„Die Rechte“ fehlt beim G-20 Protest

Die im Kampf gegen "Rechts" staatlicherseits so hoch subventionierte "Linke" bekommt in Hamburg nicht nur die Chance, sich gegen "rechte" Globalisierungsgegner abzusetzen, sondern gleich auch noch gegen ihre Subventionierer.

© John MacDougall/AFP/Getty Images
Protestors with masks of politicians (L-R) EU Foreign minister Frederica Mogherini, British Prime minister Theresa May, German Chancellor Angela Merkel, US President Donald Trump and Russian President Vladimir Putin drink cocktails in a boat on the Alster river during a demonstration called by several NGOs ahead of the G20 summit in Hamburg on July 2, 2017

Wo bleibt eigentlich der „rechte“ Protest gegen G20? Wird die „linke“ und „linksradikale“ Protestsammelbewegung gegen den Globalisierungsgipfel im Hamburg am kommenden Wochenende möglicherweise auch eine Demonstration in Sachen Meinungshoheit?

Eigentlich müsste hier doch die „radikale Rechte“ den Versuch unternehmen, der „Linken“ politisch den Schneid abkaufen und zeigen, dass sie noch viel besser und lauter gegen die Globalisierung kann. Also quasi Identitäre und AfD-Jugend in Konkurrenz zu Antifa und Gewerkschaftsjugend und gemeinsam gegen G20.

„Wir dürfen das Werben um besorgte Bürger nicht den Populisten überlassen. Die etablierten Parteien müssen die Angst vor der Globalisierung in ihre Arbeit einbeziehen“, sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung gegenüber der ZEIT. Und wer heute nach Hamburg schaut der weiß: die Botschaft ist angekommen. Jetzt fehlen nur noch die Pegida-Busse aus Dresden, da war man doch auch immer gegen Globalisierung?

Heiko Maas erzählt in seinem Buch „Aufstehen statt wegducken“ ja auch, die „neue Rechte“ baue auf der Monstererzählung über die Globalisierung „weite Teile ihrer Ideologie auf.“ Nun sind es allerdings die neuen Bundesgenossen von Heiko Maas im „Kampf gegen Rechts“, die das Monster in Hamburg auf die Hörner nehmen wollen.

Aber dazu muss man wissen: Für Heiko Maas ist Globalisierung keine Bedrohung an sich, sondern eine Frage des gesellschaftlichen Wandels. Also der bestmöglichen Anpassung. Das ist Politik, die nicht mehr selbst gestalten will, sich nicht mehr aufstellt im Sinne der Gerechtigkeitsfindung, sondern den bequemeren Weg wählt: eine nachhaltige Veränderung des Verständnis für Gerechtigkeit.

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Wenn aber in Hamburg der Welthandel verhandelt werden soll, wenn Weichen gestellt werden sollen für Wirtschaftswachstum. Wo auch immer. Dann muss man auch die Frage stellen, ob es hier nicht am Ende darum geht, den Teufel des deutschen Handelsbilanzüberschuss aus dem Paradies zu vertreiben. Und wie geht das am besten, als sich selbst der Ausbeutung zu bezichtigen? Im Handel mit Afrika verhält sich Deutschland bereits vorbildlich. Wir handeln nicht oder kaum. Also beuten wir auch niemanden aus. Während beispielsweise China ein paar Krankenhäuser baut und gleichzeitig gigantische Landflächen aufkauft und so die Allianz China-Afrika wirtschaftlich, politisch und international zementiert. Die chinesischen Investitionen sind längst bedeutsamer geworden als westliche Hilfsgelder.

China scheut sich auch nicht, Handel mit autoritären Regimen zu treiben ohne diesen, wie der Westen, an demokratische Reformen zu knüpfen. Aber wird die Weltgemeinschaft China hier die Leviten lesen? Kaum anzunehmen, denn mittlerweile engagiert sich die USA ebenfalls verstärkt in Afrika, während Deutschland wahrscheinlich zukünftig alle Kraft darauf setzen wird, die Ehe für Alle nach Afrika zu importieren – ersatzweise für Fahrzeuge und Maschinen Made in Germany. Dem Verdacht der Ausbeutung wird so jedenfalls erfolgreich gegengesteuert. Derweil freuen sich Entwicklungshilfefachleute in Deutschland, dass hier lebende Afrikaner via MoneyGram Teile ihrer Sozialleistungen in ihre Heimatländer schicken – das wäre eine alternative Entwicklungshilfe, die direkt bei den Menschen ankäme.

