Karl Lauterbach will Kinderärzte besser bezahlen – Aber …

Kinderärzte arbeiten über die Belastungsgrenze hinaus. In vielen Fällen tun sie das ohne Bezahlung. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versprach laut zu helfen. Kommt jetzt allerdings mit einem Aber.

IMAGO / Political-Moments

Wir werden die Budgetierung für Kinderärzte aufheben. Wenn sie in der aktuellen Krise schon bis zur Erschöpfung arbeiten, sollen sie das wenigstens nicht ohne Bezahlung tun. Im Bundestag redete Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) klipp und klar. Es klang wie das deutliche Versprechen eines Mannes. Die Medien berichteten breit darüber – auch TE.

Kinderärzte rebellieren
Hat Karl Lauterbach im Bundestag gelogen?
Aber am nächsten Tag nahm Lauterbach dieses eindeutige Versprechen zurück. Leise. In einem Brief an die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Mit den Gremien gebe es Probleme. Es war der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Westfalen-Lippe, der dieses Vorgehen öffentlich machte. Die Kinderärzte forderten den Rücktritt Lauterbachs, wenn er sein Versprechen nicht umsetzt. Außerdem drohten sie damit, die Versorgung trotz der aktuellen Notlage auf das Nötigste zurückzufahren.

TE hat nachgefragt, ob Lauterbach sein Versprechen halten will. Dazu erklärte sein Ministerium schriftlich: Im kommenden Frühjahr werde ein Gesetz kommen, in dem die Ampelkoalition durchsetzen wolle, „dass dauerhaft die Leistungen im Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin ohne Mengenbegrenzung mit festen Preisen der Euro-Gebührenordnung (Euro-GO) vergütet werden“. Das heißt: Bisher werden Ärzte budgetiert. Jeden Tag können sie nur eine bestimmte Menge an Behandlungen abrechnen. Auch wenn sie wie jetzt in der Krise deutlich mehr arbeiten. Diese Budgetierung wollen Lauterbach und die Ampel aufheben – laut Erklärung des Ministeriums. Kinderärzte sollen demnach für mehr Arbeit auch mehr Geld erhalten.

Außerdem habe Lauterbach den Bewertungsausschuss aufgefordert, „kurzfristig angepasste Empfehlungen zur Vereinbarung des nicht vorhersehbaren Anstiegs des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs zu beschließen“. Das heißt: Die Kinderärzte sollen von den Krankenkassen schon mehr Geld erhalten, bevor die Ampel im Frühjahr das versprochene Gesetz beschließt. Im Bundestag hatte Lauterbach vergangene Woche zudem versprochen, dass die Kinderärzte unmittelbar mehr Geld erhalten. Nun schreibt Lauterbachs Ministerium: „Die betroffenen ärztlichen Mehrleistungen, wie bei der jetzt überdurchschnittlichen Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen, werden dann rückwirkend und bis einschließlich 31. März 2023 zusätzlich und mit festen Preisen der Euro-GO vergütet werden.“

TE will vom Ministerium auch wissen, ob Lauterbach von den Problemen in der Umsetzung nichts wusste, als er im Bundestag die bessere Bezahlung der Kinderärzte versprochen hat. Und warum die Ankündigung so lautstark erfolgte, Lauterbach und sein Haus die Einschränkungen aber dann nicht öffentlich kommuniziert haben. Über beide Fragen geht das Gesundheitsministerium in seiner Antwort hinweg.

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Kommentare ( 22 )

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GefanzerterAloholiker
1 Jahr her

Laut Our World in Data (Quelle: die Johns Hopkins University) stellt Deutschland inzwischen gut jedes zehnte Pandemie-Opfer weltweit. Im weltweiten Durchschnitt sind es 0,26 Covid-Tote pro Million Einwohner, in Deutschland 2,90.
Das ist mehr als das 11-fache.
Die Zahl fiel achgut.com auf, wo ich sie fand. Ob sie Karl Lauterbach auch auffällt?

