Robert Redford stirbt im Alter von 89 Jahren – das Sundance Kid schläft jetzt

Ende der 60er Jahre zelebrierten die Europäer das Ende des Westerns. Doch das schönste Denkmal setzten die Amerikaner ihrem Genre selbst: Mit Robert Redford ist einer der beiden Hauptdarsteller aus “Zwei Banditen” nun im Alter von 89 Jahren gestorben.

picture-alliance / Mary Evans Picture Library

Kein anderes Genre hat das Hollywood-Kino so geprägt wie der Western. Kein anderes hat so sehr die amerikanische Ideologie derart perfekt dargestellt: den Wunsch nach Freiheit und nach dem Streben nach Glück, das Recht des Stärkeren, sich gegen den Schwächeren durchzusetzen. Doch mit dem Vietnam-Krieg schwand der amerikanische Optimismus und damit verschwand auch der Western. Mit dem “Italo-Western” feierten die Europäer in der Zeit den Abgesang auf das amerikanische Filmgenre schlechthin.

Doch dann, 1969, setzten die Amerikaner selbst ihrem Genre das schönste denkbare Denkmal: den Film “Zwei Banditen”, im Original “Butch Cassidy and the Sundance Kid”. Der Italo-Western ist ein depressiver Abgesang auf die Gründerjahre der westlichen Weltmacht. “Zwei Banditen” ist voller schöner, optimistischer Momente. Etwa, wenn Butch (Paul Newman) und die Lehrerin Etta Place (Katharine Ross) auf dem Fahrrad über eine Frühlingswiese fahren und im Hintergrund läuft Burt Bacharachs “Raindrops keep falling on my head”.

Der Film lehnt sich an die wahre Geschichte der “Hole in the Wall”-Bande an, die sich um den Wechsel zum 20. Jahrhundert herum auf den Überfall auf Züge spezialisiert hat. Butch führt die Bande in unkonventionellem Stil, Sundance (Robert Redford) ist als Revolverheld sein wichtigster Soldat. Doch ein letzter Überfall geht schief, die beiden müssen das Land verlassen und fliehen mit Etta nach Bolivien.

Der Überfall geht schief, weil die Eisenbahngesellschaft eine Gruppe von Spezialisten zusammengestellt hat mit dem Ziel, die beiden gefürchteten Räuber zu verfolgen. Das Unternehmen ist entschlossen, hohe Kosten auf sich zu nehmen, um Recht und Ordnung durchzusetzen. Die Zeit des “Wilden Westens” soll zu Ende gehen und sie geht zu Ende.

Für die Romantik der Gesetzlosen ist kein Platz mehr. Bolivien ist nicht wirklich eine Alternative für sie. Das Land bleibt ihnen fremd. Regisseur George Roy Hill und Drehbuchautor William Goldman gewinnen dem eine der lustigsten Szenen der Filmgeschichte ab: Ihr erster Banküberfall in Bolivien ist schiefgegangen, weil Butch und Sundance kein Spanisch sprechen. Für den zweiten schreibt ihnen Etta die nötigen Befehle auf: Die beiden stürmen mit gezückten Revolvern in die Bank, die Bolivianer erheben die Hände und Butch schreit: “Arriba los manos!”. “Sie haben die Hände doch schon oben”, brüllt Sundance zurück – und die beiden scheitern wieder.

“Zwei Banditen” hat reihenweise ikonische Bilder und Szenen geschaffen: die lustigen Dialoge während der Zugüberfälle. Die erbarmungslose Verfolgungsjagd. Der Sprung von den Klippen oder die Schlussszene in Bolivien. Als die Armee die beiden amerikanischen Banditen mit hunderten von Soldaten umringt, will ein Offizier wissen, gegen wie viele sie denn da kämpfen. Gegen zwei Amerikaner. “Gegen nur zwei?”, antwortet der Offizier fassungslos. Der Wilde Westen, sein Mythos und seine mythischen Gestalten sind am Ende, aber sie treten erhobenen Hauptes ab – mit einem Sieg in der Niederlage. Es ist das amerikanische Kino, das sein Genre selbst zu Grabe trägt.

Die Rolle des Sundance Kids wird die Rolle, auf die eine unglaubliche Karriere fußt: Redford schafft ein Festival, das den unabhängigen Film fördert und verleiht ihm den Rollennamen “Sundance Festival”. Er selbst bleibt über fünf Jahrzehnte im – harten – Geschäft. Mit Rollen, die denkbar unterschiedlich sind, wie die Filme, in denen sie vorkommen: als unerschrockener Journalist in “Die Unbestechlichen”, als lüsterner Millionär in “Ein unmoralisches Angebot” oder als Tiertrainer in “Der Pferdeflüsterer”. Die Liste all der großen Redford-Erfolge aufzuzählen, sprengt den Rahmen.

