Weitere Bauernproteste: 4000 Traktoren in Hamburg

Viele Bauern sehen sich als Opfer einer ideologisch verblendeten Umweltpolitik der Bundesregierung. Heute kamen in Hamburg mehrere Tausend Bauern aus Norddeutschland zusammen und forderten, dass man endlich mit ihnen nach Lösungen suche.

© Bettina Hagen

Nichts ging mehr in Hamburgs Innenstadtstraßen rund um den Gänsemarkt. 4000 Traktoren waren heute aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auf Sternfahrt nach Hamburg gerollt. Die ersten erreichten bereits am frühen Morgen die Randbereiche Hamburgs. Die Polizei holte in Kiel Trecker von der Autobahn A 23 Heide – Hamburg. Bei ähnlichen Demonstrationen in den Niederlanden blockierten Bauern auch Autobahnen.

 

Mit lautem Hupen verstopften Traktoren die Innenstadt der Hansestadt. Auf dem Gänsemarkt in Hamburg fand dann die zentrale Kundgebung statt von Nutzerverbänden, Bauernverbänden aus Hamburg und mehreren Bundesländern, Landesschafzucht- und Weidetierhalteverbänden. Mit dabei waren auch Bauern der Protestbewegung »Land schafft Verbindung«. Martin Lüdeke, Präsident des Bauernverbandes Hamburg sagte an die Bundesregierung gerichtet: »Stoppen Sie endlich Ihre populistische und fachlich unsinnige Agrarpolitik! Diese vernichtet die Existenz der deutschen Bauern und raubt unseren Kindern die Zukunft.«

Anlass der Bauerndemonstrationen ist die Konferenz der Umweltminister, die noch bis Freitag in Hamburg stattfindet und auf der es um »Klimaschutz«, »Insektenschutz« und Landstrom für Schiffe gehen soll. Bundesumweltministerin Schulze (SPD) nahm nicht daran teil; sie musste in Berlin unter anderem mit Minister Heiko Maas betonen, das »Europa eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz einnehmen muss«. »Deutschland sollte«, wie sie weiter twitterte, »die neue Kommissionspräsidentin dabei unterstüzen, das europäische Klimaziel zu erhöhen, von 40 Prozent Minderung bis 2030 auf 50 Prozent, vielleicht sogar auf 55 Prozent.«

Sie wollte mit Maas, dem Klimaforscher Johan Rockström und der »Klimaaktivistin« Luisa Neubauer das höher gesteckte Plansolls Deutschlands für die nächste UN-Klimakonferenz verkünden. Das wäre vermutlich bei den Landwirten doch nicht so gut angekommen, die darunter heftig zu leiden haben.

Die Bauern übergaben dem Hamburger Umweltsenator Kerstan eine Resolution. Der grüne Umweltsenator, der selbst regelmäßig mit dem Flugzeug in sein Ferienhaus auf Mallorca fliegt, betonte dagegen: »Ich habe hier die Verantwortung, zwei Millionen Menschen in Hamburg mit Grundwasser zu versorgen. Und wir müssen Grundwasser zum Teil aus anderen Landkreisen herbeiholen, weil das Wasser hier in Hamburg zum Teil nicht verwendet werden kann.« Ein lautes Pfeifkonzert erscholl, als er die angebliche Verantwortung der Bauern für Insektensterben und Schadstoffe im Grundwasser herauskehrte.

Die Bauern beklagten in ihren Reden, dass in dem Dialog zwischen Bauern und Politik seit einem Jahr bisher nur geredet, aber nichts erreicht wurde. Landwirtschaftsministerin Klöckner versuche, die Bauern auseinanderzutreiben. Eine Umweltschutzministerin Schulze, so schimpfen sie, die glaube, dass sie ihre SPD auf »unserem Rücken retten« könne, sei total falsch gewickelt.

Die Landwirte sehen sich als Spielball der Nation, auf dem jeder herumtreten könne, wie es in sein jeweiliges politisches Konzept passe. Sie demonstrierten heute wieder wie vor kurzem bereits gegen die neue Gülleverordnung, gegen das Verbot von Glyphosat und gegen immer mehr Auflagen für die Landwirte. Kleinbetriebe gingen daran zugrunde. Nur noch Großbetriebe hätten eine Chance. Einige Aktivisten besetzten sogar die Konzernzentrale des Spendensammelunternehmens Greenpeace. Berichtet wurde darüber nicht. Bauern zählen nicht zu denjenigen NGOs, die von Mainstreammedien wahrzunehmen sind.

