Amtsgericht erklärt Corona-Verordnung für verfassungswidrig

Das Amtsgericht Ludwigsburg sprach einen Mann frei, der zum Zahlen eines Bußgeldes wegen Verstoßes gegen Corona-Maßnahmen verdonnert werden sollte. Das Gericht begründet das mit der Verfassungswidrigkeit der Verordnung als solche.

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Das Amtsgericht Ludwigsburg hat einen Bußgeldbescheid aufgrund der Coronaverordnungen als Rechts-und Faktenwidrig aufgehoben. Das Urteil, das TE vorliegt, ist ein Rüffel für den Staat – das Gericht zerpflückt die Argumentation der Staatsanwaltschaft nach Strich und Faden.

Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, dass er sich im Mai 2020 trotz eines Aufenthaltsverbots mit mehr als einer weiteren Person, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstands gehört, im öffentlichen Raum aufgehalten habe. Konkret beschreibt ein Zeuge der Anklage, wie der Beschuldigte und zwei weitere Personen sich an einem Streifenwagen „vorbeischlängelten“. Dabei hielten sie keinen MIndestabstand ein. Auch nach einer Kontrolle wurde der Mindestabstand missachtet, sobald sich die drei Personen rund 100 Meter entfernt hatten, heißt es.

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Doch der Betroffene sei schon „aus rechtlichen Gründen“ freizusprechen, urteilte die Richterin – denn die Coronaverordnung, auf deren Basis der Bußgeldbescheid erging, sei „verfassungswidrig und damit nichtig“. Diese Verfassungswidrigkeit stellte das Gericht selbst fest: Die „Regelung im Verordnungswege“ verstoße gegen den Parlamentsvorbehalt und überschreite ohnehin den Gestaltungsspielraum der Exekutive. Zusätzlich sei durch die in schneller Folge vorgenommenen Änderungen der Coronaverordnungen keine Rechtssicherheit mehr gegeben. Letzteres gilt nicht nur für den Bürger, sondern auch für die Polizei: Die als Zeugen geladenen Polizisten sagten aus, dass nicht genau bekannt war, was zum jeweiligen Verstoßzeitpunkt erlaubt und was verboten war.

Außerdem befasste sich das Gericht noch mit der Tatsachenfeststellung – auch das ging nicht sonderlich gut für die Exekutive aus. Selbst wenn man von der Anwendbarkeit der Corona-Verordnung vom 9.05.2020 ausgehe, sei der Betroffene aus „tatsächlichen Gründen“ freizusprechen, da das versetzte Vorbeilaufen am geparkten Streifenwagen nicht als gemeinsamer Aufenthalt im öffentlichen Raum anzusehen sei. Wie absurd diese Argumentation sei, legt das Gericht in fast schon erheiternder Deutlichkeit dar: „Der Ort im Sinne der CoronaVO ist ausweislich des § 3 Abs. 1 S. 1 der öffentliche Raum, was in Konsequenz bedeuten würde, dass sich im gesamten öffentlichen Raum jeweils nur eine Person mit ihren Haushaltsangehörigen und einem weiteren Haushalt aufhalten dürfte. Dies geht jedoch offensichtlich zu weit und bedarf aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebotes der Bestimmtheit einer konkretisierenden Auslegung. (…) Zu fordern ist daher sowohl ein subjektives Element im Sinne des gemeinsamen Aufenthalts als auch ein zeitliches Moment, um eine uferlose Ausweitung des Tatbestandes zu vermeiden.“

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Kommentare ( 18 )

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moorwald
3 Jahre her

In Hamburg hat ein Verwaltungsgericht gewisse Einschränkungen für Jogger für rechtswidrig befunden. Wie so oft, betrifft es das Recht, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen. – „Nicht verhältnismäßig…“ Dieses Verdikt werden wir noch öfter zu lesen bekommen. Es ist das Merkmal (der Makel) der allermeisten Anordnungen.
Und zeigt die Grundtendenz, die hinter allem herrscht.

