Mit oder ohne FDP – das ist die Frage

Hugo Müller-Vogg beginnt seine Serie 100 Tage bis zur Bundestaswahl mit der Wahlkampfweisheit des Tages: Realisten wählen die Partei, die ihnen am wenigstens missfällt.

Die Uhr tickt. In 100 Tagen sollen die Wähler darüber entscheiden, welche Politik in den nächsten vier Jahren gemacht wird. Jedenfalls glauben sie das. In Wirklichkeit stellen die Bürger den Parteien Blanko-Vollmachten aus. Wer SPD wählt, kann einen Vizekanzler Schulz in einer neuen GroKo bekommen oder einen Kanzler Schulz mit Rot-Rot-Grün. Wer CDU wählt, weiß auch nicht, ob seine Stimme zur Fortsetzung von Schwarz-Rot oder zu einer Jamaika-Koalition aus CDUCSU, Grüne und FDP führt. Weil alle Parteien koalitionsmäßig nichts ausschließen, wird der Wahlschein bei dieser Wahl zum Lottoschein.

Nun gut, ein paar Ausnahmen gibt es: Alle Parteien versichern glaubwürdig, dass sie mit der AfD keine Regierung bilden wollen. Aber nur CDU/CSU und FDP schließen ebenso eindeutig eine Koalition mit der Linken aus. Ein kleiner Unterschied von großem Gewicht.

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Am 24. September kommt es zum liberalen Lackmustest: Ist im Bundestag (wieder) Platz für Freie Demokraten? Sollten Lindner & Co. scheitern, wäre das wohl das Ende des parteipolitisch organisierten Liberalismus in Deutschland.

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SPD und Die Linke versprechen den Rentner mehr Geld, viel mehr Geld; die Rechnung reichen sie an die Jungen weiter. Die CDU/CSU will dagegen im Wahlkampf erst gar nicht über die Rente reden. Ja wann, wenn nicht im Wahlkampf, ist die richtige Zeit um über die Renten zu streiten, und zwar heftig zu streiten? Schließlich heißt das, was uns in den nächsten 100 Tagen erwartet Wahl-KAMPF.

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100 Tage vor der Wahl sprechen alle Umfragen dafür, dass wir ein Parlament mit 6 Fraktionen, also einschließlich FDP und AfD, bekommen. Aber 100 Tage sind eine kleine Ewigkeit. Aktuell führt die Union mit 38 Prozent deutlich vor der SPD mit 24 Prozent. Es folgen FDP mit 9, Linke und Grüne mit jeweils 8 und die AfD mit 7 Prozent (www.Wahlrecht.de). Mitte März, also vor 100 Tagen, lagen CDU und SPD in allen Umfragen mit 31/32 Prozent noch gleichauf. In volatilen Zeiten wie diesen gilt mehr denn je: It ain’t over till the fat lady sings.

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Wahlkampfweisheit des Tages: Realisten wählen die Partei, die ihnen am wenigstens missfällt.

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Kommentare ( 43 )

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Zapatak
6 Jahre her

? Danke für den Tipp. Ich versuch es auch mal damit..

Andreas Schmidt
6 Jahre her

Wieso sollte die FDP bei Umfragewerten von >8% nicht in den Bundestag einziehen? Was soll diese Art von Berichterstattung? Bangen jetzt viele CDU/CSU-MdBs um ihre lukrative Diät?
Das hat man sich selbst und Frau Merkels CDU-Politik der letzten 4 Jahre
zuzuschreiben!

wayfour26
6 Jahre her

Geniessen Sie es.
Ich stelle mir vor wie es wäre, wenn Politiker uns als Hunde wahrnehmen würden. Wir hätten dieselben praktischen Mitentscheidungs-Befugnisse, aber würden gelobt, wenn wir mit dem Schwanz wedeln und Männchen machen. Statt dessen kommt man sich als Wähler eher vor wie eine Kuh oder Stier, der eingetrichtert wird, sie sei „zu inkompetent um die richtigen politischen Entscheidungen für das Land treffen zu können“. So werden „die Menschen da draussen gesehen“.