Viele Landwirte sind skeptisch, ob die derzeitige Lufthoheit der NGOs und der Grünen mit ihren exzessiven Behauptungen über Nitrat, Insekten und andere Umweltthemen gebrochen werden könne. Kaum jemand verstehe die extremen Auswirkungen einer immer unsinnigeren Umweltgesetzgebung auf die Landwirtschaft und selbst auf die Natur.

Auf Plakaten und Schildern der Landwirte waren Abschiedsgesänge zu lesen:
»Es war schön, für euch zu arbeiten. Eure Bauern von nebenan.«
»In Zukunft versorgen euch Agrarfabriken aus dem Ausland. Guten Appetit!«
»Arten- und Gewässerschutz = ja, machen wir schon… Aber ideologischer Wahnsinn = Agrarpaket = nein!«

Die Landwirte zählten schließlich auf, was allein eine Stadt wie Hamburg täglich benötigt, damit alle Bewohner einigermaßen satt werden. In der Stadt verschwinden pro Tag wohlgemerkt:
– ein kompletter Hähnchenstall mit 40 000 Tieren
– drei Schweineställe mit 3000 Tieren
– zwei Rinderställe mit 200 Tieren.

Dafür müssen 13 000 Bauern arbeiten.

Alle Bilder: © Bettina Hagen

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Kommentare ( 63 )

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63 Comments
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usalloch
4 Jahre her

Was geht denn Madame Merkel und ihre Funktionäre die „Kulaken“ an? Wo sie doch jeden Zentimeter Wald und Wiesenboden für ihr ihr großes Ziel benötigt, Deutschland zu verspargeln.

humerd
4 Jahre her

Auf einem Plakat ist zu lesen:“Arten & Gewässerschutz Ja, machen wir schon“
Aha, dann darf ich als Endverbraucher die Fragen stellen, wo, wann , wie und wieso ist dann das Grundwasser verseucht, sterben schon wieder die Wälder, gibt es Bodenerosion durch Monokulturen u.v.m. ? Die pauschale Antwort, dass einzig die Verbaucher dafür die Vernatwortung tragen würden, greift immer weniger. Es ist eben nicht das Schnitzel auf dem Teller der Deutschen. „Ein deutscher Landwirt erlöst etwa jeden vierten Euro im Export, die deutsche Ernährungswirtschaft nach Branchenangaben sogar jeden dritten Euro.“ https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Markt-Handel-Export/_Texte/Agrarexport.html;jsessionid=406D72514EFDC31793D39163EB06FE69.2_cid288?nn=3714070&notFirst=false&docId=5505030
Auch in der Agrarindustrie gilt: Gewinne sind privatisiert, Verluste sozialisiert.

Berni
4 Jahre her
Antworten an  humerd

Übrigens, die Gewässer waren in den letzten 100 Jahren nicht so sauber wie heute Monokulturen? Haben wir in Deutschland gar nicht und für die Schäden im Wald, hervorgerufen durch Hitze und Schädlinge kann man auch schlecht die Bauern verantwortlich machen. Die Bauern ernähren immerhin die Menschen… Sollen sie das nicht mehr?

Christian S.
4 Jahre her
Antworten an  humerd

Vielleicht lesen sie sich weitere Kommentare durch, u.a. die beschreiben das Problem der undichten abwasserleitungen besonders in Ballungsgebieten und den Nitrateintrag der Kläranlagen in Gewässer.

Koedoe
4 Jahre her

Ignoranten ohne jede lebenspraktische Kompetenz machen irrwitzige Regeln. Kenn‘ ich schon aus der DDR. Und da kam es bekanntlich, wie es kommen mußte. Trotz Plan-Übererfüllung. Lieber Himmel, man kann diese roth-grünen Gutmeiner ja nicht mal zu einem lehrreichen Praktikum aufs Land oder in jene Bereiche schicken, die sie regulieren – das wäre weder dem Betrieb noch dem Bereich zuzumuten. Noch weniger könnte man sie in eine entsprechende Selbstänigkeit entlassen. Aber schön ist die Vorstellung schon, dass die kleine Annalena Tag für Tag ihren Kuhstall auf’m Ökohof ausmisten und die Viecher melken und füttern muss, der kluge Robbi als Bio-Bäcker sich… Mehr

Contra Merkl
4 Jahre her
Antworten an  Koedoe

Robbie um 3 Uhr in der Backstube. ?
Der bekommt morgens um 9 Uhr die Augen noch nicht auf, da stolpert der noch verträumt in der Gegend rum und redet wirres Zeug. Wie soll der um drei Uhr Sauerteig machen ? Da fällt der in die Knetmaschine und wird mitverarbeitet.

