Corona-Rezession: Die Krise kommt im Mittelstand an

Gastro- und Handelsunternehmen melden Insolvenzen, etliche Kleinunternehmer denken ans Aufgeben. Wirtschaftsvertreter warnen: Die Reserven vieler Firmen sind aufgebraucht

picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Durch die Verschiebung der Insolvenzfristen bis Februar 2021 verlagerten sich 2020 viele Firmenpleiten vorerst in die Zukunft. Mit der Folge immer schärferer Lockdowns steigen jetzt allerdings die Geschäftsaufgaben spürbar an – und der Pessimismus unter kleinen und mittelständischen Unternehmern. Nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein im Dezember und Januar, zu dessen Bezirk die Regionen Krefeld, Mönchengladbach, die Kreise Viersen und Neuss gehören, leidet dort ein Drittel der befragten Firmen mittlerweile unter Liquiditätsengpässen. „Der Großteil unserer Mitgliedsunternehmen sind Kleingewerbetreibende, diese Firmen stehen jetzt ganz besonders unter Druck“, zitiert die Rheinische Post den IHK-Präsident Elmar te Neues. An der IHK-Befragung hatten gut 350 Kleinunternehmer teilgenommen.

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Bei 45 Prozent der Befragten sind vorübergehende Geschäftsschließungen aus Infektionsschutzgründen die Ursache der Umsatzeinbrüche. Rund ein Viertel der Befragten leidet unter dem fast auf Null geschrumpften Veranstaltungsgeschäft. Bei mehr als der Hälfte der Befragten wirkt sich die allgemein verringerte Nachfrage negativ aus. Laut IHK Niederrhein griffen 55 Prozent der Kleingewerbetreibenden und Solo-Selbstständigen im vergangenen Jahr notgedrungen auf Rücklagen zurück. Rund ein Drittel muss trotzdem mit Liquiditätsklemmen kämpfen. Neun Prozent der Unternehmer rechnen mit einer Insolvenz. Angesichts der Unsicherheit über die Dauer der Corona-Maßnahmen denken rund 20 Prozent der Befragten in dem Kammerbezirk darüber nach, ihr Gewerbe aufzugeben.

Deutschlandweit trifft die coronabedingte Krise vor allem Unternehmen in der Gastronomie und im Handel. Am 16. Januar kündigte die Steakhaus-Kette Maredo allen 950 Mitarbeitern in Deutschland. „Aus insolvenztechnischen Gründen sind wir gezwungen, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen und mit sofortiger Wirkung freizustellen“, schrieb Geschäftsführer Klaus Farrenkopf in dem Brief an die Belegschaft. Maredo hatte schon im März 2020 Insolvenzantrag gestellt, damals aber noch auf eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs gehofft. Jetzt sah das Unternehmen offenbar keine Perspektive mehr.

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Auch die Deutsche Confiserie Holding (DCH), zu der die Schokoladenhändler-Ketten Arko und Hussel und der Teehändler Eilles gehören, beantragte Insolvenz. „Es ist uns nicht leichtgefallen, den Insolvenzantrag zu stellen“, sagte DCH-Geschäftsführer Patrick Weber den Kieler Nachrichten. Allerdings hofft Weber, das Unternehmen mit einer Insolvenz in Eigenregie weiterführen zu können. Die Löhne und Gehälter der rund 1.600 DCH-Mitarbeiter seien über das Insolvenzgeld für die nächsten drei Monate gesichert, erklärten die beiden vorläufigen Sachwalter Dietmar Penzlin und Tjark Thies.

Ab Februar 2021 gilt wieder die reguläre Insolvenzantragspflicht, die vorübergehend ausgesetzt wurde. Laut Statistischem Bundesamt nahmen die Regelinsolvenzen schon im Dezember 2020 um 18 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu.

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Kommentare ( 21 )

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21 Comments
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alter weisser Mann
3 Jahre her

„durch die Verschiebung der Insolvenzfristen bis Februar 2021 verlagerten sich 2020 viele Firmenpleiten vorerst in die Zukunft
Ich bin sehr gespannt, ob es für den klassische Mittelstand und die kleinen Unternehmen nicht auch ein insilvenz- und haftungsrechtlich böses Erwachen geben wird, weil man die geänderten Regeln eventuell nicht korrekt interpretiert hat. Schon um die Frage, ob die Schwierigkeiten pandemiebedingt waren, wird vermutlich noch gestritten werden und dann gibt es ja auch noch weitere Klauseln.

jetdegi
3 Jahre her

Das einstige Volk…der Dichter und Denker…
ist zu einer willfährigen Herde von Duckmäusern und Denunzianten mutiert. Das ist viel schlimmer als jede noch so virulente Covid-19 Variante.
Die Menschen haben Angst, wohl am meisten davor, dass die täglich produzierten Mainstream Seifenblasen irgendwann platzen werden.
Dann kommt das schmerzliche Brennen in den Augen…
und überall dort wo es einer zerstörten Gesellschaft sonst noch weh tut.

