Die Ampel ignoriert die akute Migrationskrise

Die SPD-Fraktion fordert die Aussetzung des sogenannten Solidaritätsmechanismus mit Italien, wenn das Land „weiterhin nicht zu einer menschenwürdigen Politik mit Blick auf die Rettungsschiffe“ finden und Migranten „einfach nach Norden durchleiten“ würde. Bundesinnenministerin Faeser schweigt zu dem Vorstoß.

IMAGO / ZUMA Wire

Die Migrationskrise endete nie wirklich. Viele Medien haben sich nur entschlossen, darüber nicht mehr zu berichten. Nun explodieren die Zahlen der Einwanderer in einem Tempo, dass sich die an der Öffentlichkeit vorbei organisierte Massenmigration in die deutschen Sozialsysteme nicht mehr verheimlichen lässt. Die Brandbriefe von Bürgermeistern und Landräten führten dazu, dass Innenministerin Faeser, die sich anscheinend eher mehr als weniger Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme wünscht, zum 15. Oktober einen Flüchtlingsgipfel einberief, der erwartungsgemäß wie das Hornberger Schießen ausging.

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Bei Vertretern der Gemeinden, Städten und Landkreise machte sich Enttäuschung über die Ergebnisse breit. Viele sahen Faesers Angebote noch freundlich als lediglich den berühmten „Tropfen auf dem heißen Stein“. So resümierte der Landrat von Raststatt, Christian Dusch (CDU): „Unsere Maßnahmenvorschläge finden wir nicht wieder, die stattdessen angebotenen Lösungen sind für unsere Situation unzutreffend.“ Landrat Dietmar Allgaier (CDU) war vom Ergebnis „maßlos enttäuscht“. Vor dem Gipfel hatte bereits der Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, Bert Wendsche, die Herausforderungen des Jahres 2022 als „noch größer“ als 2015 eingeschätzt. Auch der Vizepräsident des Deutschen Städtetags, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), verglich die aktuelle Situation mit der von 2015 und 2016.

Die Schweiz winkt inzwischen die Migranten einfach nach Deutschland durch. Deutschland, an sich schon für Migranten wegen der hohen Geld- und Sozialleistungen ausgesprochen attraktiv, hätte den Wettbewerb um die höchste Einwanderung mit dem neuen Bürgergeld gewonnen – wenn denn jemand in Europa diesen Wettbewerb führen würde. Die Ampel arbeitet als einzige Regierung in Europa mit Hochdruck an der Erhöhung der Anreize für Migranten mit geringen oder fehlenden Qualifikationen und mit fehlenden Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Apropos Arbeitsmarkt: Qualifizierte Fachkräfte werden angesichts dieser Entwicklung einen großen Bogen um Deutschland machen.

Die Bild-Zeitung zitiert aus dem Migrationsanalyse-Bericht der Bundespolizei für das Innenministerium. Demnach griff die Bundespolizei im Februar 3842 illegale Flüchtlinge auf, im Juli 6941, im September 12.701 und im Oktober könnten es 15.000 werden. Damit wären wir wieder bei den Zahlen von 2015 und 2016.

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Die Stadt Cottbus hatte einen Aufnahmestopp für neue Flüchtlinge verkündet. Nun schrieb die Justizministerin Baden-Württembergs, Marion Gentges (CDU), laut Stuttgarter Zeitung an die Bundesinnenministerin Faeser: „Angesichts der nach wie vor rapide ansteigenden Zahl von Schutzsuchenden sehen wir uns als Land – und insbesondere unsere Kommunen – aktuell und künftig mit einer ungeheuren Belastungssituation konfrontiert“, und fügte hinzu: „Alle Ebenen unserer Aufnahme- und Ausländerverwaltung stehen am Rande ihrer Leistungsgrenzen.“ Baden-Württemberg habe bisher 139.000 Menschen aus der Ukraine, 22.000 Asylsuchende und 3.000 Migranten im Rahmen der humanitären Hilfe aufgenommen, also 164.000 Menschen. Gentges machte darauf aufmerksam, dass ein effizientes System zur Umverteilung der Migranten auf die Mitgliedstaaten der EU geschaffen werden muss. Doch er könne entsprechende Bemühungen des Bundes nicht einmal im Ansatz erkennen.

Die Stuttgarter Zeitung verweist darauf, dass „laut dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen … Deutschland seit Kriegsbeginn mehr als eine Millionen Menschen aus der Ukraine aufgenommen“ habe. „Das seien zehn Mal mehr Menschen als Frankreich, das mit knapp 120.000 Ukrainern weniger Menschen aus dem Kriegsgebiet Unterschlupf gewähre als Baden-Württemberg.“

Doch Frankreich windet sich derzeit unter sehr durchsichtigen Begründungen aus der Verpflichtung, Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen. Weil Italien nicht mehr bereit ist, seine Häfen den sogenannten „Seenotrettern“ zu öffnen, sieht sich Frankreich auch nicht mehr verpflichtet, Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland hält jedoch weiterhin an der Aufnahme fest.

