Die Regierung Merz bringt ein neues Monster der Bürokratie zur Welt

Die CDU will unter Druck der SPD mehr Unternehmer in Tarifverträge zwingen. „Beschäftigten winkt mehr Geld“, versprechen die Sozialdemokraten – doch die Unternehmer sehen das nächste Bürokratiemonster auf sich zustürmen.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr

Junge Katholiken mussten früher den Katechismus aufsagen. Lehrsätze etwa über die Beteuerung, keusch leben zu wollen. Vorsätze, die umso häufiger gebrochen wurden, je heftiger sie versichert wurden. Zum Katechismus der Politik dieser Tage gehört der Abbau der Bürokratie. Alle grünen Christsozialisten sagen ihn mit dem gleichen Eifer auf wie einst die jungen Katholiken den Katechismus – um ihre Vorsätze dann genau so konsequent zu brechen.

Schon die Ampel hat sich darin gefallen, den Bürokratie-Abbau zu versprechen. Hinbekommen haben SPD, Grüne und FDP wenig. Unternehmer mussten ihre Belege nur noch acht statt bis dahin zehn Jahre aufheben. Viel versprochen, wenig gehalten. Dann ist Friedrich Merz (CDU) angetreten, um zu beweisen, dass der neue Kanzler noch viel mehr versprechen – und das Gesagte dann ins absurde Gegenteil umkehren – kann. Er werde die Bürokratie derart abbauen, dass sich das schon im nächsten Jahr massiv positiv auswirken wird, verspricht der Kanzler. Sein Mund ist sehr stark, sein Rückgrat aber nicht. Als ersten Schritt hat die Regierung Merz den einzigen Ampel-Erfolg wieder umgekehrt – Unternehmer müssen die Unterlagen wieder zehn Jahre aufbewahren.

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Mit dem Tariftreuegesetz ist das nächste, viel größere Bürokratiemonster auf dem Weg durch den Bundestag. Ganz im Sinne der SPD, ist es von Misstrauen und Abscheu gegenüber Unternehmern geprägt. Ganz im Sinne von Friedrich Merz verrät die CDU alles, wofür sie mal gestanden hat – und gewählt wurde: Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen gehen, die sich an Tarifverträge mit den Gewerkschaften binden.

In Deutschland waren im vergangenen Jahr 49 Prozent der Arbeitnehmer für Betriebe beschäftigt, die nach Tarifen zahlen. In den ostdeutschen Bundesländern waren es nur 42 Prozent der Beschäftigten. 1998 arbeiteten noch 76 Prozent aller Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen. Die Zahlen stammen vom Statistischen Bundesamt. Seit 1998 hat die SPD 23 von 27 Jahren in der Bundesregierung mitregiert. Sie will also nun unter Friedrich Merz etwas aufheben, was sie selbst befördert hat, aber als Fehlentwicklung betrachtet.

Linke Medien und linke Politiker in CDU, CSU und SPD stellen derzeit immer häufiger die Frage, was wirtschaftlicher Aufschwung koste. Wohinter das Weltbild steht, wirtschaftliche Prosperität müsse vom Staat organisiert werden und sei nur eine Frage des Preises. Die Konsequenz sind mehr staatliche Eingriffe und eine schrumpfende Privat-Wirtschaft. So wie in Deutschland in den vergangenen Jahren: Das gesamte Bruttoinlandsprodukt ist in den vergangenen Jahren massiv geschrumpft, obwohl der Staat seine Ausgaben und seinen Personalbestand spürbar erhöht hat. Damit ist ein Teufelskreis entstanden, der sich selbst zu immer höherem Tempo verhilft: Der Staat expandiert. Das bedeutet für die Wirtschaft höhere Lasten, worauf sie schwächer wird. Was den Staat noch mehr expandieren lässt, um das auszugleichen, was in der Wirtschaft zu noch mehr Niedergang führt, und so weiter.

