Christian Lindner will Steuern senken – aber nur für Ausländer

Die Steuern in Deutschland sind zu hoch, Arbeit ist nicht mehr attraktiv. Deswegen will Finanzminister Christian Lindner die Steuern senken – aber nur für Ausländer. Für Deutsche steigen die Abgaben weiter.

IMAGO / Political-Moments
Leistung lohnt sich in Deutschland nicht. Ob eine Familie 3500 oder 5500 Euro im Monat brutto verdient, macht eigentlich keinen Unterschied im verfügbaren Geld. Netto bleiben den Familien bestenfalls 200 Euro mehr übrig. In manchen Fällen erhält sogar weniger ausgezahlt, wer mehr verdient. Das hat das Ifo-Institut jüngst errechnet. Für Fachkräfte ist Deutschland daher ein Standort zum Davonlaufen.

In der Pflege wirbt Deutschland gezielt Arbeitnehmer im Ausland an. Etwa in Südamerika. Doch dort hat die Pflegeausbildung ein hohes Niveau und wird entsprechend bezahlt. Nach Deutschland zu gehen – mit seinen niedrigen Nettolöhnen – ist für Fachkräfte daher uninteressant. Sie können bei ihren Familien und Freunden bleiben und dabei gut verdienen. Wer nach solchen Werbeaktionen nach Deutschland wechselt, das sind oft die schlecht ausgebildeten, die in ihrer Heimat keine Perspektive auf ein gutes Einkommen hätten. Weder netto noch brutto.

Um die gut ausgebildeten Fachkräfte anzulocken, will Finanzminister Christian Lindner (FDP) daher „Rabatte“ einführen. Das Konzept hat er vor der Hayek-Stiftung in Berlin vorgestellt. Wobei Rabatte wie schon zuvor „Sondervermögen“ oder „Zivilgesellschaft“ wieder mal nur eine Mogelpackung sind. Es geht um eine Steuersenkung. Lindner will für ausländische Fachkräfte die Steuern senken, weil sich Arbeiten in Deutschland sonst nicht lohnt.

Darin gibt ihm das Ifo-Institut grundsätzlich recht. Die hohen Steuern nehmen den Arbeitnehmern die Anreize, sich ins Zeug zu legen. Das führt dazu, dass trotz Fachkräftemangel immer mehr Deutsche immer kürzere Arbeitszeiten wollen. Was selbst „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) bereits als Problem anerkannt hat. Die Logik dahinter ist klar: Wenn ich das Geld für den fünften Tag in der Woche eh nicht behalten kann, bleibe ich an diesem fünften Tag lieber zuhause und mache es mir nett.

Lindner hat recht, wenn er sagt, dass Deutschland dringend niedrigere Steuern braucht. Nur eins hat der Finanzminister dabei vergessen: Das gilt für alle. Auch für deutsche Arbeitnehmer. Mit oder ohne Migrationshintergrund. Mit oder ohne deutschen Pass. Wie stellt sich das Lindner sonst in der Realität vor? Will er zu Kollegen X gehen und sagen: Für so wenig Geld netto ist deine Arbeit unzumutbar, deswegen lassen wir deinem Kollegen Y demnächst mehr Geld übrig. Du machst aber die gleiche Arbeit für das gleiche Geld weiter. Wobei nein: Seit dem Sommer zahlst du mehr für die Pflegeversicherung, zum Jahreswechsel mehr für die Krankenkasse und in zwei Jahren mehr für die Rente. Aber sei schön fleißig, wir brauchen dein Steuergeld. Es ist schon verplant für Radwege in Peru, grüne NGOs und mein Dienstwagen fährt auch nicht mit Luft und Liebe. Schöne Ansprache. Es gibt Gründe, warum der FDP der Rauswurf aus dem Bundestag droht.

Selten hat ein Finanzminister Arbeitnehmer mit seiner Botschaft derart demotiviert wie Christian Lindner: Eure Arbeitsbedingungen sind unzumutbar, macht weiter so – sorgen tun wir uns nur um Zugezogene. Der Arbeitgeberverband Pflege hält den Vorschlag des FDP-Chefs für wenig zielführend: „Wie erklären wir dem Fachpersonal aus Magdeburg, dass sie effektiv weniger verdienen sollen als der Kollege aus Tunesien?“ Der Arbeitgeberverband fordert niedrigere Steuern für die gesamte Pflegebranche. Allerdings wären auch niedrigere Steuern für alle Arbeitnehmer eine Idee. Wenn sich Leistung für sie wieder lohnt, könnten sie mutmaßlich damit leben, auf Radwege in Peru und noch mehr grüne NGOs verzichten zu müssen.

