Die Merkel-Gesellschaft: vom deutschen Mangel an Mut zur Freiheit

Die autoritäre Verhärtung im Maßnahmenstaat entmutigt. Doch sie sorgt auch für die Rückkehr der totgeglaubten Republikanertugend. Ein Blick in die Geschichte lehrt: Der Staat profitiert vom Mut seiner Bürger. Er sollte sich nicht auf deutsche Obrigkeitsfrömmigkeit verlassen. Von Ulrich Schödlbauer

IMAGO/Eibner

In LTI – Notizbuch eines Philologen erwähnt Victor Klemperer eine Bemerkung des Germanisten Wilhelm Scherer, die ihn während der Nazijahre »frappierte und in gewissem Sinn erlöste«. Er zitiert: »Maßlosigkeit scheint der Fluch unserer geistigen Entwicklung. Wir fliegen hoch und sinken um so tiefer. Wir gleichen jenem Germanen, der im Würfelspiel all sein Besitztum verloren hat und auf den letzten Wurf seine eigene Freiheit setzt und auch die verliert und sich willig als Sklave verkaufen lässt. So groß – fügt Tacitus, der es erzählt, hinzu – ist selbst in schlechter Sache die germanische Hartnäckigkeit; sie selbst nennen es Treue.«

1.

An die Sentenz darf sich erinnert fühlen, wer in diesen Tagen mit offenem Mund die öffentliche Debatte um den bescheidenen Versuch einer alsbald wie Schnee an der Sonne dahinschmelzenden Schauspielerriege verfolgte, eine öffentliche Debatte anzustoßen, die mancher stille Zweifler überfällig nennen würde, während eine lautstark herbeiphantasierte Mehrheit sich davon weiterhin überfallen wähnen darf. Der Wahn ist groß, wir sind die Seinen schweigenden Munds – so ließe sich, einen Rilke-Vers variierend, der Vorgang kommentieren. Längst geht es nicht mehr – … nein wirklich, es geht nicht mehr um Sinn und Zweck der einen oder anderen Maßnahme (die ja voraussetzen würde, dass da jemand Maß genommen hätte), ergriffen, um eine Jahrhundertepidemie einzudämmen, der, vergleicht man sie mit den alljährlich wiederkehrenden saisonalen Menschheitsübeln, längst die Schreckenszahlen ausgegangen sind. Im Fokus, um dieses schöne Wort zu gebrauchen, im Fokus der saisonalen Aufmerksamkeit steht ein zunehmend irrationale Züge annehmender Regierungsstil, von dem viele hoffen, die im Herbst anstehende Wahl werde ihm das allfällige Ende bereiten, während argwöhnische Beobachter unken, hier sei peu à peu ein System installiert worden, das dem Land und vor allem seinen Bewohnern noch lange zu schaffen machen dürfte.

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Es hat seinen melancholischen Reiz zu beobachten, wie diese Maschinerie, ebenso schwerfällig wie zielstrebig, Zug um Zug Barrieren niederwalzt, die von Medizinern, Staatsrechtlern, Volkswirten, Psychologen, Kinderpädagogen und Richtern seit Monaten in Form von Studien, Artikeln, Deklarationen, Manifesten, hin und wieder auch Gerichtsurteilen aufgerichtet werden, um Sinn und Maß in eine ausufernde Politik zurückzubringen. Spräche sie nicht die allzu vertraute Sprache der Macht, könnte man ihr hin und wieder autoparodistische Züge bescheinigen, etwa im Dialog mit den Medienvertretern des Landes, vulgo Bundespressekonferenz, aber auch bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel im Parlament. Stattdessen bewundert man – still, wie es sich gehört – die Bemühungen einzelner, durchaus nicht weniger Publizisten, gegen einen medialen Druck, der in der Geschichte dieser Republik ohne Beispiel dasteht, von der freiheitlich-liberalen Ordnung und der halbwegs gesunden Psyche seiner Bewohner zu retten, was zu retten ist. 

2.

Die originellste Antwort auf die deutsche Urfrage »Darf man das?« lautet: Nein, denn diese Debatte wird doch längst geführt. Und das ist, in all seiner tückischen Falschheit, nicht einmal falsch. Wenn man es für Debatte hält, auf jeden Schädel einzudreschen, der sich aus den Gewässern der allseits verordneten Seichtheit erhebt, und jede, selbst die unschuldigste Demonstration, die vorsichtig an die Existenz des Grundgesetzes erinnert, mit dem Odium der Verfassungsfeindlichkeit zu belegen, dann ist wie anderswo im Wilden Westen auch hierzulande eine recht lebhafte Debatte im Gange. Seit das Tragen von Hüten außer Mode gekommen ist, verlangen immer mehr Institutionen vom Bürger das Ablegen des Kopfes. Das Beste wäre, er ließe ihn gleich zu Hause, vorausgesetzt, dass dort niemand sitzt, der Anstoß nimmt. Leider gibt es störrische Existenzen, die weiterhin behaupten, der ihre sei mit dem restlichen Körper verwachsen und daher nicht ablösbar. Das ist historisch falsch, wie alle aus der Geschichte der Revolutionen wissen. Und nicht nur historisch: Schließlich ist, wie aus berufenem Mund zu hören, gerade eine Revolution im Gange, die uns alle aus dem Industriezeitalter in eine noch kaum geahnte Zukunft katapultieren wird. Von ihr existieren bisher bloß Blaupausen, was auf eine gewisse Affinität zur Blauäugigkeit auf Seiten derer schließen lässt, die eifrig an sie zu glauben behaupten – oder gerade nicht: »Das glaube ich jetzt nicht.«

Ja was denn dann?

