Schleichender Sozialismus: Der Umgang des Staates mit dem Eigentum der Bürger

Eigentum ist notwendiger Faktor zur Verwirklichung der individuellen Freiheit; sagen nicht (nur) die Freien Demokraten, sondern die katholische Soziallehre. Wo sind wir angelangt, wohin führt der Weg, wenn Respekt vor dem Eigentum so ungeniert in Frage gestellt ist? Soll das die Gerechtigkeit sein, die proklamiert wird?

© Ian Waldie/Getty Images

Privateigentum trägt zur „Selbstdarstellung der Person“ bei und schafft „den unbedingt nötigen Raum für eigenverantwortliche Gestaltung des persönlichen Lebens jedes einzelnen und seiner Familie“. Das Recht auf Eigentum müsse „als eine Art Verlängerung der menschlichen Freiheit“ betrachtet werden. Typisch Freie Demokraten? Nicht ganz, verehrter Leser: Es sind Feststellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, das derzeit in so vielen Zusammenhängen bemüht wird.

In Deutschland genießt das Eigentum denn auch grundgesetzlichen Schutz, wobei die Gemeinwohlverpflichtung im zweiten Absatz des Art. 14 größere Bekanntheit genießen dürfte. Unsere Sozialsysteme basieren gleichzeitig auf dem Solidarprinzip, zu dem sich die Menschen in Deutschland bekennen. Und auch die Unternehmen, die immerhin die Hälfte der Beiträge finanzieren. Durch großes soziales Engagement und Spendenbereitschaft zeigen die Bürger, dass sie gerne abgeben, wenn andere in Not sind. Und sie geben freiwillig.

Alles dies sind Errungenschaften der Sozialen Marktwirtschaft, wie sie von Ludwig Erhard ausgeführt wurde. Sie ist die Basis unseres Wohlstandes und sozialen Friedens. Doch seit geraumer Zeit wird der Begriff der sozialen Marktwirtschaft ausgehöhlt. Das Marktwirtschaftliche wird immer mehr zurückgedrängt, das vermeintlich Soziale in den Vordergrund gerückt, aus sozial wird zunehmend sozialistisch im Sinne Gleichheit nicht nur des Rechts, sondern des Besitzes. Dank einer breiten parlamentarischen Mehrheit der Roten aus der SPD und der Herz-Jesu-Sozialisten aus der Union, dank eines vermuteten Rückhalts in der Gesellschaft für Klientelpolitik führt man allerorten Verfahren und Strukturen ein, die deutliche Zweifel daran zulassen, dass es noch ernst gemeint ist mit dem Schutz des Eigentums. Indem man Bürgerinnen und Bürger zunehmend enteignet.

Der Staat greift ungeniert in Eigentumsrechte ein

Beispiel Mietpreisbremse: Das jahrelange Versäumnis, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, hat Folgen hervorgerufen, die nun vor allem von Immobilieneigentümern ausgemerzt werden sollen. Während sie einerseits gesetzlich zu immer mehr Investitionen gezwungen werden, werden ihre Mieteinnahmen in immer mehr deutschen Städten gesetzlich gedeckelt: Bei Neuvermietungen dürfen die Mietpreise nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Der Staat erwartet, dass Bürger in Wohneigentum investieren und Wohnraum schaffen, beschneidet jedoch deren Rechte maßgeblich. Und mit der Mietpreisbremse ist der erfindungsreiche Heiko Maas, als Justizminister eigentlich mit anderen Aufgaben als dem Aushebeln grundgesetzlicher Garantien betraut, noch lange nicht am Ende seiner Ideen: Jetzt bastelt er schon an einem neuen Paket, um Vermietern in die Tasche zu greifen. Deren Möglichkeiten, nach Modernisierungen die Miete zu erhöhen, sollen eingeschränkt werden. Zur Wärmedämmung verpflichten und gleichzeitig Mietgewinne dämpfen – das kommt einer Enteignung gleich. Und es ändert auch nichts an der Wohnungsnot. Denn die Mietpreisbremse ist nichts anderes als eine staatlich herbeigeführte Investitionsbremse, die im Ergebnis zu weniger privaten Investitionen in Wohnraum führt.

