Verstehen Sie Spaß? Der WDR bringt die Gaudi-Sendung ins wirkliche Leben

Eine als Kundin getarnte WDR-Mitarbeiterin erzählt dem WDR, wie toll sie die Penny-Aktion findet, Produkte mit Klima-Preisaufschlägen zu verteuern. Nachdem das auffliegt, gibt es den ersten Transparenzhinweis der ARD, dann einen weiteren – und dann mischt sich der WDR-Chefredakteur ein.

IMAGO / Ralph Peters
Nachdem in einem Beitrag des WDR, der dann auch in der Tagesschau und in den Tagesthemen lief, eine Mitarbeiterin des WDR als Kundin interviewt worden ist, wurde die Sequenz herausgeschnitten, weil Journalisten dem WDR auf die Schliche gekommen sind und diese Täuschung öffentlich gemacht haben.

Offenbar wollten der WDR und die ARD Pennys Vorstoß für Preiserhöhungen für Lebensmittel bis zu fast 100 Prozent bewerben. Penny hatte als soziales Experiment getarnt in Kooperation mit einem fragwürdigen Projekt der Hochschule Nürnberg und der Ent-Arndten Universität Greifswald die Preise von 9 Lebensmittelprodukten willkürlich erhöht und von den Wissenschaftlern die Phantasiepreise mit Argumenten rechtfertigen lassen, die einer Überprüfung nicht standhalten. TE berichtete.

Der Beitrag des WDR war von seiner Struktur ohnehin schon stark geframt, denn nur Befürworter, ein grüner „Verbraucherschützer“ und der entsprechende Professor von der Hochschule Nürnberg kamen zu Wort, aber kein Kritiker. Mit anderen Worten, es fehlte die von den öffentlich finanzierten, grünen Medien stets geforderte Einordnung. Zur Abrundung des Beitrages hätte man noch gern einen begeisterten Kunden interviewt. Doch den fand offensichtlich das arme WDR-Team nicht, das anscheinend in aktivistischer Manier einen klaren „Klassenauftrag“ für den journalistisch „objektiven“ Beitrag entweder bekommen oder sich selbst gegeben hatte.

Vieles spricht dafür, dass sich so oder so ähnlich Folgendes ereignete. Nachdem das arme Team nicht einen Kunden in der Penny-Filiale gefunden hatte, der den gewünschten Kommentar gegeben wollte, verfiel man anscheinend auf die Idee, dass die junge Produktionsassistentin dafür die ideale Besetzung wäre, die gegen die ältere, ablehnende Kundin doch nett hervorstach, jung und fröhlich und engagiert. Wer weiß schon, dass sie beim WDR arbeitet, wird man gedacht haben. Flugs filmte man sie beim Schlendern durch die Filiale, vorbei an den Regalen und interviewte sie „plötzlich und unerwartet”.

Die WDR-Mitarbeiterin als Kundin getarnt lieferte dann auch brav die Botschaft, die Penny und der WDR den immer weniger werdenden Zuschauern der Volkserziehungssendungen wie Tagesschau und Tagesthemen, die früher einmal Nachrichtensendungen waren, auf deren Objektivität man sich verlassen konnte. Davon ist nichts geblieben.

Nachdem der Schwindel ruchbar wurde, löschte die ARD das Interview mit der als Kundin getarnten Mitarbeiterin und schrieb als Transparenzhinweis:

Diese Sendung wurde nachträglich bearbeitet.
Der Beitrag „Wahre Kosten“ wurde nachträglich bearbeitet. In der ursprünglichen Version gab es eine O-Ton-Geberin, die für den WDR arbeitet. Die mit ihr gezeigte Sequenz hätte so nicht gesendet werden dürfen. Kolleginnen oder Kollegen zu interviewen entspricht nicht unseren journalistischen Standards.

Wie Argo Nerd in einem Tweet mitteilt, ist das allerdings schon die Korrektur der Korrektur, denn der erste Transparenzhinweis soll gelautet haben:

Eine O-Ton-Geberin in dem Beitrag „Wahre Kosten“ arbeitet für den WDR. Dies war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten, bei dem sie zufällig in dem Discounter einkaufte, als auch in der späteren Produktion nicht bekannt.

Nein, Zufälle gibt es aber. Die Welt ist doch ein Dorf. Gerade als ein WDR-Team in einer Penny-Filiale dreht und die Kundin mit der richtigen Einstellung, Gesinnung und dem daraus resultierenden richtigen Statement fehlt, ei der Daus, da kommt doch eine Produktionsassistentin fröhlich mit einem Korb unter den Arm durch die Gänge des Discounters geschlendert und ist bereit für ein Interview für die gute Sache. Da hatte das gebeutelte WDR-Team aber noch einmal Glück gehabt.

Der Chefredakteur von WDR Aktuell, Stefan Brandenburg, hält an der Zufallsgeschichte fest und versucht nun sein Heil in der Flucht, indem er behauptet:

Glaubt ernsthaft jemand, gestern hätte kein Penny-Kunde die „Wahre Preise“ Aktion gut gefunden, so dass wir eine Mitarbeiterin als Schauspielerin hätten einsetzen müssen? Passiert ist ein saublöder Fehler. Die Kollegin ist zufällig nach ihrer Frühschicht in der Umfrage angesprochen worden. Sie hat dem Reporter, der sie nicht kannte, sinngemäß gesagt: „ich komme gerade vom WDR-Radio“. Der hat das in der Situation im Supermarkt mit vielen Nebengeräuschen falsch verstanden als „ich habe es im WDR Radio mitgekriegt. Hätte der Reporter verstanden, dass er eine Kollegin vor sich hat, hätte er ihre kurze und spontane Reaktion niemals in den Beitrag aufgenommen. Ich bitte darum, das zu respektieren.

— Stefan Brandenburg (@SBrandenburg_) August 1, 2023

Zu viel Lärm im Discounter also? Man würde dem WDR ja gern glauben, doch reden wir nicht über Einzelfälle oder eben nur über „Einzelfälle“. Weshalb wurde der erste Transparenzhinweis gelöscht, wenn er doch laut Brandenburg die Wahrheit und nichts als die Wahrheit enthält? Gern werden ja auch Funktionäre der Grünen als zufällige Passanten interviewt oder wichtige Meldungen schaffen es nicht in die Nachrichten.

Und weil wir gerade beim WDR sind, erinnern wir uns doch noch gut, wie eisern der Sender über die Ausschreitungen und den Terror, der in der Silvesternacht 2015/2016 sogar vor der eigenen Haustür tobte, schwieg. Wer nicht mitbekommt, was vor der eigenen Haustür geschieht, wie sollte der wissen, was sich so alles in einem Discounter ereignet? Oder vielleicht muss der WDR jetzt wirklich sparen und bringt Die Versteckte Kamera zurück ins Programm – diesmal auch in den Nachrichtensendungen.

Journalistische Standards gelten offensichtlich in der ARD nicht mehr. Eines jedoch wird deutlich, man kann den Öffentlich Rechtlichen nicht einmal mehr den Wetterbericht glauben.

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