3.

Etwas von jener germanischen Treue muss sich im deutschen Volkskörper erhalten haben. Ebenso halsstarrig wie folgsam nimmt er die fortschreitende und – wie er bald wahrzunehmen Gelegenheit finden wird – unumkehrbare Erosion seiner gewohnten Lebensweise in Kauf –: aus keinem anderen sichtbaren Grund als dem ihm täglich eingehämmerten, das müsse jetzt so sein, in Wahrheit sei das Ausmaß an Selbstzerstörung noch lange nicht ausreichend und er, angesichts der sich abzeichnenden Niederlage im ungleichen Kampf gegen die unerbittlich vorrückenden Zahlenkolonnen des RKI, der eigentliche Versager. Der letzte Wurf gilt immer der Freiheit. Wir hören die Würfel kreisen, wir sehen sie fallen und im Fall vernehmen wir das Zwitschern eines ehemaligen Rechtsexperten einer ehemals liberalen Partei, genug sei nicht genug und nun sei die Zeit reif für den entschiedenen … nein, er sagt nicht ›Schlag‹, er sagt irgendetwas, wie die meisten sogenannten Liberalen, etwas Schlaumeierndes, das sich nach Parteiarbeit anhört und instantan im Malstrom der Geschichte verschwindet, als sei es nie gesagt worden.  

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Dass aus dem letzten Liberalen der letzte Germane heraustritt, diese taciteische Pointe der Geschichte lässt auch andere Geschichten wieder aufblühen. In alternativen Kreisen erfreut sich ein Heine-Zitat gegenwärtig großer Beliebtheit: »Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick. Die Knechtschaft ist in ihm selbst, in seiner Seele; schlimmer als die materielle Sklaverei ist die spiritualisierte. Man muß die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts.« Napoleon-Bewunderer Heine mag dabei die französische Usurpation samt dem zweifelhaften Freiheitspathos der monarchisch gesinnten deutschen Befreiungskrieger vor Augen gehabt haben. Rätselhaft bleibt der Sinn des Zitats angesichts der gegenwärtigen Weltlage. Es sei denn, man nimmt Heines Folgesatz gleich mit hinzu, der da lautet: »Der Hund, dem man einen Maulkorb anlegt, bellt mit dem H. . . . n. – Das Denken auf Umweg äußert sich noch mißduftiger, durch Perfidie des Ausdrucks.« Dann allerdings… 

Von Usurpation reden in diesen Tagen viele, vor allem hinter vorgehaltener Hand, von einer Usurpation des Gesundheits- und Rechtssystems, vor allem des letzteren, aber auch der öffentlichen Hände und vor allem der öffentlichen Moral, die bekanntlich von den öffentlich-rechtlichen Medien verwaltet und den Bürgern in passenden Häppchen verabreicht wird – ausgehend von allseits bekannten internationalen Akteuren, denen Big Data und die allgemeine Geschäftsentwicklung der letzten Jahre genügend Assets ins Portefeuille geschwemmt haben, um in staatliche Kernbereiche vorzudringen und dabei mächtige Regierungen zu Handlangern zu degradieren, zu willigen Helfern, um einen vor Jahren gern herumgereichten Buchtitel zu zitieren. Wobei, wie zu Napoleons Zeiten, der Usurpator durchaus mit einer neuen Freiheit aufwarten kann: der Freiheit, sich nach Belieben aus öffentlichen Töpfen zu bedienen, sobald einer es verstanden hat, sich an der richtigen Stelle in die digitalen Informationsflüsse einzuklinken und den Leuten Zukunft pur zu verkaufen, gleichgültig, ob es sich um den KI-bestückten Staubsauger oder die Ideen des 21. Jahrhunderts handelt, für die man die Leute draußen im Lande bekanntlich endlich fit machen muss.  

4.

Um auf Heine zurückzukommen: Sicher nährt sich das aktuelle Missverständnis auch daraus, dass das Wörtchen ›Seele‹ in Aufklärerkreisen umstandslos die Spezialisten fürs Psychische auf den Plan ruft. Verlorene Liebesmüh’ – von jener ›spiritualisierten‹ Psyche, sprich: dem obrigkeitsfrommen Christentum, ist den heutigen Germanen außer der nackten Obrigkeitsfrömmigkeit wenig geblieben. Es sind die Christenvertreter, die mit dem ›Great Reset‹ liebäugeln und denen die Gläubigen darüber in Scharen davonrennen. Dass die Haupt- und Staatskirchen einmal zu NGOs degenerieren und die ehrwürdige Menschheitshoffnung aufs Jenseits für das Linsengericht gelegentlicher Fernsehauftritte Seit’ an Seit’ mit weltverbessernden Anarcho-Teenagern verscherbeln würden, denen die kommenden Politkommissarinnen bereits aus den Augen lachen, hätte selbst den Autor des Wintermärchens verblüfft. Insofern sind diese Kämpfe einfach erloschen. 

