Habeck gesteht ein, dass die Mehrheit seine Politik ablehnt

Die Grünen stürzen ab, auch wegen ihrer Klimapolitik. Auf die Herausforderung, dass die Mehrheit die grüne Agenda ablehnt, weiß Robert Habeck allerdings nur eine Lösung: die Mehrheit mit noch mehr Klimapolitik erziehen.

IMAGO/photothek

Robert Habeck hat bei der „republi:ca“ ein Heimspiel. Das Publikum ist ihm gewogen. Die Umfragewerte sagen dagegen, was im Land vor sich geht. Und das nicht seit gestern: die Wahlergebnisse reichen außer in Baden-Württemberg nirgendwo an die gefühlte wie reale Macht einer Partei heran, die in den Medien hochgeschrieben wird und in den Landesparlamenten die Regierungsverantwortung de facto gratis bekommt.

Doch in diesem deutschen Sommer des Jahres 2023 heißt die Partei im Aufwärtstrend AfD. Die Ampelparteien sind die Verlierer, doch für die Grünen ist der Aufprall am härtesten. Sie ist die Partei, die sich als gesellschaftsprägend versteht. Eine gesellschaftsprägende Kraft verliert jedoch ihren Anspruch, wenn eine Mehrheit sie nicht nur nicht wählt; sondern auch, wenn eine Mehrheit spezifisch gegen ihre Gesetzesvorschläge aufbegehrt.

Der Bundeswirtschaftsminister hat Zugeständnisse an diese Realität gemacht. Habeck gesteht ein: „Man muss dazu sagen, dass wir uns gerade vielleicht davon wegbewegen von einer gesellschaftlichen Mehrheit für Veränderung.“ Man könnte es auch deutlicher artikulieren: die Deutschen haben die Nase von Habecks Politik voll.

Habeck weiß das. Denn die Reaktion in der Bevölkerung quittiert er wie ein trotziges Kind. Die Grünen sind die Klugen und Schlauen. Als Vordenker eines entmündigenden Nanny-Staates paternalistischer Natur muss jeder Widerstand von Verrätern an der Revolution kommen. Üble Reaktionäre treiben ihr böses Spiel mit der mühsam errungenen grünen Revolution.

Kurz flackern Erinnerungen an den verlorenen Wahlkampf von 2013 auf, als die Grünen schon einmal absackten und ihre Niederlage nur mit der Ignoranz des Volkes erklären konnten. Habeck: „Wir waren als Gesellschaft, wenn ich so reden darf, schon einmal weiter als im Moment.“

Der Bürger hat also wieder einmal das Programm der Grünen nicht verstanden – und muss es offenbar noch einmal besser erklärt bekommen. Im besten Fall. Denn Habeck erklärt auch, dass es im Zweifel Gesetze braucht, um die Mehrheit auf Kurs zu bringen. Denn selbst wenn Deutschland alle Maßnahmen umsetzen würde, die Habeck plante, dann werde man das 1,5-Grad-Ziel verfehlen. „Es sei denn, aus den ganzen politisch gesetzten Impulsen entsteht eine gesellschaftliche Dynamik.“

Man müsse daher jetzt „politisch durchziehen“ und dann darauf setzen, dass es am Ende eine gesellschaftliche Mehrheit gebe. Die Antwort auf das Misstrauen, dass die Grünen nun immer stärker spüren, lautet demnach: nun erst recht gegen die Mehrheit regieren. Irgendwann werden sie es schon einsehen. Habeck inszeniert das Narrativ so: man habe letztlich die Wahl, seinen Beitrag zu leisten oder sich „Geschichten vom Scheitern“ zu erzählen.

Dass man ungefragt in Geiselhaft einer Klima-Agenda genommen wird, interessiert den Minister nicht. Die „Gesellschaft“, die von der politischen Linke stets bemüht wird, ist nur dann nützlich, wenn sie auf ihrer Seite steht. Sonst ist die Gesellschaft reine Verfügungsmasse.

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Kommentare ( 47 )

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47 Comments
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Kartoffelstaerke
1 Jahr her

Man könnte es auch deutlicher artikulieren: die Deutschen haben die Nase von Habecks Politik voll.

Nun, dann hat er – guter Demokrat der er doch sicher ist – genau zwei Möglichkeiten:

1) Er läßt von seinem Gesetzesvorhaben ab.
2) Er tritt zurück.

