Vorwärts auf der schiefen Ebene

2025 endet für den Ohrfeigen-bewährten Kanzler mit der Klatsche in Brüssel. Nach dem gescheiterten Raubzug russischer Vermögensbestände richtet sich Berlins Blick auf das erträumte Comeback der Wirtschaft. Hier folgt die nächste Klatsche für unbedarfte Etatisten: Wohlstand lässt sich nicht mit Schulden herbeidrucken.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Ob der Bundeskanzler in seinem gegenwärtigen Job so etwas wie Erfüllung oder gar Freude empfindet, ist nur schwer zu ergründen. Nicht, dass Friedrich Merz sich durch seine zahlreichen politischen Täuschungsmanöver noch irgendeinen Anspruch auf berufliches Glück bewahrt hätte. Und doch bleibt ein wenig Neugier: Wie mag es um die Psyche eines Mannes bestellt sein, der sich seit bald acht Monaten von sozialdemokratischen Freibeutern wie Lars Klingbeil und Bärbel Bas am Nasenring durch die politische Manege ziehen lässt – vorgeführt und immer wieder der Lächerlichkeit preisgegeben?

Marsch in die Kommandowirtschaft

Merz’ vollmundige Ankündigungen vom Bürokratieabbau, der Entfesselung der Wirtschaft in einem vitalisierenden Herbst der Reformen, sein bizarrer Wirtschaftspatriotismus à la „Made for Germany“ – alles verfliegt im kleinsten Windhauch seiner innerkoalitionären Opposition. Es wirkt wie eine naive Komödie: Union und SPD camouflieren Reformpolitik, bloß, um den Zentralplan des Umbaus von Gesellschaft und Wirtschaft in eine grüne Kommandowirtschaft mit militärischem Industriekomplex in zunehmend rauer See in den sicheren Hafen zu steuern. Der gute alte Erich – was hätte ihm gefallen, was aus dem alten Erbfeind „BRD“ geworden ist.

Die anhaltende öffentliche Demütigung des ehemaligen BlackRock-Frühstücksdirektors Friedrich Merz fand ihren vorläufigen Höhepunkt am Freitag in Brüssel. Auf dem EU-Gipfel kassierte er eine schallende Ohrfeige von der kleinen Visegrád-Koalition um Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, die letztlich die Enteignung der russischen Vermögensbestände bei Euroclear verhinderte.

Wer um die Bedeutung von Euroclear weiß und auch nur ansatzweise ahnt, was es heißt, einen tragenden Pfeiler der auf Vertrauen gegründeten internationalen Finanzmarktarchitektur zu beschädigen, musste in diesem Moment aufatmen.

Denn was hier drohte, war nichts weniger als der fahrlässige Tritt gegen ein Systemfundament – sei es aus Unkenntnis, politischem Unvermögen oder aus einer fast manisch anmutenden Realitätsverweigerung angesichts des längst verlorenen Krieges in der Ukraine. Panik ersetzt Hirn, EU-Europa schraubt sich tiefer und tiefer in die Schulden- und Rezessionsspirale, deren beschleunigte Drehzahl inzwischen einst prosperierende Kommunen wie Stuttgart oder Wolfsburg fiskalisch aus dem Sattel hebt.

In Brüssel wurde Merz und seinen Mitstreitern eine Grenze aufgezeigt. Unmissverständlich. So schließt sich der Kreis eines für ihn unerquicklichen Jahres 2025. Und alles deutet darauf hin, dass das kommende Jahr kaum Anlass zu Optimismus gibt.

Dem Sonnenuntergang zu

Dass 2026 zu einer nahtlosen Fortsetzung des Katastrophenjahres 2025 wird, dafür sorgt allein die deutsche Wirtschaft. Zu einer ehrlichen ökonomischen Lageeinschätzung gehört zunächst die Bereitschaft zu ehrlicher Bestandsaufnahme. Der Staatsanteil an der Berechnung des deutschen Bruttoinlandsprodukts hat die magische Marke von 50 Prozent längst überschritten. Die Neuverschuldung wird im kommenden Jahr – bereinigt man die offiziellen Zahlen um die Buchführungstricks der Bundesregierung – bei rund 5,6 Prozent liegen.

