Energiekrise konkret: Bis zu fünffach erhöhte Heizkosten

Vor allem Kunden, die bisher von besonders günstigen Gas-Tarifen profitierten, erleben jetzt extreme Preissteigerungen. TE-Leser berichten über unwillkommene Briefe ihrer Anbieter.

IMAGO / Kosecki

Die Kosten für Gas, Strom und Öl haben sich schon jetzt für einen großenTeil der Menschen in Deutschland extrem erhöht. Allerdings bestehen offenbar sehr große Unterschiede im Ausmaß der Preisanhebungen. Das zeigen Antworten, die TE nach einer Leserumfrage vorliegen, größtenteils mit Anschreiben der Versorger belegt. Die Anstiege sind tendenziell bei kleineren, bislang besonders günstigen Anbietern noch drastischer als bei Stadtwerken und großen Versorgerkonzernen.

Besonders drastisch ist auch die Anhebung des „Arbeitspreises“ für Gas bei einem Leser für 140 Quadratmeter Wohnfläche von 4,34 auf 22,69 Cent pro Kilowattstunde (kWh) durch Montana Energieversorgung. Laut Angabe des Lesers bedeutet das 754,43 Euro monatlich für ihn, statt bislang 148,42 Euro. Also rund das Fünffache.

In ähnlicher Dimension muss auch ein Kunde von susiEnergie statt eines Arbeitspreises von 5,17 Cent (brutto) für die Kilowattstunde Erdgas nun ab 1. Oktober 22,66 Cent zahlen.

Nur wenig geringer die Anhebung, die aus einem Schreiben von Roth Energie an einen Leser hervorgeht. Der Arbeitspreis für eine Kilowattstunde Erdgas steigt demnach ab 1. Oktober von 6,13 Cent auf 26,97 Cent, also um mehr als das Vierfache:

Vergleichsweise gemäßigt – allerdings von einem deutlich höheren Ausgangsniveau – ist dagegen noch die Anhebung des Arbeitspreises bei den Stadtwerken Münster: 11,71 Euro (bzw. 8,74) im April auf 14,93 Euro (bzw. 11,96) im Oktober 2022. Für einen „Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 13.800 kWh/Jahr“ steigen damit die jährlichen Erdgaskosten von 1354,38 auf 1798,74 Euro.

Deutlicher steigen die Erdgaskosten für Kunden der ESWE Versorgung AG. Ein Bewohner einer 100-Quadratmeter-Altbau-Wohnung in Wiesbaden erhielt etwa einen neuen Abschlagsplan, wonach die monatlichen Zahlungen für Gas von 141 Euro im Juni auf 281 Euro im Juli und den folgenden Monaten angehoben wurden. Der Strompreis bleibt für ihn bislang stabil.

Ein Leser schickt uns die Ankündigung des Gasversorgers TELESON zur Anpassung des Tarifs: „GünstigGas…garantiert!“ für „eine Wohnfläche von ca. 160,00 m2“. Auch hier ist es eine Verfünffachung!

Ein „Hausverwalter von mehreren Mietwohnhäusern in Köln“ schreibt uns: „Rheinenergie in Köln: Verdopplung des Fernwärmeabschlages von 1421 € auf 2842 € für ein Wohnhaus mit 1300 qm beheizte Fläche. Ebenso Fernwärme für Wohnhaus mit 515 qm beheizte Fläche Verdopplung des Abschlages von 721 auf 1442 €. Wohnanlage mit Erdgasbeheizung 1485 qm Erhöhumg des Gaspreises von brutto 7,87 ct auf 18,30 ct pro kWh = 133 % Steigerung“.

Eine nicht ganz so drastische Preisentwicklung belegt dieses Schreiben von E.ON vom 9. August, das uns ein Leser weiterleitete, der offenbar Vermieter oder Wohnungsverwalter ist:

Eine Rentnerin und Bewohnerin eines Einfamilienhauses mit 128 Quadratmetern leitet uns eine E-Mail ihres Versorgers Prioenergie weiter, in der ihr eine Erhöhung von 5,88 Cent auf 24,32 Cent pro Kilowattstunde angekündigt wird.

Ein Leser aus Thüringen schreibt: „Der Strompreis ab 1.6.2022 beträgt 48,86 ct/kWh, Grundpreis 8,17 €/Monat (der Preis war früher 23,85 ct/kWh und 6,86 €/Monat), der Gaspreis ab 1.6.2022 ist 19,09 ct/kWh, Grundpreis 12,47€/Monat (dieser Preis war früher 4,945 ct/kWh und 10,48 €/Monat). Alle Preise sind netto, d.h. es kommt noch die Mehrwertsteuer obendrauf – und ab Oktober noch die Gaspreisumlage. Summa summarum hat sich der Gaspreis dann etwa verfünffacht. Im angegebenen Beispiel werden dann aus 925 € pro Jahr für Gas rund 4500 € für ein EF-Haus (Baustandard Mitte der 1990-iger). Dazu muss man wissen, dass ich bei einem kommunalen Versorger seit 27 Jahren Kunde bin. Niemals habe ich für ein paar Cent zum Billigheimer gewechselt, aber wurde nun vom Versorger als ‚Basiskunde‘ eingestuft. Als das kommunale Unternehmen in den 1990-igern gegründet wurde, saß ich im Stadtrat und es wurde sehr intensiv über Großkonzern oder Eigenbetrieb diskutiert. Damals stimmte ich für Eigenbetrieb – keine Abhängigkeit von großen Unternehmen, bürgernah, preiswert und sicher, lautete die Devise.“