Roland Mueller
3 Jahre her

Die Richterin gehört zu den ganz wenigen Bundesbürgern, die das Bundesverdienstkreuz wirklich verdient haben. Aber leider wird unser Grüßaugust sie einfach übergehen.

moorwald
3 Jahre her

Nun müssen schon Amtsgerichte eine Verfassungswidrigkeit (nicht zum erstenmal) des ganzen Corona-Zaubers feststellen.
Einerseits sehr erfreulich. Beweist es doch, daß es dazu keiner Spezialkenntnisse und – vor allem – auch keiner amtlich beglaubigten Zuständigkeit bedarf.
Andererseits natürlich bezeichend für die Sorgfalt, mit der bei uns Gesetze und Ausführungsverordnungen verfaßt werden.
Oder wird es einfach mal probiert und hat das Methode?

ratio substituo habitus
3 Jahre her

Das ist nur ein Einzelfall von regionaler Bedeutung, über den die ÖR-medien nicht berichten werden.
Die Frage ist doch, warum das BVerfG schon seit über einem Jahr schweigt? Unser GG hat – trotz schöner Formulierungen – die gleiche Schwachstelle wie die Weimarer Republik. Eine Verfassung kann sich nicht selbst schützen. Das müssen schon die Menschen machen.
Einige haben Eid darauf geleistet und werden fürstlich für ihre Aufgabe alimentiert. Wenn die versagen, von oben, vom Bundespräsidenten angefangen, dann haben wir ein massives gesellschaftliches Problem.
Art 20 IV GG.

mlw_reloaded
3 Jahre her

Die BRD war nie dagegen gefeit, auf demokratischem Weg unterminiert zu werden. Aus der Machtergreifung der 30er Jahre wurde nichts gelernt.

Toby
3 Jahre her

Die Frage ist doch, warum das BVerfG schon seit über einem Jahr schweigt?

Ganz einfach: Das BVerfG wurde Stück für Stück mit Parteigenossen (insbesondere solcher linksgrün-merkelscher Provenienz) besetzt. Hadmut Danisch hat zur Richterin Baer ja einiges in seinem Blog geschrieben.

Don Didi
3 Jahre her

„Einige haben Eid darauf geleistet“
Niemand dieser Vasallen hat tatsächlich einen Eid geleistet.
Der sogenannte „Amtseid“ ist lediglich eine rein protokollarische Floskel ohne jeden Wert, es ist kein Eid im juristischen Sinne.

Protestwaehler
3 Jahre her

Anscheinend rebellieren immer mehr Richter gegen Merkels Corona-Tyrannei.

November Man
3 Jahre her

 Der Verfassungsschutz beobachtet die Falschen.
Er sollte mal die Parteien beobachten denen von deutschen Gerichten immer und immer wieder verfassungsfeindliches Handeln bescheinigt werden muss.

Stuttgarterin
3 Jahre her

Ein kleiner Lichtblick!

Ulrich Bohl
3 Jahre her

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Nach diesem Prinzip läuft die Politik der Regierung auch bei der Virusbekämpfung in Deutschland . Weil die meisten gar nicht begreifen was wir ( einschließlich vieler Politiker) da beschlossen haben. Zur Rechtfertigung ist festzustellen, die vielfach irren sich widersprechenden Bestimmungen die auch noch ständig verändert werden sind nicht zu verstehen.und… Mehr

Danton
3 Jahre her

Da ist nicht nur die Argumentation der Anklage total surreal, nein, alleine die Tatsache das sich ein System etabliert hat das es zulässt erwachsene Bürger wegen ihrer Existenz zu belangen zeugt von einer dermaßen kranken Politik und Juristerei das es nicht wahr sein dürfte, sollte, kann. Vor Gericht erscheinen zu müssen nur weil man da war, an einem Ort wo kein Verbrechen passierte, im freien Raum, als einfacher Mensch, ein Bußgeld zu kassieren wegen dem nackten Dasein, muß das nicht aus einer tiefen, triefenden Verachtung gegenüber der Natur des Menschen gekrochen sein? Wie absonderlich ist solch eine Ordnung, in der… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Danton
Vox critica
3 Jahre her

Dass die ganze Corona-Politik größtenteils nicht GG-konform ist, liegt auf der Hand. Was allerdings fehlt, ist eine Grundsatzentscheidung des BVG, inwiefern Bund und Länder überhaupt dazu befugt sind, die im GG garantierten Grundrechte derart einzuschränken.

Alois Dimpflmoser
3 Jahre her
Antworten an  Vox critica

Donnerwetter!
Die Halbgötter in Rot haben – sorry – nicht den A… in der Hose, diesem verfassungswidrigen Spuk ein Ende zu bereiten.
Da muss erst eine Amtsrichterin an vorderster Front hergehen und der Politik die Leviten lesen.
Chapeau!

Mausi
3 Jahre her
Antworten an  Vox critica

Das ist ja das Schöne, bis das Urteil kommt, ist so viel Wasser die Themse hinunter geflossen… Bis dahin wird versucht, alles wasserfest zu machen, vgl. auch die Migration. Dann mögen zwar die alten Regeln gekippt sein, aber die neuen nicht.