Obrigkeitsstaat statt Rechtsstaat
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Aber auch das heute so genannte ›Psychische‹ ist vielleicht nicht der allererste Ansprechpartner, jedenfalls dann, wenn man der moralisch aufgeladenen Insolenz einer zu Automaten des Zeitgeistes degenierten Massenpopulation samt ihren Scharfmachern und Einheizern auf den Weisheitszahn fühlt. Adorno jedenfalls, zu diesem Komplex identitär fixierter Autoritätshörigkeit befragt, äußerte sich in seinem Wiener Vortrag ausnehmend skeptisch: »Nun, meine Damen und Herren, ich bin nicht so naiv zu glauben, dass man mit dieser Wendung nach innen unmittelbar bei den Menschen, um die es sich handelt, sehr viel erreichen könnte, denn es gehört – ich kann das jetzt nicht mehr im einzelnen Ihnen auseinandersetzen, warum –, es gehört zu diesem Syndrom wesentlich dazu, dass diese autoritätsgebundenen Charaktere unansprechbar sind, dass sie nichts an sich herankommen lassen.« Nein, auch wir wollen so naiv nicht sein, nicht einmal dann, wenn die aktuellen Handpuppen des Autoritarismus sich verbal als Dauerkämpfer ›gegen rechts‹ positionieren. Das kann schneller kippen als gedacht – wohin auch immer (wobei vom ›Denken‹ in diesen Zonen ohnehin nicht viel Aufhebens gemacht werden sollte). 

Fragt man nach den wirklichen Gründen der autoritären Verhärtung, so stößt man früher oder später auf den Mut der sich bedroht fühlenden Masse. Er lässt den im Schutz der Obrigkeit operierenden Gesinnungstäter wahre Herkulestaten verrichten, auch wenn die Mehrzahl davon eher bestialischer Natur zu sein pflegt – kein Wunder, denn es ist der biologische Abwehrinstinkt, der den Einzelnen dabei leitet. Genau gesagt: Der öffentliche Denunziant, der journalistische Scharfmacher, der notorische Verleumder, der dreiste Lügner im Dienste der ›Sache‹, sie alle wollen mit Geld und Privilegien für ihre Heldenstücke belohnt werden. Aber ebenso gewiss nehmen sie den Lohn bereits vorweg, da sie im Moment ihrer Tat vor sich selbst die Stärke des Kollektivs repräsentieren und im Fall des Erfolgs beim Publikum mit ihr verschmelzen. Es sind Machtjunkies, die sich gütlich tun am Wohl des Nächsten, das sie gerade vernichten, während sie bereits nach dem Übernächsten Ausschau halten. Den Angriffen dieser schlagbereiten Truppe standzuhalten, die überall aufkreuzt, wo sich Autorität übermäßig Geltung zu schaffen versucht, erfordert – auch wenn keine Systemschergen hinter ihr stehen, die das Geschäft der Schädigung an Leib und Leben übernehmen – Mut, genauer gesagt: den Mut zur Vereinzelung, da das logische Produkt der Entmutigung der Vielen nun einmal im Ausschluss des Einzelnen besteht. Man kann die ›Entmutigung der Vielen‹ als Verlust der Freiheit, jedenfalls als Verlust an Freiheit verstehen, man sollte sie sogar, denkt man in ethischen Imperativen, als solchen verstehen, weil gerade aus diesem Verständnis eine neue Freiheit entstehen kann: die Freiheit des Nonkonformisten, des Dissentierenden, dessen, der zu seinem einmal gewonnenen Urteil steht und es sich nicht abkaufen lässt. In dieser Zone kommen Mut und Freiheit so nah zusammen wie sonst nirgends. 

5.

Wahrer Mut ist selten. Zum Ärgernis wird die Beobachtung, wenn es sich um die eigene Gesellschaft handelt, jedenfalls solange der Einzelne irgendeine Art der ethischen Verpflichtung mit ihr verbindet. Daher kommt es in regelmäßigen Abständen zu Bewegungen, die schon im Namen – »Aufstehen!« – signalisieren, dass sie einem eingebildeten oder wirklichen Mangel an Zivilcourage abhelfen möchten. Der erste Gegenstand der Empörung ist stets die Trägheit der – vermuteten – eigenen Parteigänger, deren Bild in dem der Masse verschwimmt. Warum ist der Mensch feige? Warum so verwaschen in seinen Urteilen, sobald sie sich einer kritischen Grenze nähern? Warum ist der Duckreflex der hartnäckigste aller gesellschaftlichen Reflexe? Darauf gibt es ein ganzes Bündel von Antworten. Die erste davon lautet: Wir sind so, weil wir so sind. In jedem Menschen nistet die Furcht vor dem Tod, die ihre erste Dependance in der Furcht des Herrn besitzt. Wir sind soziale Wesen und der Zusammenhang zwischen Tod und Herrschaft ist eben das, was die spezielle Sozialität dieser Wesen ausmacht. Wir sind Menschen und damit Produkte unserer genetischen Anlage. Wir wären aber keine Menschen, wenn wir uns nicht zu dieser Anlage verhalten, also zwischen Mut und Feigheit pendeln und in bestimmten Situationen auch wählen könnten. 

