BASF: Abbau in Ludwigshafen, Aufbau in China

Der unter Kostendruck geratene Chemiekonzern BASF will Produktionskapazität an seinem Stammsitz stilllegen. In Zhanjiang investiert das Unternehmen dagegen 10 Milliarden Euro.

IMAGO / U. J. Alexander
BASF in Ludwigshafen

Der Chemiekonzern BASF will seine Produktion am bisherigen Hauptstandort Ludwigshafen weiter zurückfahren. Wie das Handelsblatt meldet, plant der Konzern, einen Teil seiner Ammoniak-Produktion in Ludwigshafen einzustellen. BASF betreibt an seinem Stammsitz zwei Ammoniak-Herstellungsanlagen, die im vergangenen Jahr schon zeitweilig wegen der hohen Gaspreise nicht mehr wirtschaftlich arbeiten konnten und deshalb erst einmal vorübergehend stillgelegt worden waren. Zwar normalisieren sich die Gaspreise wieder – bleiben aber im Vergleich zu früheren Jahren hoch. Auch bei der Elektroenergie deutet sich keine Rückkehr zu den relativ niedrigen Industriestrompreisen aus der Zeit vor 2022 an. BASF zählt zu den größten industriellen Stromkunden in Deutschland. Allein das Stammwerk in Ludwigshafen verbraucht etwa so viel wie ganz Dänemark.

Studie des Wuppertal Instituts
Grüne Wasserstoffwirtschaft bedeutet Wertschöpfung in Afrika statt Deutschland
Schon im Herbst 2022 hatte die Konzernführung angekündigt, bis Ende 2024 außerhalb der Produktion 500 Millionen Euro einzusparen. Dazu soll auch Personalabbau beitragen. Der offenbar geplante Ausstieg aus der Ammoniakherstellung in Deutschland weist darauf hin, dass das Großunternehmen – was auf Gewerkschaftsseite viele befürchten – sich weiter Schritt für Schritt aus Deutschland zurückzieht, um den hohen Energiekosten auszuweichen. Der Dax-Konzern steht wegen hoher Kosten und sinkender Marken unter Druck. In seiner Chemie-Sparte betrug das Ergebnis vor Zinsen und Abschreibungen im 3. Quartal 2022 nur noch 322 Millionen Euro – nach 877 Millionen im Vergleichsquartal 2021.

Der international tätige Konzern mit einem Gesamtumsatz von 78,6 Milliarden Euro und 111.000 Mitarbeitern (2021) gehört gleichzeitig zu den größten westlichen Investoren in China. Im Jahr 2020 begann der Bau des Chemiekomplexes in Zhanjiang, der schrittweise bis 2025 in Betrieb genommen wird. Die Errichtung des Werks für insgesamt 10 Milliarden Euro stellt die größte Einzelinvestition in der Konzerngeschichte von BASF dar. Sie dürfte die Bedeutung des Stammsitzes in Ludwigshafen weiter relativieren.

Schon in den vergangenen Jahren verschoben sich bei BASF die Gewichte immer deutlicher zu Investitionen im Ausland. Wurden im Jahr 2014 noch 43 Prozent des Umsatzes in Deutschland erwirtschaftet, waren es 2021 nur noch 16 Prozent. Damit lag das Heimatland des Gründers Friedrich Engelhorn nur noch auf Platz drei – nach Nordamerika (28 Prozent) und dem asiatisch-pazifischen Raum (26 Prozent).

Vermutlich am Freitag wird der BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller mitteilen, wie stark der Arbeitsplatzabbau in Ludwigshafen genau ausfällt. Die Industriegewerkschaft BCE nannte die Pläne schon vorab „maximal instinktlos“.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 103 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

103 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Phakinee
1 Jahr her

Die Pläne der BASF Geschäftsführung sind nicht „instinktlos“ sondern zeugen gerade von geschäftlichen Instinkt. Und ein Arbeitsplatz in China ist für die Menschheit insgesamt nicht weniger wert als der in Allemannda. Wollen wir denn nicht sowieso die ganze Welt beglücken?

Ernst K.
1 Jahr her

Für die Ampel ist die Abwanderung der Produktion ein Geschenk, bedeutet sie doch eine Reduzierung des Energieverbrauchs resp. des CO2-Ausstoßes, und ein Blackout wird immer unwahrscheinlicher.

Daß der Michel dabei auch verarmt, scheint ihn nicht zu stören. Die sog. demokratischen Parteien können auch weiterhin mit 90% Zustimmung rechnen.

Dietmar Kuehne
1 Jahr her

Sehr verehrte Redaktion, Sie lassen sich doch nicht von aktuell bekanntlich kostspieligen Weichspülprogrammen zu unkritischen Texten hinreißen? Wenn ein Großkonzern für 10 Milliarden Euro neue Produktionsstätten bis 2025 in China baut und in Betrieb nimmt, dann hat er dieses vor mindestens 10 Jahren begonnen zu planen und umzusetzen. Die hiesige langjährige Energiepolitik weist ja wie auf Bruegels Gemälde „Der Blindensturz“ unausweichlich in den Abgrund der Deindustrialisierung in unserem Land. Einer der Blinden ist sicher „Führungsmitglied“ der Industriegewerkschaft. Diesen Absturz sollte man mit deutlich offeneren Augen begleiten! Doppelzüngigkeit eines Brudermüllers scheint bei der langjährigen Beratertätigkeit im Kanzlerinnenamt von der Öffentlichkeit einschl.… Mehr

Thorsten
1 Jahr her
Antworten an  Dietmar Kuehne

In China sind die Planungsprozesse nicht so langwierig. Aber sie haben Recht, die BASF hatte das neue Werk schon länger im Blick.
Das hier in Deutschland dicht gemacht wird, hat in erster Linie mit der Nordstream-Sprengung zusammen. Die Hintergründe stehen ja im Hersh-Report.

