Welche Konsequenzen aus dem Würzburger Anschlag zu ziehen sind

Sorgt das Messer-Attentat in Würzburg für ein Umdenken in der Sicherheitspolitik? In den öffentlichen Reaktionen steht die Trauer im Mittelpunkt.

IMAGO / HMB-Media
Der Ort der Messermorde in Würzburg mit Trauerbekundungen

Gerhard Schindler gehörte 2015 zu den Verantwortlichen in den deutschen Sicherheitsbehörden, die die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin mit Skepsis betrachteten. Als damaliger Präsident des Bundesnachrichtendienstes warnte er zusammen mit Hans-Georg Maaßen, damals Verfassungsschutzpräsident, und Dieter Romann, Chef der Bundespolizei und immer noch im Amt, vor den Folgen für die Sicherheit, wenn Flüchtlinge unregistriert in das Land einreisen könnten. Im letzten Jahr veröffentlichte Schindler, mittlerweile im Ruhestand, schließlich ein Buch („Wer hat Angst vorm BND?“) in dem er ebenfalls eine negative Bilanz mit Blick auf die deutsche Sicherheitspolitik zieht. Wie schaut der Jurist, der seit seinem Studium Mitglied der FDP ist, nun auf das Messer-Attentat in Würzburg und wie ordnet er es in die sicherheitspolitische Diskussion ein?

Nicht der letzte Fall dieser Art

„Das wird nicht der letzte Fall dieser Art sein“, sagt Schindler gegenüber dieser Zeitung. „Im Zuge der Flüchtlingskrise kamen viele junge unbegleitete männliche Muslime nach Deutschland, und zwar mehr als die Gesamtstärke der Bundeswehr, also deutlich mehr als 185.000 Mann. Viele davon werden sich trotz guten Willens auf beiden Seiten nicht integrieren. Das wiederum bedeutet, es entsteht ein großes Potenzial für Frust, für Radikalisierung, für Rekrutierung, für Gewalt. Radikalisierung und Gewalt erscheinen als Ausweg aus der empfundenen Perspektivlosigkeit.“

"Say their names" gilt auch hier
Würzburg: Die Namen, Gesichter und Geschichten der Opfer
Schindlers Vorschlag für Gegenmaßnahmen: „Will man das verhindern, dann braucht man eben eine schnelle und gute Integration oder eine rasche Abschiebung. In beiden Bereichen sehe ich mehr Defizite als hoffungsvolle Ansätze.“ Das dürfe man nicht auf die Sicherheitsbehörden abgewälzt. „Sie können allenfalls die Symptome bekämpfen, nicht aber die Ursachen. Erforderlich ist vielmehr ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz mit den Komponenten Integration und Abschiebung“, so Schindlers Fazit.

Die Analyse des ehemaligen BND-Chefs lässt sich als Mahnung an die Politik lesen. Lassen sich hier bereits neue sicherheitspolitische Akzente erkennen? Sowohl CDU-Innenpolitiker Mathias Middelberg als auch Islam-Experte Ahmad Mansour und der Grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, mahnten via Bild-Zeitung davor, nun eine tabuisierte Debatte zu führen. So erklärte etwa Middelberg, es sei bekannt, dass Flüchtlinge öfter ihrem Kriminalstatistik auftauchten als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspreche. Sein Fraktionskollege Thorsten Frei rief dazu auf, man müsse nun die „sozialromantische Brille“ abnehmen.

Hilflosigkeit zeigt Endlichkeit des Menschen

Neben dieser Debatte über die Konsequenzen, die aus dem Messer-Attantat zu ziehen seien, stand vor allem die Trauer um die Toten und die Anteilnahme für die Hinterbliebenen im Vordergrund. Bei der interreligiösen Trauerfeier, an der unter anderem auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) teilnahm, erklärte Würzburgs Bischof Franz Jung: „Mit einem Schlag wurde uns wieder ins Bewusstsein gerufen, wie brüchig unsere scheinbare Normalität ist. Statt in ein ruhiges Wochenende überzuleiten, riss der letzte Freitagabend uns aus unserer Ruhe heraus, bescherte uns Stunden quälender Ungewissheit und hinterließ uns in Schockstarre und Angst.“ Die daraus resultierende Hilflosigkeit zeige die Endlichkeit des Menschen, so Jung. „Gerade in dieser Hilflosigkeit wollen wir heute einfach Präsenz zeigen. Wir wollen aushalten. Aushalten unsere eigene Ohnmacht. Aushalten bei den Angehörigen der Toten und Verletzten, denen unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gilt in dieser so schweren Stunde.“ Er wolle daher „bitten um Frieden und Versöhnung angesichts der erfahrenen Schrecken.“


Der Beitrag von Sebastian Sasse erschien zuerst auf: https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/welche-konsequenzen-aus-dem-wuerzburger-anschlag-zu-ziehen-sind;art315,219303

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Kommentare ( 47 )

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Hannibal ante portas
2 Jahre her

Einfachste Mathematik kann manchmal mit schonungsloser Brutalität zuschlagen: wo sollen die weiblichen Pendants zu den zig-hunderttausenden jungen männlichen Neubürger seit 2015ff herkommen?