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Alles, was Gegenstand der Wahl werden kann, unterliegt der Erziehung. Gemeinschaft zieht aus ihren Gliedern heraus, was ihr nützlich erscheint und ihre Fortdauer sichert. Gemeinschaften mit einem starken Ethos erziehen den Einzelnen dazu, Verantwortung zu übernehmen. Sie stärken systematisch den Mut, in gewissen, im voraus definierten Lebenslagen so zu handeln, dass sie daraus einen Vorteil ziehen, auch wenn das Eigeninteresse des Individuums dabei hintanstehen muss. Das erste und einfachste Mittel zu diesem Zweck liegt in den allgegenwärtigen Erzählungen, in denen die Gemeinschaft ihre Identität bekräftigt und die ein jeder sein Leben lang mit sich herumträgt: Das sind wir, das ist unser Herkommen, das sind unsere Vorbilder und Bösewichte, das sind unsere Erfahrungen. Das zweite, ebenso simple Mittel sind Initiationsrituale, deren Aufgabe darin besteht, Schwellenerfahrungen zu vermitteln. Wer eine dieser Schwellen überschritt, ist ein anderer, sein künftiges Verhalten ist, um das leicht in die Irre führende Wort ›geprägt‹ zu vermeiden, gekerbt. Gleich dahinter kommen, was gern übersehen wird, scharf umrissene Geschlechterbilder. Der Grund liegt auf der Hand: Es ist das jeweils andere Geschlecht, das den überwiegenden Teil der Menschen zu sozialen Höchstleistungen motiviert. Dass gerade auf diesem Gebiet so viel experimentiert wird, entspricht dem komplexen Anforderungsprofil von Hochleistungsgesellschaften, die mit ewig gleich gestricktem Personal wenig anfangen können und deswegen immer neue identitäre Erregungen durch die Arena treiben. Ein weiteres Kapitel, dem viel Aufmerksamkeit zu widmen wäre, sind die von jungen Menschen abzuleistenden sozialen Dienste, allen voran der Wehrdienst, der die Bereitschaft des Einzelnen kultiviert, sich im Ernstfall für die Gemeinschaft töten zu lassen und selbst zu töten. 

6.

Gemessen an diesem (unvollständigen) Katalog hat die Merkel-Gesellschaft – als auffällig angepasst agierender Teil der ›westlich geprägten‹ Wohlstandsoase – zielstrebig das niedrigste Niveau des sozialen Zusammenhalts aufgesucht. Sie hat dabei, vom sportiven Mut der Bungee-Springer oder der kriminellen Disziplin des Mafia-Killers abgesehen, systematisch alle massenwirksamen Mutfaktoren entkräftigt. Sie hat die ›Erzählungen‹ auf ein nie dagewesenes Maß zusammenschrumpfen lassen und damit im öffentlichen Raum die ›Riesen‹ zum Verschwinden gebracht, auf deren Schultern, einem beliebten Mythos zufolge, die Nachgeborenen komplexer Kulturen ihre Leistungen vollbringen. Sie hat die Initiationsrituale, soweit ihnen Elemente traditioneller Gemeinschaftsbildung innewohnen, unter Verdacht gestellt und durch identitätspolitische ›Maßnahmen‹ überschrieben, deren gemeinsames Telos, wie sich immer wieder zeigt, in der systematischen Produktion von Feindbildern liegt. Sie hat die kurrenten Geschlechter-Imagines einem frenetischen Gleichheitseifer ausgeliefert, bei dem nur Verlierer und ›Opfer‹ zu erwarten sind, weil ihm kein lebbares Geschlechtermodell zugrunde liegt. Sie hat mit der massenpsychologisch unflankierten Aussetzung des Wehrdienstes, anders als konkurrierende Gesellschaften, in der Psyche insbesondere der jungen Männer ein Vakuum geschaffen, in dem die Vorstellung, ›mein Land‹ könne einmal Forderungen an mich stellen, die übers Steuerzahlen hinausgehen, bis zur Unkenntlichkeit verdampft.

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Wo die Bilder schwinden, fluten die Zerrbilder. So zu reden setzt zweifellos einen ›normativen Impuls‹ voraus, ohne den Mut nun einmal nicht zu haben ist. Der ansonsten wenig aussagekräftige Ausdruck ›Konsumgesellschaft‹ bezeugt einen bemerkenswerten Abbau der Differenz, durch die sich freiheitsbewusste Gesellschaften von solchen absetzen, in denen gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Der Mut zur Freiheit ist eine klassische Gemeinschaftstugend. Sie kann systematisch gefördert und untergraben werden, letzteres vor allem durch konsequente Urteilsblendung, sprich Propaganda. Nichts geht Regierungen, die zur autoritären Gangart neigen, leichter von der Hand, als den in jeder Gesellschaft anzutreffenden Gemeinschaftselementen die Volksgemeinschaft zu substituieren, also ein Spitzel- und Denunziationssystem zu installieren, das der Propagandarede im Volk der eingeschüchterten oder bloß naiven Mitläufer Nachdruck verleiht. Es spricht für sich, dass der Mut zur Freiheit, vor allem in jungen Jahren, eine anarcho-egoistische Komponente enthält. Autonomie besitzt genau diese beiden Seiten: eine individualistische, die den ›eigenen Weg‹ forciert, und eine gruppenbezogene, in welcher der Freiheitswille der Vielen zusammenkommt. 

