Was Merkel beim Corona-Gipfel vorhat

Am Dienstag beraten Merkel und die Ministerpräsidenten über Verschärfungen des Lockdowns. Dagegen regt sich Widerstand. Virologe Streeck wurde nach einem Statement, in dem vor "Lockdown-Fanatikern" gewarnt wurde, nicht in eine Expertengruppe eingeladen. Die Übersicht.

imago images / Metodi Popow
Morgen treten die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin erneut zum Corona-Gipfel zusammen. Früher als geplant – eigentlich sollten sich die Vertreter der Regierungen, die seit Monaten weitgehend ohne parlamentarischen Einfluss entscheiden, erst am 25. Januar treffen. Doch Merkel drängte darauf, die Konferenz vorzuziehen. Die Begründung ist die britische Corona-Mutante. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte heute, die Mutante trage in Großbritannien und Irland „wohl auch erheblich zu steigenden Zahlen“ bei. Doch Genaueres konnte er auf Nachfrage mehrerer Journalisten dazu nicht sagen. Da geht es Seibert wie vielen anderen Regierungsvertretern. Kanzleramtsminister Helge Braun musste erst vergangenen Dienstag im CDU-Präsidium einräumen: „Wir haben keine Beweise, aber Indizien.“

Das hindert Merkel und andere jedoch nicht daran, erneut mit massiven Verschärfungen vorzupreschen. Wie bereits jetzt bekannt ist, wird im Kanzleramt unter anderem eine nächtliche Ausgangssperre angedacht, sogar eine totale Ausgangssperre sei im Gespräch. Auch die Kontaktregeln sollen noch weiter verschärft werden: Nach Recherchen des Magazins Business Insider heißt es übereinstimmend aus Regierungskreisen, künftig könnten nur noch Treffen mit einer festen Person außerhalb des eigenen Haushalts erlaubt sein. Doch vor allem zielen die Lockdown-Befürworter wohl auf zeitliche Verlängerungen ab. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erklärte heute bereits, Veranstaltungen seien bis Ostern „definitiv nicht denkbar“.

Das alles geschieht wohlgemerkt völlig vorbei an den Parlamenten. Peter Altmeier begründete das auf Twitter auf sehr merkwürdige Weise: Die Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin & Bundesministern sei ein Erbstück aus der Bismarck-Zeit, das man in schwierigen Zeiten brauche: „Aber natürlich kann der Bundestag jederzeit das Bundesinteresse formulieren.“ Das deutsche Parlament darf also Interessen „formulieren“?

Die epidemiologische Entwicklung gibt eine Verschärfung nicht her, ganz im Gegenteil. Lesen Sie hier den aktuellen Überblick dazu:

An diesem Lockdown gibt es mittlerweile allerdings breite Kritik. Nicht nur in den Medien, wo von Bild bis Focus die Stimmung langsam umschlägt: Der Gesundheitsminister in NRW, ein Parteifreund der Kanzlerin, warnte bereits vor überzogenen Beschlüssen. Die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung hänge davon ab, dass sie „zu Ende gedacht“ seien.

Auch in der SPD regt sich Widerstand. Laut Bild fordern einige SPD-Bundesländer mehr Fakten zur aktuellen Corona-Lage, um eine so weitreichende Entscheidung zu treffen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig stellte am Dienstagabend in einer Schalte der SPD-regierten Bundesländer klar, dass sie zunächst Zahlen und Daten sehen will, die die Notwendigkeit des Mega-Lockdowns beweisen – Zahlen und Daten, die die Bundesregierung nach eigener Aussage eben nicht hat. Demnach könnten Merkels Forderungen bereits vor dem Gipfel auf der Kippe stehen – erneut könnten die Ministerpräsidenten der Kanzlerin reingrätschen.

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Auch der Corona-Expertenrat NRW, dem unter anderem Hendrick Streeck angehört, hat vor dem anstehenden Kanzleramts-Gipfel massiv Kritik an der Art und Weise der Corona-Maßnahmen geübt. Wie der Düsseldorfer Gesundheitsminister warnte auch die Expertengruppe vor einer Politik, die Gefahr laufe, die Bevölkerung „als Ganzes nicht mehr zu erreichen und zu überzeugen“. „Die allgemeine präventive Strategie des Lockdowns hat den vulnerablen Gruppen – Menschen in Alten- und Pflegeheimen sowie grundsätzlich im höheren Alter – nicht ausreichend geholfen.“ heißt es. Und außerdem ziemlich prägnant: „Corona-Leugner am einen Ende, Lockdown-Fanatiker am anderen Ende.“

Bereits in der Vergangenheit haben Mitglieder des Gremiums unter Ministerpräsident Armin Laschet massiv Kritik an der Lockdown-Politik geübt, zuletzt der Ökonom Michael Hüther am vergangenen Montag bei „Hart aber Fair“. Insofern ist es wenig überraschend, dass das Kanzleramt laut Bild-Informationen eines der prominentesten Mitglieder des Rates, den Virologen Hendrik Streeck, nicht zu einer für heute geplanten Besprechung der Kanzlerin mit Experten eingeladen hat. Nach wie vor gilt anscheinend, dass die Regierung sich lieber bestätigen als beraten lässt.

