Für Fotograf Hagen Schnauß ist die Hausdurchsuchung am 6. November 2025 eine Zäsur: 13 Beamte durchkämmen seine Wohnung, sein Leben, seine Technik. Am Ende bleibt für ihn nur ein Fazit: Hausdurchsuchungen sind zur politischen Waffe der späten BRD geworden.
Bild: Hagen Schnauß
Eine Hausdurchsuchung ist eine Zäsur im Leben. Man lebt danach anders. Das Gefühl der Sicherheit, das man seit jeher in seiner Wohnung hatte, deren Unverletzbarkeit bis dahin Gewohnheit war, zerplatzt. Man erfährt ein Gefühl des Ausgeliefertseins, das einer Vergewaltigung ähnelt.
Ich möchte hier gestehen, schon damit gerechnet zu haben und hatte in Gedanken Varianten dieses Szenarios durchgespielt. Die Vorzeichen dazu sind ein seit Jahren sich auflösender Rechtsstaat, der eine immer stärker werdende Opposition mit immer unappetitlicheren Repressalien überzieht. Die Corona-Zeit, in der die Regierung eine Grippevariante unter Vortäuschung einer tödlichen Virusgefahr dazu benutzte, um Angst und Schrecken zu verbreiten, hatte dazu eine Fülle von Beispielen gegeben, die ungesühnt blieben und bis heute andauern.
Zwar bin ich nicht politisch aktiv und gehöre keiner Partei an, doch arbeite ich als Porträtfotograf beruflich der beliebtesten Oppositionspartei des Landes zu, was dieser zu einer gesteigerten Wirksamkeit verhilft. So lag es auf der Hand, dass ich irgendwann „dran“ war, denn in der Politik kommt es weniger auf die Wahrheit an, wohl aber auf Wirksamkeit, die am Ende in Prozenten ausschlägt.
Seit Jahren häufen sich die Nachrichten über Hausdurchsuchungen, die meist unverhältnismäßig erschienen und die Vorstellung nährten, etwas mit diesem Staate, der sich BRD nennt, sei faul und in Schräglage gekommen. Das wird jeder bemerkt haben, der aufmerksam das Zeitgeschehen verfolgt. Bekannt wurde der Fall eines ehemaligen Berufssoldaten, dessen Vergehen darin bestand, im Netz ein sogenanntes Meme lediglich geteilt zu haben, das den seinerzeitigen grünen Wirtschafts-Minister als Schwachkopf persiflierte, was ja – vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands – nicht unzutreffend erscheint. Dazu trat jüngst die ironische Bemerkung eines bekannten Welt-Kolummnisten, die ihm mit mutwilliger Verständnislosigkeit als NS-Propaganda ausgelegt wurde und ebenfalls in eine Hausdurchsuchung gipfelte. Und selbst der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes bekam 2023 Besuch von Polizisten, um eine gerade vollzogene Überprüfung seines legalen Waffenbesitzes im Rahmen einer „Erkenntnisabfrage“ zu wiederholen. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits als „Beobachtungssubjekt“ eingestuft worden. Es galt, die bewaffnete Staatsmacht im Lebensbereich eines Mißliebigen in Erscheinung treten zu lassen.
War ich vielleicht auch ein Beobachtungssubjekt? Es ist der 6. November 2025. Kurz
nach zehn Uhr klingelt es, vorher schon im ganzen Treppenhaus meines Schwabinger Altbaus aus Kaisers Zeiten, wie man es von Briefträgern kennt, die Einlaß begehren. Ich öffne die Haustür: Vor der Tür steht aber kein Postbote und auch nicht der von Churchill erwähnte Milchmann, sondern eine blasse Frau in Polizeiuniform, die sich als Kommissarin vorstellt, mit einem Papier wedelt und mich als Zeugen benennt, den es zu durchsuchen gilt. Vor zwei Jahren fotografierte ich im blauen Milieu Augsburgs eine Hochzeit, der Auftrag wurde mir über Dritte vergütet, was unter diesen Umständen durchaus der Regel entspricht. Das reicht für eine Hausdurchsuchung!