Thorsten Maverick
2 Jahre her

Schindler hat das Problem nicht verstanden. Die Leute kommen nicht hierher, weil sie die Lebensart hier gut finden, sondern aus wirtschaftlichen Gründen. Die Ausnahmen machen keine Probleme, weil sie sich natürlich gut integrieren. Die Muslime unter den reinen Wirtschaftseinwanderern wollen natürlich weiter muslimisch leben, was zu Reibereien führt, weil hier leider nicht die Sharia gilt. Die Sharia hat für sie aber Vorrang. Das Problem ist nur lösbar, indem man die Leute knallhart vor die Wahl stellt, entweder ihren Glauben massiv einzuschränken oder zu gehen. Am besten wäre natürlich, sie alle zu gehen, weil eine muslimische Minderheit bisher immer zu einem… Mehr

Weiss
2 Jahre her
Antworten an  Thorsten Maverick

Ich denke schon, dass Herr Schindler die Problematik ganz gut verstanden hat. Ich sage das deshalb, weil es schon im Februar / März 2015, also Monate vor Merkels eigentlicher Grenzöffnung, ganz oben an der Spitze der BRD-Regierung Leute gegeben haben muß, die ganz bewusst IS-Terroristen in das BRD-Gebiet hineinschleusen ließen ? Meine Schlußfolgerung kommt daher, dass ich damals recht viel israelisches Fernsehen geschaut habe. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie damals ehemalige israelische Geheimdienstmitarbeiter im israelischen TV vor solchen Terroristen in Migrantenströmen gewarnt hatten. Ich hatte es ja selber im israelischen TV mitbekommen. M.E. hatte auch die libanesische… Mehr

Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat würzburgs Bischof Franz Jung: „Gerade in dieser Hilflosigkeit wollen wir heute einfach Präsenz zeigen. Wir wollen aushalten. Aushalten unsere eigene Ohnmacht. Aushalten bei den Angehörigen der Toten und Verletzten, denen unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gilt in dieser so schweren Stunde.“ Er wolle daher „bitten um Frieden und Versöhnung angesichts der erfahrenen Schrecken.“ > Pfui Deibel, welch Heuchler u. Blender! Ausgerechnet wieder jene die nicht nur diesen Asyl-Tourismus in unser Land und unsere Sozialsysteme von auch muslimischen Gewaltätigen, Allah-Fanatikern, Kriminellen, Kriegsverbrechern, Frauenhassern, Demokratifeinden uäm begrüßen und fordern, sondern sogar daran beteiligt sind das dieses nixnützige und zur modernen westlichen… Mehr

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Manfred_Hbg

Am 23. Juni, 2 Tage vor den Untaten, verkündete OB Schuchardt anlässlich einer Konferenz von 253 Bürgermeistern in Palermo per Videoclip „Wir haben Platz“: https://www.tichyseinblick.de/?s=Schuchardt
Ich habe nicht gehört, dass er seine Bereitschaft, weitere Migranten am Verteilungsschlüssel der Regierung vorbei nach Würzburg zu holen, inzwischen aufgegeben hätte. Auch die anderen Bürgermeister sind still – denn wahrscheinlich findet die Einreise weiterer Neubürger auch auf kommunaler Ebene hinter unserem Rücken statt.

Last edited 2 Jahre her by Kassandra
Weiss
2 Jahre her
Antworten an  Manfred_Hbg

Ich kann mit der christlich-deutschen Haltung gegenüber den radikal islamischen Terroristen nichts anfangen. Mir ist die Reaktion der BRD-Kirche viel zu weich und schwächlich, was m.E. von den Terroristen auch weiter ausgenutzt werden wird. In Israel gibt es dazu ganz andere Antiterrormaßnahmen, die viel härter sind: „Töte den zuerst, der kommt, um dich zu töten“ ist als operative Herangehensweise gegenüber radikal islamischen Terroristen für mich die bessere Lösung und gut nachvollziehbar: Man darf gegenüber Judenhassern und Feinden Israels niemals Schwäche zeigen ! Israel muß nach meiner Ansicht immer aus einer Position der Stärke agieren ! Israel – „Töte den zuerst,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Weiss
wydy
2 Jahre her

Was nicht sein darf, das kann auch nicht sein. Das unsere Verantwortlichen in der Regierung sich nicht schämen. Aber wahrscheinlich finden sie, – in ihrer Blase lebend – dass alles in Ordnung ist. Kein islamistisches Motiv, keine Entschädigung – Opferbeauftragter dämpft Hoffnung „Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, WELT AM SONNTAG. Ob die Härteleistungen in diesem Fall fließen könnten, sagte Franke, hänge „von den weiteren Ermittlungen ab. Es geht weiterhin darum, die Hintergründe und Motive der Tat genauestens zu ermitteln.“ Seit 2018 zahlt die Bundesregierung den Hinterbliebenen terroristischer Straftaten und extremistischer Übergriffe 30.000 Euro für den Verlust naher Angehöriger.“ Selbst… Mehr

