Trump gewählt wird.“ Nun, wenn das ein Grünen-Politiker sagt, muss das wohl stimmen. Schließlich sind diese Meister der Geheimhaltung – wie Annalena Baerbocks Schweigen zu dem Anti-Israel-Dinner unter Beweis stellt.

Ja, fast charmant drückten sich im Gegensatz zu Hofreiter die beiden Kollegen Robert Habeck und Annalena Baerbock in ihrem Statement aus. Wie ein Klagelied beginnt Habeck: „Wir wissen natürlich, dass die Ampel-Regierung nicht immer den besten Ruf hatte, und wir haben uns häufig gestritten. Dennoch will ich sagen, für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt. Geradezu tragisch an einem Tag wie diesem.“ Dann kommt es aber zu einem kleinen Freudschen Versprecher: „Wir wiederum wollten den sozialen Zusammenhalt, den sozialen Frieden und die Zukunft dieses Landes, und das ist vor allem die wirtschaftliche und ökonomische Erholung des Landes durch den Klimaschutz, durch die Nutzung von Klimatechnologien gefährden.“ Da hat er das kleine aber entscheidende Wörtchen „nicht“ wohl vergessen: Eine Wahrheit die zu selten ausgesprochen wird, auch im Studio bei Markus Lanz.

Die toxische Beziehung der Ampelregierung nimmt ein Ende. Doch die sehnlich erhoffte Vertrauensfrage schiebt Scholz gelassen ins neue Jahr – so hat er auch noch mehr Zeit für den Wahlkampf. Die Neuwahlen würden somit voraussichtlich spätestens Ende März beginnen können. Immerhin. In dieser Sendung von Markus Lanz war die erfreulichste Nachricht das Fernbleiben der angekündigten SPD-Vorsitzende Saskia Esken.

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Kommentare ( 27 )

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27 Comments
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BK
1 Monat her

Wer als Zeitungsverleger gewinnorientiert arbeitet, der sollte einen Teil seiner Journalisten feuern. Diese Gesellen wurden schließlich nicht eingestellt, um den Lesern Geschichten aus dem Zauberwald zu erzählen. Und was Hofreiter gestern beim Lanz für eine wüste Story erzählt hat, ist schon deshalb verdächtig, weil er sich noch einen Anzug angezogen und betont gelassen gegeben hat. Da weiß man doch gleich, dass die Geschichte erstunken und erlogen ist. Ohnehin war gestern Abend das fröhliche Grillen eines FDP Mannes angesagt. So ein Mr. Unbekannt, quasi das klassische Bauernopfer, dem der Schädel rasiert wurde. Dass nach 20 Jahren Steuerrekordeinnahmen Geld in der Kasse… Mehr

FKR
1 Monat her

Jetzt kommt die Zeit der Aktenschredderer. Da braucht man schon noch ein bissel Zeit??? Besser keine Protokolle als geschwärzt.

hoho
1 Monat her

Wer denkt dass etwas sich damit verändert hat, ist naiv. Es wird weiter alles kaputt gemacht. Es gibt hier keine Chance auf Erneuerung weil es keine Kraft gibt die das erzwingen konnte. In den NL gibt es die Wärmepumpezwang nicht mehr und die „Erneubaren“ wird es nicht nur verboten ihren Strom ins Netz einzuspeisen, sondern auch werden sie für den nicht eingespeisten Strom nicht bezahlt (nur zu Erinnerung: in September hat man in D. 2.6Mld Subventionen bezahlt und den Wind/Solarstrom für145M verkauft.). Ukraine unterstützen sie zwar immer noch aber es gibt mindestens eine Bewegung. Von wem sollte ich jetzt eine… Mehr

Ombudsmann Wohlgemut
1 Monat her

In Krisenzeiten, wie wir sie im Moment erleben, sei eine Aussetzung der Schuldenbremse zwingend, damit sich die deutsche Wirtschaft erholen könne.“
Ich frage mich, wie stark Lanz gesteuert wird oder ob er wirklich so linksdebil ist.
Enorme Schulden aufbauen hilft immer nur sehr kurzfristig, verschärft aber zukünftig die Situation noch weiter. Die einzige realistisch funktionierende Lösung ist es, seinen Fehler einzugestehen und diesen Selbstmordkurs endlich zu beenden!
Nichts von alledem, was die Ampel vollbrachte, war zu Ende gedacht und fast alles extrem schädlich.