Nun schieben sich zwölf Polizisten und eine Staatsanwältin, wieder eine blasse unscheinbare Frau, in meine geräumige Wohnung. Ein leichter Schock kommt über mich. Die Präsenz des Wirklichen erdrückt im ersten Moment. Meine rechte Hand beginnt merklich zu zittern. Das beobachte ich genau, wie ich es gewohnt bin, mich und meine Umgebung zu beobachten und so mahne ich mich, die Aurelianische Ruhe wiederzugewinnen. Ich greife zur immer bereitliegenden Kamera und schieße ein Bild von meiner von Polizisten bevölkerten Bibliothek. Nur die Kommissarin versucht, dies durch ihre erhobene Hand zu verhindern. Zu spät. Doch eine Wiederholung erscheint nicht ratsam. Ich lege die Kamera auf dem Fensterbrett ab, nehme besonnen die Speicherkarte heraus und stecke sie ein, Beweis ist alles.
Alsdann bemerke ich die Unrechtmäßigkeit des Vorgangs und ernte Ignoranz. So setze ich mich auf mein Sofa, greife mir ein Buch und lasse alles über mich
ergehen. Die Polizisten-Schar schwärmt aus und durchschnüffelt tatsächlich die gesamte Wohnung. Gleich drei stürzen sich auf meinen offenen Rechner, spiegeln ihn, fotografieren meine handschriftlich notierten Passwörter ab, die sie in einem Aktenordner meines Rolladenschrankes finden. Mein innerstes Leben wird durchleuchtet, Bücher werden durchblättert, nicht alle, denn es sind zu viele, Kleiderschränke durchwühlt, eben mein kompletter Haushalt. Mit der Zeugenaufnahme einer angeblich aus inkonsistenten Quellen bezahlten Hochzeit hat das alles wenig zu tun. Hier findet eine offensichtliche Erniedrigung und vorsätzliche Einschüchterung statt. Es riecht nach reiner Willkür und einem Ausgeliefertsein, das ich niemandem wünsche. Als ich später meiner Mutter am Telefon berichte, meinte sie trocken: „Diese Schweine!“
Die späte BRD mißbraucht die Kriminalpolizei für politische Zwecke. Die Polizei wird
selbst zum Opfer und ich bemerke, wie peinlich es einigen Polizisten ist, eine derartige Farce von Polizei-Arbeit zu verrichten. Als ich mich später an meiner Bar mit einem Whisky stärke, schmunzelt der Polizist, dem die Aufgabe obliegt, mich zu bewachen: „Das wird Ihnen jetzt gut tun“. Da hat er ganz recht.
Richtig absurd wird es, als die Beamten mir ihre Ausbeute präsentierten:
Beschlagnahmt wurden ein menschlicher Schädel, aus einem Karton hervorgezerrt, der mir seit dreißig Jahren zu Stilleben diente, nebst einem präparierten Dachsschädel, ein schmucker Hirschfänger, ein antiker Schlagstock aus Familienbesitz und schließlich – bitte lachen Sie nicht – eine defekte Luftpistole. Soll dies als dekorativer Beweis meiner Gefährlichkeit dienen? Auch der schriftliche Kalender des „Tatjahres“ besagter Hochzeit und eine externe Festplatte mit den Speicherungen der Hochzeitsbilder wurden „sichergestellt“. Hätte ich letztere nicht benannt, wären alle Festplatten und mein Rechner beschlagnahmt worden, womit ich auf Wochen oder Monate arbeitsunfähig geworden wäre.
Nach guten drei Stunden der Schnüffelei ziehen die Dreizehn ab, ein Brodem aus Schweiß und Körpergerüchen steht noch lange Raum, auch dann noch, nachdem ich gut durchgelüftet hatte. Es gibt zwei Arten von Hausdurchsuchungen, die harte Tour, die um sechs Uhr beginnt, mit Sturmklingeln, und dem Hereinstürmen von maskierten Bewaffneten mit Gesichtsmasken, die einen anbrüllen, sich auf den Boden zu legen.
