Interne Bilanz der Berliner Silvesternacht: Wenn ganze Viertel den Staat bekämpfen

Der nun vorgelegte Abschlussbericht der Berliner Einsatzleitung macht das Ausmaß des Ausnahmezustands deutlich: mehr als 3.000 Notrufe, 89 Verstöße gegen das Waffengesetz, 26 Polizeiwagen beschädigt. Bodycams und auch Taser lagen bereit – sie kamen nur fast nirgends zum Einsatz.

IMAGO / Jürgen Held
Überreste von verbrannten Mülltonnen und E-Scootern nach Randale in der Silvesternacht, Sanderstraße/Ecke Kottbusser Damm in Neukölln
In einem Punkt stimmen die Silvesterberichte aus Berlin und anderen deutschen Städten überein. „Wucht und Intensität“ der Gewalt, die sich gegen Polizei- und Rettungskräfte richtete, war mit keinem anderen Jahr vergleichbar. Und weder die warmen Temperaturen noch der Wegfall der leidigen Corona-Beschränkungen können das Phänomen erklären.

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Ein wichtiges Element lassen die beiden Pseudo-Erklärungen nämlich außer Acht: Alle veröffentlichten Videos und Berichte zeigen, dass es fast ausschließlich um Jugendliche aus dem Migrantenmilieu ging, die einen insgesamt befremdlichen Umgang mit Feuerwerk und Böllern an den Tag legten. Manchmal reichte schon die Ortsangabe, um die Täter zu verdeutlichen. Aber auch die Zahlenangaben sagen einiges aus. In Berlin-Neukölln waren es laut dem Feuerwehrmann Baris Coban nicht zehn oder zwanzig, sondern „hunderte“ junge Männer, die auf ihn und seine Kollegen einstürmten.

Straßenkämpfe haben sich als neue Regel etabliert. Inzwischen wird an mancher Stelle sozialpädagogisch argumentiert, in den betroffenen Vierteln geschehe es schnell, dass ziemlich radikal zwischen „innen“ und „außen“ unterschieden wird. Im NDR konstruierte der eingeladene Experte daraus das Motto: „Wir kämpfen jetzt um unseren Stadtteil“. Doch dabei gerät offenbar einiges in Vergessenheit – nicht nur, dass Silvester ist. Tatsächlich gab es in den besagten Stadtteilen nichts zu verteidigen außer dem Anspruch, Parallelgesellschaft zu sein.

In Berlin wurde nun der interne Abschlussbericht der Einsatzleitung abgeliefert, der das Ausmaß des Ausnahmezustands erahnen lässt. Der B.Z. liegt der fünfzehnseitige Abschlussbericht der Einsatzleitung vor, der eigentlich Verschlusssache („nur für den Dienstgebrauch“) ist. Zwischen Silvester und Neujahr, von 18 Uhr bis sechs Uhr früh, erreichten demnach 3.412 Notrufe die Berliner Polizei. 1.371 Gespräche gingen nach wenigen Sekunden „verloren“, wie es in dem Bericht heißt. Allein zwischen Mitternacht und ein Uhr gab es 615 Anrufe. 679 Notrufe gingen verloren. Aber das waren immer noch rund zehn Notrufe pro Minute. Auch bei einer gewissen Überschneidung der Notrufanlässe kann man sich vorstellen, dass nicht jedem Notruf nachgegangen werden konnte.

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Einige Notrufe – nicht unbedingt an die 110 – waren grob missbräuchlich: So wurden mehrere Feuerwehrteams in Hinterhalte gelockt, darunter auch Ehrenamtler, etwa in der Neuköllner Silbersteinstraße. In solchen Fällen zogen sich die Retter möglichst zurück. Insgesamt wurden 15 Feuerwehrleute teils schwer verletzt.