Millionen Euro für NGO-Schiffe
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Nicht nur fahren sogenannte „Seenotretter“ unter deutscher Flagge, sie werden auch mittelbar vom deutschen Steuerzahler finanziert. So erhält der Verein United4Rescue, der an den beiden „Seenotrettungsschiffen“ Humanity 1 und Sea-Eye 4 beteiligt ist, bis 2026 jährlich zwei Millionen Euro vom Staat. Fazit: die Bundesregierung unternimmt nicht nur nichts gegen die Masseneinwanderung, sie finanziert sie auch noch. Ein Geschmäckle hat das Ganze, weil der frühere Chef des Kirchenamtes der EKD, Thies Gundlach, der Vorsitzendes des mehr als großzügig begünstigten Vereins United4Rescue, der Lebensgefährte der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt ist. Thies Gundlach hatte noch als Chef des Kirchenamtes der EKD im Interview geäußert, dass wer als evangelischer Christ mit dieser „Seenotrettung“ nicht einverstanden ist, in der evangelischen Kirche nichts zu suchen hätte.

Der Migrationsexperte der FDP, Stephan Thomae, erklärte ganz im grünen Sound: „Solange eine staatliche Seenotrettung nicht gewährleistet werden kann, darf die private Seenotrettung nicht behindert werden.“ Vielleicht weiß es Stephan Thomae nicht: sie wird nicht nur nicht staatlich behindert, sie wird auch teils staatlich finanziert. Vielleicht will die FDP ja künftig Schiffe der Bundesmarine in das Mittelmeer entsenden, damit unter Absprache mit den Schleppern die „Seenotrettung“ „staatlich“ „gewährleistet werden kann“. Für Thomae wäre das Aussetzen des freiwilligen Solidaritätsmechanismus von deutscher Seite „ein Schritt zurück bei dem Versuch, endlich einen festen, rechtlich bindenden und dauerhaften Verteilmechanismus für die EU zu etablieren“.

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Julian Pahlke, Migrationsexperte der Grünen-Fraktion, träumte gar: „Der Fortbestand des Solidaritätsmechanismus ist wesentlich für ein Weiterkommen auf europäischer Ebene.“ Doch niemand in der EU will diesen Solidaritätsmechanismus, so dass es wie immer dabei bleiben wird, dass Deutschland die meisten Migranten nehmen wird. Darin scheint trotz hoher Inflation, trotz Rezession, trotz Staatsverschuldung, trotz Implodieren des Sozialsystems, das Ziel der Ampel-Regierung zu bestehen, Deutschland attraktiv für nicht- oder niedrigqualifizierte Arbeitskräfte zu machen, hochqualifizierte Arbeitskräfte abzuschrecken und schließlich die innere Sicherheit noch geringer zu gewährleisten als bisher schon.

Nun hat der migrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, mit bewunderungswürdiger Kompetenz gefordert, den Druck auf Italien zu erhöhen, wenn das Land „weiterhin nicht zu einer menschenwürdigen Politik mit Blick auf die Rettungsschiffe“ finden und Migranten „einfach nach Norden durchleiten“ würde, dann müsse der sogenannte Solidaritätsmechanismus mit Italien „ausgesetzt“ werden. Zu dem Vorstoß ihrer Fraktion schweigt die Bundesinnenministerin bisher.

In der Migrationspolitik der Ampel kann man alles bis auf zwei Dinge finden: Vernunft und die Wahrnehmung deutscher Interessen.

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Kommentare ( 62 )

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AlNamrood
2 Jahre her

Wenn kein Land in Europa die Boote anlanden lässt verschwindet das Problem von selbst. Aber dazu wird und darf es nicht kommen.

Julie Krefeld
2 Jahre her

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D soll in die Bedeutungslosigkeit – Freie Bahn für den Deep State US Hegemonie

A rose is a rose...
2 Jahre her

Wann werden diese illegal Eingereisten endlich wieder jenseits unserer Staatsgrenzen gebracht? Ohne Pass keine Weiterreise und schon gar nicht aus einem sicheren Drittstaat. Die Unverfrorenheit der Lebensleistung der Einheimischen Vorgenerationen gegenüber, die für ihr Land, Kinder und Kindeskinder geschuftet haben, ist unfassbar. Außer frieren, stinken und hinter Masken ersticken soll nun das bereits zig-mal versteuerte, hart erarbeitete Erbe unserer Vorfahren noch höher besteuert werden. Wie immer trifft es nicht die wirklich Reichen, denn die haben Steueranwälte und Vermögensberater. Sondern die, die es nach dem Krieg mit viel Fleiß und Verzicht zu bescheidenem Wohlstand gebracht haben.

