Hamburg: Steigende Kriminalität, aber es liegt ja nur an den Kontrollen

2023 gab es mehr Straftaten in Hamburg als 2018 oder 2019. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Kriminalität um 11 Prozent zu. Doch Innensenator und Polizei sehen die Lage als „sehr stabil“ an und sprechen vom Sinkflug der Delikte im „Langzeitvergleich“. Doch dieser Trend wurde eindeutig gebrochen.

IMAGO

In Hamburg stieg die Kriminalität im vergangenen Jahr um elf Prozent an, auf insgesamt 234.241 Straftaten. Die frühe und öffentliche Vorstellung der Zahlen durch Innensenator und Polizeipräsident mag man löblich finden. Die Begründungen, die dabei für den Anstieg angeführt werden, sind eher kurios bis skandalös in ihrer Verleugnung der Realität.

So müssen zum einen wieder einmal die Corona-Beschränkungen herhalten, um eine gestiegene Kriminalität zu rechtfertigen. Doch schon im Frühjahr 2022 waren die meisten der Beschränkungen gefallen. Daneben hat man andere „Sonderfaktoren“ gefunden, die auf gar keinen Fall einen Vergleich mit älteren Zahlen erlauben sollen – ein alter Trick bei öffentlichen Statistiken. So wären viele der Straftaten, sogenannte „Kontrolldelikte“, ohne die massive Präsenz der Polizei in der Innenstadt gar nicht erst bemerkt worden.

Das ist allerdings eine schöne Logik: Die Polizei Hamburg sah sich offenbar bemüßigt, ihre Beamten vermehrt auf Streife zu schicken – doch wohl nur, weil es auch etwas zu kontrollieren gab, vor allem rund um den Hauptbahnhof. Die 11.000 Delikte, die dann schließlich durch die zusätzlichen Kontrollen aufdeckte, scheinen aber vom Himmel gefallen zu sein. Sie stellen jedenfalls laut Hamburger Innensenats- und Polizeilogik keinen Anstieg der Kriminalität dar. Ganz nach der Logik: Wenn ein Baum umfällt und niemand sieht es, fällt er nicht um. Das soll offenbar auch von Straftaten gelten, selbst wenn sie mitten in Hamburg passieren.

Eine geleugnete Kriminalität verschwindet deshalb nicht

Neben Mitte waren vor allem die zentral gelegenen Stadtteile St. Georg und St. Pauli betroffen. Immer wieder ging es dabei um Drogenkriminalität (+ 16 Prozent), Ladendiebstähle (+ 39 Prozent) oder auch Hausfriedensbruch (+ 82 Prozent!), auch Schwarzfahren (+ 30 Prozent). In St. Georg gab es 22 Prozent mehr bei den gefährlichen Körperverletzungen (660 Taten, also fast zwei pro Tag) und 31 Prozent mehr Raubdelikte (absolut: 465 in nur einem Stadtteil). Es gab 74 Tötungsdelikte, davon 48 Versuche. Diese Zahl hat sich im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt (plus 111 Prozent). Zwölf Mal wurde dabei geschossen, 34 Mal ein Messer benutzt.

Doch laut Polizeipräsident Falk Schnabel bleibt die Lage insgesamt „sehr stabil“. Im Langzeitvergleich soll die Hamburger Kriminalität sogar abgenommen haben, nur gilt das eben leider nicht mehr im Jahr 2023. Den Anstieg, den es auch im Vergleich mit den Vor-Corona-Jahren 2018 und 2019 gibt, bezeichnet Schnabel als „natürlich ärgerlich“. So lassen sich auch eindeutige Zahlen durch die Kommentierung in ihr Gegenteil verkehren. Das schadet auch den Bürgern über kurz oder lang. Denn eine geleugnete Kriminalität verschwindet deshalb nicht.