Schon kurz vor Mitternacht war der Polizeiführung laut B.Z. klar, dass das Gewaltproblem an diesem Abend massiv war. Das bedeutete letztlich auch die Ad-hoc-Umstrukturierung der Einsätze. Das wurde zum Beispiel im Multikulti-Norden von Neukölln notwendig, in dem sich die Lage bis 2.30 Uhr zu äußerster Brisanz aufheizte. Die Einsatzleitung musste die eigenen Kräfte „zur Brennpunktbewältigung“ umstrukturieren – mit anderen Worten: Es kam zum Großeinsatz in Neukölln, in der berüchtigten High-Deck-Siedlung (wo ein Bus ausbrannte), in der Sonnenallee und Sanderstraße. Der war aber nur möglich, weil Bundespolizisten derweil zentrale Punkte wie den Alexanderplatz oder das Brandenburger Tor sicherten.

Es wird unmittelbar evident, dass kaum eine Polizei mit einer solchen Belastung umgehen könnte – schon gar nicht in der deutschen Chaoshauptstadt. Am Silvesterabend waren 1.139 Beamte in Berlin im normalen Einsatz, die meisten (216) in Kreuzberg-Friedrichshain. Hinzu kamen 1.281 Beamte im Rahmen der Besonderen Aufbauorganisation (BAO), wie sie zu besonderen Anlässen „für umfangreiche und komplexe Aufgaben“ zum Einsatz kommt. In diesem Feld dürften auch die Bundespolizisten zu verorten sein, ohne deren Einsatz es laut Landespolizei noch um einiges schlimmer gekommen wäre.

Bodycams und Taser gab es – sie wurden nur nicht eingesetzt

47 Polizisten wurden in dieser Berliner Silvesternacht verletzt. Sechs mussten ihren Dienst abbrechen. Die restlichen 41 setzten ihren Dienst fort, 13 davon nach ambulanter Versorgung. Es kam zu 355 Strafanzeigen, 89 Mal wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, wobei 74 Schreckschuss- und Signalwaffen beschlagnahmt wurden. Das kündet davon, dass der Waffeneinsatz alles andere als legal war. Bei einem Polizisten kam es nach einem Beschuss mit Schreckschussmunition zu Verbrennungen durch die Kleidung hindurch, wie Bilder zeigen.

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Außerdem gab es 26 Anzeigen wegen „Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel“ – man darf auf Einsatzwagen tippen. Und tatsächlich: 26 Polizeifahrzeuge wurden beschädigt. Zur Aufnahme der angegriffenen Einsatzwagen von Feuerwehr und Ambulanz kam die Polizei vielleicht nicht mehr. Hinzu kamen 47 Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung, 22 Mal ging es um tätliche Angriffe auf Beamten, 22 Mal um Drogenbesitz. Insgesamt wurden 18,7 Kilogramm Pyrotechnik sichergestellt, die sonst unsachgemäß verwendet worden wäre.

132 Bodycams waren einsatzbereit, zum Einsatz kamen aber nur 47. Lediglich 17 Videosequenzen wurden gefilmt, was im internationalen Vergleich sicher wenig ist. Dabei können solche Aufnahmen – wie man etwa am Fall George Floyd sehen konnte – vieles auch noch im Nachhinein aufklären. Nun kann man auf die Schlagzeilen warten, dass in vielen Fällen keine Beweise gegen die über 100 Festgenommenen vorliegen. Justizsenatorin Lena Kreck (Linkspartei) warnte bereits vor kommenden langwierigen Ermittlungen. Die Urteile müssten vor allem eines: „fehlerfrei zustande kommen“.

Auch fünf Taser hatten die Polizisten zur Verfügung, setzten aber keinen ein. Man kann das auch als maßvollen Einsatz der Instrumente lesen. Vermutlich werden derlei Mittel aber von der Berliner politischen Führung (noch Rot-Grün-Rot, Neuwahlen kommen erst im Februar) nicht gerade ermutigt.

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Kommentare ( 91 )

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Axel Fachtan
1 Jahr her

Die Polizeipräsidentin übt sich auch gerade im dickfelligen Lügen.

Aufgrund der Erfahrungen der Vorjahre gab es mehrere Verbotszonen.

2 Tage vor Silvester war auch schon Krawall.

Sie aber sieht kein einsatztaktisches Komplettversagen der Polizeiführung, sondern behauptet die „Unvorhersehbarkeit“ des Vorhersehbaren.

