Kornblum: Deutsch-amerikanisches Verhältnis ist „kühl“

Ex-Botschafter John Kornblum kritisiert mangelnde deutsche Solidarität – Deutschland kann in Konflikten mit China und Russland nicht neutral sein

IMAGO / Horst Galuschka

Berlin. Der frühere US-Botschafter in Deutschland, John Kornblum, hat das deutsch-amerikanische Verhältnis auch nach der Amtsübernahme durch US-Präsident Joe Biden als „kühl“ bezeichnet. Es fehle die Solidarität Deutschlands in wesentlichen Fragen der Außenpolitik. „Leider zeigt die Bundesrepublik in letzter Zeit immer weniger Solidarität mit ihren europäischen und atlantischen Partnern. Ebenso bedauerlich ist es, wenn diese deutschen Alleingänge immer wieder als «europäisch» verkauft werden“, kritisiert Kornblum im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick.

Angesichts der weltweiten Herausforderungen und Spannungen sei eine Solidarität zwischen den USA und Europa wichtig. „Die Welt ändert sich gewaltig. Nichts wird bleiben, wie es war. Wie immer spielt Amerika die Rolle eines Vorreiters, wenn es sich um Wandel, aber auch um soziale Unruhen handelt. Und wie fast immer verteidigt Europa ängstlich den Status quo. Es ist klar, dass daraus Spannungen resultieren.“ Deutschland müsse sich in den Konflikten mit Russland und China etwa wegen der Annektierung der Krim und den chinesischen Drohungen gegen Taiwan bekennen. „Deutschland wird dabei nie neutral sein können.“

Europa sieht Kornblum in einer wachsenden Abhängigkeit von den USA. „Von Souveränität merke ich sehr wenig. Wie hat man sich nicht aufgeregt, als Trump 10.000 Soldaten aus Deutschland abziehen wollte. Traurig, aber wahr: Europa ist heute weniger souverän und abhängiger von den USA als vor 30 Jahren.“


Das ganze Interview in Tichys Einblick Ausgabe 07-2021 >>>

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Kommentare ( 37 )

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Stuttgarterin
2 Jahre her

Drängt man das russische Volk nicht gerade hinter Putin, wenn – egal mit welcher Führung und politischen Haltung – immer wieder Russland als Gegenspieler statt als Teil Europas gesehen wird? Der Konflikt um die Krim sollte nicht schwarz-weiß bewertet werden – und würde sich mit einer anderen Haltung Europas vielleicht auch leichter in eine friedliche Koexistenz überführen lassen.

willy
2 Jahre her

Diesem Kriegstreiber traue ich nicht, wird wohl auch von der Waffenindustrie bezahlt!

Ananda
2 Jahre her

Putin hat über ein Jahrzehnt Zusammenarbeitsangebote an Deutschland und die EU geschickt. Partner hier, Partner da, in nahezu jeder Rede. Als Antwort hat er dann von Merkel und sonstigen fragwürdige Sanktionen erhalten. Da wäre mir die Angebote auch irgendwann mal vergangen. Merkel agiert ganz anders bei China. Wie Sie sagen: Ihre wahren Freunde im Fernen Osten. Ich denke für Merkel ist China das große Vorbild schlechthin. Ein Wahnsinns wirtschaftlicher Erfolg durch Planwirtschaft – Merkel baut unsere Marktwirtschaft in eine Planwirtschaft um. Check. Eine „eingehegte“ Bevölkerung über die man beliebig verfügen kann. Check. Nur sind unsere Entscheider von äußerst fragwürdiger Qualität… Mehr

Evero
2 Jahre her

Mein Eindruck von der US-Aussenpolitik vor und nach Trump ist, dass die Oligarchen bestimmen, wo es lang geht. Oder würde es einer amerikanischen Nation nicht gut anstehen, ordentliche und konstruktive Beziehungen zu der dritten und nichtkommunistischen Großmacht Russland zu pflegen? Stattdessen baut das State Department mit einer NATO-Frontlinie und zweifelhaften, fanatischen Verbündeten mit Ukraine und Polen neue Feindbilder auf. Schon lange wedelt in den USA der Schwanz mit dem Hund. Die Oligarchen und Weltkonzerne sind gierig auf die Reichtümer Russlands und hoffen durch Intrigen die dortige Regierung zu beeerben, ähnlich wie in der Ukraine. Da sind weltpolitische Vabanque-Spieler am Werk,… Mehr

Evero
2 Jahre her

Die Interessen des deutschen Souveräns (Mehrheitsmeinung des Volkes) decken sich nicht mit den Hegemonialinteressen der US-Regierung und ihrer Paten. Warum sollten wir uns mit Russland anlegen? Die USA versuchen mit der unkritischen Förderung der ukrainischen Faschisten Deutschland zum völligen Bruch mit Russland zu zwingen. Deutschland und Russland, die beide von der Kooperation profitieren, sollen keine wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mehr unterhalten, weil das gegen die Interessen des großen Bruders in Europa geht? So kann das heute nicht mehr laufen! Schließlich ist Russland nicht kommunistisch regiert. Die Haltung der EU gegenüber dem größten und rohstoffreichsten Land in Europa ist blamabel. Während… Mehr

Deutscher
2 Jahre her

„Deutschland kann in Konflikten mit China und Russland nicht neutral sein“

Was für „Konflikte“? Hab ich was verpasst? Wird schon wieder geschossen?

