In Canossa war Söder schon, jetzt sagt er, warum er da dauernd hingeht

Manche Politiker gehen nach Canossa wie zur Kur. Söder bekennt sich nun offen dazu.

imago Images/Metodi Popow

Es ist einer dieser Texte, bei denen die Redaktion fast keine Arbeit hat, die Kollegen bei dpa haben das schon erledigt. In diesem Fall steht auf Welt online:

»Durch die erbitterte Auseinandersetzung mit Merkel „entstand der Eindruck, wir stünden mehr auf der ,dunklen Seite der Macht‘«, sagte Söder. »„Das hat sich einfach nicht gut angefühlt.“ Es sei ein Irrglaube gewesen, man könnte Wähler von der AfD zurückholen: „Das war eine falsche Strategie. Es war eine Fehleinschätzung, die AfD nicht schon früher hart anzugreifen.“«

Auch er, Markus Söder, habe zur „Verschärfung des Streits beigetragen“, im Gefecht der CSU gegen Frau Merkels Asylpolitik. Doch es sei ein Irrglaube gewesen, auf diese Weise Wähler von der AfD zurückholen zu wollen.

Übersetzt: Um so etwas wie die richtige oder falsche Asylpolitik ging es nie, sondern um das Dabeisein auf der ,hellen‘ statt ‚dunklen Seite der Macht‘ (Merkels Kritiker sehen die Lichtverhältnisse umgekehrt).

Als wäre es noch nicht genug mit der Selbstentblößung, liefert der Franke gleich mit, er habe den Wahlkampf zur Landtagswahl 2018 in Bayern als „politische Nahtoderfahrung“ erlebt: „Die Wahrscheinlichkeit war nicht gering, dass ich der Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit werden könnte.“

Söder zitterte also offenbar vor den Folgen seines Mitwirkens in der Seehofer-Episode gegen Merkel.

Wer es bis dahin noch immer nicht verstanden hat, dem bietet Söder dieses Gusto-Stück: „Von Horst Seehofer habe ich mehr gelernt, als ich lange zugeben wollte. Wahrscheinlich sind wir auf bestimmte Art enger verbunden, als wir beide es geglaubt haben.“

Das stimmt bis auf ein Detail: Horst Seehofer hat relativ lange gebraucht, um nach Canossa bei Hofe in Berlin zu wandern. Söder schafft das viel schneller.

Es ist Jahrzehnte her, seit ich das gelungene Bonmot erstmals las: Manche Politiker gehen nach Canossa wie zur Kur.

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Kommentare ( 115 )

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rainer101
3 Jahre her

Man muss Stoiber Abbitte leisten. Er weiß mehr über Söder als die meisten.

Tee Al
3 Jahre her

Sagt der Skorpion zur Schlange: „Wenn Du mich beißt, dann stech ich“
Sagt die Schlange zum Skorpion „Aber nur wenn Du mich stichst, beiße ich“
Mal sehen wer von den beiden zuerst loslegt.

Delegro
3 Jahre her

Die Bayern sind eben auch nicht mehr das was sie mal wahren. Konservativ, vaterlandsliebend, sturköpfig, kampfeserprobt und -bereit und die eigene Meinung vertretend. Alles Tugenden die nicht immer einfach sind, aber zusammengenommen einen verlässlichen und treuen Partner abgeben. …..und ich meine in erster Linie natürlich die bayerischen Politiker. Ich kenne viele Bayer, die Gott sein Dank noch „vom alten Schlag“ sind.

RHU
3 Jahre her
Antworten an  Delegro

Einspruch: Söder ist kein Bayer, er ist Franke und das ist ein gewaltiger Unterschied.

schwarzseher
3 Jahre her

Söder: “ Von Horst Seehofer habe ich mehr gelernt, als ich lange zugeben wollte .“ Stimmt. Grenzenloser Opportunismus, Heuchelei und Selbsterniedrigung sind für eine politische Karriere Voraussetzung.

Sofie Lauterbach
3 Jahre her

Der Audi-Chef Stadler wurde publikumswirksam vor der letzten Landtagswahl verhaftet. Der Nürnberger Gustl Mollath landete in der geschlossenen Psychatrie, als er Steuerhinterziehungen von Nürnbergs Schickeria zur Anzeige brachte. Das sollte man in dem Zusammenhang vielleicht nicht vergessen.

steadyrollingman
3 Jahre her

Dem Söder geht es alleine um Macht. Ich denke mal, er versucht sich bei den Merkel-Anhängern in der CDU einzuschleimen, um so die Chancen auf eine Kanzlerkandidatur zu vergrößern.

MarkusF
3 Jahre her

Das Söder diesen Kurs einschlägt war vorher zu sehen. Man konnte es bereits daran erkennen das er die CSU Minister in der Bundesregierung voll auf Merkel Kurs gebracht hat. Beispielsweise sehe ich den berüchtigten ‚Drehhofer‘ auch nur als Marionette die der von Söder fromulierten CSU Parteiräson bedingungsloser Merkeltreue zu folgen hat. Söder ist der bedingungslose Machtoportunist; genau so wie Merkel. In einer Zeit in der gerade die unvermeidlichen Folgen von Merkels verheerender Politik in Wirtschaft, Energie und Migration auch für die breite Bevölkerung sichtbar und spürbar werden macht sich Söder aber so zum Erben und Stadthalter eben dieser Politik. Es… Mehr

Talleyrand
3 Jahre her

Es gibt einen bekannten Effekt, der mir immer einfällt, wenn ich die Taten der machthaber in diesem Staat betrachte. Es ist die Häufigkeit, mit der Feuerwehrleute an Brandstiftungen beteiligt sind. Erst anzünden, dann angeblich heldenhaft löschen und sich die Orden umhängen. Das Volk ist hingerissen.

KoelnerJeck
3 Jahre her

„Vergebens sagten Sie mir,
dass die künstliche Regierung gut sei,
aber dass ich nur durch den Missbrauch herausfiele.
Die Sache! Die Sache selbst ist der Missbrauch!“
Edmund Burke

Oder noch kürzer: Wettbewerb der Gauner (Hans-Hermann Hoppe).

So lange die Menschen nicht merken, dass Politik das Problem ist, wird sich eh nichts ändern.

Babylon
3 Jahre her

Söder, ein „Gutfühlpolitiker“ der Extraklasse. Innerhalb kürzester Zeit ist dieser Mann mutiert im Stil von Horst Seehofer zum vergrünten Teddybärwerfer. Insofern sind sich diese beiden Typen tatsächlich ähnlich bis zum Verwechseln. Was dürfen wir lernen, wenn wir es eh nicht schon gewußt haben? Es geht Leuten dieser Machart nie um die Sache selber, sondern darum, wie ihre Haltungen und wechselnden Aussagen zu bestimmten politischen Themenfeldern, auf das Publikum „wirken“. Sie selber wollen sich „gut fühlen“. Neu ist, dass Söder diesen Umstand ganz offen zugibt, entweder weil er die Klappe nicht halten kann oder er glaubt, Canossagänge zum Thron der stellvertretenden… Mehr

Der Winzer
3 Jahre her
Antworten an  Babylon

Stimmt nicht – es war nicht Jenninger (CDU), sondern 1984 Richard Stücklen von der CSU.

Babylon
3 Jahre her
Antworten an  Der Winzer

Gratulation, Ihr Gedächtnis ist besser als meins. Es war Stücklen nicht Jenninger dem die „Ehre“ widerfuhr vom nachmaligen Außenminister entsprechend benannt zu werden.