Irdifu
1 Jahr her

Wäre ich Kinderarzt , auf Hilfe von diesem Menschen würde ich freiwillig verzichten . Die miserabele Bezahlung von Ärzten mit der Fallpauschale ist auf seinem Mist gewachsen und jetzt will er den ,“ GUTEN “
raushängen lassen . Früher mussten Politiker wegen einer Lüge zurück treten , heute fliegt einer anscheinend nur wenn er die Wahrheit sagt.

Ludwig Reiners
1 Jahr her

Lauterbach will vorübergehend kurzfristig mit Geld werfen. Bis 31.3.23, dann gibts wieder Planwirtschaft und sozialistischen Mangel. Nicht vergessen, die Honorare der Ärzte – auch der Kinderärzte – wurden von Lauterbach gekürzt, sprich die Ärzte bekommen ab 1.1. WENIGER Honorar. Und die Krankenkassen wollen für die folgenden zwei Jahre eine NULLRUNDE, nicht einmal den vorgeschriebenen Inflationsausgleich wollen die Kassen zahlen. Zum Thema Budgetierung: In der sozialistischen Planwirtschaft unseres Gesundheitssystems, in der unbegrenzt Leistungen versprochen werden bei gleichzeitig fest begrenztem Gesamthonorar, ist eine Rationierung und Mangelversorgung zwangsweise die Folge. Die Bürger sind zwangs“versichert“ und sehen dann natürlich zu, im Gegenzug soviele Leistungen… Mehr

ktgund
1 Jahr her

Der Sinn der Budgetierung besteht darin, anlasslose und ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden. Das ist sehr im Sinne der Patienten. Lauterbach will, wie auch sein Vorgänger, diese aus gutem Grund errichteten Restriktionen schleifen, ohne darüber zu sprechen, wie man die Ärzte zu verantwortungsvollem Umgang mit Geldern und dem Verzicht auf nicht notwendige Behandlungen erzieht. Dass Ärzte von sich aus nicht ethisch, sondern in erster Linie ökonomisch handeln, weiß jeder, der im Gesundheitswesen unterwegs ist und alleine jüngst den Impfeifer verfolgte. Da gab es Praxen, die haben extra MFA abgestellt, die am Fließband impften, Patientengespräche, Aufklärung oder gar Prüfung auf Kontrainidikationen gab… Mehr

Astrid
1 Jahr her

Das könnte klappen, denn die meisten Ärzten geht es nur um Geld und alles andere ist dem untergeordnet. Bei dem kleinen Pieks hat man das ja schon so erlebt, da hat die Kasse mächtig geklingelt und jetzt eben bei den Kindern. Worum geht es hier im Grunde: Ein Kinderarzt braucht Zeit, Empathie und ganz viel Liebe zu den Kindern, um diesen Beruf als Berufung auszuüben und hierbei hilft kein noch mehr an Geld, sondern bessere Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse für Eltern und Kinder. Diese Gesellschaft ist größtenteils so kinderfeindlich, wie es Generationen vor uns niemals waren. Es gibt keinen geschützen Raum… Mehr

MisterX
1 Jahr her
Antworten an  Astrid

Da fragt man sich dann, warum einige Eltern überhaupt Kinder wollen, wenn sie keine Zeit mit ihnen verbrinen wollen. Scheint ja oft eine Art von „Lebenskonzept“ zu sein, mit Karriere, Ehe und Kindern, weil das eben alle so machen und man nicht in der Lage ist, eigene, von anderen abweichende, Lebensentscheidungen zu treffen.
Ich hab schon im Bekanntenkreis erlebt, dass die Frau ein Kind wollte und er im Gegenzug ein Motorrad bekommt. Win-Win oder…

Klaus D
1 Jahr her

Kinderärzte arbeiten über die Belastungsgrenze hinaus. In vielen Fällen tun sie das ohne Bezahlung…..die überstunden sind meistens schon mit dem hohen lohn für den job abgegolten! Und ja so jobs wo man studiert hat fordern dann 110% einsatz und das geht dann sehr oft über die belastungsgrenze hinaus. Aber das ist auch in vielen anderen jobs so zb in der leiharbeit…3 schichten, we und feiertags arbeit, überstunden ohne ende UND das zu einem viel geringerem lohn bzw einen sehr niedrigen lohn. Ja die arbeitstwelt ist hart geworden und kommt so langsam auch in der MITTE an bzw ist schon angekommen… Mehr