Last edited 3 Jahre her by jetdegi
Korner
3 Jahre her

Leider werden die Insolvenzgerichte und Insolvenzverwalter wie bei der Migration völlig überlastet werden, was sie eigentlich schon sind, dazu reicht ein Blick nach Berlin, wo die Gerichte insgesamt vor dem Kollaps stehen, völlig aus. Somit werden dei Folgen dieses Wahnsinnsbeschlusses erst nach der Bundestagswahl richtig niederschlagen. Ein sehr geschickter Schachzug der Regierung, das muss man zugeben, um die Folgen der massiven Fehlentscheidungen zu verschieben. Woher Merkel das hat, wo sie doch im Sozialismus ihr Handwerk gelernt hat, weiß ich noch nicht. Auch andere Maßnahmen, die genau das bewirken, werden folgen. Die verheerende Politik dieser Regierung wird mit allen Mitteln und… Mehr

Ingolf
3 Jahre her

Die Insolvenzantragspflicht ist nun bis Ende April 2021(man weiß ja nie) verlängert. Offiziell wird es mit „Verzögerungen“ bei der Auszahlung der „Hilfsgelder“ begründet …
D.h. bis Ende April werden Gläubiger zittern dürfen, ob ihr Handelspartner überhaupt solvent ist. Den Regierungseliten ist immer noch nicht bewusst, dass sie damit eine Kette von weiteren Insolvenzen auslösen. Aber wirtschaftliche Kompetenz und die aktuelle deutsche Regierungselite, ein nicht aufzulösender Widerspruch.

lioclio
3 Jahre her

Was soll man da noch sagen. Der möglicherweise vor den Scherben seiner Existens stehende Kleinunternehmer nimmt an einer IHK-Befragung teil.
Dieser nutzfreie Kro.., der sein Dasein mittels fettem Zwangsbeitrag seit jahrzenten sichert.
Dann kann ja Alles nicht so schlimm sein. Haben sich halt eine Bahnsteigkarte gelöst.

Biskaborn
3 Jahre her

So schlimm kann es doch gar nicht sein. Der IFO Chef Fuest fordert, so Welt Online ( leider hinter der Bezahlschranke, eine Inzidenz von 10. Ich schließe daraus, das „einer der führenden Ökonomen mit maßgeblichen Gewicht für Politik und Wirtschaft“ einen noch schärferen Lockdown fordert bzw. vorschlägt. Dem wird sich Merkel sicher gern anschließen. Ausserdem kann es doch Hotels, Gaststätten, Einzelhandel, Kleinunternehmen, Mittelstand gar nicht so schlecht gehen. Protestieren die gegen Merkels Chaospolitik? Natürlich nicht, also alles gut.

orgonfranz
3 Jahre her

Ich schlage vor, alle Politiker, Wissenschaftler, Journalisten die die Lockdown-Propaganda verbreiten, und andere, die an der Entscheidung zum Lockdown beteiligt sind, geben freiwillig oder per Gesetz 30 % ihres aktuellen Gehaltes an einen Solidaritätsfond ab zur Unterstützung der Lockdown Opfer.

Guter Heinrich
3 Jahre her
Antworten an  orgonfranz

100 Prozent des Gehaltes und monatlich 50 Prozent des Vermögens erscheinen mir angemessener.

brandenburger-1
3 Jahre her

Und warum seid Ihr Händler und Gewerbler so still?Ihr könnt Euch nur selbst wehren.Wetten die Bevölkerung würde hinter Euch stehen.Ihr müsst nur anfangen.In Österreich hat es eine Gastronomin vorgemacht.Trotz 50 Polizisten zieht sie ihr Ding durch.

misa
3 Jahre her
Antworten an  brandenburger-1

Mich wundert es , dass kommunale Vertreter so still sind. So ganz ohne Gewerbesteuer werden die Kommunen dauerhaft wohl nicht auskommen.

Boris G
3 Jahre her

Das ganz dicke Ende kommt wohl erst nach der Bundestagswahl.

Ede Kowalski
3 Jahre her
Antworten an  Boris G

Sofern es eine Wahl geben sollte.

Indigoartshop
3 Jahre her

Die Krise ist noch lange nicht unten angekommen. Solange noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung die Propaganda der Staatssender nachplappert, für die Energiewende das letzte Hemd opfert oder sich gleich den Saft abdrehen läßt, weiterhin ihr Glaubensbekenntnis abliefert zum Wohle der Großen Staatsratsvorsitzenden und der Blockflötenparteien, solange ist Matthäi nicht am Letzten.

Reinhard Schroeter
3 Jahre her
Antworten an  Indigoartshop

Mir kommt das alles so bekannt vor. Klar doch , ich hab den Untergang eines Staatswesens schon miterleben dürfen. Diese Erfahrung wollen wohl viele meiner Landleute von jenseits der Elbe noch machen. Und es ähnelt sich so vieles. Jedem , der mitdenken wollte, war nicht erst im Herbst 89 klar, dass die Luft raus war, aber wie heute auch, sehr viele wollten nicht mitdenken und auch dann noch als die eigenen Kinder nach Budapest, Prag oder Warschau geflüchtet sind um von dort in den Westen zu gelangen, gab es welche, die immer noch der Propaganda des Systems aufgesessen sind. Erst… Mehr