Die im „Kampf gegen Rechts“ staatlicherseits so hoch subventionierte „Linke“ bekommt in Hamburg aber nicht nur die Chance, sich gegen „rechte“ Globalisierungsgegner abzusetzen, viel wichtiger scheint, das man hier verloren gegangene Glaubwürdigkeit in den eigenen Reihen aufpolieren kann. Gelegenheit, mal das Herrchen zu beissen, das einen füttert. Souveränität andeuten, denn mehr ist es ja nicht. Wahrscheinlich hofft sogar „die Linke“ darauf, dass die Polizei ihre Arbeit vernünftig macht, es also bei einer randalefreudigen deutlichen Willensbekundung von „links“ bleiben darf. Schön blöd, dass jetzt die Polizeigewalt gegen „linke“ Randalierer eingesetzt werden muss, die man sonst so gerne als Strumtrupp vorschickt.

Der Zwiespalt erinnert an die Zeit, als Trittin Umweltminister der rot-grünen Agenda-2010-Regierung war und um Weisheit rang, als es darum ging, dem bei Atomkraftgegnern so beliebten „Schottern“ eine Absage zu erteilen. Auf einmal war nicht mehr das Endlager illegal, sondern die grünen Aktionen dagegen.

In Hamburg bietet sich der „radikalen Linken“ die Gelegenheit, sich über interne Streitigkeiten hinweg neu zu formieren und ihr Alleinstellungsmerkmal in Sachen Protest zu bekräftigen. Eine Machtdemonstration also sowohl gegen die ebenfalls globalisierungsfeindliche „Rechte“, aber auch gegenüber der Regierung selbst, die in den Gipfeltagen intensiver als sonst spüren wird, das es nichts umsonst gibt im Leben, selbst dann nicht, wenn man bereit war, „linken“ Gruppierungen unterschiedlicher Schattierungen im „Kampf gegen Rechts“ via Familienministerium 200 Millionen Euro Startgeld hinzuwerfen.

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Die Rosa Luxemburg Stiftung stellt auf Basis einer Bertelsmann Studie zur Globalisierung fest, dass „linke“ und „rechte“ Globalisierungsgegner lediglich die kulturelle Orientierung unterscheide. Also die Uniform, in der man auftritt. Man stellt dort aber auch fest, dass die absoluten Zahlen derer, die Globalisierung fürchten keineswegs mehrheitlich „rechts oder links“ zu finden sind. „Linke“ oder „Rechte“ sind zwar aus sich heraus mehrheitlich kritisch eingestellt, aber die Globalisierungsgegner in der Union und der SPD zusammengenommen bilden quantitativ eine „klare und deutliche“ Mehrheit. Eine protestimpotente schweigende allerdings.

Wo also ist „die Rechte“ in Hamburg? Stellvertretend dafür mag die innere Zerrissenheit der AfD zum Thema Globalisierung stehen. Einerseits bekennt man sich im Parteiprogramm dazu, das „Internationaler Handel (…) die Grundlage unseres Wohlstands und des friedlichen Miteinanders“ sei, andererseits sagt man nein zu TTIP, CETA und TISA.

Ein Paradoxon der AfD kann es sein, einerseits die EU zu kritisieren, die, so Frauke Petry „Deutschland zur Melkkuh“ gemacht hat und andererseits einem globalen Welthandel das Wort zu reden, einem Welthandel, der auf einen starken gesamteuropäischen Player angewiesen scheint.

Wahrscheinlich liegt die Wahrheit in einer banalen Erkenntnis: „Die Rechte“ beruft sich in ihrem Kampf gegen Globalisierung auf die Ängste der Bürger, während „die Linke“ den Bürger gar nicht befragen mag, sich also nicht auf einem imaginären Volkswillen beruft, sondern der Einfachheit halber gleich die eigene Erkenntnis der Wahrheit zur Grundlage ihres politische Strebens macht.

Für „Rechte“ wie „Linke“ ist die Globalisierung Auslöser der Fluchtbewegungen nach Europa. Aber der Schwerpunkt ist ein anderer. Ist es für „die Rechte“ eine Art Masterplan der oberen Zehntausend und steht hier die Verteidigung der eigenen Identität gegen die Globalisierung im Vordergrund, bekämpft „die Linke“ das immer gleiche Profitstreben der internationalen Banken und Konzerne bzw. des Imperialismus und verteidigt die Menschenrechte. Völker hört die Signale, auf zum letzten Gefecht. Nach Hamburg.

