EU-KI-Gesetz in Kraft: Droht jetzt eine neue Dauerregulierung?

Mit seinem AI Act glaubt Brüssel, den „Meilenstein digitaler Ethik“ erfunden zu haben. Für Unternehmen beginnt jedoch ein weiterer EU-Bürokratie-Albtraum. Während die USA und China Künstliche Intelligenz im Eiltempo entwickeln, könnte diese neuerliche Regulierung in der EU das Aus für einen wichtigen IT-Bereich bedeuten. Von Sophia Juwien

Imago/ Christian Ohde

Am 2. August hat die Europäische Union mit dem sogenannten AI Act (KI-Gesetz) den nächsten Meilenstein ihrer Digitalstrategie gesetzt. Was wie eine sinnvolle Kontrolle wirkt, ist in Wahrheit eine weitere Blockade der EU für Deutschland, was Innovation und Fortschritt betrifft.

Worum geht es konkret?

Anbieter generativer KI, wie zum Beispiel ChatGPT, Llama oder Gemini, müssen ab dem 2. August offengelegen, mit welchen Daten sie trainiert wurden. Inklusive Urheberrechtsprüfung. Auch müssen sie Daten, die von der EU als mögliche Risiken eingeschätzt werden, weil sie z.B. als Diskriminierung oder Manipulation betrachtet werden, akribisch und kostenintensiv dokumentieren. Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, müssen eine eigene Aufsichtsbehörde benennen. Das wäre dann vermutlich eine weitere Behörde die bezahlt werden muss und die bald ein Eigenleben entwickeln wird. Bei Verstößen gegen diese neuen Auflagen drohen Strafen von bis zu 7 % des weltweiten Umsatzes. Im Falle von Google und Co. wären das Milliarden.

Tatsächlich aber wird sich die EU aus dem digitalen Wettbewerb heraus regulieren.

Politische Euphorie statt marktwirtschaftliche Vernunft

SPD und Grüne feiern den AI Act als historischen Meilenstein. Ein Gesetz, das Bürger schützen und zugleich Innovation voranbringen soll. Doch während sie, die noch nie etwas entwickelt oder erfolgreich gemacht haben, von ethischem Pioniergeist sprechen, warnen Unternehmen bereits davor, dass dieses Regulierungsmonster Europas Zukunft einmal mehr in Echtzeit ausbremst.

Bundesdigitalminister Wildberger spricht von einem „neuen Kapitel europäischer Grundrechte“, Grünen-Sprecherin Franziska Brantner fordert bereits eine KI-Steuer auf automatisierte Geschäftsmodelle. Die CDU schweigt und die FDP warnt immerhin vor Wettbewerbsnachteilen, äußert sich jedoch nicht weiter dazu.

Was wir hier erleben, ist nichts Neues. Während Unternehmen in den USA und China mit Siebenmeilenstiefeln auf dem KI-Zukunftsfeld voranschreiten, verlieren sich Deutschland und die EU in neuen Regulierungen und versinken in einem weiteren Bürokratiealbtraum.

Ein Gesetz gegen Dynamik

Die Folgen dieses Regulierungswahns werden sich erst später zeigen, werden dafür aber deutlich drastischer ausfallen, als sich die Initiatoren das heute vorstellen können.

Besonders betroffen von den neuen Auflagen sind kleine und mittlere Unternehmen, die mit eigenen KI-Modellen arbeiten. Diese Unternehmen sollen schon vor der Markteinführung nachweisen, mit welchen Daten ihre Systeme trainiert wurden und ob diese urheberrechtlich überhaupt verwendet werden durften.

Auch kommen für sie neue technische Anforderungen hinzu. Die Anbieter müssen belegen, dass ihre KI keine von den EU-Kontrolleuren als diskriminierend eingestuften Muster enthält („Bias-Analyse“) und dass sie sicher, nachvollziehbar und kontrollierbar funktioniert. Sogar mögliche Risiken, die von der Anwendung der KI ausgehen könnten, müssen vorab dokumentiert werden.

Für große Konzerne mit Rechtsabteilungen und Millionenbudgets mag das gerade noch machbar sein. Für Start-ups oder Mittelständler, die neu am Markt sind oder die keine vergleichbaren Kapazitäten haben, könnte der neue Bürokratieaufwand in den Bankrott führen.

