München: Explosionen und Suizid – Polizei geht von Familiendrama aus

Am Nachmittag informiert die Polizei über den aktuellen Ermittlungsstand: Sie vermutet ein Familiendrama hinter den Schüssen und dem Brand im Münchner Norden mit zwei Toten und mehreren Verletzten. Ein linksextremes Bekennerschreiben scheint auf Trittbrettfahrer zurückzugehen.

picture alliance / CHROMORANGE | MICHAEL BIHLMAYER

Professionell kurz und knapp war das 9. Lageupdate der Münchner Polizei um 15:42 Uhr: „Die polizeilichen Maßnahmen auf der Theresienwiese sind abgeschlossen. Die Gefahrensituation hat sich nicht bestätigt. Das Oktoberfest öffnet um 17:30 Uhr.“

Zuvor hatte ein blutiges Familiendrama am Mittwochmorgen München in Angst und Schrecken versetzt. Nach ersten Ermittlungen geht die Polizei davon aus, dass ein 57-jähriger Mann im Stadtteil Lerchenau im Münchner Norden sein Elternhaus in Brand setzte, wohl seinen 90-jährigen Vater erschoss und seine 81-jährige Mutter (Polizei: „Deutsche Staatsangehörige“) sowie seine 21-jährige Tochter, eine deutsch-brasilianische Staatsangehörige, schwer verletzte. Er selbst starb wenig später am Lerchenauer See offenbar durch Suizid.

Der Tatverdächtige führte zudem einen Rucksack mit sich, in dem sich nach jetzigem Stand eine Sprengvorrichtung befand, die zunächst entschärft werden musste. Der 57-Jährige verfügte weder über waffen- noch sprengstoffrechtliche Erlaubnisse, so die Polizei.

Die Tat hatte weitreichende Folgen: Weil der Täter in einem Schreiben mit einem Sprengstoffanschlag auf das Oktoberfest drohte, blieb die Wiesn bis voraussichtlich 17:30 Uhr geschlossen.

Schon früh allerdings hatte die Polizei kommuniert: „Aktuell gibt es keine Hinweise, dass an anderen Orten in München eine Gefahr besteht.“

So verlief der Tag in München:
Gegen 4:30 Uhr hören im Münchner Stadtteil Lerchenau Anwohner Explosionen und Schüsse.

Um 4:40 Uhr werden Polizei und Feuerwehr alarmiert: Ein Einfamilienhaus steht in Flammen, drei Autos brennen in der Umgebung.

Kurz nach 5:00 Uhr bergen Einsatzkräfte den 90-jährigen Vater aus dem Haus. Zunächst heißt es, er sei erschossen worden. Die 81-jährige Mutter und die 21-jährige Tochter sind schwer verletzt, werden in Krankenhäuser gebracht. Eine weitere Frau wird zunächst vermisst.

Gegen 6:00 Uhr wird am Lerchenauer See die Leiche des mutmaßlichen Täters gefunden. Er hat sich offenbar selbst erschossen. Im Rucksack wird eine Sprengvorrichtung entdeckt.

Kurz nach 7 Uhr ruft die Polizei dazu auf, den Stadtteil Lerchenau weiträumig zu umfahren. Die S-Bahnen halten nicht an den beiden Haltepunkten in der Umgebung. Buslinien werden gestrichen. Eine Schule in der Nähe bleibt gesperrt.

Am Vormittag entdecken Spezialkräfte im zerstörten Haus in der Lerchenau mehrere Sprengfallen sowie Handgranaten mit Stolperdraht. Die Entschärfung beginnt.

Die Polizei geht relativ rasch von einem Familienstreit aus: „Nach aktuellem Kenntnisstand wurde das Wohngebäude im Rahmen eines Familienstreits vorsätzlich in Brand gesetzt.“

Für besondere Dramatik sorgt ein Schreiben, das der Täter hinterließ. Inhalt: eine Drohung gegen das Oktoberfest. Deshalb wird das Festgelände früh gesperrt und bis mindestens 17 Uhr geschlossen gehalten. Besucher und Mitarbeiter müssen das Gelände verlassen. Auf der Theresienwiese und in den Festzelten finden systematische Durchsuchungen mit 25 Spürhunden statt – bislang ohne Ergebnis.

