Berlin: Lachnummer öffentlicher Nahverkehr

So muss das in einer bunten, offenen, freien, diversen Hauptstadt sein: keine Autos, Zwangstickets für Autofahrer, kein Bus, keine Bahn, kein Strom. Nur die roten und grünen Propagandaklappen weit offen.

imago Images/Jürgen Ritter

Berlin bewirbt sich um den Rang der Satirehauptstadt der Welt. Dort soll es, wie fast überall, mehr öffentlichen Nahverkehr geben. Das werfen alle ins Feld, die das Klima „retten” wollen. Auch in Berlin sollen alle mit Bus und Bahn fahren und nicht mehr mit dem Auto. Denn das killt angeblich gerade das Weltklima.

Den Berlinern das Auto als Individualverkehrsmittel abnehmen möchte eine parteilose Frau, die auf dem Sessel der Verkehrssenatorin gelandet ist. Regine Günther will alle Berliner Autofahrer auf Bus und Bahn zwangsumsiedeln. Dennoch sollen alle Autofahrer zusätzlich auch Tickets für den öffentlichen Nahverkehr kaufen müssen. Sie hat – darum wetteifern alle Politiker – nur »mehr öffentlichen Nahverkehr« auf ihrer Sprücheplatte.

Was das in der Realität bedeutet, können die Berliner üben: keine Straßenbahnen. Die ersten Straßenbahnlinien werden eingestellt: keine Fahrer mehr da. Kurzfristig erfuhren die verdutzten Wartenden am 1. Juni an den Haltestellen, dass zwei Linien eingestellt wurden. Keiner da, der sie fahren kann.

Die Linie 67 fährt – wenn sie fährt – vom S-Bahnhof Schöneweide zum Krankenhaus Köpenick, die 16 von Ahrensfelde zum S-Bahnhof Frankfurter Allee. Bis zum Mittag des 1. Juni war die Linie 16 zwar wieder in Betrieb, die Unterbrechung der Linie 67 dauert hingegen an – bis »auf Weiteres«, wie die Berliner Verkehrsbetriebe mitteilen.
Schon länger bekannt ist die dramatische Personalnot bei der Berliner Straßenbahn, ohne dass es jemanden in den Chefetagen interessiert. Immer wieder fallen Straßenbahnfahrten aus. Glücklich, wer über Twitter an der Haltestelle verfügt. Über diesen Dienst kann man die Fahrgäste wenigstens schnell über die aktuellen Ausfälle informieren. Damit läßt sich das Lotteriespiel »Kommt sie – oder kommt sie nicht« ein wenig einschränken.

Sigrid Evelyn Nikutta ist, wie die BVG stolz vermeldeten, seit 2010 die erste Frau an der Spitze der altehrwürdigen Verkehrsbetriebe. Sie verdient mit 481.000 Euro (im Jahr) mehr als der Regierende Bürgermeister und findet es nicht einmal peinlich, wenn in ihrem Betrieb Bus und Bahn reihenweise ausfallen. Ist eben so. Keiner zieht sie zur Rechenschaft.

Die BVG gehören immerhin zu den größten europäischen Verkehrsbetrieben, die früher nahezu perfekt funktioniert haben. Angesichts einer solch desaströsen Bilanz wie heute wären die Verantwortlichen früher kurzerhand hinausgeworfen worden.

Die BVG hat große Personalnot, gerade bei den Straßenbahnfahrern. Auch eine Senatorin wie Günther schafft es nicht, das Alltagsgeschäft sauber zu regeln. Dennoch schwadronieren Senat und BVG wie viele andere Verkehrsbetriebe in Deutschland auch, hunderte von Elektrobussen kaufen zu wollen. Das klingt gerade so nach Weltrettung.

Die Hamburger Hochbahnen geben, wie wir gerade vermelden mussten, im Augenblick wieder ihre schönen teuren Brennstoffzellenbusse zurück. Sie erfüllten nicht die in sie »gesetzten Erwartungen«. In Jena übrigens schaffen Brennstoffzellenbusse nicht immer alle Steigungen.

Oder auch ein hübsches Märchen: neue Stadtbahnstrecken. Davon träumen viele Klimabewegte in kommunalen Verkehrsbetrieben und Rathäusern wie beispielsweise in der Hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. In den sechziger Jahren wurden häufig Straßenbahnen und auch O-Busse herausgerissen: zu unflexibel und zu teuer. Heute müsste jemand denen mal mitteilen, dass die auch gebaut werden müssen, und davor geplant, davor … ach, lassen wir das.

So muss das in einer bunten, offenen, freien, diversen Hauptstadt aussehen: keine Autos, Zwangstickets für Autofahrer, kein Bus, keine Bahn, kein Strom. Nur die roten und grünen Propagandaklappen sind weit offen. Der Wettbewerb um die Satirehauptstadt hat begonnen. Wer gewinnt?