Jan
2 Jahre her

Der pastorale Kitsch ist unerträglich, weil er nur um Probleme herum eiert und die Hinterbliebenen der Opfer noch zu Bittstellern macht. Wen um Frieden und Versöhnung bitten, etwa den Somali? Eine Verhöhnung ist das doch. Und Schindlers Vorschläge sind leider inkonsequent und nichts Neues. Alles schon tausendmal gehört, klappt nicht, passiert nicht, alles sinnlos. Integrieren oder abschieben – ja, wenn es doch bloß so einfach wäre, dann hätte der Somali jetzt einen richtigen Job oder säße schon längst wieder in Mogadischu. Beides ist nicht passiert und wird auch nicht passieren – hundertausendfach, millionenfach. Trotzdem kommen jeden Monat tausende neue Migranten… Mehr

Ralf Poehling
2 Jahre her

Die Konsequenz muss sein: Türen nach Europa zu, Grenzkontrollen, genaueste Überprüfung derer, die zu uns einreisen wollen und ein Ausfiltern derer hier vor Ort, die bereits durchs Raster gefallen sind und ihre Mordabsichten nun bei uns in die Tat umsetzen. Meiner Berufserfahrung sagt: Das sind oftmals keine Flüchtlinge. Das sind sehr häufig genau die Verbrecher und Terroristen, vor denen die paar echten Flüchtlinge, die auchzu uns kommen, geflohen sind. Die verfolgen ihre Opfer bis zu uns nach Deutschland und generieren hier noch mehr Opfer, weil sie hier in rauen Mengen auf ungläubige und hilflose Schäfchen treffen. Nur weil jemand von… Mehr

wat nu
2 Jahre her

„Bei der interreligiösen Trauerfeier“ Wer war denn noch so da, ausser dem Pfaffen und/oder Politikern (Wahlen stehen an)? Abgesehen davon, die Opfer sind eines der vielen schlimmen Ergebnisse des ersten Experimentes. (Karen Mioska/Prof. Monk zum Grund der offenen Grenzen usw). Die weiteren Experimente sind 2020 angelaufen und die Ergebnisse werden dem Niedergang dieser seit Jahren friedlichen und erfolgreichen Gesellschaft befeuern. (Merkel ; kein Recht auf Demokratie, J. Junker; Wir probieren mal was und wenn der Aufschrei nicht zu gross ist, machen wir weiter, Schritt für Schritt. „Smart City Papier“ Eigentum wird zum Luxus analog zu WEF „nichts mehr haben aber… Mehr

LRH
2 Jahre her

Hier eine Diskusionsrunde die bei uns nicht stattfindet ! Auch ein Mann wie Roger Köppel fehlt ! Wer klartext redet ist nicht erwünscht ! https://m.youtube.com/watch?v=ctdtxtcNFLU

Vox critica
2 Jahre her

Was zu tun wäre? – Dem dänischen Modell folgen. Die Migration muss gegen Null gehen, alle ohne Bleibeberechtigung müssen nach Hause geschickt werden, das Migrationsnarrativ muss durchbrochen werden. Dazu benötigen wir zuerst eine ehrliche Diskussion. Den Anfang sollte die linksgedrehte Union machen.

Cethegus
2 Jahre her
Antworten an  Vox critica

„Den Anfang sollte die linksgedrehte Union machen.“
Recht haben SIe, aber wer soll das denn machen? Laschet? Merkels Wiedergänger und Weichspüler vor dem Herrn, der die Massenmigration lieber totschweigt anstatt endlich dagegen anzugehen? Oder Maaßen, der in der Union wohl inzwischen so viel Einfluß haben dürfte wie seinerzeit Sarazin in der SPD?
Nein, da sehe ich keinerlei Möglichkeiten.
Die einzige Möglichkeit wäre wohl, wenn die CXU endlich in der Bedeutungslosigkeit verschwindet und daraus eine neue, wirklich die Interessen dieses Landes im Blick habende Partei entstehen würde, die auch zu Koalitionen mit der AFD fähig wäre!

Hoffnungslos
2 Jahre her

Die Probleme, die durch die unbegrenzte und unkontrollierte Migrationspolitik der Merkel Regierung entstanden sind, sind bekannt. Wenn der Bischof von Würzburg um Frieden und Versöhnung bittet und an die Endlichkeit menschlichen Lebens erinnert, hilft das niemandem. Die politisch Verantwortlichen in unserem Land haben versagt und wie das Schweigen von von Frau Merkel beweist, sie versagen auch weiterhin.