Dohnanyi: Kritik an politischem Islam ist keine rechte Polemik

Hamburgs früherer Erster Bürgermeister fordert von der SPD einen neuen Umgang mit den Themen Migration und Islam.

PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Der frühere Erste Bürgermeister der Stadt Hamburg, Klaus von Dohnanyi (SPD) hat seine eigene Partei zu einen anderen Umgang mit den Themen Migration und Islam aufgefordert. „Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Migration ein Problem geworden ist, dann muss man sich dem stellen. Man kann kein Demokrat sein, ohne auf die Menschen zu hören“, sagte Dohnanyi in einem Interview mit der „Welt“ (Freitag). Führung sei immer beides: Führung nach eigener Überzeugung und Berücksichtigung dessen, was die Menschen bewegt.

„Die Sorge, ein politischer Islam könne Gefahren für uns bringen, müssten wir offener diskutieren und nicht einfach als rechte Polemik abweisen“, sagte der SPD-Politiker. Beim Thema Migration sei klar, „dass wir mit den Flüchtlingen gut umgehen müssen. Das ist richtig und wichtig.“ Dabei dürfe die SPD aber nicht übersehen, „dass Migration auch soziale Probleme beinhalten kann.“

Rücksicht auf die Gefühle vieler Menschen nehmen

„Wir brauchen Zuwanderung, aber die richtige“, hob Dohnanyi hervor. Deshalb müsse die Einwanderungspolitik gestärkt werden. „Aber dabei sollten wir ebenso Rücksicht auf das Gefühl vieler Menschen nehmen, die Welt sei unsicherer geworden.“ Die SPD brauche ein schärferes und mutigeres Auge für die Wirklichkeit. Es reicht nicht immer nur die eigenen Blätter zu lesen“, mahnte der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs seine Partei.

Scharfe Kritik übte Dohnanyi am Zustand der SPD und an deren neuem Spitzenpersonal. „Die Menschen haben nicht das Gefühl, dass sie von dieser SPD sicher durch ein schwieriges Heute und in ein noch gefährlicheres Morgen geführt werden.“ Links sein, bedeute für ihn, sich der Wirklichkeit zu stellen und den Menschen zu helfen, in dieser Wirklichkeit zu bestehen, sagte Dohnanyi. Das habe er auf dem SPD-Parteitag nicht gespürt.

Die SPD fällt tiefer als Corbyns Labour-Partei

Wenn sich die SPD nicht endlich mit den aktuellen Problemen der Bürger auseinandersetze, falle sie noch tiefer als Jeremy Corbyns Labour-Partei, warnte Dohnanyi. Auf die Frage, ob Saskia Esken mit Corbyn vergleichbar sei, antwortete er: „Ich fürchte manchmal: Ja.“ Sie werde die SPD nicht in eine neue Zeit führen, zeigte sich Dohnany überzeugt.

Olaf Scholz sei nach wie vor der Zuverlässigste in der SPD-Spitze, meinte der frühere SPD-Politiker. Und weiter: Scholz sei für die Kanzlerkandidatur keineswegs weg vom Fenster. Zudem sei er ein besserer Finanzminister, als es Norbert Walter-Borjans in NRW offenbar gewesen sei. Würde Saskia Esken Kanzlerkandidatin, werde die SPD vermutlich sogar noch schlechter abschneiden als Corbyn in Großbritannien, prognostizierte Dohnanyi.


Dieser Beitrag ist zuerst bei Die Tagespost – Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur erschienen.

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Kommentare ( 57 )

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57 Comments
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Klaus Kabel
4 Jahre her

Es gibt DEN Islam als Weltbild. Der Islam ist Staat und Religion, ist Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft. In den meisten Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung ist der Islam als Staatsreligion in der Verfassung verankert. Er läßt sich also nicht außeinander diffidieren. Wer „politischer“ Islam meint, meint den Islam ingesamt und sollte dazu stehen. Für die Außenpolitik eines islamischen Staates gilt unter anderem: „Der Jihad ist eines der Mittel zur Verbreitung des Islam. Andersgläubige haben demnach die Wahl, den Islam entweder freiwillig, über Erkenntnis bzw. durch Belehrung anzunehmen oder durch Kampf und Jihad. Der Krieg ist die einzige Beziehungsform von Muslimen… Mehr

Marie-Jeanne Decourroux
4 Jahre her

Hier meldet sich einer der Alten, die noch Format, Grips und Realitätssinn in sich vereinten. Man wird nostalgisch im Gedanken an eine Zeit, in der noch Persönlichkeiten wie Klaus v. Dohnanyi die Politik in Deutschland bestimmten.

Er war es auch, der in einem Interview daran erinnerte, dass der Rechtsstaat das Entscheidende sei und dass dieser sogar noch vor der Demokratie rangiere…

Wie sähe Deutschland heute aus, wäre das Recht der entscheidend Maßstab und Realitätssinn statt Ideologie die alleinige Leitlinie der Politik geblieben?! ???

usalloch
4 Jahre her

Der Islam ist politische Einen unpolitischen Islam gibt es nicht. Auch nicht in Hamburg.

Waehler 21
4 Jahre her

Herr Dohnanyis Meinung ist also, dass man auf die besorgten Bürger hören müsse! Aber was ist seine Meinung zum Islam? Ist er zu feige sie zu postulieren und schützt irgendwelche Meinungen nur vor? Oder ist er zu schlau, weil sonst seine eigenen Leute ihn als Radikalen brandmarken? Ich denke beides!

Dr. Mephisto von Rehmstack
4 Jahre her

Da können Sie aber sicher sein, daß von Dohnanyi diese kognitiven Anforderungen erfüllt, umso verwerflicher sein appeasement.

Dr. Mephisto von Rehmstack
4 Jahre her

Sein Beitrag war, Merkel ganz offen zu legitimieren, dieser Salonsozi!

Polit-Legastheniker
4 Jahre her

Man kann eine Sekte als „Religion“ bezeichnen und schon ist alles in Ordnung.
Analog: Man kann Korruption als „Freundschaft“ bezeichnen und schon ist alles in Ordnung.

tgilde
4 Jahre her

Es gibt keinen politischen Islam. Es gibt nur den Islam und das heißt übersetzt Unterwerfung.

Farbauti
4 Jahre her

Ach Herr von Dohnany, hätten Sie auf Helmut Schmidt gehört, hätten Sie eher und lauter den Mund aufgemacht. Aber für einen wohlerzogenen Hanseaten schickt sich das ja nicht. Ich glaube ich bin lebensklüger als Sie, obwohl nur Arbeiterkind ( die SPD hat maßgeblich Verantwortung für meine Bildung und Ausbildung, wofür ich dankbar bin). So mache ich mir viele Gedanken über meine Kinder und ob ich sie genügend auf das Kommende vorbereitet habe. Ich glaube zuwenig, da ich selbst nie mit soetwas wie heute gerechnet habe. Zum Weihnachtsfest schenke ich meinem Jüngsten „Der Gattopardo“, kennen Sie sicherlich. Der berühmteste Sizilienroman, der… Mehr

Dr. Michael Kubina
4 Jahre her

Der Herr ist über 90 Jahre alt …

Kassandra
4 Jahre her
Antworten an  Dr. Michael Kubina

Das wäre aber nicht das Kriterium, über das sich urteilen ließe.
Schlimm finde ich, dass er wie ein dicker Merkelpoller mit seinen Aussagen verbirgt, was wirklich ist und auf Geschenkpapier, das zum Sondermüll gehört, hinweist.