Dietmar Kuehne
1 Jahr her
Antworten an  Thorsten

Das ist nur der letzte hilfreiche Impuls, um den schon lange in Planung befindlichen Auszug hier in der Öffentlichkeit besser verkaufen zu können. Wer in der Planung seit vielen Jahrzehnten tätig ist, weiß ja, wie sich Planungssicherheit bezüglich genehmigenden Instanzen sowohl regional, national als auch auf europäischer Ebene unfassbar verfärbt hat und sich hierzulande für global agierende Konzerne seit vielen Jahren schon völlig indiskutabel darstellt. Es wird von unseren Führungskräften aber nicht kommuniziert und von den Medien nicht kritisch hinterfragt.

Dietmar Kuehne
1 Jahr her
Antworten an  Dietmar Kuehne

Wir sind uns ja da grundsätzlich alle völlig einer Meinung! Ich darf jedoch bezüglich Zeithorizonte bei Planungen (d.h. natürlich einschl. der ersten grundlegenden „Skizzen“ zu Strategien) mal den Werdegang des Herrn Brudermüller bei BASF auszugsweise zitieren, um zu verdeutlichen, welch enorme berufliche Erfahrung da am Rhein die Richtung weist (also alles andere als das „Hand in Hand der Blinden“ am Spreebogen): 1988 Eintritt in das Ammoniaklabor der BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen ……diverse Führungsfunktionen bei BASF 2001 Senior Vice President, Strategische Planung BASF-Gruppe, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen 2006 Mitglied des Vorstands, BASF Aktiengesellschaft (seit 14. Januar 2008 BASF SE), verantwortlich für die Region… Mehr

CIVIS
1 Jahr her

Zitat. > Die Industriegewerkschaft BCE nannte die Pläne schon vorab „maximal instinktlos“. <

Verstehe ich nicht.
Die BCE hat doch immer Merkel und jetzt der grünen Ampel bedingungslos zugejubelt. Die hohen Energiepreise sind politisch gewollt und so initiiert.
Und außerdem sinkt ja jetzt durch die Verlagerung der Produktion nach China der CO2-Ausstoß, zumindest in und um Ludwigshafen, ganz gewaltig !

Also liebe Industriegewerkschaft BCE, …man muss sich schon entscheiden können.

Helmut in Aporie
1 Jahr her

… die sich nie amortisieren, die nur dank der Zuschüsse aus den Steuerkassen gebaut und erhalten werden können.
Bei uns in einem windschwachen Gebiet wird jetzt eine neuer Wind-„Park“ errichtet. Vier der Monster sind gerade fertig geworden. Wir haben jetzt 14 solche Dinger im engsten Umkreis. Auf ihren Hügeln überragen sie alles.
Die Region hier am Rande des Odenwaldes nennt sich Madonnenländchen, malerisches Madonnenländchen.
Das war einmal.

Helmut in Aporie
1 Jahr her

Ich habe einige Jahre als Ingenieur in der BASF gearbeitet. Damals waren da rd. 50.000 Beschäftigte. Das war eine richtige Stadt mit eigenen Autos, Motorrädern und Werkspolizei. Auch Ampeln gab, es große Kantinen und, etwas angegliedert, Freizeiteinrichtungen und vieles mehr. Es gab Hilfen zum Erwerb von Eigenheimen samt Bauplätzen, Ärzte usw.. Man konnte auch einkaufen, es gab alles, sogar günstiger als außerhalb. Wer dort Arbeit hatte, musste sich nicht mehr sorgen. Die soziale Absicherung war optimal. Dass das einmal in Gefahr kommen würde, zerstört zu werden, war undenkbar. So ähnlich war das auch bei den großen Unternehmen der Autoindustrie. War!… Mehr

Sancho
1 Jahr her
Antworten an  Helmut in Aporie

…es gab Gesundheitsvorsorge für die Familien der Betriebsangehörigen,
es gab Erholungskuren für Kinder, eine eigene Bücherei, den Bürgern von
Lu. wurde ein Hallenbad geschenkt (heute geschlossen) und vieles mehr….

AnSi
1 Jahr her

Es mehren sich die Meldungen. Ich bekomme momentan viele Anfragen von deutschen Firmen, die ihre Produktionsstätten nach USA oder Mexico verlegen wollen. In D möchten sie nicht mehr investieren. BASF ist auch eine davon, hier Standort Detroit. Mich freut es, denn so habe ich hier in USA viel zu tun und kann gut auskommen. Weiter so! Finis Germania 😀

Hummi
1 Jahr her

Nur weiter so , vielleicht kapiert dann mal dieses selten dämliche Volk wo die Reise hingeht , wenn man diesen politischen Wahn nicht bald stoppt

Elki
1 Jahr her

Im Großraum Rhein-Neckar mit Ludwigshafen/Mannheim/Heidelberg/Worms und den vielen Orten um diese Städte herum sind somit Arbeitnehmer aus Rheinland-Pfalz, Baden-Würtemberg und Hessen betroffen. Nun soll es der fehlende Umsatz in Deutschland im Jahr 2021 gewesen sein anstatt der auch von diesen Arbeitnehmern gewählten Parteien, die Deutschland in ein energiearmes (und damit exorbitant energieteures) Land verwandeln wollen?

Donostia
1 Jahr her

Endlich eine gute Nachricht. Durch den Produktionsrückgang senken wir den CO2 Ausstoss und können uns noch besser fühlen.