7.

Es gibt einen Mut, der unmittelbar dem Pathos des Selbstdenkens entspringt. Der Renaissance-Philosoph Giordano Bruno hat der Welt eine Schrift mit dem Titel Die Vertreibung der triumphierenden Bestie hinterlassen. So ein Titel weckt naturgemäß Erwartungen. Der Verdacht, Bruno habe damit die Katholische Kirche herausfordern wollen, die ihn dann auch bald darauf öffentlich verbrennen ließ, wird durch den Wortlaut des Buches weder bestätigt noch widerlegt. Wohl aber geht es dem Selbstdenker um nicht weniger als den Umsturz eines bestehenden, von ihm als falsch erkannten Weltsystems, verpackt in die lukiansche Allegorie einer Himmelsreform, also die Ersetzung altbekannter, symbolisch aufgeladener Sternbilder durch neue, den Erfordernissen des Denkens und einer philosophisch geläuterten Moral genügende. Diese Umsturzidee schließt alle Institutionen ein, die sich auf der anderen Seite des Denkens befinden, das heißt, dem autoritativen Gehabe und dem Aberglauben, dem glauben zu wissen dort, wo andere vorgeben zu wissen, kurz, der Preisgabe des eigenen Urteilsvermögens durch den Einzelnen den Vorzug geben. Dazu gehört, um in die Gegenwart zurückzukehren, die berüchtigte 95-Prozent-Wissenschaft der teleaffinen Klimaforscher und ihres Greta-Anhangs ebenso wie ein auf Ausschluss breitester Wissenschaftskreise basierendes Beratungssystem, das eine Reihe von Regierungen in der sogenannten Coronakrise bevorzugte und teilweise noch immer bevorzugt, wobei sie vollmundig den blinden Wissenschaftsglauben großer Bevölkerungsteile für sich arbeiten lässt. 

Indiv. Autonomie statt kollek. Repression
Freiheit ist immer die beste Antwort
Es gehört dazu – und damit stehen durch den laufenden Umbau diverser Teilsysteme der Gesellschaft, allen voran der Öffentlichkeit, aufgeworfene Grundsatzfragen im Raum – das autoritative, verdeckt von diversen Instanzen der Politik geförderte System der ideologie- und interessengesteuerten ›Faktenchecks‹, das sich immer dreister in den Bürgerdiskurs hineindrängt,  vordergründig, um unbedarften Medienkonsumenten Falschinformationen kenntlich zu machen, in der Praxis hingegen ganz unverblümt mit dem Ziel, einen Meinungskorridor mit Überzeugungen auszutapezieren, die von möglichst vielen Zeitgenossen verbindlich geteilt werden sollen – nicht weil sie wahr sind (was von den wenigsten Überzeugungen umstandslos behauptet werden kann), sondern weil sie als nützlich angesehen werden. Es gehört dazu die Umcodierung zentraler Begriffe, mit denen sich die Bürger eines freien Landes untereinander verständigen, darunter der von interessierter Seite willkürlich mit Grenzenlosigkeit assoziierte Begriff der ›offenen Gesellschaft‹, vor allem der Demokratie selbst, die plötzlich als Top-Down-Operation händchenhaltender Erziehungsministerialer erscheint, in der das große Gemeinsame ›eingeübt‹ wird, zu dem wir alle jetzt und in Zukunft den uns zugemessenen Teil beitragen sollen. Nicht zuletzt gehört hierher die biedere Schamlosigkeit, mit der den ›Leuten‹ das Grundvokabular elementarer Lebensvollzüge aus der Hand geschlagen wird (bis hin zu grotesken Scheinsubstitutionen für ›Vater‹ und ›Mutter‹), indem man es unter ›Verdacht‹ stellt, wobei der Sexismusverdacht momentan die erste Geige spielt. Aber das muss ja nicht so bleiben. 

8.