Beides wäre in Ordnung, etwas Drittes nicht.

Skeptiker
1 Jahr her

Das ist doch der Weg, den Grüne & Co. seit Jahren gehen: Wenn etwas nicht funktioniert, dann nur, weil ‚wir‘ (die Grünen und ihre Helfershelfer) nicht genug davon tun oder durchsetzen.

Ede Kowalski
1 Jahr her

„….die Mehrheit mit noch mehr Klimapolitik erziehen.“
Wer von der Bevölkerungsexplosion in Afrika und dem Orient nicht reden will, soll vom menschengemachten Klimawandel schweigen.

Matthias F.
1 Jahr her

Wäre Habeck ein Demokrat, würde er nach dieser Erkenntnis von alleine zurücktreten.

Gabriele Kremmel
1 Jahr her

Grüne Ideen hatten noch nie eine Mehrheit. Schön, dass Herr Habeck das nun auch erkennt.
Wohlan, Herr Habeck, bei diesen Einsichten gibt es für Sie als Demokrat doch nur eine mögliche Konsequenz: Die Gesellschaftsveränderung ad acta legen und zurück treten, damit wieder Politik gemacht werden kann, für die es eine Mehrheit gibt.

K.Behrens
1 Jahr her

Der „Kinderbuchautor“ hat noch satte Zeiten bis zur nächsten Bundestagswahl. Seiner Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Im Gegenteil, dieses infantile 53-jährige Kind repräsentiert eine Generation von Männern, die sich auf die eine oder andere Art gerne vom Staat Deutschland aushalten lassen. Während die italienische Mafia als Form des organisierten Verbrechen anerkannt ist, schrillen im deutschen Wirtschaftministerium mit knapp 2.200 Mitarbeitern nicht alle Glocken beim Führer Habeck? Ergo zielgerichtet und Aufdeckung von Typen wie Habeck und ihrer Gefolgschaft! Wobei sich die ursprüngliche italienische Mafia gerne öffentlich besonders religiös zeigte. Wir werden uns noch wundern, was der „Kinderbuchautor“ in Sachen Erderwärmung… Mehr

Enrico Stiller
1 Jahr her

Habe eben ein Interview mit Sarah Wagenknecht gehört. Vielleicht gründet sie ja eine Partei. Und ich würde es nicht einmal mehr kategorisch ausschliessen, die zu wählen. Obwohl Linke für mich immer das Letzte waren. Aber ich wäre mittlerweile schon zufrieden, wenn ich von Politikern regiert würde, die geistig gesund sind. Die politischen Positionen im einzelnen sind dagegen für mich jetzt erst mal nur noch sekundär.
Nach der Erfahrung mit den Grünen bin ich bescheiden geworden. Nur: Bitte, bitte keine Wahnsinnigen mehr in die Regierung!

chino15
1 Jahr her

Dieses Gesabbel beweist die ganze Demokratieverachtung der Grünen: die Mehrheit will unsere Politik nicht, also zwingen wir sie solange bis sie wollen (müssen). Das wäre ein Fall für Haldenwang & Co., aber der jagt ja lieber rechte Phantome in der AfD. Und dann wundert man sich, dass so viele Bürger mit dem „Zustand der Demokratie in Deutschland“ unzufrieden sind?

Landgraf Hermann
1 Jahr her

Welche Politik eigentlich? Denn sein Aktionismus ist generell Pfusch. Raus aus dem Amt!

Eremit57
1 Jahr her

Der Publizist Joachim Fest hat in seinen „Überlegungen am Ende des Jahres 1989“ damals schon das Wesen der Grünen in eindrucksvoller Weise entlarvt. Ihm fiel auf, dass das intellektuelle Milieu der BRD auf die revolutionären Vorgänge in den östlichen Nachbarländern vor allem mit Schweigen reagierte und bezeichnet dies als verblüffenden Vorgang und als Ausdruck der Verlegenheit angesichts des Scheiterns einer Idee, die bisher auf die Sympathie derer zählen konnte, die gesellschaftliche Beglückungsprojekte zu entwerfen lieben. Er schreibt: „ Über ihre kümmernden Biotope gebeugt, auf Ozonlöcher und KKW’s starrend, haben sie sich womöglich so unbeirrbar auf die Erwartung von Apokalypsen und… Mehr