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Kommentare ( 117 )

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Regenpfeifer
4 Jahre her

Fantastisch! Immer weiter so, „avanti dilettanti!“ -die Berliner wollten rot-rot-grün, jetzt sollen sie auch daran leiden. Jeder bekommt die Regierung, die er verdient. Vielleicht lernen sie es ja, wenn denn mal der Strom und das Wasser ausfallen..

Klaus Mueller
4 Jahre her

Berlin goes Caracas.

Jan
4 Jahre her

„Die BVG hat große Personalnot, gerade bei den Straßenbahnfahrern.“

In Anbetracht der riesigen Masse an erwerbslosen jungen Migranten mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung, ist das ein echtes Kunststück. Wenn soviele von denen dann Paketfahrer werden, warum schafft es die BVG nicht, aus diesem Pool zu schöpfen? Sind die meisten Migranten so schlecht, dass man ihnen nicht die Verantwortung der Personenbeförderung anvertrauen möchte?

Waehler 21
4 Jahre her

Die BVG ist ein Sinnbild dafür, dass politisches Versagen keine Konsequenz mehr kennt, solange man die Informationshoheit hat.
Und sie ist auch Beispiel für einen wahrhaftigen Sozialismus. Während in anderen Kommunen der Fahrgast EINEN annähernden fairen Preis zahlt, wir in Berlin maximal subventioniert ! natürlich zahlen das die Berliner nicht selber, sondern bedienen sich bei den Anderen.

Wolfsohn
4 Jahre her

Die Berliner sind selbst schuld – wer so bescheuert wählt, hat nichts anderes verdient!

Achso
4 Jahre her

Die „Grünen“ sind die perfekten nützlichen Idioten.Sie wenden sich an die unerfahrene,
dafür umso eifrigere Jugend um an die Macht zu kommen, um dann das zu vollenden,was
eine Intelligenz mit der Erfindung der Klimahysterie will : Eine Zerstörung einer Industrienation ohne einen einzigen Schuß abzufeuern. Genial!
Tja, im weltweiten Kampf um Märkte kann man nicht zimperlich sein.
Das geilste daran ist,daß die Deutschen sich noch gut dabei fühlen werden,weil sie ja mal böse Kolonialisten und Kriegstreiber waren.
Die Evolution wird es freuen. Die doofen räumen das Feld – freiwillig!

Sonny
4 Jahre her

Wo kein Kläger, da kein Richter.

Um anzuklagen, benötigt man:

1) Grips, dass Thema zu verstehen und zu durchleuchten, Fakten auszuwerten und zu beurteilen
2) Beweise
3) Mut
4) Staatsanwälte und Richter, die das ahnden

Das Ganze scheitert also ganz klar vornehmlich an Punkt 1) und 4).
Und das nicht nur in Berlin.

country boy
4 Jahre her

Berlin als Hauptstadt – klingt das nicht unheimlich reaktionär, rückwärtsgewandt?
In einem modernen und bunten Europa würde ich eher für Paris oder Wien als Hauptstadt optieren.

H.H.
4 Jahre her

Berlin, Satirehauptstadt? Berlin hat doch schon einen Titel: Größte Freiluftirrenanstalt der Welt.

butlerparker
4 Jahre her

Die in Berlin setzen noch einen drauf.

Die neueste Idee. Sie wollen ( wo es doch gerade dort jede Menge schlecht sanierter Altbauten gibt) dort einen (verfassungswidrigen) Mietdeckel einführen und die Klimaziele so erreichen, in dem Sanierungsmassnahmen , die zu einer Mieterhöhung von mehr als 50 Cent !!!! führen, genehmigungspflichtig machen wollen. Da werden ganz bestimmt ganz viele das Dach, die Heizung und die Fassade energietechnisch sanieren. Wahnsinn !! Echt geht in Richtung DDR 2.0

https://www.n-tv.de/politik/Berlin-plant-Mietdeckel-article21069919.html

Contra Merkl
4 Jahre her
Antworten an  butlerparker

Damit wird das erreicht was es in der DDR auch schon gab. Ganze Straßen gesperrt, weil die Mietsbuden kurz vor dem Zusammenbruch stehen.
Nur Leute die ihre Hütte selber bewohnen, werden Ihre Häuser in Stand halten.
In Berlin wohnen wohl nicht viele im eigenen Haus. Da kann man sich denken wie dort alles weiter verloddert.

Ernst-Fr. Siebert
4 Jahre her
Antworten an  butlerparker

Glauben Sie mir: Auf solche Ideen wäre in der DDR niemand gekommen. Wir sind inzwischen schon weiter. Die ökonomische Basis lässt das noch (!) zu.