Wer ist der Radfahrer?

Einer unserer Leser hat sogar ausfindig gemacht, wer der Radfahrer ist. Aber prüfen Sie bitte selbst.

© Thomas Lohnes/Getty Images
Protester Martin Friedrich Buehler walks with his bike between the police water cannon and violent demonstrators during during a demonstration against the G20 Summit on July 7, 2017 in Hamburg

Mit so viel Antwort auf meine Schlussfrage rechnete ich nicht: „Was ist Ihre Assoziation bei dem obigen Titelbild? Mein Gedanke bleibt auch nach mehrmaligem Hinschauen derselbe: ich glaube es nicht.“

Es wird an meiner Ignoranz gegenüber Verschwörungstheorien liegen, dass ich nicht ahnte, dass dieser Antwortstrang kommen musste. Er begann damit:

„Ich arbeite auch viel mit Photobearbeitungssoftware. Das Bild wurde mit großer Wahrscheinlichkeit am Computer zusammengebastelt. Beide Personen, der Kapuzenmann und der Fahrradschieber wurden in das Hintergrundbild reinkopiert. Das erkennt man schon, ohne viel Erfahrung mit Photobearbeitungssoftware zu haben.“

Zustimmung kam gleich hinterher Schlag auf Schlag:

„Sie haben recht. Photoshop! Man sieht es am fehlenden Schatten des Molli-Werfers im Vergleich zu den anderen Schatten.“

„Genau, der Molli-Werfer schwebt mehr als dass er steht. Werfer und Bürger haben, was Bildschärfe und Kontrast angeht, andere Werte als die Umgebung.“

„Das dass eine Montage sein könnte, lag bis zu diesem Kommentar völlig außerhalb meiner Vorstellung. Es erscheint mir aber jetzt, wenn ich mir das noch einmal anschaue, völlig plausibel. Danke also für den Hinweis!“

„Ich war in Photoshop jobbedingt kein As, aber dennoch…
habe mir das Bild nochmal genau angeguckt, stimmt, man sieht eindeutig,daß der Steinewerfer reinkopiert wurde….“

Etwas später folgten:

„Das Bild ist eine gestellte Fotocollage.“

„Und eine handwerklich schlechte dazu!“

Doch dannn kam der Facheinwand von der anderen Seite:

„Ist es nicht. Auf ‚gettyimages‘ ist dieses Bild genauso zu finden. Der Radfahrer ist zudem dort auf mindestens 4 anderen Bildern in ähnlichen Szenarien zu sehen. Einfach ‚gettyimages g20 riots Hamburg‘ suchen.“

Daran stimmt, dass unser Bild-Spezialist das Foto tatsächlich bei Getty beschafft hat. Ein andere Leser widersprach:

„Auch bei gettyimages können Faked Bilder dabei sein … Ich habe in den letzten Jahren im Internet auf so vielen Seiten Dt. und Engl. sprachigen Sites so viele Schreibfehler, logische Fehler u. auch jede Menge guter oder grottenschlechter Fälschungen gesehen und gefunden, so daß dies hier nichts besonderes wäre…..“

Und der erste Leser zu dieser Frage pflichtete bei:

„Es ist trd. eine Fotomontage. Reale Menschen haben einen Schatten ;)“

Ein anderer Leser unterstellte eine verharmlosende Bild-Absicht:

„Das Titelbild ist meiner Meinung nach nicht echt. Die Absicht soll sein, Steinewerfende zu verharmlosen, in dem selbst ein sauber angezogener Gentleman seelensruhig neben einem solchen Gewalttäter ungefährdet stehen kann, obwohl er in seiner Aufmachung schon ziemlich den Typus, gegen den demonstriert wird, darstellt.“

Noch analytischer wurde dieser Leser:

„Der schwarze Bube links, er schwebt, völlig losgelöst, nicht von Raum und Zeit, aber von der Wirklichkeit. Irgendwann schlägt er auf, und dann?

Das die rechte Mitte (!) des Bildes dominierende durchnässte Hemd wird von einem Mann getragen, dessen Haltung und Gefährt ihn wie eine Art antiautoritären Herrenreiter erscheinen lassen, bestimmt ist irgendein gehobener Pensionsanspruch in greifbarer Nähe.