Der Paukenschlag, mit dem Brunos Schrift beginnt, wirkt auf glückliche Nachgeborene eher unspektakulär: Jupiter, der Herrscher im Himmel und auf Erden, ist sterblich. Von Thomas Hobbes hat Europa die Konstruktion des säkularen Staates als eines – im Gegensatz zum unsterblichen Christengott – ›sterblichen Gottes‹ übernommen, der sich alsbald mit den Insignien der Ewigkeit umgab. Gewiss, auch der Staat ist sterblich – was bedeutet, dass er, wie alle Individuen, auf Kritik und Rat angewiesen ist, will er auf Zeit überleben. Kritik und Rat sind aber keine mehr, wenn sie ihren Zuschnitt dem Korridor der zugelassenen Gedanken verdanken. Ein Staat, der sich von der unverstellten Kritik seiner Bürger freistellt, bereitet sich auf mittlere Sicht selbst den Untergang. Es ist keineswegs Zufall, dass der Katalog der von Bruno an den freigeräumten Himmel versetzten Werte eine starke Affinität zu den republikanischen Tugenden aufweist, die in der amerikanischen und dann wieder in der Französischen Revolution zu beherrschender Bedeutung gelangten. Es sind Grundwerte des dem eigenen Urteil vertrauenden und folgenden Subjekts – seit jeher der Dorn im Auge linker und rechter Kollektivisten, die allzu gern davon abzusehen wünschen, dass ihre Existenz auf gerade die Werte gebaut ist, die sie mit Füßen treten. Wer sein Denken abgibt – wie kann der sicher sein, dass dort draußen irgendjemand denkt und nicht einfach eine Repetitionsmaschine ihre Runden dreht, bis alles Leben im Staate erloschen ist?

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Mut, heißt das, muss ganz oben ansetzen oder er gleitet selbsttätig alle Stufen hinunter bis zur völligen Aufgabe der Selbstachtung und damit der Achtung für alle anderen. Auch heute muss gelegentlich ›brennen‹, wer sich an dieser Tugend versucht. Das ist in vielen Teilen der Welt Usus. Wenn allerdings die Öffentlichkeit eines gerade noch liberalen Landes von Brandgeruch heimgesucht wird, während die Heizer verkünden, jeder, der diesen Umstand erwähnt, sei ein Verleumder und Schwurbler und – was immer sich der Einzelne darunter vorstellen mag – Aluhutträger, dann ist es hohe Zeit, dass die gerade noch individuell genannte Tugend Gemeinschaftscharakter gewinnt. Es ist nicht recht, sein Recht fortzugeben und sich nichts dabei einzufangen als das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche, wie immer biopolitisch verpackt es auf den Tisch kommen mag. Wenn das Angsthaben seine Zeit hat, dann das Muthaben ebenso. Es gibt ein gemeinschaftliches Coming-out jenseits der geschlechtlichen Identität, für das, wie für jenes, gilt, dass jeder Einzelne es für sich leisten muss. Soviel jedenfalls scheinen die sinnigerweise vom Verfassungsschutz unter Beobachtung gestellten Querdenker begriffen zu haben. An unserer Verfassung ist, wie an denen anderer Länder, noch vieles zu lernen, da wäre Beobachtung ein vielversprechender Ansatz. 

9.

Eine spezielle Intonation des Motivs ›Mut vor Fürstenthronen‹ hält staatsaffines Duckmäusertum für eine deutsche Eigenschaft, einen ›genetischen Defekt‹, um sich der Sprache zu bedienen, die in diesen Kreisen gern gesprochen wird. Das erwähnte Heine-Zitat wird deshalb gern von einem Augenzwinkern begleitet: Wir verstehen uns. Es steht auch nicht allein, doch muss man der Wahrheit wegen konzedieren, dass vermutlich die Mehrheit dieser Aperçus der Epoche der verlorenen Illusionen, sprich der Restauration und des Vormärz entstammt und Stimmungen bürgerlicher deutscher Revolutionsfreunde konserviert, die gern die Französische Revolution auf deutschem Boden passgenau nachvollzogen und mit dem Nationalstaat gekrönt hätten. Es kam anders, wie wir wissen, und diese Erfahrung hat sich quasi archetypisch ins deutsche Gedächtnis eingegraben. Doch schon die sozialistische Arbeiterbewegung kultivierte neue Sichtweisen und es ist bezeichnend, dass die überlebende Linke auf ein Kicher-Bonmot aus dem Munde Lenins zurückgreifen muss, um den deutschen Revolutionsgeist in ein ironisches Licht zu rücken. 

Zeitgeist-Wechsel
Rot und schwarz, das war einmal, heute ist blass Rotgrün
Aus einer weiteren Perspektive erscheinen die Dinge in einem etwas anderen Licht. Über lange Jahrhunderte war Deutschland das ideologische Schlachtfeld Europas. Das passt nicht recht zum behaupteten Duckmäusertum. Nach dem letzten, etwas läppisch verlaufenen Lutherjahr wurde manchenorts zaghaft daran erinnern, dass die Macht der großen Hure am Tiber auf deutschem Boden von, nun ja, Deutschen gebrochen wurde – eine etwas ungebührliche Sprache im Lande des Konkordats und dennoch… Immerhin wurde in Folge dieses Weltereignisses ein Drittel der deutschen Bevölkerung im sogenannten Dreißigjährigen Krieg schlichtweg ausgerottet. Das sind Zahlen, die selbst bei Mao- oder Pol-Pot-Nostalgikern verfangen könnten. Danach haben wir es mit einer demografisch stark veränderten und von den Erfahrungen dieser Jahre tief geprägten Population zu tun. Durch den Westfälischen Frieden entstand als europäischer Kompromiss das für Deutschland typische, von Napoleon nur oberflächlich gebrochene und in gewisser Weise bis heute im Geflecht von Bundes- und Länderzuständigkeiten lebendig gebliebene System der kleinen Machthaber mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Währenddessen wuchsen in Frankreich und England aggressive Monarchien zu Weltmächten heran. 