Enteignungstendenzen gibt es auch bei den Plänen zur Abschaffung des Bargeldes. Nicht allein, dass dies ein weiterer Schritt Richtung Überwachung wäre; darüber hinaus würden die Bürger zu Zwangszahlungen verpflichtet: Da finanzielle Transaktionen ausschließlich unbar erfolgten, wären sie auf Banken angewiesen, die sich ihre Verwaltungsleistungen teuer bezahlen lassen. Und jetzt sollen nach dem Willen der SPD Deutsche die Herkunft ihres Vermögens nachweisen. Wer also nicht belegen kann, wo das Geld für seine teure Uhr herkam, muss sie halt abgeben. Eigentum stellt einen unter Generalverdacht.

Die hohe Staatsverschuldung, durch unverantwortliche Maßnahmen zur Griechenlandrettung verschärft, hat zu einer Nullzinspolitik geführt. Mit katastrophalen Folgen: Sparer werden um ihre Zinsen gebracht. Auch dies de facto eine Enteignung.

Wie sehr die Hemmschwelle in der Politik in Bezug auf die Eigentumsrechte bereits gesunken ist, wurde im letzten Herbst klar. Angesichts des drohenden Winters griffen einige Kommunen auf Immobilien ihrer Einwohner zurück, um Flüchtlinge unterzubringen. So wurden bspw. in Hamburg und Bremen Gesetze verabschiedet, wonach leerstehende Gewerbeimmobilien als Flüchtlingsunterkünfte beschlagnahmt werden können.

Jetzt sind die Kunstliebhaber dran

Der neueste gesetzliche Angriff auf das Eigentum droht ausgerechnet im Bereich der schönen Künste. Mit der im Beratungsverfahren befindlichen Novelle zum Kulturgutschutzgesetz, das den grenzüberschreitenden Handel mit Kulturgütern unter staatliche Kontrolle stellt, werden Sammler und Kunsthändler zum einen pauschal verdächtigt, nichts anderes im Sinn zu haben, als Deutschland seiner Kunstschätze zu berauben. Gleichzeitig wird willkürlich in die wirtschaftliche Grundlage von Künstlern und Händlern eingegriffen. Man muss sich die perverse Situation doch einmal vorstellen: Ein zeitgenössischer Künstler muss davor Angst haben, dass sein Werk als Kulturgut gilt. Denn diese Qualifizierung soll verhindern, dass er es in´s Ausland verkaufen darf. Selbst ein Umzug ins Ausland würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass der Künstler oder dessen Galerist die Werke nicht mitnehmen kann. Absurder geht es nicht! Es ist unbestreitbar, dass das kulturelle Erbe ohne den Kunsthandel und private Sammler bedeutend ärmer wäre. Und natürlich ist es schützenswert. Aber doch nicht so! Denn tatsächlich wird mit dem Gesetz die deutsche Kunstwelt provinzieller.

Allein schon die zusätzlichen bürokratischen Hürden stellen eine enorme Belastung des Handels dar. Wenn man unbedingt verhindern will, dass ‚national wertvolles‘ Kulturgut das Bundesgebiet verlässt, kann der Staat sich wie andere Länder auch ein Vorkaufsrecht zu marktüblichen Preisen einräumen lassen. Die Bundesregierung begründet ihre Ablehnung eines solchen Vorkaufsrechts damit, dass dann die staatlichen Mittel für Ankäufe beträchtlich erhöht werden müssten; deutlicher kann man kaum ankündigen, dass mit den Ausfuhrbeschränkungen der private Eigentümer kalt enteignet werden soll.

Respekt vor dem Eigentum tut not, damit die Freiheit nicht verloren geht

Eigentum ist notwendiger Faktor zur Verwirklichung der individuellen Freiheit; sagen nicht (nur) die Freien Demokraten, sondern die katholische Soziallehre. Wo sind wir angelangt, wohin führt der Weg, wenn Respekt vor dem Eigentum so ungeniert in Frage gestellt ist? Soll das die Gerechtigkeit sein, die proklamiert wird?

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