Und sogar das Bevölkerungswachstum der Hansestadt soll zum Langzeit-Sinkflug beitragen. Bei größerer Bevölkerung können sich natürlich auch bei gleich viel oder sogar mehr Straftaten sinkende Quoten je 100.000 Einwohner ergeben. Eigentlich logisch. Aber das Zentrum von Hamburg wird dadurch auch nicht sicherer. Und 2018 und 2019 lag auch die gesamtstädtische Quote schon einmal niedriger. Aber das bewegt den Hamburger Innensenator und seine Polizei offenbar noch nicht dazu, von einer Trendwende (nach oben) zu sprechen, die 2023 vorlag, oder zumindest von dem einstweilen gebrochenen Abwärtstrend. Es lag ja an den zusätzlichen Kontrollen. Doch warum wurden sie nötig?

Doppelt so viele Vergewaltigungen durch Partner – alles wegen #MeToo

Immerhin die Aufklärungsquote stieg auf nie gesehene Höhen: 48,2 Prozent wurden doch tatsächlich erreicht. Jede zweite Straftat bleibt also unaufgeklärt. Auch die Sexualdelikte werden übrigens in bester #MeToo-Manier auf die „erhöhte Anzeigenbereitschaft“ innerhalb von Partnerschaften zurückgeführt. Diese Social-Media-Kampagne von 2015 scheint sich schier endlos auf die Entschlossenheit von Frauen auszuwirken. Vom unsicherer gewordenen öffentlichen Raum auch hier keine Rede. Dabei ist natürlich auch die Vergewaltigung durch Partner oder Ex-Partner problematisch. Sie hat sich „innerhalb von zwei Jahren … fast verdoppelt“.

Der CDU-Fraktionschef Dennis Thering kann sich der positiven Einschätzung durch den Innensenator nicht anschließen: „Unter der Führung von SPD und Grünen wird Hamburg zunehmend unsicherer.“ Die innere Sicherheit sei durch eine Zunahme von Schießereien, Messerangriffen und Raubüberfällen auf offener Straße zusehends bedroht, wird er in der Welt zitiert.

Der Fraktionschef und innenpolitische Sprecher der AfD in der Bürgerschaft Dirk Nockemann rechnet aus, dass an jedem Tag 640 Straftaten in Hamburg begangen wurden. Die innere Sicherheit schwinde zusehends: „Mehr Gewaltdelikte, mehr Raubdelikte, mehr Sexualdelikte, mehr Tötungsdelikte und mehr Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte. Rot-Grün lässt Hamburg zu einem Epizentrum der Kriminalität in Norddeutschland verkommen.“ Auch die „massive Ausländerkriminalität“ werde totgeschwiegen. Tatsächlich habe die Hälfte der Täter „keinen deutschen Pass“. Der Migrationshintergrund werde polizeilich nicht erfasst. Nockemann fordert eine Abschiebeoffensive für ausländische Straftäter.

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Kommentare ( 8 )

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Nibelung
2 Monate her

Mit steigender Kriminalität gibt es nur drei Möglichkeiten, das Grundstück zum Hochsicherheitstrakt unsichtbar umwandeln, gleichermaßen die Wachmannschaft der passenden Hunde oder bezahlter Zweibeiner ausbauen oder auswandern auf eine Insel, wo der Täter dann Gefangener ist, sollte er sich an anderen Leuten und ihrem Gut vergreifen. Selbsthilfe in diesem Land ist auf jeden Fall besser als warten bis die Polizei kommt, denn bis dahin macht man bei Gewaltdelikten vermutlich keinen Schnapper mehr, denn die Politiker haben eine Schwäche für die Armen dieser Welt und sind die erst mal drin, dann können sich viele nicht immer zusammenreißen und das könnte man dann… Mehr