Warum gab es denn Verbotszonen, wenn doch nicht mal die Polizeipräsidentin ahnen konnte, das was schief geht ? Welche Rückschlüsse hat denn die Führung aus den Krawallen vom 29.12. gezogen?

Wieviel Polizisten sind bereitgestellt worden, um die Verbotszonen durchzu setzen? Wieviel zusätzliche Polizeikräfte sind aufgrund der Krawalle vom 29.12. bereitgestellt worden?

Last edited 1 Jahr her by Axel Fachtan
Axel Fachtan
1 Jahr her
Antworten an  Axel Fachtan

P.S. In dem verlinkten Artikel aus der BZ ist von einer Kräftemangellage die Rede.
D.h. die Berliner Polizei hatte von vorneherein nicht genug Polizisten im Einsatz.
Ohne die Amtshilfe durch die Bundespolizei wäre noch viel mehr schiefgegangen.
Die Verteidigung der Verbotszonen musste aufgegeben werden. Die Polizisten dort wurden abgezogen. Die Berliner Polizei hatte keinerlei Reserven.
Und dann kommt eine Polizeipräsidentin daher und erzählt 4 Wochen vor den Wahlen, das alles in Ordnung sei.

Last edited 1 Jahr her by Axel Fachtan
Britsch
1 Jahr her

Die Einführung, daß nach Erteilung der Deutschen Staats Staatsbürgerschaft auch die alte beibehalten werden kannm also 2 Staatsbürgerschaften war bereits ein gewaltiger Schritt hin zum Abgrund von Deutschland.
Wenn nun gar die deutsche Staatsbürgerschaft, wie geplant nach so kurzer Zeit regelrecht aufgedrängt wird, beschleunigt das den Weg zum Abgrund noch viel gewaltiger. Staatsbürgerschaft bedeutet ja auch Wahlrecht.

Marcel Seiler
1 Jahr her
Antworten an  Britsch

„Staatsbürgerschaft bedeutet ja auch Wahlrecht.“ Das ist einer der Gründe, warum die vereinte Linke die Staatsbürgerschaft verschleudert: sie hofft auf Wähler. – Spätestens bei Entstehen der Islam-Partei wird Links-Rot-Grün merken, wie sehr sie sich getäuscht haben.

Britsch
1 Jahr her
Antworten an  Marcel Seiler

Die drei Parteien sind ja berteits jetzt durchsetzt und tun wirklich alles
um dieses Klientel zufrieden zu stellen.
Diskriminierung dabei großes Schlagwort.
Vielleicht sollte man sich mal damit beschäftigen wie zunehmend Ur-Deutsche diskriminiert werden.
Genau so ist es bei Einführung jeglicher Quoten

Endlich Frei
1 Jahr her

„Interne Bilanz der Berliner Silvesternacht: Wenn ganze Viertel den Staat bekämpfen“ Vor allem ist eines sicher: Es handelt sich hier um ein Omen für die Zukunft. Was mir besondere Sorge bereitet: Die Politik versucht mit Öl diese Brände zu löschen. Sie tut alles, einer Benennung der Gründe auszuweichen und bemüht sich Folgen und Ursachen zu verdrehen – und nicht nur das – die Politik tut alles dafür, die Brände auch noch zu beschleunigen. Und zwar unumkehrbar. Enden wird dies in einem Nahost. In einem zweitem Israel – nur diesmal umgekehrt. Und enden wird es nicht mit einem ordnungswahrendem Staat wie… Mehr

d.rahtlos
1 Jahr her

Man muß sich auch einmal ins Gedächtnis rufen, daß mehrere starke Böller vor einer Moscheetür vom Gericht als vierfacher versuchter Mord mit knapp zehn Jahren Haft bestraft wurden, während der Berliner Feuerlöscher-Werfer nach Aufnahme der Personalien wieder auf freien Fuß gesetzt wurde und vermutlich mit einer Bewährungsstrafe davonkommt.