Der unerbittlich geführte Kampf der Merz-Regierung gegen die Schuldenbremse zwingt inzwischen selbst die Ökonomen der Bundesbank zu einer nüchternen Bestandsaufnahme. Für das kommende Jahr rechnen sie mit einem offiziellen Haushaltsdefizit von 4,8 Prozent – eine Zahl, die unsere Einschätzung der tatsächlichen Neuverschuldung indirekt bestätigt.

Nullwachstum als statistische Täuschung

Versteht man den Staat als Konsumenten, der seine Defizite mit dem Schuldendrucker füllt, dann bedeutet ein statistisch ausgewiesenes Nullwachstum nichts anderes, als dass die private Wirtschaft, die die Güter und Dienstleistungen für den realen Konsumenten erzeugt, dramatisch schrumpft.

Um diesem ökonomischen Erosionsprozess entgegenzutreten, pumpt die Bundesregierung zusätzlich zum bereits hochdefizitären Haushalt jenes Sondervermögen in die Kanäle zweier Kunstökonomien: der grünen Katastrophenwirtschaft und des nun mit frischem Schwung aufgebauten Kriegssektors. Über 50 Milliarden Euro pro Jahr werden dafür zusätzlich am Kreditmarkt aufgenommen.

Es ist diese Melange aus ökonomischer Unkenntnis, historischer Ignoranz und beinahe kindlichem Wunderglauben, die sprachlos macht. Man darf mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass kein einziges Mitglied des Regierungskabinetts den logischen Gedanken nachvollziehen kann, dass ausschließlich aus dem Wirtschaftsprozess erspartes und in Investitionen transformiertes Kapital auf einem freien Markt Wohlstand schafft.

Das Duo Merz–Klingbeil errichtet eine Blasenökonomie, die ideologisch der grünen Transformation verpflichtet ist und geopolitisch einer historisch fatalen Idee folgt: dem Wachstum einer Kriegswirtschaft.

Die stille Erosion der realen Wirtschaft

Diese Politik mag den öffentlichen Dienst weiter aufblähen. Allein die Distribution dieser gigantischen Schulden- und Kreditprogramme bringt Zehntausende auf Kosten der produktiven Bevölkerungsgruppe in Lohn und Brot. Die hohe Schlagzahl der Regulatoren in Brüssel und Berlin hat die deutsche Wirtschaft in den vergangenen drei Jahren gezwungen, rund 325.000 neue Verwaltungsstellen zu schaffen – einzig und allein, um die Flut an Dokumentations- und Regulierungsvorschriften archivarisch zu bewältigen. Papier stapelt sich auf Papier, unsinnig, kafkaesk und ökonomisch zerstörerisch.

Der Staat betreibt damit ein faktisches Outsourcing seiner eigenen Bürokratie und verfälscht die Statistik gleich auf mehreren Ebenen. Während die Verwaltungsapparate wachsen, sind bereits Hunderttausende industrieller Arbeitsplätze verloren gegangen. Dass die Konsensschätzung für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2026 bei gerade einmal rund einem Prozent liegt, ist die eigentliche Katastrophenmeldung, die man in Berlin nun zu verdauen hat.

Dabei spielt es keine Rolle, wie viel Kredit der Staat dem Kapitalmarkt noch entzieht oder welche Anreizstrukturen er schafft, um auch privates Kapital in seine industriellen Brachen zu lenken – sei es grüner Stahl oder Windenergie. In diesem Umfeld schrumpft der private Sektor auch im kommenden Jahr um mindestens vier Prozent.

Der Wendepunkt

Für Friedrich Merz birgt diese ökonomische Katastrophe längst nicht mehr nur innenpolitischen Sprengstoff. Dreht sich die Abwärtsspirale beschleunigt weiter, wovon wir ausgehen müssen, werden Medienspiele, ritualisierte Unternehmerschelte, hohler Standortpatriotismus und permanente Durchhalteparolen nicht hinreichen, um den Bürgern zu erklären, weshalb ihr Aderlass bei Abgaben und auf dem Arbeitsmarkt stetig wächst, während niemand ernsthaft an die Ursachen der Misere herantritt.