Die patriotische Über-Identifikation des deutschen Bürgertums mit dem waffenprunkenden Wilhelminischen Reich – faktisch gesehen der friedlichere Pol der damaligen Weltmächte –, wurde oft beschrieben. Heinrich Manns Roman Der Untertan, der sich gerade wieder gut verkauft, ist ein satirischer Abgesang auf diese Zeit, nicht mehr, nicht weniger. Noch immer lassen die folgenden Ereigniswellen sich am ehesten unter das Wort vom Untergang Europas fassen – eine präzedenzlose Abfolge industrieller Menschenvernichtung, ökonomischer Katastrophen und unfassbarer Menschheitsverbrechen, in deren Verlauf die beiden totalitären Systeme als machtvolle Treiber und Getriebene über weite Strecken federführend die Bühne beherrschten. Angesichts der mentalitätsprägenden Gewalt dieses Nachlasses erscheint der kritische Rückgriff auf die entschwundene Welt des Stockpreußentums zur Erklärung der Merkel-Welt … sagen wir: etwas forciert. Mehr Sorgen bereitet da schon das doppelte Erbe aus westdeutscher Sorglosigkeit, die unter dem Schirm des amerikanischen Imperiums heranreifen konnte, und reflexhaftem Bei-Fuß-Stehen der östlichen Landesteile, in denen viel DDR überlebt hat und noch eine Weile fortleben wird. 

10.

Die Deutschen sind, wie jede moralisch empfängliche Nation, erpressbar. Selbstverständlich erpresst eine Regierung, die so ungebremst wie die gegenwärtige das deutsche Schuldtrauma – nicht zu verwechseln mit den traumatischen Folgen, an denen die überlebenden Opfer des Holocaust litten und heute noch leiden – in den wichtigen Fragen der Nation gegen jede selbstbewusste Opposition ausspielt, damit den wohlmeinenden Teil der Bevölkerung und entzieht ihm den moralischen Kompass, ohne den Freiheitsbewusstsein schlimmstenfalls zur bloßen Hysterie degeneriert. Andererseits zeigt der nüchterne Blick, dass in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich ganz ähnliche Kräfte und Mechanismen am Werk sind. Allein die Leichtigkeit, mit der US-amerikanische Parolen aus den Schubfächern Fake News, Hate Speech, Gender-Correctness, White Supremacy sowie die allgegenwärtige Rede von den alten weißen Männern, welche angeblich die Welt ruinieren, in den Sprachgebrauch hiesiger Behörden und Sprechblasenfabrikanten eingezogen sind, auf dass die Wirklichkeit sich nach ihnen strecke, zeigt an, dass dieser Sturm nicht aus den Tiefen der deutschen Seele bläst. Eher weht er ihr um die Ohren. Auch spricht viel für die Annahme, dass ein so vielfältig abhängiges Land wie Deutschland nicht zwingend zu den Haupt-Strippenziehern der anstehenden Weltveränderung gehört. Umso dringlicher erhebt sich die in manchen weltläufigen Ohren hausbacken klingende Forderung, das eigene Haus in Ordnung zu bringen. In der Sprache Brunos liest sich das so: »Das Schwein will nicht sterben, weil es dann nicht mehr Schwein wäre; das Pferd fürchtet sich am meisten davor, nicht mehr Pferd zu sein. Jupiter fürchtet sich dieser Naturnotwendigkeit zufolge am meisten davor, nicht mehr Jupiter zu sein. Aber die Gnade und Gunst des Schicksals wird seinen Zustand nicht ändern, ohne ihn mit dem Wasser aus jenem Flusse getränkt zu haben.«


Prof. Dr. Ulrich Schödlbauer, geb. 1951, ist Literaturwissenschaftler, Schriftsteller und Essayist. Er war bis 2015 Außerplanmäßiger Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Fernuniversität in Hagen.


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Kommentare ( 52 )

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52 Comments
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Ostfale
2 Jahre her

War dieser Lästerer nicht ein gewisser Heinrich Morgenstern?

Ex-Werder-Fan
2 Jahre her

Lieber Autor, vielen Dank für diesen Artikel und Ihr Engagement. Sie haben sich nicht nur eine Menge Arbeit gemacht, sondern auch viele Wahrheiten ausgesprochen. Dennoch denke ich, dass der Artikel für Leser meiner Generation zu anspruchsvoll, zu abstrakt und zu lang ist. Ich will dies nicht als Kritik verstanden wissen, da ich nicht weiß, was Ihre Intention ist. Was außerdem bei Tichys Einblick fehlt, sind fröhliche Nachrichten und politisch belanglose Artikel. Für den Sportteil muss ich immer auf die altbekannten Medien zurückgreifen, worauf ich eigentlich verzichten möchte. Ich bin allen Autoren auf TE sehr dankbar, auch für ihren Mut in… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Ex-Werder-Fan
Contenance
2 Jahre her

Eine Edition Tichy mit ausgewählten Texten, die eine Verortung im allgemeinen Irrsinn ermöglicht, wäre evtl eine schöne Sache.