Ein Leser aus Köln („110qm großes Einfamilienhaus,Baujahr 1968.Fenster neu,Dach gedämmt,10 Jahre alte Gasheizung, jedes Jahr gewartet“) hat von RheinEnergie die „Preisinformation“ erhalten, dass sein Gaspreis um 173,94 Euro steigt. Das Schreiben ist eher eine Ausnahme insofern, als die meisten anderen Ankündigungen nur den neuen Preis nennen und die Berechnung des Anstiegs dem Kunden überlassen.

Interessant ist die Preisstrategie der Stadtwerke Rostock, über die ein Leser berichtet: „Bereits im Mai verschickte das kommunale Unternehmen eine mail, daß sich die Gaspreise erhöhen. Der Abschlag bliebe jedoch unverändert bei 132 Euro/Monat. Um eine dramatische Nachzahlung bei Abrechnung im Dezember zu verhindern, wurde dringend empfohlen, die Abschlaghöhe freiwillig auf 420 Euro/Monat zu erhöhen, um die durch die zu geringe Vorauszahlung entstandene Lücke aufzufangen. Ziemlich tricky. Nicht der Versorger erhöht die Vorauszahlung, sondern der Kunde soll die Vorauszahlung freiwillig mehr als verdreifachen. Und geräuschlos ohne Ärger mit Bild, Stadtrat und Aufsichtsbehörden verschafft sich das Unternehmen Liquidität. Wenn die Schätzung zu reichlich ausgefallen sein sollte, kann man ja zurückzahlen. Wird vom Kunden eventuell als Weihnachtsgeschenk empfunden…“

Viele Mieter zahlen ihre Heizkosten nicht direkt an den Versorger, sondern an den Vermieter. Ein Mieter einer mit zwei Personen bewohnten 62-Quadratmeter-Wohnung in Berlin leitete uns ein Schreiben der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft weiter, die ihm am 4. August ankündigte, die monatliche Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser von bisher 104 auf 195 Euro anzuheben, also um rund 90 Prozent.

Eher noch höhere Kostenanstiege als die Nutzer von Gasheizungen erleben diejenigen, die mit Öl heizen.

Ein Leser schreibt: „Wir sind ein 3-Personenhaushalt in einem Einfamilienhaus in Thüringen und leben sehr, sehr sparsam in Bezug auf Heizkosten. Warmwasser wird ebenfalls darüber betrieben. Im letzten Jahr, am 30.06.2021, haben wir 2.950 Liter Heizöl bezogen und dafür 2.062,07 € entrichtet. In diesem Jahr, am 17.06.2022, haben wir 2.900 Liter (50 Liter weniger) Heizöl bezogen und dafür 4.779,03 € bezahlt.“

Ein anderer Heizöl-Käufer schreibt: „Hallo Redaktion, hier meine Werte zum Thema Energiepreisentwicklung: April 2021: 2.500 Liter Heizöl für EUR 1.810,02; März 2022: 2.500 Liter Heizöl für EUR 3.689,83.Macht eine Steigerung von rund 104%, Tendenz aufwärts. Das Ganze für ein gemietetes 1-Familienhaus mit 126 QM Fläche, Baujahr 1960, ungedämmt.“

Ein Leser, der seinen Wohnort nicht nennt, schreibt: „Für unser Ölheizung haben wir in 2021 Heizöl für 1500 € bekommen. Dieses Jahr wird unsere Rechnung 3041 € betragen. Einfamilienhaus 100 qm“.

Auf Strompreiserhöhungen warten viele Leser nach eigenen Angaben noch. Einige berichten aber auch schon über deutliche Verteuerungen. Ein Besitzer eines Einfamilienhauses aus Ostbevern leitet uns beispielsweise dieses Schreiben der Stadtwerke Ostmünsterland weiter, wonach zum 1. September der Grundpreis von 129 auf 178 Euro und der Arbeitspreis pro Kilowattstunde von 24,57 auf 33,20 Cent angehoben wurde.


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Kommentare ( 85 )

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Joe4
2 Jahre her

Energie wird zum Leben benötigt. Warum beträgt da die Mwst nicht 7%? Ist ja bei Lebensmitteln auch der Fall.

kickersguese
2 Jahre her

Jetzt mal im ernst: Glauben die Energie Konzerne wirklich das das noch jemand bezahlen kann? Die müssten doch eigentlich Wissen das viele das nicht bezahlen können.

ketzerlehrling
2 Jahre her

Es wird gemeckert und bezahlt. Still gehalten, weil man ja sowieso nichts dagegen tun kann. Man kann, wenn man will. Mehr möchte ich nicht dazu sagen. Es wird Unruhen, Plünderungen, Morde und massenhaft Tote geben, das Chaos bzw. der Kollaps sind vorprogrammiert und die Regierung tut was? Nichts. Ist es wirklich nur das Unvermögen dieser Politdarsteller, oder steckt mehr dahinter?

