Staatsrechtler: keine gesetzliche Grundlage für Meldestelle Antifeminismus

Das von der grünen Familienministerin Lisa Paus geförderte Meldeportal „Antifeminismus“ ist rechtlich fragwürdig, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Das bestätigt nun der Staatsrechtler Josef Franz Lindner in einem Interview.

IMAGO / Bernd Elmenthaler
Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Am 20. Februar 2023 haben wir hier auf TE über eine neu, quasi halbstaatliche, vom Familienministerium geförderte Denunziationsplattform berichtet. Ausgerechnet die von der ehemaligen Stasi-Spitzelin Anetta Kahane gegründete und bis 2022 geleitete „Amadeu-Antonio-Stiftung“ (AAS) richtet mit Hilfe von 133.000 Euro Steuergeldern aus dem Familienministerium (Ministerin: Lisa Paus, „Grüne“) eine „Meldestelle Antifeminismus“ ein. Erfasst werden sollen

  • Flyer mit antifeministischen Inhalten, zum Beispiel Mobilisierung gegen die „Gender-Ideologie“,
  • Publikationen zu Verschwörungserzählungen, zum Beispiel über eine vermeintliche „Homo- und Translobby“ oder „Gender-Ideologie“,
  • Instrumentalisierung von Themen für eine antifeministische Agenda (zum Beispiel vermeintlicher „Kindesschutz“ mit queerfeindlichen Narrativen),
  • Diffamierung von Wissenschaftler*innen der Gender Studies, zum Beispiel als „unwissenschaftlich“, „Geldverschwendung“ etc.,
  • organisierte Kampagnen gegen geschlechtergerechte Sprache.

Laut Tagesspiegel vom 17. Februar sollen in einer „Chronik“ die Namen von Prominenten, bekannten Journalisten und Medien veröffentlicht werden können, die sich nach dem Verständnis des Ministeriums antifeministisch äußern. Man darf gespannt wann Medien wie TE oder der Verein Deutsche Sprache (VDS) an den Pranger gestellt werden.

Mittlerweile gibt es erste, TE vorliegende Anzeigen von aufmerksamen Bürgern, die diese Plattform bzw. deren Finanzierung als Einschränkung der Meinungsfreiheit, als Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte und als Untreue (Verschwendung von Steuergeldern) werten.

Bei unseren Recherchen nach juristischen Hebeln gegen dieses Denunziationsportal sind wir auf ein interessantes Interview der „Augsburger Allgemeinen“ vom 1. März 2023 mit dem Staatsrechtler Professor Josef Franz Lindner von der Universität Augsburg gestoßen. Professor Lindner sagt unter anderem (nachfolgend wörtlich zitiert):

„Äußerungen wie die über das Gendern sind ganz klar von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine privatrechtliche Stelle wie diese Stiftung (gemeint ist die Amadeu-Antonio-Stiftung – TE) kann solche Meinungen zwar sammeln. Das Entscheidende aber ist die Frage der Veröffentlichung. Hier ziehen das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung und der Datenschutz deutliche Grenzen. Es kann nicht jeder Private über einen anderen Menschen ohne Weiteres personenbezogene Informationen und Daten ins Netz stellen.“

„Wenn der Staat sich der Hilfe Dritter bedient, in diesem Fall einer Stiftung, und dieser Dritte dann Hoheitsaufgaben übernimmt und Eingriffsbefugnisse erhält, etwa bei der Strafverfolgung – dann braucht es dafür eine klare gesetzliche Grundlage. Was die Meldestelle für Antifeminismus betrifft, ist mir keine solche Grundlage bekannt. Eine Stiftung mit grundrechtsrelevantem Tätigkeitsbereich einfach nur mit Mitteln aus dem Haushalt ohne gesetzliche Grundlage zu fördern, halte ich für problematisch.“

„Einmal angenommen, in meinen Vorlesungen oder bei meinen Vorträgen lauscht jemand gezielt mit und meldet dann in verzerrender und aus dem Kontext gerissener Weise eine bestimmte Äußerung irgendwohin, dann wäre das ein klarer Fall von Denunziation, ein Rückfall in vorrechtsstaatliche Zeiten. Und wenn der Staat so etwas auch noch gezielt fördert, greift er am Ende selbst in die Grundrechte der Angeschwärzten ein … Deshalb muss der Gesetzgeber sehr genau festlegen, unter welchen Voraussetzungen so etwas überhaupt zulässig ist und wie sich Betroffene im Falle eines Falles dagegen wehren können. Als Betroffener muss ich ja erfahren können, wer mich diffamiert hat. Und was die Unschuldsvermutung angeht: Ich sehe in diesen Meldeportalen eine Fülle von rechtsstaatlichen Fragen und Problemen, bis hin zur Gefahr der Vorwegverurteilung.“