Der Fahrradmann ruft seinem jugendlichen Alter Ego zu:

»Du wirfst wie ein Mädchen, so wird das nie was.«“

Ein Leser scheint, es besser zu wissen und postet eine Quelle:

Ist echt. War also eine gezielte Aktion des Herren und die Kleidung war taktisch gewählt. Dass die Polizei sich in solch einer Situation dann tatsächlich zurückhält, ist der eigentliche Skandal.“

Im Link verweist einen weitere der flämischen Tageszeitung De Morgen. Danach wäre der Radfahrer ein in Hamburg lebender deutscher Historiker, den ich beim Googeln nicht eindeutig finden kann.

Eindeutig süddeutscher Abkunft ist diese Leserstimme:

„Der Radfahrer ruft ihm zu, dass der Rabauke an Depp ist und kaum eine Chance hat.“

Für einen weiteren Leser steht die Bild-Botschaft in einem klaren politischen Zusammenhang:

Ein Lackmustest
Wie unempfindlich sind wie viele Bürger?
„Das obige Foto ist sicher extrem, aber es gab genügend Bilder wo man sah, wie sich Event-Unkultur und Gewalttäter bei der Demo am Freitagabend mischten. Da liefen auffallend viele junge Frauen und Mädchen zwischen den Schwarzvermummten herum. Ihr Fahrrad schiebend. Es zeigt zweierlei: Erstens, dass durch die Jahrzehntelange Duldung linker Gewalt in Hamburg so etwas wie ein Happening daraus wurde, das man sich interessiert anschaut. Die ‚Hafenstrasse‘ findet sich in jedem Touristikführer. Es findet ja auch jeden 1. Mai statt, wenn auch in ‚kleinerem Rahmen‘, hat also Tradition. Zweitens, zeigt es, dass es vor Ort eine Vermischung von Gewaltbereiten, Sympathisanten und Eventtouristen gibt, die es aus genau diesem Grund für die Polizei schwer macht einzugreifen. Fazit: Wer sich wie der Hamburger Senat mit den Gewalttätern und ihren Sympathisanten einlässt, und ihnen mit der Roten Flora noch das Gebäude kauft, in dem sie sich tummeln können, braucht sich über all das nicht zu wundern. Und wer 150 (!) Kundgebungen vor und während des Gipfels zulässt, als Beweis seiner ‚Liberalität‘, wie der Senat, muss sich über garnichts wundern. Mich wundert, dass die GDP so still ist, hatte sie doch Wochenlang vor den Gefahren gewarnt.“

Halb heiter, halb ernst dieser Leser:

„Mein erster Gedanke zum Titelbild: Da steht 100%-Schulz und feuert die linken Chaoten an….. Echt ! Ich musste dann selber lachen.“

Und ähnlich ein anderer:

„Ist der Radler auf dem Foto nicht der rote Maddin , der dem „Aktivisten“ Anweisungen gibt ?“

Als Spiegel der Gesellschaft deutet ein Leser das Foto:

„Der Bürger ist solange unempfindlich, solange er noch nicht selbst betroffen ist. Der Steinewerfer wirft in die andere Richtung, also kann der Mann mit dem Fahrrad noch ganz gelassen stehen bleiben. Vielleicht meckert er ein bisschen, aber dann wird er weitergehen. Alles ist gut, ihm ist ja nix passiert. Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, man wirft abends den Grill an, schaut Fußball, Deutschland geht es gut.“

Ähnlich diese Leserstimme:

„Das Bild symbolisiert sehr gut das Problem, dass Deutschland hat. Die meisten Menschen nehmen alle negativen Geschehnisse um sie herum als gegeben hin und halten es für unmöglich, diesen entgegenzuwirken.“

Sarkastisch ist diese Interpretation:

„Die Schattengestalt wirft einen Stein in eine Richtung, aus der eh nichts zurückfliegen wird. Also ein idealer Platz, eine objektive Ferne der Gewalt, die einem deutschen Zivilgesellen einen gespielten ‚Pathos der Distanz‘ ermöglicht, entspannt seinen Missmut ohne Mut zu äußern.“

Nicht das Foto, sondern mein Gedanke von einer Hundertschaft unabhängiger Bundestagskandidaten lösten Kommentare aus, hier eine kleine Auswahl:

