Junge Union fällt – Friedrich Merz erhält die „Kanzlermehrheit“

Der Bundestag hat dem schwarz-roten Rentenpaket zugestimmt. Zwar gab es Abweichler, aber Friedrich Merz erhielt die von ihm geforderte „Kanzlermehrheit“. Mit anderen Worten: Die Junge Union ist gefallen.

picture alliance/dpa | Elisa Schu
Mitglieder der „Jungen Gruppe“, Johannes Winkel und Pascal Reddig, Berlin, 05.12.2025

Nur 597 von 630 Abgeordneten stimmten zum Rentenpaket der Regierung Friedrich Merz (CDU) ab. Von ihnen gaben 319 dem Paket ihr Ja, 225 Abgeordnete stimmten mit Nein und 53 Abgeordnete enthielten sich. Damit hat Merz die von ihm geforderte „Kanzlermehrheit“ erhalten. CDU, CSU und SPD hätten sich auch dann durchgesetzt, wenn die Linke gegen sie gestimmt hätte, statt wie angekündigt die Kanzlerschaft von Friedrich Merz zu retten. Die Auswertung, welcher Abgeordnete wie abgestimmt hat, folgt noch.

Die Junge Union ist mit diesem Beschluss gefallen. In den jüngsten Wochen bekam sie viel Aufmerksamkeit für ihren Kampf dagegen, dass ihre Generation immer mehr in ein System einzahlen muss, aus dem sie immer weniger herausbekommen wird. Noch am Montag überzeugten die „Rentenrebellen“ Journalisten mit einer Erklärung davon, dass die 18 „jungen Abgeordneten“ ihren Widerstand gegen das Rentenpaket durchhalten würden. Davon ist nichts übrig geblieben.

Probeabstimmung in der Fraktion
Rentenpaket: Die Junge Union ist gefallen
Pascal Reddig darf als Wortführer der „Rentenrebellen“ reden. Aber erst gegen Schluss der Debatte. Dabei redet kein anderer Abgeordneter so präzise über die Probleme wie er: Allein das künstliche Halten des Rentenniveaus koste in dieser Wahlperiode weitere 120 Milliarden Euro. Geld, dass der Bund nicht habe. In wenigen Jahren drohe dessen Haushalt eine „Versteinerung“. Kommende Regierungen werden also nur noch Geld ausgeben können für Pflichtausgaben wie Schuldendienst und Verteidigungskosten. Weiteren Spielraum werden sie nicht mehr haben. Die Regierung Merz macht laut Reddig damit weiter, womit seine Vorgänger schon begonnen hätten: verbindliche Kosten beschließen und auf unverbindliche Reformabsichten verweisen.

Laut Reddig müsse die Regierung Merz drei wichtige Punkte umsetzen: die Schuldenorgie nicht fortführen. Die Wirtschaft stärken, statt Arbeitgeber zu bekämpfen und echte Reformen einleiten. Wer würde ihm da widersprechen? Inhaltlich. Nur: Bevor die Linke zugesichert hat, Friedrich Merz die Kanzlerschaft mit Enthaltung in der Rentenfrage zu retten, stellten der Kanzler und sein Fraktionsvorsitzender Jens Spahn den Rentenrebellen eine schriftliche Erklärung in Aussicht, in dem sie die Absicht zu echten Reformen in der Rente beteuern wollten. Dann haben Merz und Spahn selbst diese Absicht zurückgenommen. Also kündigen Merz und Spahn an, mit ihnen käme nächstes Jahr eine echte Reform – aber dieses Versprechen wollen sie nicht einmal schriftlich geben. Wer will ihnen das noch glauben? Und wer setzt noch einmal auf die Junge Union? Darauf, dass sie eine echte Reform durchsetzen wird?

Die Debatte zuvor ist zum einen vom Versuch der regierenden Fraktionen geprägt, die Hitze aus dem Thema zu nehmen. Die Präsidentin des Bundestages, die Christdemokratin Julia Klöckner überlässt die Sitzungsleitung einem ihrer zahlreichen Vizepräsidenten, dem grünen Omid Nouripour. SPD-Chef Lars Klingbeil verlässt demonstrativ das Plenum, dafür darf Genossin Dagmar Schmidt das Rentenpaket vorstellen, an dem die Regierung beinahe gescheitert wäre. Sie ist 52 Jahre alt. Schmidts Bundestagsprofil macht keinerlei Angaben zu ihrer Berufslaufbahn.

