Scholz oder Schulz ist schnurz

Überall in Europa haben die sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien an Zustimmung eingebüßt. Manche sind fast oder gar vollständig verschwunden. Sagt Olaf Scholz.

Hamburgs Erster Bürgermeister wirft als erster seinen Hut in den Ring für die Nachfolge von Martin Schulz. „Keine Ausflüchte! Neue Zukunftsfragen beantworten! Klare Grundsätze!“ lautet der gewaltige Titel seines endslangen Textes auf seiner Homepage. Man liest und liest und findet nicht, was anders wäre bei Scholz als bei Schulz. Halt da ist ein Satz, der neugierig macht:

„Deutschland war immer erfolgreich, wenn es auf den technischen Fortschritt gesetzt hat. Wirtschaftlicher Erfolg wird auch in Zukunft nur so möglich sein.“

Suche bis zum Ende, dann noch mal von vorn, nein, ich täusche mich nicht und staune – das ist wirklich alles zum überfälligen Update des Landes. Wie der wirtschaftliche Erfolg in die Zukunft verlängert, wiederbelebt, erleichtert, ermöglicht werden soll: kein einziges Wort. Nur wie der Erfolg verteilt werden soll. Davon aber jede Menge heiße Wortluft.

Als die SPD noch mit der Industrie über das Bindeglied der Gewerkschaften kooperierte, fuhr sie in der Tat ihre besten Wahlergebnisse ein. Überhaupt, so lange die Gewerkschaften die SPD führten, war es noch die sozialdemokratische Arbeiterbewegung. Seitdem die SPD die Gewerkschaften führt, geht es mit der gemeinsamen Bewegung abwärts. Dann kamen die Grünen, und die SPD konkurriert mit ihnen seither um die Wirtschafts-gängeldendere Politik. Der Schröder’sche Rückfall in Großwirtschafts-Freundlichkeit der Agenda 2010 brachte die SPD noch einmal in die Kanzlerschaft. Das bescherte ihr aber auch die Partei Die Linke. Nun konkurriert die Restsozialdemokratie mit beiden Abspaltungen um die unwirksameren sozialpolitischen Techniken. Doch das kann die CDU nicht erst seit Merkel besser, das begann schon bei Kohl.

Wenn Olaf Scholz an die Zeiten erinnert, als die SPD noch auf den technischen Fortschritt setzte, erinnert mich das, die SPD führte die unkritische Atomstromlobby an, das hat etwas Nostalgisches. Diese Zeiten kommen nicht wieder. Die globale Industrie braucht keine Sozialdemokraten, sie hat die EU als ihre Agentur und in Berlin die EU-Außenstelle Bundesregierung. Mit Jamaika würde das globale Bündnis von Grünen aller Farben und Konzernen perfekt. NGOs und Konzernmanager haben das globale Netz bis in die letzten Verästelungen der EU und der UN samt ihren Unterorganisationen dicht geknüpft und das Tarnnetz noch dichter. Eine globale Mandarinenkaste der Funktionäre zieht die globalen Fäden (wo bleiben die Recherche-Netzwerke? Und für die VTler: Nein, Soros und Co meine ich nicht).

Herr Scholz, wenn dieser lange Bandwurmtext ihre Bewerbung ist, dann kann es auch Herr Schulz bleiben. Eine andere Scholz’sche Passage darf ich dem Leser nicht vorenthalten, denn wer weiß, ob er bis zu diesem so weit hinten noch durchhält:

„Überall in Europa haben die sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien an Zustimmung eingebüßt. Manche sind fast oder gar vollständig verschwunden.“

Das stimmt, Herr Scholz. Bei Befolgung Ihres Textes ist das nicht nur der Befund, sondern die Prognose.

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Kommentare ( 38 )

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Eysel
6 Jahre her

Darf ich mal ganz böse sein?
Die WIRKLICHEN Themen der Sozialdemokratie sind längst und erfolgreich abgearbeitet. – Mit dem in tausend hanebüchenen Gewändern und äusserst „gequält“ immer wieder aufgefrischten Narrativ der Gründerjahre „der geknechtete Arbeiter hat kein Geld um sein krankes Kind zum Arzt zu bringen“ ist schon länger kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Nicht einmal mit dem „niedrigsten“ aller Argumente: Dem Neid. –

Renate Weiler
6 Jahre her

100%-Schulz steht schon wieder zur Debatte?!
Wieso denn das? Er ist doch der 100%-Schulz.