Hartwig Meier
6 Jahre her

Falsch, Realisten wählen genau die Partei, gegen die alle anderen kämpfen.
Denn sie sind anders als die Millionen Fliegen, die sich nur auf die Sch****haufen setzen…

Harry Krishna
6 Jahre her

Da ich ein bequemer Mensch bin (manchmal sogar ein fauler Sack) recycle ich einfach einen Kommentar vom 4.1.17: »(…)Die Feststellung, daß die bisherigen Parteien die heutigen Zustände zu verantworten haben und kaum selbst ändern werden, reicht aus um sich auch ohne Wut oder Protest für die AfD zu entscheiden. Ja, kaum zu glauben, aber man muß dazu noch nicht einmal ein national-konservativ-völkisch-antisemitischer Europagegner sein, auch kein gutmenschenfressender Rechtspopulist mit Neigung zu Rassismus und diversen Phobien. Als Kanzlerin ist Merkel logischerweise das prominenteste Ziel einer Opposition, besonders bei der desaströsen Bilanz ihrer bisherigen Regentschaft (Regierung kann man das seriöserweise nicht nennen).… Mehr

Pe Wi
6 Jahre her

Ach, wir haben Wahlkampf? Ich weiß jetzt nicht, wo es in Deutschland noch einen parteiorganisierten Liberalismus geben könnte. Die FDP ist es eindeutig nicht. Wenn es einen Wahlkampf in Deutschland gäbe, müsste die FDP doch ganz lautstark die Beschneidung der Meinungsfreiheit anprangern. Sie müsste etwas zur immer weiteren Absenkung der Bildungsmesslatte sagen. Sie müsste lautstark sich dazu äußern, wie unsinnig es ist, dass man ein Hochtechnologieland mit Analphabeten flutet. Ist das Thema der FDP nicht Recht? Sie müsste anprangern, dass der deutsche Rechtsstaat sich in eine Zweiklassen- und Kuscheljustiz verwandelt hat, dass reihenweise Gesetze gebrochen werden, dass unser GG nur… Mehr

Zapatak
6 Jahre her
Antworten an  Pe Wi

Sie bringen das Elend auf den Punkt. Diese „Wahl“ ist eine Farce, alle Grundfesten der BRD sind erschüttert, faire Wählen nicht mehr möglich, GG ausgehebelt, Gewaltenteilung ausgehebelt, systematische Gewalt gegen die einzige Oppositionspartei und gleichgeschaltete Presse. Wie blöd muß man sein, da überhaupt noch hinzugehen? Das ist eine reine Folklore-Veranstaltung, kann man vergessen.
Auch wenn ich die tapferen, guten Leute von der AfD schätze, ich könnte es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, mich für so eine sinnloses, abgekartetes Spiel noch herzugeben. So bewahre ich einen Rest Würde vor mir selbst.

Pe Wi
6 Jahre her
Antworten an  Zapatak

Würde ist gut, nützt aber nichts, wenn alle so denken, und es die einzige oppositionelle Partei nicht in den BT schafft. Dann wird auf unserer Würde getrampelt. Ich lese gerade Michel Houllebecqs Unterwerfung. Dort ist das kommende Szenario gut skizziert. Niemand darf sich dann mehr sicher fühlen. Es sei denn, man hat die Gnade der frühen Geburt.

Luisa
6 Jahre her

Danke für den Weckruf „100 Tage“, Die erste Wahlkampfweisheit gefällt und ist notiert.

Micci
6 Jahre her

Diese Wahl macht es leicht, sich zu entscheiden.
Man könnte auch gleich vereinfachte Wahlzettel mit nur zwei Ankreuzmöglichkeiten ausgeben, eine Einschränkung der Wahlfreiheit dadurch wäre vernachlässigbar.
Möglichkeit 1: Weiter so.
Möglichkeit 2: F*** you!

Michael H.
6 Jahre her

DEUTSCHLAND BRAUCHT WIEDER EIN GEWISSEN! Deshalb wählt der aus dem Libanon stammende Filmemacher #ImadKarim die #AFD …und ich auch! Imad Karim schreibt auf Facebook; …………….. Ich bin immer noch in keiner Partei! Deutschland geht es heute schlechter als vor einem Jahr und ihm wird es in den kommenden vier Jahren noch schlechter, viel schlechter gehen. Merkel wird wiedergewählt und sie wird nach den Wahlen ihr Familiennachzugsprogramm fortsetzen. Bis zu den Wahlen 2021 werden mindestens vier bis fünf Millionen Menschen mit überwiegend antidemokratischem und antifreiheitlichem Weltbild nach Deutschland kommen. Ob der Rechtsstaat und das Wohlfahrtsystem das überstehen werden, bezweifle ich sehr.… Mehr

Randall Flagg
6 Jahre her

Yeah, noch 100 Tage bis die Deutschland Abschaffer wieder fest im Sattel sitzen und sich endlich wieder einen Dreck um die scheren können, denen sie ihre Posten und Gehälter verdanken.
In denen sie uns endlich einige Rechnungen präsentieren können, die sie jetzt noch verschweigen.
Und dann können sie auch endlich das Gesäusel sein lassen und gegen jeden vorgehen, der eine andere Meinung vertritt..
Ob die FDP zu jenen gehört, die dann auch am Unglück mitwirken können, ist da eigentlich eher eine Nebensache.