Ich dagegen kam in den Genuß der sanften Version um gemütliche zehn Uhr und höflicher Ansprache. Schließlich war ich ja offiziell nur Zeuge und kein Angeklagter. Alles verlief ordentlich und gesittet.
Auf eine Hausdurchsuchung kann man zweierlei reagieren: man erliegt der Einschüchterung, schreckt vor Uniformen zurück, die die Obrigkeit symbolisieren, gerät in eine mentale Defensive und befürchtet soziale Ächtung. Was sollen die Nachbarn denken! Dann hat der Staat sein Ziel erreicht.
Oder man fasst sich, überwindet den Schrecken, der nur ein Schreck war und geht am Ende gestärkt daraus hervor, indem man jeden Respekt vor der heutigen Staatsmacht verliert. Eine Uniform ist nur eine Verhüllung.
Zum Schluß gestatte ich mir Ihnen noch ein paar Winke zu geben, wie Sie sich bei einer Hausdurchsuchung am besten verhalten.
- Fassen Sie sich, bleiben Sie gelassen, behalten Sie die Kontrolle über Ihre Emotionen und lassen Sie sich weder zu furchtsamen noch beleidigenden Äußerungen hinreißen.
- Versuchen Sie sofort die unfreiwillig belebten Szenerie Ihrer Wohnung fotografisch zu dokumentieren, sofern man Sie läßt.
- Beobachten Sie alles und achten Sie auf Details. Studieren Sie die Interaktionen der Truppe: Ihnen wird gerade ein „Schauspiel“ geschenkt, für das Sie normalerweise an der Kinokasse abkassiert werden.
- Stärken Sie sich mit einem Cognac oder Whisky , sollten Sie solche Getränke in Reichweite haben. Sie wirken Wunder. Man kennt das von Asterix und Obelix.
- Vertiefen Sie sich in ein Buch. Ideal sind die Selbstbetrachtungen Mark Aurels oder Aphorismen französischer Moralisten.
- Machen Sie auf die Ähnlichkeit der Maßnahmen mit Vorgängen in deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts aufmerksam.
- Reden Sie ansonsten nicht zu viel, alles kann gegen Sie verwendet werden. Worte offenbaren, Schweigen verhüllt.
- Zählen Sie sich – nicht ohne Stolz – zu den wirklich Privilegierten eines moribunden Staates.
- Unterschreiben Sie grundsätzlich nichts, um nicht den rechtswidrigen Maßnahmen den Schein der Legitimation zu verleihen.
- Machen Sie sich nach einer Hausdurchsuchung nicht klein. Machen Sie alles öffentlich.
Und trösten Sie sich: Heute erleben wir in Deutschland eine Pandemie – die Pandemie der Hausdurchsuchungen. Jeder, der eine über sich ergehen lassen muß, sollte sie als Ritterschlag empfinden. Man könnte auch sagen: Willkommen im Klub der Anständigen.
Hatten Sie noch keine? Dann wird es Zeit.
Hagen Schnauß arbeitet als Fotograf in München. Mehr zu seiner Arbeit finden Sie auch hier.

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„Hausdurchsuchungen sind zur politischen Waffe der späten BRD geworden.“ ? Das greift zu kurz! Denn jeder Hausdurchsuchung steht eine richterliche Unterschrift zugrunde. „Die Justiz ist zur politischen Waffe geworden“ – ein typisches Merkmal aller Diktaturen „Die Richterschaft hat sich das Recht und das Grundgesetz zur Beute gemacht, in Deutschland und in der EU“ Sie sind doch tatsächlich der irrigen Meinung, sie dürften Urteile nach eigenem Gutdünken sprechen, denn als Vorwand dient ihnen dazu das Grundgesetz in eigener willkürlicher Interpretation GGArt92 „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“ – schon, aber nur als Tätigkeitszuordnung in den Grenzen GG Art.20 Richterliche Willkür… Mehr
Hausdurchsuchung….was mir „angst“ macht ist das die Polizei hier einfach so mitmacht. Man muss sich das mal vorstellen da gehen Polizisten in eine wohnung obwohl deren rechtsverständnis aufgrund der ausbildung sagt DAS ist falsch (nicht rechtens). Würden diese auch wieder juden verhaften wenn der auftrag von oben kommt?