fatherted
2 Monate her

Egal wo….man traut sich kaum noch auf die Straße….auch tagsüber nicht. Ich schaue wenn ich aus dem Haus gehe erst mal nach links und rechts. Kommen mir „Gestalten“ entgegen….gehe ich zurück ins Haus uns schließe erst mal ab….dann ans Auto….sofort von innen verschließen….und bloß nicht aufmachen….auch wenn dran geschlagen wird oder sich einer auf die Motorhaube wirft. Beim Einkaufen….immer früh morgens gehen….da ist der Aggressor l noch nicht wach….es sind aber trotzdem schon genug „Aggressive“ unterwegs. Dann schnell heim….Tür zu….und Schlüssel rum. Alltag in Deutschland….Spazierengehen….im Park sonnen….auf ein Volksfest oder Markt? Fehlanzeige….mache ich nicht mehr….ist mir nach „diversen Zwischenfällen“ zu… Mehr

Ralf Poehling
2 Monate her

Mehr Kontrollen = sinkende Dunkelziffer. Das Bild wird dadurch realistischer und die Statistik echter. Das Problem existiert bereits seit 2015, wurde bisher aber unter den Teppich gekehrt. Da wo keiner hinschaut, wird es auch nicht erkannt. Wenn dann aber hingeschaut wird, dann sieht man plötzlich was wirklich los ist. Ein erheblicher Teil der Flüchtlinge, meiner persönlichen Erfahrung nach die Mehrheit, sind keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern Flüchtlinge im Sinne des Strafrechts. Also Verbrecher auf der Flucht vor der Strafverfolgung in ihren Heimatländern. Das begreift bei uns aber keiner. Nur weil die öffentliche Propaganda andauernd von Flüchtlingen redet,… Mehr

Roland Mueller
2 Monate her

Die Polizei in einigen deutschen Großstädten hat schon längst vor Kriminellen aller Art bedingungslos kapituliert. Zum Teil fehlt nur noch, dass der Polizeipräsident vor laufenden Kameras den Anführern von kriminellen Clans öffentlich die Kapitulationsurkunde überreicht. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Polizeibeamten ihr Gratismütchen bevorzugt an Schlitten fahrenden Kindern, alten Frauen und friedlichen Demonstranten gegen die Ampelpolitik kühlen.

Perlentaucher10
2 Monate her

So wie vor Kurzem ein Kommunalpolitiker allen Ernstes erklärt hat, das die Zahl der Sexualdelikte nicht gestiegen sei, sie würden nur häufiger angezeigt und dadurch sei die Dunkelziffer gesunken. Klar doch. Endlich haben wir die Formel für die Berechnung der Dunkelziffer gefunden.

nachgefragt
2 Monate her

Demnach hat laut Polizei also eine merklich erhöhte Polizeipräsenz keine präventive Wirkung auf Deliktzahlen. Interessant. Dann kann man ja sämtliche stationäre Blitzen abbauen, schließlich können sie keinen Einfluss auf das Fahrverhalten der Autofahrer haben, sondern bilden nur das übliche Fehlverhalten ab. Ohne einen gegebenen Anlass, ausschließlich zum Kassemachen für die Kommunen, stationäre Radarkontrollen aufzustellen, ist ja schließlich nicht zulässig. Dabei hat die niedersächsische Polizei neulich noch groß gejammert, dass ein Bundesstraßen-Abschnitt mit Section Control nicht mehr überwacht wird, obwohl bereits damals schon bei der Ankündigung die Blitzer nur aufzustellen ganz deutlich messbar die Unfallzahlen zurückgingen. Irgendwie passt da die Logik… Mehr

Kontra
2 Monate her

Dazu passt auch die Meldung vom links woken Sender Radio HH, das die Zahlen nach oben gegangen wären, weil sich die „Erfassungsnorm“ geändert 0ätte. Ja nee iss klar…….

Niklot
2 Monate her

Der Innensenator in Gedanken:
Und er kommt zu dem Ergebnis:
„Nur ein Traum war das Erlebnis.
Weil“, so schließt er messerscharf,
„nicht sein kann, was nicht sein darf.“ (C. Morgenstern)