Christian S.
4 Jahre her
Antworten an  Contra Merkl

Der redet auch Abend um 9 noch wirres Zeug, oder schon wieder…
Schickt die alle aufs Land, immer her damit, jeder kriegt 2 Morgen Land (0,5 ha), Saat- und Pflanzgut, und darf sich selber mal versuchen zu versorgen.
Diese Fläche hat übrigens in den 30er, 40er und 50er Jahren meiner Großmutter gereicht um ein 3-Generationenhaus mit 8 Hungrigen zu versorgen… meine Oma war die beste!

usalloch
4 Jahre her
Antworten an  Koedoe

Ahnung hatten die Politik- Kommissare damals in der ruhmreichen Sowjetunion auch nicht. Dafür aber den unerschütterlichen Glauben an den Kommunismus und an das Machbare. Bei uns fängt es allerdings etwas unverfänglicher an. Zuerst kommt die Enteignung von Wohnungsbesitz.
Wehe dem , der zukünftig am Tag X zwei Wohnungen oder gar Häuser besitzt.

Sharkeen
4 Jahre her

4 % der Siedlungsabwässer= das Abwasser von Siedlungen? Keine Kritik sondern Interesse: wie kommen Sie auf diese Zahl? Woher stammt denn Nitrat /Phospat (Pipi?) in Hamburg.
Warum liefert denn das Umland von HH sauberes Wasser? Gibt es dort keine Bauern?

armin wacker
4 Jahre her
Antworten an  Sharkeen

Vielen lieben Dank für diese Mühe und Erläuterungen.

armin wacker
4 Jahre her
Antworten an  Sharkeen

Darf ich als Laie noch einflechten, dass sich die Fischer vom Bodensee beschweren, dass das Wasser zu nitratarm ist und die Fischbestände zurückgehen.

Anstaltsdirektor
4 Jahre her

Im ländlich- katholischen Münsterland wählen ca. 80 % der Bauern weiterhin die CDU. Der AfD- Anteil lag dort im bundesweiten Vergleich am niedrigsten. Es ist schon bemerkenswert, dass diese Klientel weiterhin der protestantischen Agnostikerin mit SED Vergangenheit treu die Stange hält. Aber noch ist Hoffnung, früher konnte die SPD im Ruhrgebiet ja auch eine Mülltonne als Kandidat aufstellen, er wurde gewählt. Die Zeiten sind endgültig vorbei.

Jumpin Jack
4 Jahre her
Antworten an  Anstaltsdirektor

@Anstaltsdurektor: Merkel war meines Wissens nie SED-Mitglied.

WandererX
4 Jahre her
Antworten an  Anstaltsdirektor

Die wählen doch nicht CDU aus Überzeugung, sondern mangels Alternativen! Ein konventionaller Landwirt wählt nicht grün, nicht SPD oder die FDP, AFD ist für ihn agrarpolitisch unberechenbar. Man wählt doch immer schon das kleinere Übel, bei Wahlen gehts doch nicht um einen idealistischen Kult! Also ist schon Ihre Voraussetzung falsch.

RalledieQ
4 Jahre her

Es gibt solche und solche.
Viele Bauern haben sich dank grünem Schwachsinn jahrzentelang auf Kosten der Allgemeinheit UND der Umwelt die Taschen vollgemacht, da hat niemand protestiert. Die Zukunft unserer Kinder interessiert diese Herrschaften herzlich wenig, eher schon die eigene Lebensgrundlage.

wachschaf
4 Jahre her
Antworten an  RalledieQ

Meinen Sie damit die hochsubventionierten Bio-Betriebe, oder was ?
Falls es um Biogas gehen sollte – das ist immerhin die einzige grundlastfähige regenerative Energie.

