Trump is back

Es gibt keinen passenderen Begriff für Trump als Stehaufmännchen. So wie die kleinen Figuren, die man mittels Knopfdruck vergeblich versucht umzustoßen, kommt auch er nach jedem Angriff erneut auf die Füße. In ganz Amerika jubeln ihm die Leute wieder zu, die Zustimmungsrate liegt bei fast 50 Prozent. Trump is back!

IMAGO / USA TODAY Network

Seine Fans werden jetzt einwenden, er sei niemals weg gewesen – ganz richtig ist das nicht. Wer Trump live über die Jahre gesehen hat, konnte den Unterschied, vor allem im vergangenen Jahr, deutlich sehen. Während der Midterms absolvierte er viele Unterstützungsauftritte für unterschiedliche Kandidaten. Wenig erfolgreich. Weder Kari Lake, noch Herschel Walker oder Mehmet Oz konnten bei den Wählern punkten. Fast wirkte es, als ob Trumps Wahlunterstützung aus dem Giftschrank kam. Er war oft kraftlos, seine Stimme monoton, fast weinerlich, er lamentierte voller Selbstmitleid immer und immer wieder: „Die Demokraten haben mir die Wiederwahl geklaut.“ Die Zuschauer bei diesen Auftritten langweilte das irgendwann. Ich selbst sah ihn kurz vor den Midterms in Miami, wo bereits nach 30 Minuten die ersten Besucher die Arena wieder verließen. Das Publikum langweilen ist DIE Todsünde auf amerikanischen Wahlkampfbühnen.

Jetzt dagegen hat er seinen alten Kampfgeist wieder gefunden. Trump is back und er greift dort an, wo es den Demokraten weh tut. In West Palm Beach fand am Wochenende eine zweitägige „Turning Point Action“-Veranstaltung (TPA) statt. TPA ist eine 2019 von dem damals 25-jährigen Charlie Kirk gegründete Organisation, die verstärkt auch junge Menschen anspricht und ihnen die Ideen der republikanischen Partei vermitteln will. Erfolgreich, wie man sah. Mehr als 6.000 Zuschauer waren angereist und das bei einem Kartenpreis zwischen 250 USD (Studenten) und 950 USD (VIP-Zutritt mit garantierten Sitzplätzen). Das Line-up konnte sich sehen lassen: Tucker Carlson, Meghan Kelly, diverse Senatoren und Kongressabgeordnete und der neueste republikanische Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy. Aber sie alle waren nur die Einpeitscher für den eigentlichen Rockstar des Abends: The Donald.

— Vivek Ramaswamy (@VivekGRamaswamy) July 16, 2023

Mit einem Feuerspektakel, Lightshow und dem Song „I´m proud to be an American“ betrat er die Bühne, und machte sie umgehend zu seinem Ring. Zwei Stunden fesselte er die Leute mit einer freien Rede ohne Manuskript. Er zählte die Schwachpunkte der jetzigen Regierung nicht nur auf, er kündigte an, was er anders und vor allem besser machen will. Er schaut wieder vorwärts. Statt sich über geklaute Wahlen nur zu mokieren, erklärte er, wie er Wahlen wieder sicher machen will. Er will die Ausweispflicht einführen, die Wahlen auf einen Wahltag beschränken und Stimmzettel aus Papier statt anfälliger Wahlmaschinen nutzen. Das Publikum jubelt. Trump sagt wieder, wo es lang geht, schaut nach vorne und gibt den „leader“, den sich viele Amerikaner heute wünschen.

Selbstbewusst verkündet er, dass es mit ihm keinen Krieg in der Ukraine gegeben hätte, und auch, dass er den Krieg als 47. Präsident innerhalb kürzester Zeit stoppen wird. Er droht vor einem dritten Weltkrieg, wenn Biden „weiterwurstelt“. Tosender Applaus. Im Gegensatz zu Deutschland, wo eine Anti-Kriegshaltung schon fast an Hochverrat grenzt, sind viele Amerikaner überhaupt nicht mit der Unterstützung der Biden-Regierung für die Ukraine einverstanden. „Warum geben wir Milliarden Dollar aus, um die Grenzen eines anderen Landes zu sichern, weigern uns aber, in unsere eigene Grenzsicherung zu investieren?“, fragte unter anderen Tucker Carlson in seiner 40-minütigen Ansprache, die er direkt vor dem Trump-Auftritt hielt.

Fesselnd, motivierend, spannend und unterhaltsam, so kann man Trumps Auftritt vor Republikanern in West Palm Beach zusammenfassen. Die Ziellinie ist klar. Woke Politik muss beendet werden, amerikanische Werte und Patriotismus sollen wieder aufleben. Unseren Kindern sollte die Möglichkeiten gegeben werden, einen Job zu finden und ein eigenes Haus zu bauen, statt ihr Geschlecht zu ändern. Make America Great Again. Trump hielt der Regierung den Spiegel vor und ließ sie dabei nicht gut aussehen: Inflation, Abhängigkeit von China, offene Grenzen, Energieimporte aus Venezuela statt Energieunabhängigkeit, Drogentote, Obdachlosigkeit. Die Liste ist lang.

Die Langeweile, die letztes Jahr noch bleiern über Trumps Auftritten lag, ist verschwunden. Er ist wieder wach und aktiv, hört die neuen Zeichen der Zeit. Mit den Worten „Republikaner haben bisher niemals Firmen bekämpft, das haben nur die radikalen Linken gemacht. Aber wir werden den verwirrten Woken in der Biden-Administration jetzt zeigen, dass wir nicht mehr mitmachen, was sie mit uns anstellen“ forderte Trump die Zuschauer auf, den Demokraten ihren Bud-light-Moment zu geben. Jubelrufe waren die Antwort. Tucker Carlson wiederum machte sich einen Spaß, als ein Zuschauer ihn auf angebliche Koksfunde im Weißen Haus ansprach. „Das könne er sich nicht vorstellen. Wo solle in einem Biden-Haushalt das Koks denn herkommen? Das muss eine Ente sein.“ Der ganze Saal, inklusive der Journalistentribüne, lachte.

Für den größten Herausforderer von Donald Trump, Ron DeSantis, sieht es derzeit nicht gut aus. Im Gegensatz zu Trump, der mit seinem Grassroot-Movement viele Millionen Dollar von vielen einzelnen, unabhängigen Wählern sammelt, konzentriert sich DeSantis notgedrungen auf die „Big Spender“. Trump nutzt das aus, wirft ihm und anderen Politikern, die das große Geld von großen Firmen bekommen, vor, anschließend nur deren Vasall zu sein. Er dagegen sei nur seinen Wählern verpflichtet. „Wir alle zusammen werden der nächste Präsident der Vereinigten Staaten“ versprach er. Bei den Zuschauern traf dieses Versprechen das Herz.

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