Mein Beileid, dass sie diese entwürdigende Schikane über sich ergehen lassen mussten. Das mit der defekten Luftpistole, dem Hirschfänger und dem antiken Schlagstock is typisch für die deutsche Polizei und hat System. Der Zweck ist die Diskreditierung des Beschuldigten bzw. Zeugen, falls die Vorwürfe dünn oder völlig aus der Luft gegriffen sind. Per Pressemitteilung wird dann gerne davon gesprochen, dass mehrere Waffen gefunden worden sind. Ich habe schon unzählige von der Polizei veröffentlichte Bilder gesehen, wo gefundene Waffen schön in Szene gesetzt wurden, die für den Laien echt aussehen, für den Sachkundigen aber als Luftpistole, Airsoft oder Schreckschusswaffen zu erkennen… Mehr
Am 05.09.2015 hat die damals regierende BRD Verräterclique den Rechtsstaat BRD endgültig zu Grabe getragen, denn die ausführende Gewalt ist in letzterem an Recht und Gesetz gebunden (vgl. GG 20/3).
Sie hatten also Menschen in Ihrer Wohnung, die seit 10 Jahren aus Feigheit, Gier und Geltungssucht ihrer Remonstrationspflicht nicht nachkommen, und stattdessen ihr Amt missbrauchen um Unschuldige zu verfolgen.
Um mit M Klonovsky zu antworten: „Ich komme aus der Zukunft. Ich komme aus der DDR.“ Es ist alles kaum zu fassen und was Sie hier so locker flockig beschreiben ist IN Wirklichkeit nur noch schwer auszuhalten. Meinen Respekt.
Da haben Sie Glück gehabt, dass der Durchsuchte die „Maßnahme“ nicht auch noch selbst direkt bezahlen muss, oder?
Ohne Zahlen zu sehen, behaupte ich mal auf Grundlage der Wahrscheinlich, dass das mit den Haussuchungen zwar zunimmt, aber noch kein Massenphänomen ist. Man muss also deshalb und sowieso kein schlechtes Gewissen haben, noch nicht drangewesen zu sein. Dann mal eine rein technisch/rechtliche Frage: Wird einem Zeugen das Elend nicht angekündigt, meinetwegen auch nur vage und pauschal, mit der Aufforderung, das „Zeugenmaterial“ zu Verfügung zu stellen, andernfalls er mit Beschlagnahme vor Ort rechnen müsse? Wenn nicht, was unterscheidet da noch einen unverdächtigen Zeugen / unbescholtenen Bürger vom Verdächtigen/mutmaßlichen Täter? Nur die Uhrzeit des Staatsbeuchs? Das wäre dünner Lack auf „unsererm… Mehr
Ich frage mich inzwischen regelmässig, wie man logisch betrachtet Erfahrungsartikel wie diesen mit den “ politischen “ Artikeln , vor allem auf Achgut , aber nicht nur dort, zusammenbringen kann. Dieser hier, auch andere Sachartikel oder Ereignisschilderungen , kontrastieren mit solchen über die Politik bzw deren Bewertung in einem erstaunlich dissonanten Ausmass, offenbar ohne, dass es allzugross auffällt. Jedenfalls sind die politischen Konsequenzen, die aus dem realen Befund gezogen werden , bemerkenswert „milde“. Man beschäftigt sich, inhaltlich meistens zutreffend, auf einer hinreichend abstrakten , nahezu akademischen Ebene mit dem Treiben des Regimes, welche mit dem Erleben der auf duverse Art… Mehr
Kennen wir aus der DDR und dem 3R! Auch, dass die Mehrheit wieder wegguckt und so tut als wenn alles in bester Ordnung wäre. Mit diesen Deutschen ist kein Staat zu machen. Niemals.