Um 11:04 Uhr wird das städtische Warnsystem offiziell ausgelöst, die Katastrophenschutz-App sowie Sirenen warnen. Grund: parallele Funde von Sprengsätzen und ein weiteres angebliches Bekennerschreiben.

Um 11:52 Uhr stürmt ein SEK die Wohnung des Täters in Starnberg. Die Umgebung wird weiträumig abgesperrt.

Um 12:00 Uhr bestätigt die Polizei: Der Täter ist Deutscher (57) mit Wohnsitz in Starnberg. Es gibt keine Hinweise auf Gefahren an anderen Orten in München.

Bis ca. 13:00 Uhr durchsucht die Polizei Zelte auf der Wiesn. Verdächtiges wird nicht gefunden.

Um 14:00 Uhr bestätigt die Polizei: Das Oktoberfest bleibt bis mindestens 17 Uhr geschlossen. Die Theresienwiese wird weiterhin mit Spürhunden abgesucht.

Gegen 16 Uhr teilt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mit: Die Wies’n wird ab 17:30 Uhr wieder geöffnet.

Für zusätzliche Verwirrung sorgte ein anonymes Schreiben, das am Vormittag auf der linksradikalen Plattform „Indymedia“ erschien – allerdings erst, nachdem die ersten Nachrichten im Umlauf waren. Auf dieser Plattform kann jeder mehr oder weniger hanebüchene Texte veröffentlichen. Etwa klassenkämpferische Bekennerschreiben: „In den frühen Morgenstunden haben wir im Münchner Norden einige Luxuskarren abgefackelt.“ Doch die Authentizität darf bezweifelt werden, zumal im Stadtteil Lerchenau im Münchner Norden eher keine „Reichen“ wohnen.

Diese Ereignisse rufen in München historische Erinnerungen wach. Im Jahr 1980 war das Oktoberfest Ziel eines Bombenanschlags geworden, bei dem 13 Menschen ums Leben kamen und über 200 verletzt wurden. Damit ist das Oktoberfest in historischer Erinnerung als potentielles Ziel von Anschlägen verankert. Städtische Sicherheitskonzepte sehen daher jährlich Kontrollen mit Sprengstoffhunden und ein mehrstufiges Sicherheitsradius-System vor.

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Kommentare ( 25 )

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Edwin Rosenstiel
2 Monate her

Was mir heute morgen auffiel, war ein „Kabelbrand“ am Flughafen Stuttgart, der den Flugverkehr beeinträchtigte. Kein Licht an der Landebahn – Kabelbrand legt Stuttgarter Flughafen lahmDer Flughafen hatte am Mittwochabend seinen Betrieb vorübergehend unterbrochen. Nach Angaben des Betreibers kam es in einem Betriebsgebäude abseits der Terminals zu dem Kabelbrand. Passagiere waren demnach nicht direkt von dem Feuer betroffen. Die Brandursache und das Ausmaß des Schadens seien noch unbekannt, sagte die Sprecherin. Genaues wurde nicht berichtet, aber mir fiel die Tesla Fabrik ein, sowie diverse Anschläge auf Bahnanlagen, wo Kabelschächte abgefackelt wurden. Mal sehen, was man uns da noch auftischt. Außerdem… Mehr

andreas
2 Monate her

Das Ganze stinkt zum Himmel. Wer dabei keinesfalls beteiligt sein DARF: die Antifa-Freunde von Fallbeil, Faeser, Esken und co. Sonst lässt vllt der gute Donald den sozi-Teil der Bundesregierung nicht mal mehr in die USA einreisen. Bei den Amis ist das Ende der Geduld erreicht, bei den deutschen Bürgern bald auch.

humerd
2 Monate her

 Nach der stundenlangen Sperrung des Oktoberfestes wegen einer Bombendrohung am Mittwoch bringt der Gastgewerbeverband Dehoga eine Verlängerung der Wiesn ins Spiel. Dies wäre auch ein Zeichen, dass man sich die Lebensfreude nicht verderben lasse, sagte Landesgeschäftsführer Thomas Geppert der dpa. “
Geschmackloser gehts nicht mehr. Das Familiendrama subtil in Richtung Solingen rücken wollen.