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Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, wenn staatliche Aufträge nur noch an Unternehmen gehen, die sich an Gewerkschaften binden. Eine klassische Vorfeld-Organisation der SPD – und neuerdings auch der Grünen. In der DDR waren die Gewerkschaften in den Regierungsapparat eingebunden. Die Einheitspartei SED garantierte ihnen die Privilegien der Macht, dafür trugen die Funktionäre deren Politik konform mit. Die Regierung Merz bindet die Unternehmen an Gewerkschaften, verhilft somit beiden zu Privilegien unter dem Gebot, die Politik der Regierung mittragen zu müssen. Die Gesellschafts- und die Wirtschaftspolitik von Friedrich Merz sieht aus wie SED, wirkt sich aus wie SED – sie ist SED.

Mit dem Tariftreuegesetz fummelt die Regierung Merz immer stärker in die Hoheit der Unternehmer hinein, macht aus einer formellen Marktwirtschaft immer stärker eine staatliche Planwirtschaft. So sieht der Entwurf zum Tariftreuegesetz Vorgaben vor, wie Unternehmer Pausen oder Arbeitszeiten in ihrem Betrieb regeln müssen. Die gelten auch für Unternehmen dann, wenn sie zwar nicht im Tarif mit Gewerkschaften stehen, aber trotzdem einen staatlichen Auftrag erhalten haben.

Dass es Unternehmen geben kann, die trotz Gesetz weiter staatliche Aufträge erhalten, zeigt, dass hier die sozialdemokratische Ideologie auf den größten Feind der Regierung Friedrich Merz trifft: die Realität. Denn die schwarz-rote Koalition feiert gerade eine massive Schuldenorgie über mindestens 850 Milliarden Euro, damit der Staat fröhlich expandieren und fleißig bauen kann – etwa für 120 Millionen Euro Schwimmbäder im Saarland. Nur: Selbst, wenn alle Betriebe in Frage kommen, fehlt es schon jetzt im Land der millionenfachen “Fachkräfte-Einwanderung” an tatsächlichen Fachkräften – schließt der Staat die Hälfte aller Betriebe wegen fehlender Tarifverträge von seinen Projekten aus, bleiben zum Beispiel auch die saarländischen Schwimmbäder ein gebrochenes Versprechen.

Das ist ein Aspekt, mit dem die Regierung Merz über das Tariftreuegesetz der Wirtschaft schadet, einen anderen benennt René Springer, sozialpolitischer Sprecher der AfD: “Das Tariftreuegesetz ist nichts anderes als ein Bürokratie-Monster.” Es gängele den Mittelstand und verzerre den Wettbewerb, weil es Arbeitgeber mit neuen Nachweispflichten und Prüfinstanzen überziehe. Der Verband der Familienunternehmer teilt mit: “Die steigende Bürokratie und die zusätzlichen Kosten im Vergabeverfahren werden dazu führen, dass sich viele Unternehmen – vor allem kleine und mittlere – aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge zurückziehen.”

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In der CDU gibt es durchaus Bedenken gegenüber dem Tariftreuegesetz. Manche nennen diese sogar öffentlich. Etwa die Abgeordnete Sandra Carstensen, als die schwarz-rote Regierung das Gesetz in den Bundestag eingebracht hat: Es drohe die Gefahr, den Mittelstand zu überfordern, obwohl nicht einmal klar sei, dass die Regierung mit dem Gesetz die eigentlichen Ziele erreiche. Wird die CDU das Wohl des Landes über den eigenen Machterhalt stellen und das Gesetz stoppen? Eine rhetorische Frage. Es handelt sich um die CDU unter Friedrich Merz. Sie wird das Wohl des Landes opfern, damit sich der sensible Koalitionspartner wohl fühlt und man selber somit die eigenen Privilegien wohliger genießen kann.

CDU, CSU und SPD handeln wider besseres Wissen – denn sie wissen um das, was das Tariftreuegesetz anrichten wird. Das beweisen Haltevorrichtungen, die sie eingebaut haben, um diese Folgen zu mindern. So soll das Gesetz erst ab Aufträgen gelten, die mehr als 50.000 Euro umfassen. Doch wie oft beschränken sich grüne Christsozialisten noch auf diese Summe, wenn sie im Schuldenrausch schon Schwimmbäder im Saarland für 120.000.000 Euro bauen? Außerdem verspricht das klassische SPD-Nachrichtenorgan, der Vorwärts, dass es eine “bürokratiearme Ausgestaltung” des Gesetzes geben solle. Weil ja die Bürokratie abgebaut werden solle, wie CDU, CSU, Grüne und SPD immer wieder beschwören. So energisch wie Katecheten einst versprachen, keusch leben zu wollen. Der Ausgang ist bekannt. Die Regierung Merz wird das Bürokratie-Monster Tariftreuegesetz noch vor dem Jahreswechsel durch den Bundestag gebracht haben.

