Gerichtsurteil in Niedersachsen: Ausschluss Ungeimpfter ist rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat die 2G-Regel für ganz Niedersachsen außer Vollzug gesetzt. Die Maßnahme sei weder notwendig noch mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Das bringt auch die bundesweite Corona-Politik unter Druck.

IMAGO / Manngold

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat die 2G-Regel für den Einzelhandel im ganzen Bundesland vorläufig außer Vollzug gesetzt. Den Argumenten der Antragstellerin, einer Betreiberin eines Geschäfts, wurde im Wesentlichen stattgegeben.

In der Begründung beanstandet das Gericht, dass bis heute keine verlässlichen Daten zur Relevanz des Infektionsgeschehens des Einzelhandels zur Verfügung gestellt worden seien. „Es sei nicht ersichtlich, dass die Erforschung von Infektionsumfeldern auch durch das Land Niedersachsen intensiviert worden wäre, um die Zielgenauigkeit der Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Eine schlichte Übertragung von Erkenntnissen zum Geschehen in geschlossenen Räumen von Sport- und Freizeiteinrichtungen dränge sich angesichts erheblicher Unterschiede zu dem Geschehen im Einzelhandel nicht auf“, heißt es in einer Pressemitteilung.

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Die Begründung des Gerichts ist eine Klatsche für die Corona-Politik der SPD-geführten Landesregierung unter Stephan Weil – und damit auch für die zugrundeliegende Beschlusslage der Ministerpräsidentenkonferenz. „Schwerwiegende öffentliche Interessen, die einer vorläufigen Außervollzugsetzung der danach voraussichtlich rechtswidrigen Regelung entgegenstünden, seien nicht gegeben“, heißt es in der Mitteilung zum Beschluss.

2G sei kein „wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Landes Niedersachsens“. Die „politische Festlegung“ der „Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder“ am 2. Dezember ändere daran nichts.

Die 2G-Maßnahme sei weder notwendig noch mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar – ihre Außervollzugsetzung ist für ganz Niedersachsen allgemeinverbindlich. Der Beschluss kann nicht angefochten werden.

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg sorgte bereits mehrfach mit selbstbewussten Urteilen gegenüber der Landesregierung für Aufsehen. Neben der Aufhebung des Feuerwerksverbots im letzten Winter, beendete das Gericht auch die Ausgangssperre im Land.

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Kommentare ( 45 )

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Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Aber, aber Herr Weil, was ist denn los mit Ihnen? Sie haben ganz offensichtlich versäumt, die juristische Landschaft zu pflegen. Wie kann man es als verantwortlicher Ministerpräsident denn versäumen, den zuständigen Senat des OVG zum Abendessen einzuladen, um die generelle Richtung künftiger Entscheidungen abzuklären? Sie sollten sich mal an Frau Merkel ein Beispiel nehmen! Diese Dame wusste, wie man Richter höchster Gerichte angemessen behandelt. Das haben Sie nun davon, Herr Weil. Da wagen es doch tatsächlich unbotmäßige Richter Ihnen und Ihrer Machtvollkommenheit in den Arm zu fallen. Wo soll das alles noch hinführen? Gerichte erlauben sich unabhängig und an wissenschaftlichen… Mehr

Emsfranke
2 Jahre her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Meine volle Zustimmung. Diese fulminante Nachlässigkeit des Ritters der MP´en-Tafelrunde der Kanzlern*den muss offen zur Schau gestellt werden . Deshalb muss jetzt mit voller medialer Kraft die Machtvollkommenheit des „Landesvaters“ kräftig herausgeputzt werden, sonst glaubt am Ende der gemeine Untertan garnix mehr.
Das wäre doch schade um die viele schöne bequeme und gratismutige Macht.