Boris G
1 Jahr her

Das deutsche Gesundheitswesen ist durch kafkaeske Strukturen gekennzeichnet und dadurch ineffektiv. Seit 1990 ist die Zahl der Ärzte bei nur leicht wachsender Bevölkerung um sagenhafte 65% angestiegen. Wer einmal einen Tag in einer Kinderarztpraxis hospitiert, wird folgende Beobachtung machen: Vorrang haben die sogenannten U-Untersuchungen, die Kritiker auch ein „Massenscreening von Gesunden“ nennen – sehr gut bezahlt und für den Arzt praktisch ohne Risiko. Für akut kranke kleine Patienten bleibt dann kaum noch Zeit und man verweist gerne an die überlasteten Klinikambulanzen. Wehe, Eltern versäumen eine der elf Vorsorgeuntersuchungen, dann meldet sich das Gesundheitsamt bei ihnen!

Bubi1111
1 Jahr her
Antworten an  Boris G

Lieber Boris sie wissen nicht was sie da behaupten – Gesunde? Es gibt viele Arten von Entwicklungsstörungen, -verzögerungen, Sehfehler, Hörstörungen, Wachstumsstörungen, Herzfehler und und und.. Und wenn diese dann entdeckt werden, eventuell mit zeitlicher Verzögerung, dann ist der Arzt schuld, dann wehe wehe…- Ihr Kinderarzt!

Boris G
1 Jahr her
Antworten an  Bubi1111

Oh, ja, natürlich gibt es Herzfehler bei Kindern – aber wie häufig? Und rechtfertigt das, dass für ein Massenscreening derart viele Mittel eingesetzt werden? Da geht es um die Effektivität der U-Untersuchungen: Wie viele KInder muss ich untersuchen, um eine Erkrankung zu entdecken? Das Massenscreening mittels Coloskopie bei Erwachsenen wird wieder offen diskutiert wird und deren Effektivität in Frage gestellt. Anderes Beispiel: Natürlich helfen Covid-Impfungen – aber die gesamte Bevölkerung mit welchem Impfstoff um welchen Preis? Die Number to vaccinate lag bei zugelassenen Impfstoffen zwischen 40 und 200, also mindestens 40 impfen, um eine schwere Infektion zu verhindern. Bei Grippeimpfstoffen… Mehr

h.milde
1 Jahr her

Der Zustand insbesondere des besten Deuchtlands das es jemals gab, in dem Kinder & Alte als schwächste Bevölkerungsanteile jetzt schon nicht mehr richtig ärztlich & medikamentös versorgt werden, erinnert mich irgendwie an -> „DER DRITTE MANN“, wo ein gewissenloser -> „Harry Lime“ Antibiotika panschte; um sie dann auf dem SCHWRZMARKT, heute vom BÄK-Ärzteboß Reinhart als FLOHMARKT bezeichnet, zu verkaufen, natürlich ebenfalls mit Inkaufnahme von Toten. Übrigens, wer glaubt, daß ausgerechnet derjenige, der für die Budgetierung ärztlicher Arbeit in den 80-90er mitverantwortlich war, eben diese Budgetierung, wenn auch nur teilweise aufhebt, glaubt auch daß der Klapperstorch nicht klappert, sondern Kinder bringt,… Mehr

Last edited 1 Jahr her by h.milde
November Man
1 Jahr her

Karl Lauterbach will Kinderärzte besser bezahlen – Damit der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Westfalen Lippe nicht weiter den Rücktritt Karl Lauterbachs (SPD) fordern?
Wenn die Politiker unbequeme Leute nicht in den Griff bekommen, dann versucht man sie zu kaufen.

Last edited 1 Jahr her by November Man
old man from black forrest
1 Jahr her

Bleibt zu hoffen, daß sich die Ärzte trotzdem – auch über die Erschöpfung hinaus – um die unschuldigen kleinen Würmer kümmern. Bei der Impfung haben sie es ja auch geschafft…