Dieser Text würde mE dazugehören.

Regenpfeifer
2 Jahre her

„Deutsch sein heißt, etwas um seiner selbst zu betreiben“ -es ist irgendwie im Blut dieser Nation, irgendwelchen politischen Idiotien lemminggleich hinterzurennen, blindlings ab die eigene Überlegenheit zu glauben und das nicht eher einzusehen, als dass das Land in Trümmern liegt.

Monika Medel
2 Jahre her

Sinnt man in diesen Tagen über den Nationalcharakter der Deutschen nach, so kann ein Blick in die Geschichte nützlich sein: Bis in neuere Zeit bestand unsere Bevölkerung zum überwiegenden Teil aus Bauern und war somit zutiefst konservativ. Prägend war die knappe, aber doch verheerende Niederlage im Bauernkrieg von 1525. Die Fürsten ihrerseits fürchteten eine erfolgreiche Neuauflage und achteten darauf, dass die adligen Grundherren nicht zu hohe Forderungen stellten. Kam es trotzdem zum Konflikt, so gab es für die Bauern die Möglichkeit durchaus erfolgreich beim Reichskammergericht zu klagen. Da suchte der Adel lieber den Ausgleich. Brutal reagierte die Obrigkeit nur, wenn… Mehr

Esteban
2 Jahre her

Was als des Deutschen Schwäche bezeichnet wird, kann unter gewöhnlichen Umständen eine Stärke sein: Die Liebe zur Ordnung und klaren Verhältnissen, die Loyalität zum geltenden Recht und die deutsche Biederkeit sind Eigenschaften, die dem technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritt der vergangenen Zeiten erst möglich gemacht haben. Selbst ein Avantgarde-Künstler ist angewiesen auf eine funktionierende Stomversorgung, gewissenhaften Interpreten, und eine verlässliche Erfüllung von Verträgen. Nur machen diese Charaktereigenschaften leider auch anfällig für die unreflektierte Übernahme von falschen Ideologien, seien sie braun, rot oder grün.

moorwald
2 Jahre her
Antworten an  Esteban

Und wir alle haben die Schwächen unserer Stärken… oder: zur Tagseite gehört immer auch die Nachtseite.
Alles eine Frage des rechten Maßes, also der Vernunft.

Ratloser Waehler
2 Jahre her
Antworten an  Esteban

Die Liebe zur Ordnung und klaren Verhältnissen, die Loyalität zum geltenden Recht..

Nur machen diese Charaktereigenschaften leider auch anfällig für die unreflektierte Übernahme von falschen Ideologien, seien sie braun, rot oder grün.

Sehe ich nicht so, denn die linksgrüne Ideologie ist m.M.n. an Konfusität und Unlogik nicht zu überbieten – also: Das Gegenteil von Klarheit und Ordnung.
Wenn die Loyalität zu geltendem Recht so groß wäre, würde sie nicht so krass uminterpretiert bzw. außer Kraft gesetzt werden können.

Melante
2 Jahre her

..und ich habe mich mehrmals vertippt nach meinem Nachtdienst und bekomme es besser nicht hin. Ich bitte um, Nachsicht

Melante
2 Jahre her

„Sehr geehrter Herr Heil, wieder danke für Ihre Anteilnahme an unserem Beruf! Und wieder: Sie kämpfen da auch gegen Windmühlen. Aber Sie tun es! Und versuchen, uns Altenpfleger- und Helfer besser zu stellen. Solange die Gesamtheit der Bevölkerung nicht begreift, irgendwann pflegebedürftig zu werden, ist ein solcher Kampf wohl nahezu aussichtslos. Da kämpft es sich leichter gegen einen Klimawandel. Für etwas zu kämpfen hat noch immer mehr Schönheit und Relevanz als „gegen“. Nur für den Nächsten, das kann richtig Kraft kosten und Verluste beinhalten. Danke für Ihren klaren, deutlichen Worte gestern bei „Hart aber Fair“. Wenn ich abends zur Arbeit… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Melante
Karina Gleiss
2 Jahre her

Die zitierte germanische Volkstreue kann man durchaus weniger filigran als Kadavergehorsam bezeichnen. Ich denke, dies trifft den Kern und kann dieser Tage erschreckenderweise im buchstäblichen Sinn beobachtet werden. Das vorläufig letzte und sowohl schockierende als auch beschämende Beispiel ist der Massenauflauf am Freiburger Impfzentrum.

EinBuerger
2 Jahre her

Die Willkommenskultur 2015 war rein deutscher Trash. Auch die Affenliebe der Deutschen zur EU ist typisch für Deutschland.
Aber diese ganze woke Bewegung ist nur ein Abklatsch aus den USA, die in vielen westlichen Staaten stark ist. Hier sind die Deutschen einfach nur die Provinz eines Imperiums. Und was in der Zentrale gilt, kommt irgendwann auch in die Provinz.