Ralf Poehling
2 Jahre her

Der wahre Hintergrund und der Ernst der Lage ist immer noch nicht begriffen worden. Je mehr „Flüchtlinge“ hier eingelassen werden, desto härter wird es knallen. So dumm kann man doch eigentlich gar nicht sein, oder werden die Entscheider etwa absichtlich in die Irre geführt? Oder sogar erpresst? Oder bestochen? Wenn das so weiter geht, wird das ganz böse enden.

Wolfgang Schuckmann
2 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Das wird nicht böse enden.
Das endet in einem Bürgerkrieg, in dem die indigenen die schlechteren Karten haben. Denn, wenn der Selbsbedienungsladen Insolvenz anmelden muss, werden die Herrschaften erst die Masken ganz abnehmen.
In einem Staat, in dem sich sogar die Polizei nicht mehr in gewisse Stadtgebiete traut, so ein Staat ist am Ende.
Ich habe keine Illusionen mehr, aber ich lasse allen anderen ihre Träume.

Reini
2 Jahre her

Die Ampel ignoriert nicht die Migrationsflut sondern fördert diese sogar nach besten Kräften. Das hat vielleicht aber auch den Vorteil, dass es nicht mehr bis zum Sanktnimmerleinstag dauert, bis der Michel endlich aufbegehrt und diese Ampel beendet.

Schlaubauer
2 Jahre her

Wer der Ampel bescheinigt, sie ignoriere die aktuelle Migration, hat evtl. nicht alles im Blick. Man kann auch durchaus zum Ergebnis kommen, dass die Ampel alles tut, um die Migration zu fördern.

leonaphta
2 Jahre her

An Siggi, weil Sie die exzellente Rede von Frau Dr. Weidel erwähnen. Vor 1989 war es bei Haushaltsberatungen in der deutschen Presse so: In der Frankfurter Rundschau z.B. wurde die Rede des Kanzlers abgedruckt, und auch die Rede des Oppositionsführers.
Das wäre in unserem Falle, da Herr Merz mangels „Power“ (wenn Sie verstehen, was ich meine) ausfällt, Frau Dr. Weidel.
Warum ist der Blog Tichyseinblick eigentlich nicht in der Lage, hier die Rede von Fr. Dr. Weidel zu publizieren, gibt es da ein Verbot von Irgendjemandem, Herr Goergen ?

Fritz Goergen
2 Jahre her
Antworten an  leonaphta

Politikerreden abzudrucken, ist auch sonst nicht unser Metier.

Grenz Gaenger
2 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Aber die Besprechung einer guten, fundierten Rede im BT ist doch Ihr Metier, Herr Goergen?!
Die erste Frage des Foristen leonaphta haben Sie beantwortet, seine zweite nicht. Ist da was dran?
Schade, dass Sie auch meine Kommentare ignoriert bzw. nicht veröffentlich haben.

Astrid
2 Jahre her

Welche Migrationskrise? Was soll die Ampel ignorieren? Sie laden doch alle nach Deutschland ein und sehen in der Migration kein Problem und das haben sie auch nicht. Gut für die Bürger, wird es in Deutschland immer ungemütlicher und bezahlen müssen sie den Irrsinn auch, aber hey wir haben WM und da ist die korrekte politische Haltung wichtiger als alles andere. Die Leute, die uns regieren, haben in ihren abgeschotteten Häusern in den besten Wohngegenden des Landes überhaupt keine Berührungspunkte und deren Kinder besuchen keine staatlichen Schulen, sondern -man bleibt unter sich- die migrationsfreien Schulen.

DiasporaDeutscher
2 Jahre her

Das Grundgesetz ist das Problem. Es schafft einen Parteienstaat, in dem die Parteisoldaten / Abgeordneten den Bürgern enthoben sind. Loyal gegenüber der Partei, illoyal gegenüber Bürgern / Steuerzahlern. Mir ist nicht ganz klar, inwieweit die Forderung, das Grundgesetz abzuschaffen legal wäre. Daher erhebe ich diese Forderung hier nicht. ?

Siggi
2 Jahre her

Nicht nur die Ampel. Hat Merz auch nur ein Wort dazu gesagt? Nein. Die Einzige, die Tacheles geredet hat, war Frau Dr. Weidel. Schade, dass man ihre brilliante Rede von gestern nicht angemessen verbreitet hat. Die restliche Politik muss sich doch beim ZUhören in Grund und Boden geschämt haben. Deutlicher und ehrlicher konnte man das Komplettversagen der Politik doch gar nicht auf den Punkt bringen.

Philokteta
2 Jahre her
Antworten an  Siggi

„Die restliche Politik muss sich doch beim ZUhören in Grund und Boden geschämt haben.“
Wenn denn überhaupt zugehört wurde. Man sieht so oft, daß die Abgeordneten sich mit ihrem Handy beschäftigen oder auch sonst den Eindruck machen, als interessiere es sie nicht. Und schämen, nein, ich denke, schämen tut sich da keiner, haben die doch alle die richtige Haltung.