WGreuer
1 Monat her

Wie verzeifelt die FDP wohl war, sieht man auch an dem nahezu stoischen, absolut nichtssagenden Antorten von FDP-MDB Michael Kruse im Interview mit WELT-Moderator Thomas Klug. Dieser rastet beinahe aus, ob des monotonen (mit Verlaub) Gewäschs des FDP-Manns. Und in der Tat, seine Antworten zu den klaren Fragen Klugs sind nichts anderes als (frei übersetzt): „Blabla, blablabla, bla, blabla, blablabla…“. Genauso stelle ich mir die FDP-Abgeordneten in den Gesprächen mit SPD und Grünen vor. Herrlich.
https://x.com/tomdabassman/status/1853784276619129224

Sabine Ehrke
1 Monat her

Ich hörte Merz Worte, die ihn als nationalen, sozialistischen Genossen ausweisen. Unausweichlich für unser Überleben: AfD und CDU/CSU müssen koalieren und sämtliche Gesetze der Ampelregierung annullieren wie Heizungs-,Sanierungsgesetz, Lieferkettendingensens, Selbstbestimmungsgesetzt, CO2 Abgabe und drittes Geschlecht, massenhafte Vergabe der Staatsbürgerschaft rückabwickeln, Grenzen schließen, Abschieben, Rückbau Windräder, Smartmeter Zwang abschaffen, Verbrenner weiterentwickeln, saubere Atomkraftwerke bauen, Mittelstand stärken, NGO Finanzierung durch Steuergelder abschaffen, GEZ weg, Zahlungen in alle Welt stoppen, Bürgergeld stoppen, Kindergeld in alle Welt stoppen, Rundumversorgung Flüchtlinge stoppen, Bundestagssitze drastisch reduzieren, gedeckelte Amtszeiten etc.! Und die Verbrecher, die unser Land zu Grunde gerichtet haben und das GG täglich außer Kraft setzten,… Mehr

Retlapsneklow
1 Monat her

Mit dem Hinweis auf die Kosten für die Ukraine hat sich weder Hofreiter noch Kuhle einen Gefallen getan. Wer will im niedergehenden Deutschland mit seinen gigantischen Schulden noch einen Krieg bezahlen, der gerade verloren geht? Die Regierung kommt noch nicht einmal mit unseren eigenen Anliegen klar. Kuhle hat ein paar Chancen verpasst, nämlich eine richtige Abrechnung – Sozialismus funktioniert einfach nicht! – anstatt sich von Lanz mehrfach die kindische Frage anhören zu müssen, ob er von Scholz Schritt an diesem Tag überrascht war. Der Ernst der Lage verlangt andere Antworten als auf die Frage, wer in dieser Operette wem zuerst… Mehr

Sun Zhongshan
1 Monat her

„In manchen Sachen würde ich mir schon etwas mehr Zurückhaltung wünschen und eine gewisse Demut gegenüber dem, was eine Bundesregierung macht.“ 
Da ist wieder das typische Demokratieverständnis von den Grünen.

Nibelung
1 Monat her

Nach allem was man seit heute morgen weiß, ein Restkabinett des rot-grünen Grauens, wo der Verkehrsminister aus der FDP austritt um das Ministeramt zu behalten und der Staatssekretär von Scholz im Kanzleramt Finanzminister wird und die Herrschaften denken doch keineswegs an Rücktritt und dazu muß man sie zwingen, denn sie haben keine Mehrheiten mehr, was gegen jede Vernunft verstößt, die Ämter überhaupt noch zu führen und nun sind die Schwarzen mit ihrem Ideenreichtum gefragt um das zu ändern und wenn es sein muß auch mit den Blauen zusammen, weil man diese Bande so nicht weitermachen lassen kann. Das ist das… Mehr

P.Schoeffel
1 Monat her

Die Bundesregierung sollte Demut vor dem Bürger (=Souverän, Arbeitgeber) haben, bin ich sehr entschieden der Meinung.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  P.Schoeffel

Da der Bürger in Masse bislang demütig das Haupt beugt und geschehen lässt, dass man ihm den Teppich seiner Zukunft unter den Füßen entfernt, ist das auch mit einem Wechsel an „der Spitze“ nicht zu erwarten.
Wieso versammelt man sich nicht dort in Berlin um diesen allen einen Abgesang zu bereiten?
November ists zudem, ein geschichtsträchtiger deutscher Monat. Aber nirgends halt etwas, das sich nach „wir sind das Volk“ auch nur ansatzweise anhört.