Macron macht es Merkel vor

Während Angela Merkel auf Distanz zu den USA geht und sich lieber an China orientiert, betreibt der Emmanuel Macron Realpolitik im besten Sinne.

© Pierre Suu/Getty Images
French President Emmanuel Macron welcomes US President Donald Trump at Les Invalides As part of the commemoration of the 100th anniversary of the entry of the United States of America into World War I on July 13, 2017 in Paris, France. US President, Donald Trump will attend a military parade during Bastille Day.

Die deutschen Medien wundern sich: Macron lädt Trump zum französischen Nationalfeiertag ein. Er beschwört mit eindringlichen Worten die unverbrüchliche Freundschaft zwischen Frankreich und den USA. An der Parade in Paris beteiligen sich auch amerikanische Soldaten, Seite an Seite mit den französischen Soldaten. Ist Macron auf einmal zu einem Trumpisten geworden? Natürlich nicht.

Macron, der Realpolitiker

Macron ist Realpolitiker. Er versteht, wie wichtig das Bündnis mit den USA ist. Er versteht, dass es nicht in der Macht der Franzosen oder der Europäer liegt, Trump zum Fall zu bringen, sondern dass wir wohl bis auf Weiteres irgendwie mit ihm auskommen müssen. Dabei hätte Macron allen Grund, sich über Trump zu ärgern, der aus seinen großen Sympathien für Macrons Widersacherin Marine Le Pen vom Front National keinen Hehl machte. Aber er lässt sich davon nicht leiten. Und er ist so klug und ergreift die Chance, weil Merkel – wie so oft – eine diffuse, emotional gesteuerte Politik betreibt.

Was treibt Merkel?

Merkel erklärte im Mai 2017 beleidigt, wir Europäer müssten unser Schicksal nun „wirklich in unsere eigenen Hände nehmen“. Ein schöner Spruch und zugleich eine große Illusion. Lippenbekenntnisse zur Freundschaft mit den USA konnten nicht verhüllen, dass Merkel sehr deutlich auf Distanz zu den USA geht. Dabei ist das Bündnis mit den USA gerade für uns Deutsche heute wichtiger denn je, und zwar nicht zuletzt wegen den Spannungen und Zerwürfnissen in Europa. Merkel nähert sich stattdessen demonstrativ China an, das seine Chance erkennt und sich ironischerweise als großer Fürsprecher von Freihandel und Umweltschutz präsentiert.

Realpolitik, also die Orientierung an deutschen Interessen, sieht anders aus. Betreibt Merkel vielleicht stattdessen eine „Moralpolitik“, so wie in der Flüchtlingskrise? Natürlich auch nicht. Denn das – trotz Trump – demokratische Amerika steht unseren Werten nach wie vor viel näher als China, das immer noch eine Diktatur ist, in der die Menschenrechte verletzt werden. Dennoch sind gute Beziehungen zu China wichtig, aber sie haben nicht den Rang wie unser Bündnis mit den USA.

Merkel betreibt also weder an deutschen Interessen orientierte Realpolitik (wie dies Macron für Frankreich tut) noch betreibt sie Moralpolitik, sondern sie betreibt wieder mal eine emotionale Schlingerpolitik ohne Sinn und Verstand. Merkel ist, ganz entgegen dem inszenierten Bild der kühl agierenden Rationalistin in Wahrheit allzu oft von Emotionen getrieben: In Obama sah sie einen Seelenverwandten, Trump kann sie nicht ausstehen. Letzteres ist verständlich und dies teilt sie mit vielen Menschen hierzulande und auch in den USA. Aber darf sich die Kanzlerin eines so bedeutenden Landes wie Deutschland von solchen Emotionen leiten lassen?

Wahlkampf und Sirenengesänge der Medien

Oder geht es der Kanzlerin einfach darum, im Wahlkampf von der Anti-Trump-Stimmung der Bundesbürger zu profitieren, weil die eigene Macht für sie ohnehin der oberste Bezugspunkt aller Handlungen ist? Oder aber hat sich Merkel, die viel eitler ist, als sie erscheinen will, von den Sirenengesängen deutscher und amerikanischer Medien verführen lassen, die sie zur einzig verblie-benen Führerin der freien Welt im Zeitalter von Trump, Putin und Erdogan auserkoren haben?

Ich denke, diese Rolle würde aber auch Macron ganz gut gefallen. Aber der ist viel klüger als Merkel und versteht, dass er diese Rolle nicht mit Belehrungen der USA über demokratische Werte und durch distanzierte Äußerungen wie die von Merkel erreichen kann.