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Wo also findet sich „rechter“ Protest zum G20? Was ist, wenn zwei für den Moment das Gleiche wollen, aber nicht zu einander finden? Die so genannte ethnokulturelle Identitität eines Martin Sellner müsste sich selbstverständlich ebenso gehen die Globalisierung richten, wie die Partei Die Linke, für die Sahra Wagenknecht in ihrem aktuellen Newsletter mitteilt, das „in Hamburg nicht die Problemlöser zusammen kommen, sondern die entscheidenden Verursacher globaler Probleme.“ Oder noch präziser am selben Ort: „Durch ihre Kriege, ihre Waffenexporte, ihre ausbeuterische Wirtschaftspolitik sind viele G20-Staaten direkt verantwortlich für Armut und Tod auf dieser Welt!“ In Hamburg werden sich zahlreiche „Linke“ und Mitglieder der Linksfraktion an den Protesten beteiligen, kündigt Wagenknecht an.

Der AfD fällt dazu nicht viel mehr ein als das, was beispielsweise Leif-Erik Holm von der AfD-Fraktion im Landtag vom Mecklenburg-Vorpommern twittert: „Grenzkontrollen zum G-20 Gipfel plötzlich möglich: Sicherheit für alle Bürger, nicht nur für die Mächtigen!“ Das mag zwar auf eine Art fein beobachtet sein, aber es liest sich angesichts der vielfältigen geplanten Aktionen „der Linken“ gegen den Gipfel doch nur wie eine irgendwie madige Randnotiz. Macht doch mit.

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Kommentare ( 133 )

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Bernd
6 Jahre her

„Nee, ich glaube eher, „die Rechte“ ist schlichtweg zu faul und zu opportunistisch“ …
(faul=) „….weil sie für die Verbesserung ihrer Situation eintreten könnten, aber es aus Bequemlichkeit lassen“.
???

Nonstop Nonsens
6 Jahre her

Mir geht es lediglich darum, dass die Gesellscahft nicht in einem 2D-Modell erstarrt (Rechts/Links), sondern nach Lösungen sucht. Tatsachen sind unbestreitbar, diskutiert wird lediglich über Lösungsansätze. Dafür bieten, wie sie sagen „Dogmen“, keine Lösung. Ideologien bleiben für mich gefühlte Wahrheiten, da sie in der Konfrontation mit der Realität zerbrechen und stets „Gewalt“ brauchen, um sich am Leben zu erhalten. Wie kann eine Ideologie bekämpft werden? Bitte um eine Hypothese 🙂

Luisa
6 Jahre her

Danke Herr Wallasch für die offene Darlegung Ihrer Sichtweise. Denkänstöße!
sind willkommen – die Themata immer schwieriger einzuordnen.

Luisa
6 Jahre her

Das ist mein Punkt. Entwicklungshilfe – Billionen, großmundige Hilfe zur Selbsthilfe. Diese „Helfer“ sind am heutigen Desaster schuld. Keine Pille gegen die Bevölkerungsexpolosion (erst nachdem HIV espandierte, haben die Moralapostel ohne Eile reagiert). Während andere mit der Ölwaffe zur Macht schreiten, konnte man diese Arbeit den Afrikanern nicht beibringen?

Charly
6 Jahre her

Herr Wallasch, Sie sind ein Pharisäer. Einerseits beklagen Sie das Fehlen einer Partei, die eine reale Politik in Opposition zu den etablierten mafia-ähnlichen Politclans vertritt und artikuliert, billigen dieser Partei aber keinerlei Zeit zu, sich zu etablieren, sich von extremen Ansichten zu distanzieren bzw. diese zu korregieren. Andererseits sind es Ihre Kollegen der schreibenden Zunft, die keine Gelegenheit zu Lügen, Verleumdung und Diffamierung der AfD auslassen. Ich entnehme Ihren Auslassungen, daß Sie die AfD auffordern, sich den Chaoten in Hamburg, in welcher Art auch immer, anzuschliessen. Damit würde die AfD allen Schreiberlingen die höchstwilkommene Gelegenheit bieten, einen „shitstorm“ gegen die… Mehr

Alexander Wallasch
6 Jahre her

Danke Ihnen!