„Das mit den unabhängigen Direktkandidaten ist eine interessante Idee. Diese müssten sich zu einigen gemeinsamen Grundsätzen bekennen und könnten im Bundestag eine eigene Fraktion aufmachen. Man bräuchte ein erfahrenes Zugpferd, um die Sache bekannt zu machen. Die Finanzierung des Wahlkampfes in den ausgewählten Wahlkreisen könnte über Crowdfunding erfolgen.“

„Das zu organisieren wird viele Jahre dauern. Ich bezweifle, dass wir so viel zeit haben.“

„Ja, natürlich ist das jetzt zu kurzfristig in Hinblick auf die Wahl im September. Aber die Idee, eine unabhängige Opposition über Direktkandidaten zu organisieren, ohne dazu einen bürokratischen Parteienapparat aufbauen zu müssen (mit allen bekannten negativen Begleiterscheinungen) ist schon genial.“

Auf den Gedanken der Hundertschaft beanspruche ich kein Copyright. Nur los Leute.

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Kommentare ( 11 )

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treu
6 Jahre her

Wie wichtig oder unwichtig ist das denn überhaupt? Und ja, es gibt jeden Tag unzählige solcher Momentaufnahmen zu bestaunen. Weshalb sollte jemand so ein an sich völlig belangloses Foto „inszenieren“, wenn sich Jeder der wollte ganz aktuell und live die Steinewerfer neben Zivilisten und normalen Passanten auch im TV ansehen konnte? In hundertfach ähnlichen Situationen? Weshalb machen Sie aus so einem Foto eine kleine „Verschwörungstheorie“? Das ist doch albern und lächerlich!

Klaus Müller
6 Jahre her

Dieses Land hat leider keine Erfahrung mit Selbstbestimmtheit im positiven Sinne. Vielmehr klopft man seit jeher einfach Gutes gezielt in die Tonne und macht es noch schlechter als es vorher war. Und des Deutschen Lieblingsspruch ist ohnehin „Haltet den Dieb!“.

Gero Hatz
6 Jahre her

Das Bild ist echt und zeigt Martin Chulz, wie er sich mutig für den Dialog zwichen den Menchen und den chiesswütigen Ordnungskräften einsetzt. Den Mut, den dieser Mann täglich zeigt, sollte mit mindestens 19% honoriert werden.

Gerd Heidenreich
6 Jahre her

Wie wär‘ das denn mit dieser gerade zur Wahl zugelassenen DiB (Demokratie in Bewegung)? Das wären doch die Direktkandidaten, die man bräuchte!

Bigjr Slade
6 Jahre her

Die Bilder sind tatsächlich echt und keine Fakes.. Der Typ ist ca 1 Stunde vor der Polizei hin und her gegangen. Sie entstanden am Neuen Pferdemarkt ein paar Stunden bevor die Polizei die Häuser am Schulterblatt per SEK räumte. Im einen Live-Stream waren sogar einige Äußerungen zu hören. Die man eher nicht dem Linken Spektrum zuordnen würde….

as140
6 Jahre her
Antworten an  Bigjr Slade

Es ist aber ein bearbeitetes Bild, siehe meine Anmerkung, dass der Autonome keinen Schatten hat.

treu
6 Jahre her

So entstehen „Fake-News“ und der Chor der „Experten“ stimmt dann ein und wird schnell größer, insbesondere in der Rubrik „Das Foto kann nicht echt sein, erkenne ich sofort…“. 😉 Das Schöne ist doch, daß diese Leute sich dann letztlich als das erweisen was sie wirklich sind, „selbsternannte Experten“.

as140
6 Jahre her
Antworten an  treu

Auch wenn es echt ist, sieht man dass das Foto bearbeitet wurde ( wie ich bereits erwähnte: fehlender Schatten).

treu
6 Jahre her
Antworten an  as140

Wo soll denn in der dunklen, vernebelten Strasse ein Schatten herkommen?

Peter Gramm
6 Jahre her

ich finde die Idee mit den Direktkanditaten auch gut. Zumal der Gedanke der Herrschaft des Volkes damit gelebt würde im Unterschied zur momentanen Herrschaft der Parteien.

Marc Hofmann
6 Jahre her

Auch eine unabhängige Opposition muss sich ein Ziel…eine Aufgabe geben….muss genauso mit internen Streitereien und Anfeidungen von anderen Parteien/Medien zurecht kommen….muss politische und finanzelle Hürden nehmen können….Marketing um den Kampf von Wählerstimmen….