Statt Vertrauen in Technik und Unternehmertum zu setzen, wird Markteilnehmern mit Misstrauen begegnet. Dieses Misstrauen zeigt sich in immer neuen Vorschriften. Digitaler Fortschritt wird so weder vorangebracht noch in irgend einer Weise gefördert.

Es wird also nicht auf Wettbewerb und Verbesserungsvorschläge gesetzt, sondern auf Prüfgremien, aufwendige und teure Berichtspflichten und Sanktionen.

Das Vorgehen der EU ist einmal mehr Garant dafür, am Schluss mit leeren Händen dazustehen. Wie das aussieht, konnte in Schottland jeder sehen.

Europa verliert nicht nur Geld, sondern vor allem Vertrauen. Vertrauen in den eigenen Standort, in den Willen zur Innovation, in die Fähigkeit, überhaupt noch vorne mitzuspielen.

Wer meint, man könne mit Verboten, Listen und Formularen die Zukunft gestalten, wird am Ende feststellen: dass nicht der Fortschritt geregelt wurde, sondern der Rückschritt.


Sophia Juwien absolviert ein mehrwöchiges Praktikum bei Tichys Einblick.


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Kommentare ( 42 )

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42 Comments
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November Man
4 Monate her

Wenn SPD und Grüne den AI Act als historischen Meilenstein feiern, kann das nicht Gutes für uns und unsere Land bedeuten. Dieses Europa hat keinerlei Zukunft. Austritt von Deutschland aus dieser übergriffigen EU ist die Lösung. Die EU bedeutet für Deutschland nur massive Verluste, nicht nur finanziell, sondern auch kulturell. Unterwerfen wir uns nicht weiter dem Diktat der EU-Versager und werden wieder ein freier, souveräner Nationalstaat mit einer funktionierenden Marktwirtschaft und dicht geschlossenen Grenzen. Wählen wir die AfD.  

Last edited 4 Monate her by November Man
Thilo Braun
4 Monate her

Irgendwie habe ich in Erinnerung, dass KI Anwendungen ihre Systematik aus zahlreichen Quellen und auch Anfragen „lernt“. Ist es da überhaupt möglich, ein „Quellenverzeichnis“ zu dokumentieren? Ist es überhaupt möglich, Nutzungen zu antizipieren und demgemäß den Ausschluss von Risiken zu dokumentieren? Mir erscheint das alles wie ein gewaltiges Hindernis für jede sinnvolle Entwicklung. Es liegt nahe, dass Unternehmen, die in diesem Bereich tätig werden wollen, ins Ausland gehen, wo sie zielführend entwickeln können und zusätzlich, dass das Angebot von KI Dienstleistungen für die EU ausgeschlossen wird, damit all diese Dokumentationen und Behinderungen nicht eingehalten werden müssen.

DELO
4 Monate her

Die EU wird zum lächerlichen Staatenbund der Verliereretage im Weltgeschehen. Alles, was von diesen Hohlköpfen kommt, klingt nach Sozialismus. Und genau auch dessen parteipolitische Vertreter spenden Beifall. Ein Austritt Deutschlands und Italiens aus diesem Klüngelverein würde dessen Schicksal dauerhaft besiegeln.

Biskaborn
4 Monate her

Wenn ihn Linke feiern, die CDU schweigt dann bedeutet das Stillstand oder besser gleich Rückschritt. Diese EU nimmt sich komplett aus dem internationalen Wirtschaftsgeschehen zum Nachteil des Wohlstands seiner Bürger. Das scheint gewollt, fehlt nur noch der Hinweis, KI ist schlecht fürs Klima weil sehr viel Strom gebraucht wird. Vielleicht ist das ja auch der Hauptgrund, KI in der EU auszubremsen!

Franz Schroeder
4 Monate her

Ich sage dazu einfach nix mehr.

Wir leben in der faschistischsten Region die es weltweit gibt.

Macht alles echt keinen Spass mehr.

Teiresias
4 Monate her

Auf mich macht es den Eindruck, daß die EU-Statthalter der US-Vorherrschaft für ihre Dienste von Selbigen Gebühren kassieren wollen, um sich selbst und ihre Bürokraten zu finanzieren.