Ruhrpottlerin
6 Jahre her

Wissen Sie was ich an Herrn Scholz so mag? Es ist seine Unaufgeregtheit. Ich finde das beruhigend. Leider hat er keine politische Ausrichtung, denn die SPD ist keine. In der AfD fände ich ihn toll.
Man darf ja mal träumen.

hasenfurz
6 Jahre her

Wer, außer verstandesmäßig völlig entrückten Menschen und „Radfahrern“ in SPD-Hierarchien würde von SPD-Politikern auch nur noch einen Drops kaufen?

Wickelt die SPD endlich ab, und CDU, Grüne, FDP , Linke, alle Blockparteien gleich mit, alles derselbe Besch.ß auf unsere Kosten! Hat sich lange überlebt dieses verlogene , undemokratische und intransparente System, in dem hinter den Kulissen alles lange entschieden ist! Weg damit! Direkte Kandidaten, Direktwahl, Regionen, direkte Demokratie, Politik vollständig zur Verantwortung ziehen durch eigene / Bürger-Mitarbeit, Berufspolitik abschaffen!

Marc Hofmann
6 Jahre her

Wer Merkel als Kanzlerin hat, der braucht in Zukunft weder eine SPD, die Linke noch die Grünen, noch eine CSU oder FDP mehr! Das Programm bleibt Alternativlos mit Merkel. Die AfD steht als einzige Partei gegen Merkel! Die CSU und FDP legen sich lieber im Merkel ins Bett als diese Frontal in der Opposition anzugreifen…Merkel hätte dann nämlich nur mit einer Minderheitsregierung an der Macht bleiben können bzw. Merkel hätte endgültig hinschmeißen müssen….aber so verlängert die FDP und die CSU die Merkel Kanzlerschaft nur noch unnötig länger und damit auch das Leiden der Deutschen und Europäer.

gymmat
6 Jahre her

Lieber Herr Goergen. Haben Sie noch die Bundestagsrede eines Loriot im Kopf? Wenn ich dem internet glauben darf, ist sie angeblich bereits von 1972! Haben Sie also ERNSTHAFT erwartet, dass eine Scholz’sche Abrechnung mit der eigenen Partei anders klingen würde als diese Persiflage? Nun, von ALLEN anderen Funktionären irgendwelcher Parteien erwarte ich seit Jahrzehnten allerdings auch nichts anderes. Es zieht sich eben ein dunkelrot gefärbter, schwarz und mittlerweile grüner Faden durch die politische Geschichte dieser eigentlich noch immer jungen Republik. Gänzlich losgelöst von Kriegen und/oder grösseren Revolten. Meine Diagnose: Übersättigung mit einher gehender Lähmung des Hirnes. Meine Behandlungsempfehlung: zehn Jahre… Mehr

Illusionslos
6 Jahre her

“ Die NGOs und Konzernmanager haben das globale Netz bis in die letzten Verästelungen der EU und UN samt ihrer Unterorganisationen dicht verknüpft und das Tarnnetz noch dichter.“ Herr Goergen, da haben Sie sicher recht, aber wo ist das Häufchen der Aufrechten, das noch für Deutschland und Europa denkt , das noch Verantwortungsbewußtsein hat und dieses Land nicht kampflos aufgeben will ? Wo ist da noch ein Licht am Ende des Tunnels ? Meine Lebensuhr läuft langsam ab, aber ich würde gerne noch erleben, dass jemand die Reißleine zieht und ich nicht umsonst mitgeholfen habe, dieses Land wieder aufzubauen. Mit… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Lovely! Kurz zusammengefasst heisst das: Schulz oder Scholz, kein Plan, sondern mehr des selben! (unter der ggw. Nachrichtenlage). Tolle Aussichten re „Erneuerung“. Das Projekt 18 der SPD (bzw. weniger) ist auf gutem Weg. Die „Kompetenz“ der Fraktionsvorsitzenden (nicht nur die verbale) verspricht dasselbe.

Poco100
6 Jahre her

Ja wo ist der Unterschied ? Ganz klar in der Mitte, aber ob o oder u ist eigentlich eher……wen interessiert das wohl ????? Ja Herr Goergen, Sie haben Recht, neueste Mode in Europa seit einiger Zeit „Abschmiren der Sozis“, schlimm u. wirklich „fou à lier“ der Absturz d. Sozialisten in Frankreich……..wäre ein Vorbild für die SPD, vielleicht…. PS: es gab eine Zeit, da hatte die SPD vernünftige Politiker, sie waren eine Partei für das Land, den kleinen Mann u. für Stabilität. Aber Leute wie Karl Schiller, Georg Leber, Annemarie Renger, Willi Brandt Herbert Wehner und Helmut Schmidt gibt es bei… Mehr

Arthur Firmus
6 Jahre her

Deutschland ist viel moderner Geworden. Langsam wird schon bei uns, so wie überall in der Welt.