Julischka
1 Jahr her
Antworten an  d.rahtlos

Nicht vermutlich, sondern sicher, so wie alle anderen auch! Danach werden sie sich wieder feiern, schließlich hat „der Rechtsstaat mit aller Härte durchgegriffen“! Danach holt sich die Rentnerin eine Semmel aus der Mülltonne eines Supermarktes und es macht „klick“, aber nicht im Hirn, sondern am Handgelenk!

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Dass diese Horden ihre Wohnorte, Straßen, Stadtviertel als ihr eigen betrachten, liegt in ihrer muslimischen Denkweise. Sie wohnen, sie besitzen, sie haben es erobert. Wie läuft es denn ab, der Pascha kauft ein Haus, dann das nächste, irgendwann gehört ihnen die Straße, irgendwann die Stadt usw. Das wird explizit gesagt, es wird nicht verschwiegen, Duisburg-Marxloh, Neukölln usw. Wie heißen ihre Moscheen? „Eroberung“, nach Kalifen oder Sultanen, die Ungläubige erobert haben. Was hat Erdogan gesagt? Wenn man alles nicht wahrhaben will, wundert man sich. Das ist das Ergebnis! Intoleranz wird mit Toleranz begegnet. Haben die Rollator-Putschisten einen Böller geworfen? Haben sie… Mehr

Lackyeric
1 Jahr her

Was leider bei der ganzen Sache vergessen wird: Bei der Berliner Polizei sowie der Berliner Feuerwehr arbeitet mittlerweile ein beachtlicher Anteil von Migranten. Diese müssen sich doch völlig bekloppt vorkommen, wenn Sie mit diesen Zuständen, von einer völlig realitätsfremden und idiotischen Politik verursachten Politik, konfrontiert werden.

Peter Silie
1 Jahr her

Bin mal gespannt, was passiert, wenn es die ersten Toten gibt. Leider kann man davon ausgehen, daß das so kommen wird. Das Problem ist erst weg, wenn diese Leute weg sind. So einfach ist das und jeder weiß das.

Sandkorn
1 Jahr her

„Dabei können solche Aufnahmen – wie man etwa am Fall George Floyd sehen konnte – vieles auch noch im Nachhinein aufklären.“
Nein, der Fall George Floyd zeigte lediglich dass wenn ein Drogensüchtiger Schwerverbrecher an einer Überdosis stirbt es (den „Anti-Rassisten“) zuallererst auf seine Hautfarbe ankommt.
Da die Hautfarbe des Polizisten auf Täter und die Hautfarbe des Verbrechers auf Opfer hindeuteten, forderte schließlich ein randalierender Mob, angeführt von Politikerinnen der Democrats, die Verurteilung des bösen Täters.

Helfen.heilen.80
1 Jahr her

Der Kommentar der Justizsenatorin Kreck (Linkspartei) … ‚Die Urteile müssten vor allem eines: „fehlerfrei zustande kommen“.‘ lässt aufmerken. Er ist gänzlich überflüssig, denn von einem fehlerfreien Ablauf bei den staatlichen Organen sollte man per se selbstverständlich ausgehen können.
Was bleibt ist ein „maskierter“ Gesprächsbeitrag, der die Richtung ihrer persönlichen Zugewandtheit subtil erkennen lässt. Ob Frau Kreck ähnlich fürsorgliche Denkanstösse beim Umgang mit anderen Milieus zum besten gibt darf abgewartet werden.

Richy
1 Jahr her

Und was werden diese Randale wie Folgen haben? Für die Randalierer und Verbrecher wohl kaum welche. Ich bin übrigens gegen Gas- und Signalpistolen, aber der Zug ist abgefahren. Viel zu viele davon sind im Umlauf und nicht mehr nachzuvollziehen. Wer sich tatsächlich vor Übergriffen schützen will, der soll doch ein Spray nehmen. Und, Gott sei Dank, wurden ja keine „scharfen“ Waffen eingesetzt. Aber was will die totale Fehlbesetzung Faeser, sie will „scharfe“ Selbstladewaffen verbieten. Diese spielten aber keine Rolle bei diesen Ausschreitungen und befinden sich jedoch zu 99,9 % im Besitz von verantwortlichen Personen, wie Jäger, Sportschützen und Sammlern. Die… Mehr