Wie seine Agentur mitteilt, ist Redford nun im Alter von 89 Jahren gestorben. Er sei eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Nicht ganz so dramatisch wie im Ende von “Zwei Banditen”, aber ihm gegönnt. Sein großes Werk bleibt zurück.


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Kommentare ( 11 )

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11 Comments
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Ralf Poehling
2 Monate her

Redford war einer der Hauptvertreter und letztlich auch Erben des „New Hollywood“, wo die Filmstudios die Fiktion mal beiseite gelassen und sich den Themen der realen Welt zugewandt hatten. Für einen Kinofan mit eher europäisch geprägtem Geschmack war das New Hollywood eigentlich die interessanteste und vor allem intelligenteste Phase des US amerikanischen Kinos. Sie war genau das, was man heute „red-pilled“ nennt, also außerhalb der Matrix die das Volk gezielt verdummt. Vielleicht braucht das Hollywood von heute genau das wieder. Die Zeiten heute und damals ähneln sich in ihren politischen Extremen und Filme beeinflussen das Volk bisweilen mehr als die… Mehr

Sonny
2 Monate her

Wie kann man da den Film „Der Clou“ vergessen zu erwähnen? Redford und Newman in Höchstform.
Für mich eine der schönsten Gaunerkomödien überhaupt.
R.I.P., lieber Robert.

Last edited 2 Monate her by Sonny
Johann Thiel
2 Monate her

Ein sehr schöner Nachruf für einen meiner absoluten Lieblingsschauspieler. Erinnere mich noch gut, dass mich als Fan klassischer Western “Zwei Banditen” in seiner Leichtigkeit geradezu elektrisiert hat, gewissermaßen zum „Electric Horseman“ gemacht haben. Für mich neben Red River und Weites Land der beste Western aller Zeiten, mit dem besten Revolverhelden der Filmgeschichte – Robert Redford. („wie schnell sind Sie wirklich?“)
Möge er in Frieden ruhen.

Edwin
2 Monate her

War die letzte Woche in den Pyrenäen wandern und überwiegend analog unterwegs. Die Nachricht über den Tod Robert Redfords betrübt mich sehr. Damit ist ein weiterer der ganz großen Schauspieler von uns gegangen. Beileid an die Hinterbliebenen und R.I.P.

man without opinion
2 Monate her

Moin,
RIP. Wenn die Mehrheit der Amerikaner so wäre wie Robert es war, wäre der Planet nach meiner Ansicht besser. Als ü 60 habe ich ihn zeitlebens um der Optik beneidet und ob seiner Integrität geachtet. Nicht mehr barfuß durch den Park, sondern fettleibig durch die KI. Die Vergangenheit war ok, die Gegenwart ist irre und die Zukunft ist für mich wieder viel kleiner geworden.
Die Vokabeln vornehm und Gentleman nur noch verlöschende Glut.
RIP.
LG

aviator
2 Monate her

Eine Hollywood Legende die eine feste Größe in meinem Kino-Leben war. Seine mMn beste Rolle im Spätwerk „All is lost“. Ich werde ihn stets in guter Erinnerung behalten.

Urbanus
2 Monate her

Sehr schade, dass er den Paten nicht gespielt hat.

JuergenR
2 Monate her

Ich habe einmal gelesen, Robert Redford habe sich nie der Hollywood-Schikeria angedient, sondern sei nach den Dreharbeiten sofort wieder auf seine Ranch und zu seinen Pferden zurückgekehrt.
Ein sehr sympathischer Mensch. Möge er in Frieden ruhen.
Ich finde übrigens auch seine Regiearbeit sehr gut, beispielsweise bei dem eher ruhigen Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluß“.

Raul Gutmann
2 Monate her

Kein anderes Genre hat das Hollywood-Kino so geprägt wie der Western. Kein anderes hat so sehr die amerikanische Ideologie derart perfekt dargestellt: den Wunsch nach Freiheit und nach dem Streben nach Glück, das Recht des Stärkeren, sich gegen den Schwächeren durchzusetzen.

War es nicht entgegengesetzt? Zeigten die Western nicht zumindest mehrheitlich den Sieg des schwachen Gerechten gegen den amoralisch anfänglich Starken?
Was womöglich gegen das steht, was man im Saarland gewöhnt ist. 🙂

Raul Gutmann
2 Monate her

In der Unterüberschrift hätte man besser formuliert: Mit Robert Redford ist nun der ZWEITE Hauptdarsteller aus “Zwei Banditen” im Alter von 89 Jahren gestorben.
Denn die Götter nahmen Paul Newman bereits vor siebzehn Jahren in ihre Arme.
Ausweislich der letzten öffentlichen Bilder des Verblichenen darf man dessen Hinscheiden als Gnade betrachten. Wohin – ein schreckliches Wort – „überlange“ Leben führt, zeigte in schrecklicher Weise die Umstände Gene Hackmanns Tod.
Ebenso wie keinem Menschen ein früher Tod zu wünschen ist, fordert die Würde keinen allzu späten.