H.H.
2 Jahre her

Ohne die Amis und deren Computer- und Telekommunikationstechnolgie könnten Sie diesen Kommentar nicht einmal verbreiten!Und auch sonst nirgends wird von deutscher Seite der technologische Vorsprung der Amerikaner verkürzt – im Gegenteil. Nicht einmal die offensichtliche Tatsache, dass wir heutzutage von den Ciscos (und Huaweis, China) total abhängig geworden sind und absolut chancenlos in einem Cyberkrieg dastünden, treibt die dt. Regierung zum Handeln. Gleiches gilt für die EU: Sie gibt seit Jahrzehnten Forschungsgelder aus für das Internet von Übermorgen, aber wenn morgen das Projekt zu Ende ist und vollständig bezahlt worden ist, sucht man sich neue „Übermorgen“-Ziele aus – stets abgekoppelt… Mehr

Chris Groll
2 Jahre her

„Bis heute setzt man Deutschland nach Belieben unter Druck, egal welche Bürde das über Generationen hinweg bedeutet.“
Sehe ich nicht ganz so, In vielen Fällen setzt sich die deutsche „Gutmenschen“ Politik selbst unter Druck und das wird dann die nachfolgenden Generationen teuer zu stehen kommen, die die Kosten für alles tragen müssen (z.B. Namibia usw.)

Wolfgang Schuckmann
2 Jahre her

Als Stalin dem Westen Anfang der 50iger Jahre die Offerte unterbreitete, Deutschland genau so, wie Österreich zu neutralisieren, hatte Adenauer nichts anderes zu tun, als sich unter den „Schutzschirm“ der neuen Siegerfreunde zu begeben. Obwohl man genau wie die Schweiz oder Österreich ganz andere Handlungsoptionen gehabt hätte. So aber wurde eine monumentale Trennung unseres Volkes manifest. Schon zu diesem Zeitpunkt ging es nicht mehr um die „Freiheit“ Deutschlands. Es ging um die sich plötzlich auftuenden Möglichkeiten um dem Kommunismus die Spitze zu brechen, kurz dem Kapital den Weg in völlig unkannte Gefilde zu ebnen. Russlands politische Klasse der Bolschewiki hat… Mehr

jorgos48
2 Jahre her
Antworten an  Wolfgang Schuckmann

Die USA haben Geopolitische Interessen, so wie Russland und China auch. Die BRD hat keinerlei Macht und muss sich dem Hegemon anschließen, der ihr am politisch nächsten ist. Der Antikommunismus der Nazis wurde nach 45 Bruchlos von den USA mit den Wehrmachtsoffizieren der Aufklärung Fremde Heere Ost fortgesetzt. Als die UdSSR zusammenbrach wurden aus Roten Betriebsdirektoren ganz gewöhnliche Oligarchen, die sich von Oligarchen aus den USA durch nichts unterschieden. Der kommunistische Machtapparat benannte sich um, die Autoritären Machthaber blieben. Die BRD versucht sich aus der Abhängigkeit von den USA etwas zu distanzieren. Die wirklich Mächtigen Wirtschaftsführer wie Soros und andere… Mehr

Wolfgang Schuckmann
2 Jahre her
Antworten an  jorgos48

Na da rennen Sie bei mir aber offene Türen ein. Nichts anderes hätte ich bei mehr Tiefenschärfe geschrieben aber langsam kommt bei zu viel Genauigkeit das Gefühl von Angst auf, auch um die, die man zur Familie rechnet. Deshalb bitte ich um Nachsicht für das Weglassen der Dinge, die Sie so treffend nachgelegt haben.

Axel Fachtan
2 Jahre her

Die deutschen und die amerikanischen Interessen sind nicht deckungsgleich. Waren sie im „Kalten Krieg“ nicht und sind sie auch heute nicht. Irgendwann in Zwischenkriegszeit kam mal der Spruch auf „Mourir pour Dantzig?“ Für Danzig sterben ? Wollten die Franzosen wohl nicht. Sterben für die Krim ? Liegt wohl auch nicht im deutschen Interesse. Amerika hat in der Ukraine kräftig gezündelt. Und Putin hat darauf eine Antwort gefunden, die dieser amerikanischen Zündelei vorläufig ein Ende gesetzt hat. Solidarität mit den Brandstiftern fordert Herr Kornblum hier aber vergebens ein. Die Amerikaner sind mit ihren „orangenen Revolutionen“ weitgehend gescheitert. Was es braucht ist… Mehr