John Stier
2 Monate her

War der Mann Christ, Atheist, Hindu, Jude oder Buddhist?
Muslim wohl nicht, das wird dann ja immer erwähnt früher oder später.
Nun ja, seit 2015 ist man da zurückhaltender, aber in den Jahrzenten davor wurde es immer erwähnt wenn Täter Muslime waren, aber nur bei denen.

Fieselsteinchen
2 Monate her

Eine “waffen- und sprengstofftechnische Erlaubnis” hatte der Verdächtige nicht, logisch! Der Mann hat sich Handgranaten besorgt und Sprengfallen gebaut, für erstere braucht man eine gute Quelle, für letztere Sprengstoff und ein bisschen destruktive Fantasie. Dazu parallel ein Antifabekennerbrief, bemerkenswertes Timing. Aber alles hat nichts, na gar nichts miteinander zu tun und in Lerchenau stehen keine Luxus”karren” am Straßenrand. Ah ja! Dass sich die Antifa nicht an die AMG-Fahrer heranwagt, kann man verstehen. Es sind die Brüder im Geiste und werden die Antifanten schon so vermöbeln, dass sie nicht mehr wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind. Für den gemeinen Antifanten… Mehr

Lucius de Geer
2 Monate her

Das Familiendrama gab wohl willkommenen Anlass, den Ausnahmezustand zu proben. Die Story mit dem Drohbrief, den der Täter angeblich zurückließ, bevor er sich selbst erschoss, ist abwegig. Was die brennenden Autos mit der Sache zu tun haben sollen, ist ebenfalls völlig unklar. Schätze, man wird so etwas jetzt öfter sehen, bis die letzten Großvergnügungen gekillt sind. Auch so kann man die Verhältnisse einer Kriegswirtschaft mit extremen Einschränkungen im Alltag herbeiführen.

AnSi
2 Monate her

Sehen wir es positiv: dem normaldenkenden Menschen bleibt ein weiterer Fehltritt (oder sollte man sagen Wurstkonsum?) und Verbalunfall des Södolf erspart! Hat ja auch Vorteile 😉

babylon
2 Monate her

„München leuchtet“. Gladius Dei, das Schwert Gottes. Novelle von Th. Mann, 1902.

ChrK
2 Monate her

Zwei peripher damit zusammenhängende Gedanken: 1) In Kaufbeuren im Allgäu plus einigen Dörfern in der Umgebung gibt’s seit zwei Tagen Probleme mit’m Trinkwasser. Es wurde ein Abkochgebot erlassen, wovon 55.000 Menschen betroffen sind, welche nun Wasser horten wie vor fünf Jahren Klopapier und die bescheuerte Allgäuer Zeitung schreibt von einer „Stadt im Ausnahmezustand“, während sie einen Artikel drüber die schlechte Kommunikation auf der Wiesn am Samstag kritisiert. 2) „Um 11:04 Uhr wird das städtische Warnsystem offiziell ausgelöst, die Katastrophenschutz-App sowie Sirenen warnen.“ Eine Hysterie jagt die nächste. Als wär’s wie vor 81 Jahren im Münchner Bombensommer. Mit dem Unterschied, daß… Mehr

PaulKehl
2 Monate her
Antworten an  ChrK

Hat Putin mit Drohnen das Wasser vergiftet? Was sagen die Allgäuer Omis?

imapact
2 Monate her

Klang von Anfang nicht stimmig. Familiendrama, für das die Antifa die Verantwortung übernimmt? Allerdings, man muß sich einmal anschauen, welch ein linksextremer Brechdurchfall sich da im Kommentarbereich der ZEIT ergoß. Voll Häme und Genugtuung, da man auch dort durchaus an die Antifa- Version glaubte. Gegen „Reiche“, Oktoberfest, Bayern? Gerne doch.