89-erlebt
4 Jahre her

Die stadtnahe Klientel von Rot-grün und zunehmend Merkel Union hat nicht ansatzweise ein Ahnung, was Landwirtschaft macht und was Landwirtschaft bewirken kann. Dieser Rot-Grüne Irrsinn (die waren so mal an der Macht) zeigt sich im Land an Hand der rieseigen Mais Meere überdeutlich. Diese Mais Meere, teilweise auf Flächen die früher Grünland oder Stilllegung waren liefern nur BioGas taugliche Erträge, wenn ordentlich Stickstoff Dünger bereitgestellt wird. Aber das ist OK, dient dies doch dem ganz hohen, ausgerufenen Ziel des Klima Schutzes. Diese Verlogenheit der Politik kommt erst zum Erliegen, wenn „Das Fressen“ wieder Priorität bekommt und immer mehr Nahrungsmittel aus… Mehr

Sabine W.
4 Jahre her

Irgendwie bin ich immer noch sowas wie ein ‚Grünchen‘. Allerdings stinkt diese aufgeflammte Öko-Diktatur zum Himmel. Was stellt man sich denn vor? Alle fassen sich demnächst an den Händen und tanzen auf Blümchenwiesen einen Kinderreigen? Die konventionelle Landwirtschaft wird abgeschafft, und jeder Reihenhausbesitzer hält ein Schwein zum Eigenbedarf im Vorgarten? Güllefrei, selbstverständlich, und Platz für ein 2 qm-Gemüse- und Getreidebeet bleibt bestimmt noch… *ironie aus* Die Weltbevölkerung explodiert – und alleine ca. 1,5 Mio. dieses Geburtenüberschusses sind seit 2015 nach Deutschland ‚eingewandert‘. Die wollen essen. Zusätzlich zur Stammbevölkerung. Wie möchte man daher krude ‚Öko, aber sofort!‘-Ideologien umsetzen? Wenn es gilt,… Mehr

Philokteta
4 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

Hundertmal Daumen hoch.

jopa
4 Jahre her
Antworten an  Sabine W.

Die Grünen sind die reaktionärste Partei in D. Die wollen zurück zu der Zeit, als im Oberharz jeder Bergmann seine Kuh hatte, die der Ortshirte morgends zum Weiden abholte und abends zum Melken zurück brachte. Oder die Zechensiedlungen im Ruhrgebiet, die für jede Wohnung einen Kleintierstall hatten. Zum Glück gabs damals noch keine Grünen, sonst gäbe es heute weder Wasser noch Abwasserleitung, Strom, Gas, Auto und Bahn.

Sabine W.
4 Jahre her
Antworten an  jopa

Selbstverständlich wollen sie zurück – solange sie auf ihren etablierten Luxus nicht verzichten müssen. Dann kostet ein Bio-Apfel dann mal eben zwei Euro (natürlich klimaverträglich durch einen Marathonläufer direkt aus China importiert), man leistet sich auch gerne mal das KG Fleisch unterm Ladentisch, das garantiert durch den einzigen noch rinderzüchtenden Landwirt im Umkreis von 200 km vertrieben wird – und zwar subito. Es erinnert ein wenig an die Naivität der Marie-Antoinette, der Gattin des kopflosen Louis XVI., die selbst auch während der Französischen Revolution einen Teil ihrer Körperlänge einbüßen musste: Von ihr ist überliefert, dass sie auf das hörbare Schreien… Mehr

Herold Hansen
4 Jahre her

Endlich haben auch deutsche Landwirte nach dem Vorbild der französischen Kollegen die politische Macht von Traktoren erkannt.

humerd
4 Jahre her
Antworten an  Herold Hansen

ich bin schon ein wenig älter und kenne diese Bilder der mit Traktoren protestierenden Landwirte noch aus meiner Kindheit.

fatherted
4 Jahre her

naja….unbegrenzt Gülle aufs Feld zu kippen ist ja nun auch keine Lösung. Nitrate im Trinkwasser sind nun mal Realität und eine Beschränkung sinnvoll. Was Glyphsat angeht….das ist mittlerweile ideologisch so verbrannt….da wird es um ein Verbot nicht drum rum gehen….ähnlich wie beim Klima…braucht man nur den Begriff in den Mund nehmen und wird niedergebrüllt. Sicher wäre es gut mit anstatt über die Bauern zu reden….aber wo ist denn die Lobby….was macht denn der Bauernverband? Die kungeln seit Jahrzehnten mit der Politik….so lange es um Subventionen ging, war das den Bauern recht…..nun wird was von Ihnen gefordert und das große Stöhnen… Mehr

RalledieQ
4 Jahre her
Antworten an  fatherted

Oder man denke an den Wahnsinn mit den Mais- und Rapsmonokulturen – der Ressourcenverschwendung schlechthin. Oder den Windparks. Wo waren da die Demos der Bauernverbände? Achja stimmt, dafür gibt es ja Staatsknete, da ist die Versorgung unsere Landes plötzlich doch nicht mehr so wichtig.