„Wenn man so etwas überhaupt zulassen wollte – was ich persönlich für einen gefährlichen Irrweg hielte –, dann ginge das nur auf einer soliden gesetzlichen Basis. Dazu müsste der Bundestag zunächst einmal darüber diskutieren, ob so etwas überhaupt gemacht werden darf – und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und rechtsstaatlichen Vorkehrungen. Das Familienministerium kann nicht einfach hergehen und irgendeine Stiftung, die sich dem Kampf gegen den Antifeminismus verschrieben hat und sich dabei der Denunziation bedient, mit erheblichen Beträgen fördern.“

TE bleibt am Ball. Aus unserer Republik darf keine Deutsche Denunzianten Republik (DDR 2.0) werden. Wir verfolgen den Ausgang der Anzeigen aufmerksam und sind gespannt, ob Opposition und Datenschutzbeauftragte sich hier noch zu Wort melden bzw. intervenieren. Unsere Leser bitten wir um Mitteilung, sofern sie im Zusammenhang mit dem „Meldeportal“ Fragwürdiges beobachten.


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Kommentare ( 60 )

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Henni Gedu
1 Jahr her

Keine Panik! Noch ein Job für Rotgrüne, für die es keine Verwendung gibt. Einziger Zweck ist Generieren des Einkommens der Überflüssigig*inn*en. Einfach Rundreisen von Roth oder Nahles rekonstruieren. 
Das Bundestagspräsidium gestapelter Vizen und Vizinnen ist dabei Zwischenlager. Der Überfluss wird nur vom Bundespräsidenten getoppt. Wieso wird der nicht gevizt – auch rückstandsfrei bis auf die Betriebskosten?

Reiterhofer
1 Jahr her

Die juristische Schiene um das Denunziantenportal zu stoppen ist eine Möglichkeit. Es gäbe auch kreativere Lösungsmöglichkeiten. Der Schwachpunkt des Setzens aufs freiwillige Denunziantentum ist das Streben der Denunzianten nach Anonymität. Man stelle sich vor nur ein Prozent der TE-Leser hätten die gleiche Idee und würden via wechslenden VPN-Servern fünfmal täglich x-beliebige Personen aus allen möglichen Kadern des links-grünen polit-medialen Umfelds (insbesondere auch von eher lokalpolitischer Prominenz) bei diesem Portal melden und irgendwelche knackig-antifeministischen (aber nicht justiziablen) Zitate in den Mund legen. Natürlich nicht deren wahre Parteizugehörigkeit angeben, sondern stattdessen „AfD-Stadtrat“, „Betreiber des Reichsbürgerforums“ o.ä.. Gemeldet würde das entweder anonym, oder… Mehr

skifahrer77
1 Jahr her
Antworten an  Reiterhofer

Sobald das auffällt, wird nicht mehr die ganze Liste veröffentlicht, sonder nur noch wenige ausgewählte Beispiele (für das Framing) und die Gesamtzahl der Meldungen, um zu begründen warum noch viel mehr Förderung und noch viel strengere Gesetze benötigt werden.
Das sind Profis im Framen und im Lügen. Sie können jede Interaktion zu ihren Gunsten zurecht drehen.

Gunter Zimmermann
1 Jahr her

Wie „gebildete“ Menschen auf die Idee kommen können, nicht unbedingt die übelsten, aber doch ausgesprochen üble Züge der national-sozialistischen und kommunistischen Herrschaft wieder einführen zu wollen, ist mir schleierhaft.

Perlentaucher10
1 Jahr her

Mittlerweile schämen sich slebst die Frauen für diese ideologischen Amazonen.

MeHere
1 Jahr her
Antworten an  Perlentaucher10

Wieso Amazonen ? Das sind einfach nur egozentrische Hysterietussis mit übergroßem Ego + Klappe, die krampfhaft Probleme lösen wollen, die es gar nicht gibt. Oder anders: diese Probleme herbeireden um ABM Pöstchen für ihre getreuen Mitläufer zu schaffen .. alles ein riesen Betrug (so wie ich das empfinde) – diese Quotenfrauen könnten nicht einmal einen Kiosk am Hauptbahnhof erfolgreich leiten … es würde schon an der eigenen Verwirrtheit scheitern …

Peter Pascht
1 Jahr her

Für unsere arbeitenden Mütter und Schwestern ist dieser „Posten-Geschachere-Feminismus“ ja auch nicht gedacht.
Ich höre immer nur was von „Nicht-Gleichberechtigung“ und „Frrauenquote“, bei Vorstandsposten in großen Firmen, in politischen Ämtern und sonst überall wo das große Geld ohne Schweiß-Arbeit zu haben ist.
Von Forderungen nach Gleichberechtigung und „Frauenquote“ am Montageband, beim Hygiene Personal, an der Ladenkasse, oder in der Pflege, habe ich noch nie was von „Frauenquote“ gehört.
So verlogen entlarvt sich der „Queer-Feminismus“ selber.