Von Max Roland und Air Türkis. 


Kann die Kanzlerin weiter unbehelligt regieren oder gibt es mittlerweile eine ernstzunehmende Corona-Opposition? Morgen ist der Showdown zum Shutdown – TE wird aktuell und umfassend berichten und kommentieren. 

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Kommentare ( 76 )

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Heimatland
3 Jahre her

Sie kann ihre 35 Jahre DDR nicht verleugnen.

Heimatland
3 Jahre her

Ich kann sie nicht mehr hören die Merkelianer, Söder und Laschets. Wie kann man ein solches Land nur so vernichten. Also alle eingesperrt, nur diejenigen dürfen raus, die dieses Land mit ihrer Arbeit und den Steuern am laufen halten, ansonsten rauf auf die Couch. Dazu noch Quotenfrauen, Quotenmigranten in die Behörden, Grenzen auf für den Rest der Welt. Passt auf, dass ihr nicht im September, falls nicht verschoben, ihr euren eigenen Untergang wählt.

Thorsten
3 Jahre her

Die Krematorien sind überfüllt, weil die in der Tschechei nicht deutsche Leichen verbrennen können.

Jens Frisch
3 Jahre her

„Corona-Leugner am einen Ende, Lockdown-Fanatiker am anderen Ende.“

Leider sitzen in der Regierung durchwegs die Fanatiker – allen voran der … Karl Lauterbach!

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Jens Frisch

Aber Lauterbach ist doch kein Fanatiker… der ist ein Frosch, der sich zum Ochsen aufbläst – und schließlich platzt.

Fulbert
3 Jahre her

Sie haben Narrenfreiheit, weil ihnen die Gerichte diese erlauben.

Fulbert
3 Jahre her

Es gibt nur eine Mu-Tante. Und die ist unbetreitbar extrem gefährlich.

Mausi
3 Jahre her

Wobei Bayern immer den Vorreiter macht. Denn in Bayern gilt die Kontaktbeschränkung auf eine Person ja schon. Wenn ich mein dementes Elternteil besuche, damit es mein Gesicht nicht vergisst, darf ich sonst niemanden treffen. Dabei gab es weder bei mir noch bei meinem Elternteil überhaupt einen positiven Test. Und wir sind beide mehrfach getestet. Nun gut. Mir geht es um die Pflicht, FFP2 Masken zu tragen. Diese Pflicht gilt seit dem 18. Jan. Die Gutscheine werden seit dem 11. Jan. versendet. Von wem? Vom „Bund“? Bereits von der Krankenkasse? Wie lange wird es dauern, bis alle bay. Einwohner ihren Gutschein… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Mausi
Sabine W.
3 Jahre her

Vielleicht kann mich HIER endlich mal jemand darüber aufklären, was es mit der täglichen schwammigen Zahl, die die ÖR so gerne bemühen, auf sich hat:
„… XXX Personen sind an und (IM ZUSAMMENHANG) MIT dem Virus gestorben…“

Was heißt dieses „(im Zusammenhang) mit“?
Ganz zynisch gefragt:
Wenn ich morgen die Treppe runterfalle, tödliche Verletzungen erleide, man mich aber posthum als Virenträger diagnostiziert – bin ich dann auch (im Zusammenhang) mit dem Corona-Virus gestorben?

Was soll diese Formulierung bedeuten? Ich habe bis heute noch keine Erklärung für diesen unspezifischen Terminus finden können.

Last edited 3 Jahre her by Sabine W.
Heimatland
3 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

Man stirbt nur an oder mit Corona, nur so kann Panik erzeugt werden.

Gerro Medicus
3 Jahre her

Solange wir Bürger ZeroCojones haben, solange wir brav Demonstrationen anmelden und uns erst von denen genehmigen lassen wollen, gegen die diese Demonstrationen gerichtet sind, bevor wir auf die Straße gehen, solange wir vor lauter Angst vor den eventuellen Konsequenzen lieber alles erdulden als uns aufzulehnen und unsere Grundrechte (das sind MENSCHENRECHTE!!!) einzufordern, wird das Merkel-Terrorregime immer weitermachen, ganz im Sinne Claude the Ischias Juncker: wir stellen was in den Raum, warten dann ab, was passiert, und wenn dann das Geschrei nicht groß ist, machen wir weiter, bis alles unumkehrbar ist.

andreask90
3 Jahre her

„Keine Beweise, aber Indizien“!
Klingt bekannt?
„Missglückter Putsch“ – Ein Putsch stürzt aber eine Regierung und nicht die gesetzgebende Versammlung.
Wird die Legislative ausser Kraft gesetzt, wandelt sich die Demokratie in eine Diktatur, die Regierung bleibt. Also kein Putsch, aber eine Machtergreifung.
Was macht Merkel, wenn sie das Parlament entmachtet und mit den Ministerpräsidenten regiert?
In den USA hiesse das, man entmachtet den Kongress und der Präsident regiert mit den Gouverneuren.
Unvorstellbar? Verrat? Machtergreifung? Impeachment?
Wenn man die MSM liesst ……