Peter Klaus
2 Jahre her

In weiser Vorsaussicht am „Corona-Tiefpunkt“ 16.000L Heizöl nachgetankt (18.000L-Tank, reicht locker für 9 Jahre Heizung +Warmwasser) zu knapp 40€/100L, was bei allen Nachbarn, die schon längst auf umweltfreundliches Gas umgerüstet haben, nur ungläubiges und bemitleidendes Kopfschütteln verursacht hat. Jetzt flattern die dicken Abschlagsrechnungen ins Haus mit Verdrei- bis Vervierfachungen der monatlichen Abschläge. Gasumlage noch nicht mit gerechnet. Wut macht sich breit, auch unter den Besserverdienenden. Wird ein „heißer“ Winter bzw. Frühjahr, wenn auch noch die Stromnachzahlungen folgen werden.

Teide
2 Jahre her

Wenn wir schon dabei sind. Langsam dürften dann die Energiepreise das Einkommen übersteigen.
„Strompreis fast verzehnfacht – Diese Kurve ist Vorbote der nächsten Mega-KriseEigentlich sollten zusätzlich angefahrene Kohlekraftwerke helfen, Erdgas einzusparen. Doch die Politik verzögert den Einsatz der dringend benötigten Anlagen – mit dramatischen Folgen: Aus der Gaskrise entwickelt sich eine Stromkrise ungeahnten Ausmaßes.“(Welt)

Fieselsteinchen
2 Jahre her

Bei Steigerungen um durchschnittlich das Fünffache, eine Ende scheint nach Prognosen noch nicht einmal erreicht zu sein, halten die Leute still? Ich verstehe das nicht. Es müssten doch viele betroffen sein. Bekannte in Köln erhielten bereits Anfang März eine Miet“Anpassung“ mit der Begründung „Ukrainekrieg“. Ich sehe immer das Durchschnittseinkommen, das muss doch für viele unbezahlbar sein, denn gestiegene Lebensmittelpreise, Benzin, KV in Bälde kommen noch in top! Was ist hier wirklich los? Genießt man seinen letzten Sommerurlaub für lange Zeit nach der „Vogel Strauß“-Methode, sind die alle so verblödet, weil sie in Mathematik nicht aufgepasst haben? Haben sie Angst am… Mehr

Joe4
2 Jahre her
Antworten an  Fieselsteinchen

Es wird so hingenommen. Der Michel lässt sich alles gefallen. Die Devise: Es muss dann eben versucht werden, nochmehr Energie einzusparen.

bfwied
2 Jahre her

Und da glaubt ein O. Scholz, dass es keine Unruhen geben würde!! Die Leute werden die Rechnungen nicht bezahlen, andere werden bei Verwandten und Freunden Unterschlupf suchen, wieder andere werden sich gewaltsam Zugang zu Leuten mit Öfen verschaffen. Wie dumm kann ein Mensch denn eigentlich sein und das alles auf die leichte Schulter nehmen und die Steuereinnahmen hochtreiben ins Unendliche?

Wolfgang M.
2 Jahre her

Was nutzt denn das ganze Gemecker über den Preiswahnsinn? Darüber lacht der Habeck nur. Handeln wäre angesagt! Die Möglichkeiten zivilen Ungehorsams werden hierzulande noch nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen, während die Konzerne Milliarden schefflen. Anders in Großbritannien: Dort hat sich eine Initiative „Don’t pay“ etabliert. In Großbritannien wächst der Protest gegen die hohen Energiepreise. Sie ruft die Menschen im Land dazu auf, ihre Energierechnungen nicht mehr zu bezahlen. Das Motto der Kampagne zielt vor allem auf die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten. Der Protest soll nicht nur auf den Straßen stattfinden, die Initiatoren von „Don‘t pay, UK“ fordern, dass die Lastschriftverfahren… Mehr

F.Peter
2 Jahre her

Von den Preisen kann sich jeder bei jedem beliebigen Preisvergleichsportal überzeugen. Und auffallend und doch wohl eher unberücksichtigt: Die Steigerung der Mehrwertsteuer…….das springt das Grüne Herz, wenn der Taler in Kasse klingt!

Walde
2 Jahre her

Zitat „Eher noch höhere Kostenanstiege als die Nutzer von Gasheizungen erleben diejenigen, die mit Öl heizen.
Bitte auf konsistenten Text achten….man kann nicht ellenlang dokumentieren, dass sich die Gaspreise auf das 4 – 5 fache erhöhen, um dann zu sagen, dass die Ölheizungen auf das doppelte und damit noch höher steigen.
Ansonsten wird die Verschwörung der vergangenen Jahre jetzt wohl Realität.