Ausweichmanöver
Scheindebatte Rente: Vorwärts Blockfreunde, wir müssen zurück!
Wikipedia weiß: Schmidt hat als Schülerin Klavierunterricht genommen und dann Geschichtswissenschaft studiert. Von einem Abschluss steht da nichts. Ihre ersten und einzigen Jobs hatte sie demnach als Mitarbeiterin von Abgeordneten und Fraktionen. 2009 stellte sie sich als Direktkandidatin dem Wähler. Der wollte sie nicht. Mehrfach. Also schmuggelte die SPD die Ungewollte über einen Listenplatz ins Abgeordnetengehalt. Schmidt sagt in ihrer Rede, das SPD-Rentenpaket sei richtig. Was soll sie auch tun? Ohne SPD wäre Dagmar Schmidt beruflich auf den Klavierunterricht angewiesen, den sie als Schülerin hatte.

Für die Union spricht CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Er hat eigentlich die Aufgabe, rechts zu reden, während Friedrich Merz linke Politik macht. In der Hoffnung, dass rechte Wähler dann trotzdem CDU wählen, weil die ja Linnemann hat, der das Richtige zum Falschen sagt. Doch in der Aussprache der Rente verzichtet der Generalsekretär auf die übliche Show. Rechts blinken und links abbiegen ist was für seine Auftritte bei Lanz. In der Rentendebatte geht es um das Amt von Friedrich Merz – das wichtigste Anliegen der CDU. Also übt sich Linnemann in dem, was Christdemokraten dieser Tage am besten können: wegducken.

Linnemann spricht ausführlich von der „Aktivrente“. Rentenberechtigte müssen künftig weniger Steuern bezahlen, wenn sie auf ihre Rente verzichten und weiter arbeiten. Für den CDU-General die „Zukunft der Rente“. Zur Haltelinie – dem Streitpunkt mit der SPD – sagt Linnemann nichts. Gar nichts. Er erwähnt sie nur im Zusammenhang mit dem „Gesamtpaket“. Das sei nur ein erster Schritt. Der zweite käme, wenn der Arbeitskreis getagt habe. Dann gelte: „Wir brauchen Mut.“ Wenigstens in diesem Punkt fällt es leicht, Linnemann zuzustimmen. Nur fehlt Linnemanns Partei halt sogar der Mut, ihre Versprechen schriftlich abzugeben.

Hilfe der Linken bei Rente
Heidi Reichinnek rettet die Kanzlerschaft von Friedrich Merz
Neben den lauwarmen Erklärungen der Regierungsabgeordneten ist die Debatte von der Schlacht der linken Reserveregierungsparteien geprägt. Die Linke hat sich im Vorfeld damit Schlagzeilen verdient, dass sie durch ihre Enthaltung zum Rentenpaket Friedrich Merz die Kanzlerschaft rettet. Das führt zu Frust bei den Grünen. Die sind nicht mehr so präsent in den Medien wie die Linken. Nur noch dann, wenn etwa ein Andreas Audretsch in den Bundestag einzieht, weil Audretschs ehemaliger Arbeitgeber RBB falsche Behauptungen über Audretschs Konkurrenten verbreitet.

Entsprechend überzeugend ist, wenn Audretsch sagt: „Die Linke ist in kompletter strategischer Auflösung. Sie enden hier heute als Mehrheitsbeschafferinnen von Friedrich Merz.“ Sagt ein Mann von der Partei, die Friedrich Merz die Schuldenorgie ermöglicht hat, die dem wiederum geholfen hat, die SPD davon zu überzeugen, ihn ins Kanzleramt zu hieven. Vertreter wie Audretsch machen es der Fraktionsvorsitzenden der Linken, Heidi Reichinnek, dieser Tage das Punkten leicht. Sie behauptet, ihr ginge es nicht um Merz, sondern darum, armen Rentnern das Geld zu sichern. Dagegen ließe sich viel Kluges sagen, aber um Wähler der Linken oder der Grünen anzusprechen, genügt auch dummer Populismus.