Britsch
2 Jahre her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Merkel war aber auch lange im Amt und hat die Zeit dafür genutzt, dafür gesorgt, daß nach und nach das Bundesfervassungsgerichtde auschließlich mit Gefolgsleiten, systemgetreuen Ideologen um nicht zu sagen Lakaien besetzt wurde.
Solche Seilschaften wurden nach und nach in der ganzen BRD installiert worden
Dieses System ist ja bekannt und bewährt

Franz Reinartz
2 Jahre her

Warum bringt das die Politik bundesweit unter Druck? In SH hat das OLG Schleswig die Klage von Woolworth gegen 2G unanfechtbar abgewiesen, in NRW und HE wurde die Klage von Woolworth noch nicht verhandelt. Wo ist der Druck? Im ersten Fall wurde die Regierungslinie bestätigt, im zweiten wird nicht geurteilt. Der Trick besteht doch darin, erst zu urteilen, wenn der Anfechtungsgrund möglichst schon durch Zeitablauf erledigt ist. Wenn in NRW 2022 geurteilt wird, dann ist das Weihnachtsgeschäft für Woolworth „gelaufen“. So what? Die Mehrheit der Wähler hat das so gewollt. Ernsthaft. Mit Verlaub und aller Achtung: Allmählich nötigt mir der… Mehr

teujur52
2 Jahre her

Mein großer Dank gilt den Richtern des OVerwGs Lüneburg für dieses sachlich fundierte Urteil. Es stärkt mein Vertrauen in die dritte, unabhängige Staatsgewalt enorm.
Demokratie jetzt. Wir sind das Volk.

Waehler 21
2 Jahre her
Antworten an  teujur52

Der Rechtstaat ist vielleicht doch noch nicht ganz tot. Da bleiben für unsere Politiker noch ein paar Hausaufgaben. Bei den nächsten Berufungen von Richtern wird daher mehr auf linientreue zu achten sein.
Übrigens wer über Polen lästert ( Einflussnahme auf die Justiz ) und bei Frau Merkel wegschaut, will doch nur irgendwo absahnen.

Last edited 2 Jahre her by Waehler 21
Soder
2 Jahre her

Bekommen die Richter nun zur Bescherung eine Hausdurchsuchung? siehe Weimar etc.

StefanZ
2 Jahre her

Unanfechtbar? Es werden sich sicher Beweise finden lassen, dass dieses Gericht von Reichsbürgern besetzt ist. Wer sonst, könnte die unfehlbare Corona-Politik unserer Regierenden anzweifeln?

Sonny
2 Jahre her

Ich bin so überaus dankbar, dass es noch Richter gibt, die nach Recht und Gesetz und Fakten urteilen und nicht Gefälligkeitsurteile für die Politik „kreieren“. DANKE IHR RICHTER IN LÜNEBURG! Es wird so was von Zeit, diesem stephan weil zu zeigen, dass er nicht ein Herrscher über die sklavischen Niedersachsen ist, sondern ein Vertreter, der völlig über das Ziel hinausschießt und sich anmaßt, die Menschen einzusperren, zu drangsalieren, auszugrenzen und beleidigen zu dürfen. Dieser Ministerpräsident ist eine Schande für Deutschland, wie so viele andere auch. Das allerschlimmste dabei ist, dass die nicht einmal merken, in welcher Parallelität sie sich zum… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Sonny
Lizzard04
2 Jahre her

Skandal! Die Richter haben sich doch tatsächlich erlaubt, Ungeimpften ihre im GG zugesicherten Rechte wiederzugeben! Und das alles gegen die Hysterie der Politik, jetzt wo OMICRON vor der Tür steht. Sollte mich wundern, wenn das Urteil nicht auf politischen Druck auf Bundesebene wieder „rückgängig“ gemacht wird.

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Ich kann es kaum glauben (…………..). Danke an die Richter!

> Obwohl es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte das Richter „auf der Basis unseres Grundgesetzes / unserer Grundrechte Urteile fällen“; möchte ich hier auch noch -mit viel Ironie und Zynismus- hinzufügen: Unser Grüß-August Frank-Walter der Spalter sollte man diesen/solchen Richtern einen Orden verleihen für deren vorbildliches Handeln u. Urteilen UND auch noch eine Kerze für die rechtliche und richterliche „Erhellung und Erleuchtung“ in sein Fensterlein stellen.

Julischka
2 Jahre her

Na, mit eurer Justizministerin von den „Grünen“, die in ihrer Jugend gern mal „Advent, Advent ein Bulle brennt“ geträllert hat, wird das sicher machbar sein! ?

Biskaborn
2 Jahre her

Nun darf man gespannt sein. Meine Erwartung, weder Herrn Weil noch die Bundespolitik wird das Urteil tangieren.