Ralf Pöhling
6 Jahre her

Zitat:“Ein Paradoxon der AfD kann es sein, einerseits die EU zu kritisieren, die, so Frauke Petry „Deutschland zur Melkkuh“ gemacht hat und andererseits einem globalen Welthandel das Wort zu reden, einem Welthandel, der auf einen starken gesamteuropäischen Player angewiesen scheint.“ Ist doch gar nicht so schwer, Herr Wallasch. Als Deutschland noch ein einzelner Nationalstaat und nicht das Sozialamt des marxistischen Bundes namens EU war, haben wir uns mit unseren Exporten locker saniert. Seit dem Zeitpunkt, wo wir finanziell mit weniger leistungsfähigen Nationen im selben Boot sitzen, wird wie bekloppt umverteilt. Und das zwangsläufig von uns zu den anderen. Und weil… Mehr

Sonnenschein
6 Jahre her

Danke Herr Wallasch. Nun ja, die Rechten…müssen malochen, irgendwer muss den ganzen Spaß und die zerstörerischen, pubertären Auswüchse der Linken in diesem Lummerland ja bezahlen.

Sagittarius A *
6 Jahre her

Randale machen, wie die Linken, bringt natürlich mehr Medien Aufmerksamkeit. Die „irgendwie madige Randnotiz der AfD“ macht natürlich im Vergleich zu dem trotzigen Kleinkind Remi Demi nicht wirklich viel her. Ist ja nur rechtsstaatlich relevant. Wie unspektakulär. Interessante Gewichtung, Herr Wallasch und damit liegen Sie wahrscheinlich voll im Trend. Sehr gut erkannt haben Sie, dass die Politik nicht mehr selbst gestalten will, sondern den bequemen Weg geht: Die Umerziehung der Bürger betreffs des Inhalts von Gerechtigkeit. Und noch viele andere Inhalte werden gerade dreist und einseitig nach Gusto umgebaut. Fatal ! Statt aktiv zu handeln, samt Gedanken was wir eigentlich… Mehr

Sören Hader
6 Jahre her

Ja, früher war es vermutlich einfacher. Da hätte die halbe Bevölkerung von Senegal durch eine Naturkatastrophe umkommen können, es hätte kaum einen Einfluss auf Deutschland gehabt. Heute sind die Menschen mobiler geworden, nicht nur hier, sondern auch in der dritten Welt. Wenn es ihnen schlecht geht, verlassen sie ihre Heimat (das war in der DDR nicht viel anders). Wenn Millionen von Menschen zu uns kommen wollen, dann hat das einen Einfluss auf unsere Lebensqualität, ob wir nun wollen oder nicht. Selbst wenn man den Aspekt der Humanität komplett aus den Überlegungen streicht, rein ökonomisch sind wir so miteinander verflochten, dass… Mehr

Cornelius Angermann
6 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

Dann erklären Sie mir doch bitte mal, wo wir so existenzbedrohend ökonomisch mit dem Senegal, mit Mali, mit Afghanistan, mit dem Kongo, mit dem Jemen usw usf. verbunden sind. Selbst wenn es so wäre: dann sollen die, die den Profit davon haben, auch den Preis dafür zahlen. Soll heißen, die Konzerne, nicht der Bürger!

Sören Hader
6 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

„Es gab früher auch Völkerwanderungen.“ Umso unverständlicher, warum das zu einem Zeitpunkt, wo global der größte Wohlstand existiert, uns vor unlösbaren Aufgaben stellen soll. „Sie können sagen, das ist Evolution. Völker sterben aus.“ Und neue Völker entstehen. Ohne die Völkerwanderung gebe es keine Länder wie Ungarn oder Finnland. Und selbst Deutschland ist u.a. das Ergebnis dieser Völkerwanderungen in Europa. „Übrigens Japan z.B. hat keinen Bock auf Einwanderung (trotz alternder Bevölkerung). Und scheinbar geht es, dass sie ihren Wunsch durchsetzen?“ Vom Prinzip geht alles. Allerdings hat Japan ein Staatsverständnis und eine Kultur, die ihnen wohl nicht unbedingt gefallen dürfte. Dort wird… Mehr

as140
6 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

Seit wann sind wir ökonomisch mit Senegal verflochten?