Im Kern läuft diese Krise auf die Korrektur zweier fundamentaler ideologischer Fehlsteuerungen hinaus. Es wird der Moment kommen, in dem sich Deutschland von der linken Illusion verabschieden muss, dauerhaft als Weltsozialamt fungieren zu können. Dieser Einschnitt wird zusammenfallen mit dem Ende des zerstörerischen Klimasozialismus, der die deutsche Industrie entweder in die Insolvenz treibt oder sie den rational wirtschaftlich geführten Standorten in die Arme treibt.

Die Visegrád-Gruppe hat Merz demonstrativ gegen das Schienbein getreten. Doch die eigentliche Dynamik entfaltet sich darüber hinaus: Eine machtvolle Opposition konservativer Parteien und Regierungen – aus Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Italien – formiert sich. Sie wird der klimasozialistischen Medusa der Zentralplaner am Ende den Kopf abschlagen. Allerdings droht die Geburt des befreienden europäischen Perseus angesichts des scharfen Gegenwinds und harten Abwehrkampfs des mächtigen Zentralkörpers in Brüssel zu einer Problemgeburt mit langen Wehen zu werden.

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Kommentare ( 14 )

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14 Comments
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Klaus D
3 Stunden her

Die Visegrád-Gruppe….Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn sind alles nettoempfänger der EU und diese werden sich noch wundern wenn die AfD an die regierung kommt. Dann ist schluss mit dem umverteilungswahnsinn via EU – es kann doch nichts ein das wir für diese länder immer noch geld zahlen. Hier hätte herr Merz auch mal NEIN sagen müssen um diesen wahninsinn stoppen.

Ich muss das jetzt mal mit aller deutlichkeit sagen – WIR deutschen sind total bescheuert. WIR zahlen via EU für Polens aufrüstung während WIR für die aufrüstung der bundeswehr schulden machen.

Polen erhält knapp 44 Milliarden Euro aus EU-Rüstungsprogramm

https://www.handelsblatt.com/politik/international/safe-polen-erhaelt-knapp-44-milliarden-euro-aus-eu-ruestungsprogramm/100154112.html

Johannes R. Brecher
3 Stunden her

War gestern in verschiedenen Supermärkten, Discountern und im Obi einkaufen. Überall das selbe Bild, volle Einkaufswagen und lange Warteschlangen an den Kassen. Hatte Zeit die Leute zu beobachten, da meine Frau die Hauptlast dieser Beschaffungsorgie trug. Ich wette, 50-60% denken gar nicht an Politik, geschweige denn an Veränderung. Ihnen gehts noch viel zu gut und man riecht es förmlich, dass das Gros der Michel nicht über den Tellerrand schaut. Wir werden noch einige Zeit Merz erleben müssen, bis ein Ungleichgewicht von Angebot und Geldbörse spürbar wird. Das waren so meine schwermütigen Gedanken und die übervollen Parkplätze eine weitere Bestätgung. Allen… Mehr

Last edited 3 Stunden her by Johannes R. Brecher
Bubi1111
3 Stunden her

„Auf dem EU-Gipfel kassierte er eine schallende Ohrfeige von der kleinen Visegrád-Koalition um Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, die letztlich die Enteignung der russischen Vermögensbestände bei Euroclear verhinderte“ „Am Sonntag berichtete die Financial Times unter Berufung auf einen anonymen hochrangigen EU-Diplomaten: „Macron hat Merz verraten, und er weiß, dass er dafür einen Preis zahlen wird.“ Laut dem Bericht habe der französische Präsident zwar nicht öffentlich gegen den sogenannten „Reparationskredit“ protestiert, dessen Rechtmäßigkeit aber intern infrage gestellt. Darüber hinaus habe sein Team angedeutet, dass Frankreich angesichts seiner hohen Verschuldung wohl kaum Garantien übernehmen werde, falls die beschlagnahmten Vermögenswerte an Russland zurückgegeben werden… Mehr

Dr. Friedrich Walter
3 Stunden her

Merz kann all diese „Ohrfeigen“ als Erfolge darstellem, indem er sich auf die christliche Tugend beruft, auch die andere Wange hinzuhalten. Klingbeil und Bas machen reichlich Gebrauch von diesem Angebot…!