Trumps politisch unkorrektes Kompliment

Statt all dies kritisch zu kommentieren, fällt den deutschen Medien nichts an-deres ein, als sich über ein „politisch unkorrektes“ Kompliment von Trump über die Figur von Macrons Frau aufzuregen. Ja, da war Obama politisch korrekter! Nachdem Obama es einmal gewagt hatte, sich über das gute Aussehen einer Staatsanwältin beiläufig zu äußern, knickte er nach einem Proteststurm der politisch Korrekten (für die eigentlich jedes Kompliment ein Ausdruck von Frauenfeindlichkeit ist) ein und entschuldigte sich öffentlich in aller Form.

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Kommentare ( 29 )

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29 Comments
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Henryke
7 Jahre her

Ich bin vollkommen Ihrer Meinung!

Henryke
7 Jahre her

Vielleicht haben Sie ja in Beug auf den neuen französischen Präsidenten recht; er wird sich sicher bestens mit dem (hoffentlich) neuen österreichischen Präsidenten Kurz verstehen- es wäre der EU zu wünschen, daß ein frischen Wind weht- pragmatisch und ohne Moralin…;-)

karel
7 Jahre her

Nun, aktuell zeigen die Umfragen, daß die SPD, Grüne, PdL endlich mal wieder eine starke Opposition abgeben können.
Politik findet dann wieder im Bundestag statt.
Darauf hat Deutschland lange gewartet.

chris
7 Jahre her

was sollen wir machen, schauen Sie sich das inländische Angebot an. Bei der katastrophalen Brache wäre ich inzwischen bereit, mich diesem jungen Mann an den Hals zu werfen. Himmel hilf!!

Tilo Voss
7 Jahre her

Kohl hatte auch Kinder, die er nicht geachtet hat und hat diesem Land und Volk ebenfalls Schaden zugefügt..aber ich stimme Ihnen zu …es wäre auch für mich ein Kriterium in der Auswahl…zudem muß die Person nachweisen, dass er/sie dem Deutschtum dient und darf keine Laufbahn nur in der Politik, Bankwesen oder Versicherung inne haben…

karel
7 Jahre her
Antworten an  Tilo Voss

Kohl hat Geschichte und Staatswissenschaften studert. Wie war das eigentlich mit Joschka Fischer, mit Gerhard Schröder……. klären Sie mich doch mal auf….

Burkhart Berthold
7 Jahre her

Guter Artikel! Sie haben da besonders recht, wo Sie fragen, ob es Merkel darum ging, von Stimmungen (z.B. gegen Trump, kann aber auch gern gegen Kernkraft sein, egal) zu profitieren. Leider steht sie damit nicht allein; alle anderen machen es genauso, nur nicht so clever. Erinnern Sie sich an Steinmeiers „Haßprediger“ Trump! Steinmeier wäre durchaus intelligent genug, um zu verstehen, dass es wenig sinnvoll ist, potenzielle Präsidenten der USA zu beleidigen. Aber er kalkuliert einfach den außenpolitischen Schaden für Deutschland gegen den innenpolitischen Nutzen für Herrn Steinmeier – und handelt entsprechend. Diese Art von Cleverness ist das, was unsere Politiker… Mehr

Dieter Hausmann
7 Jahre her

Martin.
Wie lange?

Michael Scholz
7 Jahre her

Ja, Sie haben auf jeden Fall Recht. Ich würde es nur etwas spezieller formulieren. Es ist uns bzw. unseren Eliten eine besondere Form des Realitätsverlustes eigen: Wie lautete eine der Zwischenüberschriften in dem sehr guten Artikel über den Ersten Weltkrieg von Herrn Spahn? – „Deutschland – in naiver Selbstüberschätzung in den Krieg“. Das trifft wohl den Kern (auch bei den zwei anderen Unpersonen trifft es zu, GröFaZ war aber dazu ein kolossaler Massenmörder). Welche Ziele verfolgt GröKaz? Darüber rätselt seit mindestens zwei Jahren ganz DE u. Europa und die halbe Welt. Ich weiß es auch nicht, das ist alles so… Mehr

ZurückzurVernunft
7 Jahre her

Wäre ja auch unglaubwürdig, wenn Trump zu Merkel folgenden Satz sagen würde:

„You know, you’re in such good shape.“

Ghost
7 Jahre her

Macrons Credo lautet Pragmatismus, das betont er immer wieder.