bfwied
1 Jahr her

Die freie Meinungsäußerung und die freie Meinungsbildung müssen von den jeweiligen momentanen Machthabern, die zur Etablierung ihrer unbedingten Macht neigen, verbunden mit unumkehrbaren Lebensverhältnissen aller nicht mit ihnen verbundenen Bürgern, auf jeden Fall erschwert und sogar unterbunden werden. Je informieter die Bürger sind, desto mehr gefeit sind sie gegen Lügen, Beschönigungen, Auslassungen u. dumme Versprechungen und, freilich, gegen die Übergriffigkeiten, die in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat nicht vorgesehen sind. Mit all diesen Demagogie-Mitteln arbeiteten das 3. Reich, die DDR und jetzt der gewollte Ökosozialismus mit seiner Panikerzeugung und dümmsten Behauptungen, etwa bez. der Energiewende. Ein Mittel dazu ist das an… Mehr

Peter Pascht
1 Jahr her

Aus den Nachrichten:
Polizei in Basel (Schweiz) löst mit einem Großaufgebot nicht genehmigte „Queerfeministische“ Demonstration auf, unter Einsatz von Gummigeschossen.
Richtige Männerdiktatur in der Schweiz 😉
Da kann mal sehen was Deutschland für ein demokratisches Land ist 😉
Jeder Spinner und Verbrecher darf nach eigenem Glück glücklich sein.

Ananda
1 Jahr her

Schon allein, dass einem in Deutschland inzwischen Nonstop „Feminismus“ entgegen schallt und nicht einmal das entsprechende Wort für Männerinteressen „Maskulinismus“. Das ist eine Form von Apartheid.
Bin selber eine Frau und dieser Mist (Geldabgreife und Vorteilsnahme für Frauen, Trans- Was-auch-immer) geht mir gehörig auf die Nerven. Gleiche Spielregeln für alle. Nix SElbstbedienung.
Das Gleiche passiert ja auch mit links-kurzsichtig und konservativ (rechts), unqualifizierte Migranten und Einheimischen, Staat und entrechteter Bürger, Willkür statt Rechtsstaat.
Erst kam die Minderbildung und jetzt werden sämtliche Fehler der Vergangenheit wiederholt. Der Niedergang des Landes.

Peter Pascht
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

„Bin selber eine Frau“
Für unsere arbeitenden Mütter und Schwestern ist dieser „Posten-Geschachere-Feminismus“ ja auch nicht gedacht.
Ich höre immer nur was von „Nicht-Gleichberechtigung“ bei Vorstandsposten ing roßenFirmen, in politischen Ämtern und sonst überall wo das große Geld ohne Schweiß-Arbeit zu haben ist.
Von ForderungennachGleichberechtigung am Montageband, beim Hygienepersonal, an derLadenkasse, oder inder Pflege,habe ich noch nie was gehört.
So verlogene entlarvend ist der „Queer-Feminismus“.

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Es gibt keine strukturelle Benachteiligung in Deutschland. Eher Bevorzugung. Die Jungen bekommen keinen Boys Day, um sich mit der Berufswahl zu beschäftigen. Mädchen schon. Man möchte individuelle Unverträglichkeiten mit der Gesetzkeule lösen und alle unter den Gerealverdacht zu stellen. Statt zu sagen, wenn Männer sich einer gegen zehn für eine Position durchsetzen muss, muss das auch für die Frauen gelten. Es wird die beste von den zehnt Kandidatinnen genommen. (und die muss man erstmal finden) Damit würde man Frauen die Pflicht auferlegen, in nenneswerter Anzahl bestimmte Berufe zu gergreifen, nur um „der Gerechtigkeit“ zu genügen. Es ist ja auch viel… Mehr

doncorleone46
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Das Schlimme ist, dass die gar nicht bemerken, welchen Schaden sie der Frauenbewegung (die mühsam aufgebaut wurde), anrichten.

Ananda
1 Jahr her
Antworten an  doncorleone46

Ebenso wie das mißbrauchte „Asylrecht“. Der Widerwillen für Millionen an unqualifizierte Migranten aufzukommen wächst täglich.

jopa
1 Jahr her

Das gab es in Deutschland schon zweimal. Im ersten Anlauf nannte solche linientreuen Mitmenschen Blockwarte, im zweiten IMs. Bevor ichs vergesse, im Mittelalter waren das die Inquisitoren.

Peter Pascht
1 Jahr her

„Das von der grünen Familienministerin Lisa Paus geförderte Meldeportal „Antifeminismus“ ? Diese offene Männergehäsigkeit feministischer Abart, von sich vernachlässigt gefühlten Emanzen, hat einschlichtweg unerträgliches Ausmaß angenommen. Feministische Skrupellosigkeit und Dreistigkeit sind zur Methode der Vorteilserringung emanzipiert worden. Sozial bindungsunfähige Personen, meist ohne Familie, wollen über „Familie“ entscheiden. Was hat „Familie“ (Familienministerin) mit „Feminismus“ zu tun? Besteht Familie nur aus „Feministinen“? In deren Weltbild wohl. Bestenfalls darf der Mann dann noch das Geld verdienen, mit dem die Frau „Feministin“ feministisch gebaren darf. Zweiverschiedene Dinge. Die „Familie“ htverfassungsrehtliches Schutzbedürfnis. „feminismus“ ist eine ungebildete egoistische Erscheinung des Zeitgeistes. Das Grundgsetz kennt nur „Menschenrechte“.… Mehr