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Kommentare ( 127 )

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schwarzwaldmaedel
1 Monat her

Hier in D werden derzeit und in kürzester Zukunft reichlich Fachkräfte „frei gesetzt“. Firmen verlagern ihren Standort ins Ausland, bzw. hören einfach auf. Warum muß man dann noch Leute aus dem Ausland anwerben? Wo sollen diese Leute eine Wohnung mieten können? Der Markt ist leer gefegt. Hier in HH wird zwar neu gebaut, der qm € 20,00 Kaltmiete.

Waehler 21
1 Monat her

Zunächst hat Deutschland ein Imageproblem. Man stelle sich vor der Präsident von Bayern München erklärt, dass er dem Verein nichts abgewinnen kann und ihn auch nicht leiden kann. Gut bezahlt werden dann nur noch Leute, die gegen diesen Verein arbeiten. Das hat keine Zukunft und lockt daher nur die Menschen an, die nicht Fußball spielen können, die aber, die eine langfristige Perspektive suchen machen dann einen Bogen um diesen Verein. Jetzt tauschen sie diesen Verein gegen unsere Gesellschaft, die von höchster Stelle täglich Abwertungen erfährt. Würde sie Fan von einem Verein werden der sich selber schlecht redet und macht und… Mehr

Waldorf
1 Monat her

Ob man die staatlichen Transfers Bürgergeld, bedingungsloses Grundeinkommen, Existenzsicherung oder sonstwie nennt, ist im Grunde völlig egal, wie immer zählt nur die Realität im Portemonnaie. Grundrechenarten beherrschen vermutlich alle, die noch Bezug zu so etwas Triviales wie Geld besitzen. Was habe ich/bekomme ich, wenn A, B oder X? (für Arbeiten, „Bürgergeld“ oder politisches Fantasialand) Grob gesagt heißt „Transfersystem“ knapp 600€ plus Wohnkosten inklusive aller Nebenkosten, also auch den politisch brisanten Heizkosten. Je größer der Haushalt, die Familie, umso höher die staatlichen Zahlungen ohne Obergrenze. D.h. ganz einfach, dass sich für Einzelpersonen oder kleine Familien Arbeit nicht lohnt, die unter 600€+Wohnkosten… Mehr

IJ
1 Monat her

Ich habe vor vielen Jahrzehnten Volkswirtschaftslehre studiert. Einer meiner Professoren erklärte stets, einer guter Volkswirt zeichne sich durch ein ausgeprägtes Denken in Anpassungsreaktionen aus, wie ein Schachspieler, der mehrere Züge voraussieht. Allerdings nicht mit dem Schachbrett als Spielfeld, sondern der gesamten heimischen Volkswirtschaft oder gar der Weltwirtschaft. Wie lautet nun die voraussehbare Anpassungsreaktion auf eine steuerliche Begünstigung von ausländischen Arbeitnehmern bei gleichzeitiger Benachteiligung der inländischen Arbeitnehmer? Es ist durchaus wahrscheinlich, dass zunächst mehr hoch-qualifizierte ausländische Arbeitnehmer nach Deutschland kommen würden, vorausgesetzt, die Anreize sind hoch genug. Aber genauso wahrscheinlich ist es, dass noch mehr hoch-qualifizierte junge Deutsche dieses Land auf… Mehr

Last edited 1 Monat her by IJ
Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  IJ

Richtig. Man könnte ja auch den jungen Berufseinsteigern eine Erleichterung gewähren.
Das ist die Zeit, wo Möbel gekauft werden, Kinderausstattung, Garderobe für den Beruf. Es werden Portfolios für die Rente angelegt.
Das wäre auch nachhaltig, denn so hätten die jungen Menschen Geld, sich bessere Möbel und Garderobe zu kaufen, statt auf etwas schnelles, vergängliches zurückgreifen zu müssen, nur um es später zu ersetzen.
Bei den Ausländern, die keine Berufsanfänger sind, könnte man die einbehaltene Steuer zurückzahlen, wenn sie lange genug in DE bleiben und nicht nur den Steuerrabatt nutzen, sondern ihren Lebenspunkt hierher verlagern.

Timur Andre
1 Monat her

Ziel Fachkraefte anwerben, ist nun mal ein harter internationaler Wettbewerb.
Warum kommen wenige (arbeite in der Techbranche): hohe Abgaben und undurchdringliche Verwaltung, dazu wenig Wohnraum, schlechte Infrastruktur.
Abschliessend, Inder kommen nicht gerne, da sie mit vielen anderen verwechselt, und oft auch nicht besonders freundlich behandelt werden. Diese Inder (Pakistani etc) können es sich aber aussuchen!
Die Katze beisst sich in den Schwanz, hohe Abgaben auch weil wir 50-90 Milliarden (10%) für Fluechtlinge ausgeben, wenig Wohnraum (Fluechtlinge), wenig Toleranz (Fluechtlinge insbesonders die ohne Benehm)
Wir koennen es uns aussuchen, so weitermachen mit Fluechtlinge oder aber Fachkraefte.