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Kommentare ( 14 )

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Deutscher
1 Monat her

Naja, dann müssen die ohne Tarif eben zusehen, dass sie zu einem Tarif kommen. Tarifliche Bezahlung, 30 Tage bezahlter Urlaub, geregelte Arbeitszeiten, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, all das ist nicht vom Himmel gefallen. Generationen von Arbeitern mussten es sich hart erkämpfen.

Edwin
1 Monat her

Was erwartet man von Leuten, die noch nie in der wertschöpfenden Industrie gearbeitet haben?

Deutscher
1 Monat her
Antworten an  Edwin

Wer in der Industrie arbeitet, weiß um die Notwendigkeit von Tarifen.

Ratax
1 Monat her

Art. 9 Abs. 3 GG soll die Tarifautonomie gewährleisten. Die wird jetzt für Arbeitgeber abgeschafft, alle Unternehmen sollen über einen Kamm geschert werden. Diversität gibt es bei der SPD offenbar nur dort, wo es gerade passt.

Koeki171
1 Monat her

Denen muß man es immer wieder erklären:
Mit wenig Aufwand maximalen Erfolg haben und ein gegebenes Ziel mit minimalem Aufwand zu erreichen, daß ist das Ziel eines jeden Unternehmens. Anders ausgedrückt, Geld verdienen. Und da das mit id(i)eologie- und haltungsgeprägten Vorgaben nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich ist, wird eben über Alternativen nachgedacht. So geht Wirtschaft.

Reinhard Peda
1 Monat her

Wäre ich Unternehmer, würde ich ohne Vorkasse, keinen Handschlag mehr für öffentliche Auftraggeber machen.

Bernhardino
1 Monat her

Beim betrachten des Titelbildes kommt mir unvermittelt in den Sinn: Nur in einem gesunden Körper sitzt ein gesunder Geist. Schon die Klamotten dieser Gestalten zeigen sinnbildlich den verlotterten Geist. Meiner ungefragten Meinung nach.

WGreuer
1 Monat her

„…wird dazu führen, dass sich viele Unternehmen – vor allem kleine und mittlere – aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge zurückziehen.” Und genau das ist doch das Ziel dieses und aller ähnlichen Gesetze – oder etwa nicht? Es geht nicht um Tarife, es geht nicht im die Löhne der Arbeitnehmer, sondern es geht darum, dass die Großbetriebe (deren Shareholder sehr häufig in den USA zu suchen sind) gefördert werden und dass damit der Mittelstand weiter sgeschwächt wird. Den Mittelstand zu schwächen, der seit vielen jahrzehnten das Rückrat der deutschen Wirtschaft bildet, ist das Ziel dieser hinter den Regierungsparteien stehenden Globalisten… Mehr

Schmidtrotluff
1 Monat her

Das Politbüro hat gesprochen. Die Wiedergänger der SED. Unfassbar. Weiter so ! Sie sägen an den Ästen auf denen sie sitzen. Bitte sägt schneller, damit Deutschland diese Verderber und Parasiten schnell los wird.

roffmann
1 Monat her

…., die sich an Tarifverträge mit den Gewerkschaften binden, genug an die richtigen Parteien spenden, Betriebsfahrzeuge , der richtigen Marken anschaffen, ihre Mitarbeiter zur richtigen Wahl anleiten, und an den Klima-Gott glauben ! Sonst noch was ?

Teiresias
1 Monat her

In der grössten (und hauptsächlich regierungsgemachten) Krise der deutschen Wirtschaft beschliesst man also phantasievoll kreierte Zusatzbelastungen vor allem für den Mittelstand.

Besser können sie ihren Vernichtungswillen gegenüber Deutschland kaum illustrieren.