Die Rente zeigt auch gut den aktuellen Zustand der AfD: Die muss inhaltlich nicht viel machen, weil CDU, CSU und SPD sich derart öffentlich zerlegen, dass die größte Oppositionspartei nur noch die Scherben einsammeln muss. Inhaltlich wäre die AfD durchaus in Verlegenheit zu bringen, Widersprüche aufzuzeigen. So schießt die AfD in Gänze gegen das Rentenpaket – einfach um die Regierung vorzuführen.

Die Fachpolitikerin Gerrit Huy zeigt in ihrer Rede jedoch, dass es in der AfD durchaus Abgeordnete gibt, die mehr staatliche Bezuschussung der Rente fordern. Sie appelliert daher an die jungen Abgeordneten der Union, sich nicht in der Rente gegen Merz zu verkämpfen, sondern Kraft und Mut im Kampf für eine richtige Reform des Bürgergelds und gegen die Schuldenorgie zu nutzen. Doch der Montag hat gezeigt: Wer auf das Durchhaltevermögen der Jungen Union hofft, der hofft am Ende vergebens.

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Kommentare ( 9 )

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Digenis Akritas
21 Minuten her

Die Union: die Partei ohne Eigenschaften (frei nach Robert Musil).
Die Jahre, für welche die Regierungen nach Merkel einigermaßen und mit Ach und Krach Stabilität gewährleisten können, kann man an einer Hand abzählen! Politik „von der Hand in den Mund“. Rette sich, wer kann!

Dirk Plotz
21 Minuten her

Die Fachpolitikerin Gerrit Huy zeigt in ihrer Rede jedoch, dass es in der AfD durchaus Abgeordnete gibt, die mehr staatliche Bezuschussung der Rente fordern. 

Es sind letztendlich alles Sozialisten. Egal ob blau, schwarz, rot oder grün. Sozialisten, die nur unterscheidet aus welchem Drang heraus sie Sozialisten sind.
Ekelerregend!

PaulKehl
21 Minuten her

Ich habe ja den ganzen Morgen gezittert. Schafft Fritze das? Jetzt ist es durch und die Koalition ist gerettet. ….Was für eine Schmierenkomödie.

moselbaer
23 Minuten her

Die Stellung des Abgeordneten (nur seinem Gewissen verantwortlich…) ist im Grundgesetz beschrieben. Das ist überholt und sollte ersetzt werden durch die Formulierung, dass der Abgeordnete in UnsererDemokratie ein der Parteiführung höriger Klatschhase ist.

roffmann
24 Minuten her

Die ganze Sache erscheint mir reichlich aufgeblasen . Wennes so weitergeht und danach sieht es aus , dann haben wir in 2 Jahren ganz andere Sorgen als „Renten“ !

welpi
26 Minuten her

Das dürfte die „Brandmauer“ 5? Vielleicht sogar 10% kosten? Nach den Grünen, SPD und FDP reiht sich nun auch die CDU/CSU bei den unwählbaren ein.

sunnyliese
28 Minuten her

War ja klar, dass man auf Kurs bekommt, wollen ja schließlich alle noch Karriere machen…und wenn nicht die, dann wären es die Linken gewesen…

maps
30 Minuten her

Reddig ist auch nur ein Heuchler, er redet auch nicht darüber, warum die 120Mrd fehlen! Weil die CDU/CSU den Wohlstand vernichtet hat und das Geld für Massenmigration, Energiewende, EU, Entwicklungshilfe, NGOs, Bürokratie, etc. pp. rausgeballert hat!

Traum-Yogi
34 Minuten her

Trotz dieses Debakels wird es bald große politische Veränderungen geben. Anfang März wird die AfD in BW zweitstärkste Kraft. Die AfD sollte mit der Basis zusammenarbeiten. Nötig sind ein Zinsverbot, eine Einkommensbegrenzung der Reichen und eine Begrenzung der Einwanderung.
https://jlt343.wordpress.com