Last edited 1 Monat her by Timur Andre
Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  Timur Andre

Ich fürchte, in der Techbranche sucht man nicht in Afrika oder Westasien, sondern in den Ländern, die bereits über nennenswerte Technologien verfügen. Das sind friedliche Gesellschaften, die vielleicht politisch mehr Freiheit haben könnten oder auch etwas mehr zahlen, aber es sind im Grunde hochentwickelten Gesellschaften. Es ist nicht ganz so einfach, jemand aus deren Struktur – Familie, Freunde, Kultur, Mentalitat, vielleicht Vermögen – auszureißen und nach DE zu bewegen. Dort, wo Menschen nichts zu verlieren haben – Sudan? – findet man leider keine Techis. Es ist daher nicht nrichtig zu behaupten, heutige „Flüchtlinge“ könnten auch als Techis oder andere Fachkräfte… Mehr

Fatmah
1 Monat her

Wenn ich mit Sonderprämien auf 5000€ Brutto komme, habe ich grad 2600€ netto, das entspricht wahrscheinlich gradmal dem monatlichen „Kleidergeld“ der Ministernden. Und von den 2600€ zahle ich auch noch 80% Steuern auf Sprit und Strom, eine „Demokratieabgabe“ obwohl ich nicht Fernsehen schaue usw. Dagegen waren die Raubritter noch Human. Oder darf man das nicht sagen, Frau Fäser?

Wolfgang Richter
1 Monat her

Die staatlichen Raffkes arbeiten doch auf allem möglichen Ebenen. In unserer NRW-20 000 – einwohner-Gemeinde im „Rheinisch-Merkwürdigen-Kreis“ mühen sich die Gemeindegranden seit mehreren Jahren mit der Planung der SANIERUNG der Gesamtschule ab. Der Kostenrahmen veränderte sich von ursprünglich mal ca. 12 Millionen Euronen, über 25 M, ca. 45 M, ca. 60 M ++ auf nunmehr wundersame 94 Millionen Euronen. Und der Finanzierungsplan dieser Geistesgrößen sieht aktuell eine entsprechende Schuldenaufnahme und Abzahlung über 60 Jahre mittels x 2 / 2,5 oder auch x 3 der Grundsteuer vor, was zB bei aktuell (nach noch alter Berechnung) ca. 700 Euronen / Jahr auf… Mehr

Jens Frisch
1 Monat her

 „Wie erklären wir dem Fachpersonal aus Magdeburg, dass sie effektiv weniger verdienen sollen als der Kollege aus Tunesien?“
Mmmh, vielleicht mit dem „melanin pay gap“ oder den „Reparationen“, die der deutsche Arbeitnehmer dem Afrikaner generell schuldet?
Allein das ein deutscher Minister solch einen Gedanken hat – geschweige denn, dass er ihn öffentlich äußert…. mir fehlen dazu die Worte!

nachgefragt
1 Monat her

Nicht ganz. Man kann in der Richtung schon etwas machen. Ein Angebot an Fachkräfte die vorübergehend kommen wollen. Nur anders:

Man könnte die Lohnnebenkosten auf ein Minimum reduzieren. Minimale Krankenversicherung, keine Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung. Freiwillige Arbeitgeberleistung für Versicherung im Herkunftsland. Differenzbetrag wird ausgezahlt. Alles unter dem Vorbehalt der Nachzahlung bei dauerhaftem Aufenthalt. Ansonsten Arbeitsvertrag für 5 Jahre, Aufenthaltsrecht an Arbeit gebunden. Vertragliche Zusicherung eines zur Heimat alternativen sicheren Abschiebelandes.

Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  nachgefragt

Theoretisch ja, aber dann gibt es ein Kind.
Damit wird man ein Problem haben, es mit den Eltern abzuschieben, weil es überall hinter der Grenze so schrecklich ist.
Und dann hat man einen Härtefall.
Würden unsere Abschiebungen heute gut funktionieren, wäre das ein guter Plan, aber wenn wir selbst abgeschobene zurückholen, ist es kein Weg für DE.

Gerhart
1 Monat her

Eine interessantere Frage als dieser Humbug wäre, warum die Bundesregierungen den Bürgern nicht mehr von ihrem Geld zugestanden haben ( von einer Mehrwertsbeteiligung oder Friedensdividende wollen wir mal gar nicht reden ) ?
Immerhin wirken die ja in die Gemeinden und Familien rein.
Vielleicht ist das ja gar nicht erwünscht ,weil am anderen Ende der EU der Mindestlohn bei 3 oder 4 Euro liegt ?

Last edited 1 Monat her by Gerhart