Last edited 3 Stunden her by Dr. Friedrich Walter
humerd
3 Stunden her

Wohlstand lässt sich auch nicht mit Massenmigration herbei zwingen und Rentenkürzungen bringen ebenfalls keinen Wohlstand. Bei Olaf Scholz hatte ich immer die Assoziation zur Grinsekatze aus dem Märchen Alice im Wunderland. Nicht nur optisch „. Für Alice ist sie gleichermaßen ein Gehilfe als auch jemand, dem sie nur schwer trauen kann. Sie gibt Ratschläge in Rätselform, benutzt Wortspiele, die keiner außer ihr versteht oder lässt das junge Mädchen kurz vor dem Durchbruch einer Erkenntnis oder nach der Stellung einer weiterbringenden Frage ohne Antwort alleine zurück.„ Bei F. Merz habe ich immer die Assoziation zum „Ritter der traurigen Gestalt“ Don Quijote „Don… Mehr

Der Person
3 Stunden her

„Es ist diese Melange aus ökonomischer Unkenntnis, historischer Ignoranz und beinahe kindlichem Wunderglauben, die sprachlos macht.“ Es ist die Unfähigkeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen und sich von seinen kindlichen Vorstellungen zu trennen, die „sprachlos“ macht. Die Verweigerung, den Menschen volle Absicht zu unterstellen, wenn deren Motiv nicht zur eigenen Moral passt. Letztendlich ist es dieselbe Schwäche, die von „psychisch gestört“ oder „schwere Erkrankung“ faselt, wenn mal wieder ein Islamist vorsätzlich in eine Menschenmenge fährt. Das Klammern an Lebenslügen, an die Indoktrination. Realitätsverweigerung, die einen erst zum Mittäter und dann zum Opfer werden lässt. Das war´s dann für mich,… Mehr

Heptamer
4 Stunden her

Die Etikette bewahrt mich vor den Worten, die ich überhaupt noch für diese Regierung und ihren Kanzler übrig habe. Das Geld in Sozialgedöns und für (zu viele) unberechtigter Asylanten ausgeben, das Kaufen von Waffen für wirtschaftliche Großtaten halten und ansonsten nichts auf die Kette kriegen. Hoffen (!), dass „die Wirtschaft“ anspringt. Und wenn nicht? Wen oder was kann man verantwortlich machen: Corona 2.0, Putin, Trump, die AfD mitsamt der pessimistischen Bürger, die die vollmundigen Versprechen der Regierung, aka Gesslerhut, nicht würdigen. Und der Sauerländer, dessen Lebensziel Kanzler zu sein, erfüllt ist, der sich aber täglich beim Scheitern zuschauen darf. Wie… Mehr

Biskaborn
4 Stunden her

Deutschland voran und die gesamte EU werden 2026 noch tiefer im selbst geschaffenen Morast versinken und noch mehr gegen missliebige Meinungen wild um sich schlagen. Besserung ist definitiv nicht in Sicht, im Gegenteil!

H. Hoffmeister
4 Stunden her

Jeder einzelne Satz ist zutreffend. Deutschland und Europa befinden sich im nicht mehr abzubremsenden Fall in ein wirtschaftliche Desaster, dessen Verheerungen global wirken werden. Und es stimmt: „Es ist diese Melange aus ökonomischer Unkenntnis, historischer Ignoranz und beinahe kindlichem Wunderglauben, die sprachlos macht.“ Merz, Klingbeil, vdL et al haben außer Druckerpresse und Diffamierung von Kritikern nichts zu bieten.

Arndt Schuster
4 Stunden her

Die Alternative zu dieser Katastrophenpolitik gibt es auch in Deutschland. Noch gelingt es dem politmedialem Komplex von Altparteien, Medien, Gewerkschafren, Verbänden, Bildungseinrichtungen, Institutionen usw. den „Kampf gegen rechts“, also gegen die AfD, aufrechtzuerhalten. Je schlechter aber die Lage der Bevölkerung, insbesondere der arbeitenden, desto stärker wird die AfD. Im Osten hat sie die Schallmauer der absoluten Mehrheit fast erreicht.