P.Schoeffel
4 Monate her

Das mit den Wahlen ist eine unbewiesene Behauptung: Wir haben es doch noch garnicht versucht!

P.Schoeffel
4 Monate her

Es ist wie immer:
Die EU, dieser Sammelplatz von PolitikerInnen, die wegen erwiesener Unfähigkeit nach Brüssel entsorgt wurden, „reguliert“ mal wieder.
Alles, von dem sie nichts verstehen, also auch KI, wird mit dümmlichen Vorschriften beharkt.
Aber wahrscheinlich kollabiert die deutsche Wirtschaft under der Last der „Regulierung“. Dann ist auch die EUdssr Geschichte. Und wir haben wenigstens die Chance auf einen Neustart ohne diese Deppen.

johnsmith
4 Monate her

In Deutschland gibt es traditionell recht niedrig angesetzte Geldbußen bei Fehlverhalten von Firmen, die dazu noch auf einen Maximalbetrag gedeckelt sind. Die EU hingegen gibt sich selbst seit einigen Jahren einen Strafrahmen bei Verstößen gegen EU-Vorschriften von mehreren % des Jahresumsatzes, hier offenbar 7%. Wichtig : Nicht bezogen auf den Gewinn, sondern auf den Umsatz. Viele der KI-Unternehmen machen noch gar keinen Gewinn mit ihren KI-Produkten. Meta (die die Meta AI anbietet) hat einen weltweiten Jahresumsatz von 158 Mrd. €, 7% davon wären bis 11 Mrd. € Geldstrafe bei einem Verdtoß. Es ist gut vorstellbar, dass dann Firmen ihre KI… Mehr

Zola
4 Monate her
Antworten an  johnsmith

Wenn sie Vater, Onkel oder Opa sind, sollten sie sich entscheiden wessen Schöpfung sie und ihre Kinder sein wollen. Ich möchte nicht ein schattenhaftes Dasein in einer, von Tech-Giganten gesteuerten Welt sein. Die USA machen gerade einen Rückschritt zum Anfang des 20. Jahrhunderts – heißt keine Steuren für Milliardäre, keine Regelementierungen, befreit von allem was eine Gemeinschaft ausmacht. Oder doch lieber China für sie. Viel Spaß

AnSi
4 Monate her

„… und dass sie sicher, nachvollziehbar und kontrollierbar funktioniert. Sogar mögliche Risiken, die von der Anwendung der KI ausgehen könnten, müssen vorab dokumentiert werden.“ ganz genau! Damit befasst sich u.a. meine Firma. Wir haben in den letzten Wochen Unterlagen zum Nachweis der sicheren und kontrollierbaren Anwendung erstellt und zu den bereits vorher schon vorhandenen Punkten auf knapp 30 Seiten sind nun locker noch einmal 13 DIN A4-Seiten in quer dazu gekommen! Es ist der Wahnsinn! Ein Hersteller in der EU (speziell in Gagaland) kann und will das doch gar nicht mehr alles leisten! Oft versteht man ja nicht einmal, WAS… Mehr

H. Priess
4 Monate her

Kurz gesagt, die KI soll ein auf linksgebügeltes System ala WIKI werden. Gott sei Dank gibts VPN und andere Wege diesen Wahnsinn zu umgehen. Für mich als Privatperson, die Firmen müssen eben bluten bis nichts mehr kommt. In ein paar Jahren ringen sie dann mit dem Rechenschieber während sich in anderen Nationen Haushaltsroboter verbreitet haben wie heute Handys. Ist sowieso alles absulet denn wir haben nicht mal die Energie für KI gestützte Rechenzentren und die dafür nötigen Chips bauen eh die Chinesen. Die Zukunft gehört uns!!! Lastenräder for ever!!!

P.Schoeffel
4 Monate her
Antworten an  H. Priess

Das wird meine große Zeit!
Ich kann das mit dem Rechenschieber nämlich noch.

gmccar
4 Monate her
Antworten an  P.Schoeffel

Ich habe noch einen aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Allerdings müsste ich da wieder üben.

Zola
4 Monate her
Antworten an  H. Priess

Auf nach China! Da können sie dann KI kontrolliert ferngesteuert auf Parteikurs mit ihrem E – Bike fahren. Nur die Richtung bestimmen sie dann nie mehr. Tolle Vision! Viel Spaß