Eine sehenswerte ZDF-Dokumentation zum politischen Extremismus

Rechts- und Linksterrorismus haben in Deutschland Tradition. Gemeinsam ist ihnen der Haß auf die Demokratie und die Verachtung menschlicher Grundrechte. Das ZDF bietet eine herausragende Extremismus-Dokumentation.

Screenprint: ZDF/Frontal21

Es ist selten, dass man bei politischen Sendungen des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens hängenbleibt. In aller Regel merkt man schon nach Sekunden wohin die Reise geht – nämlich konsequent nach Links. Und da, wo es um die gute Sache geht, nimmt man es bekanntlich mit der Faktentreue und Ausgewogenheit nicht so ernst. Umso mehr freut man sich über jede Ausnahme. Am Dienstag Abend konnte man dieses rare Erlebnis beim ZDF genießen.

Zu einer für den Normalbürger noch erträglichen Sendezeit zeichnete die Dokumentation „Extremismus in Deutschland. Gefahr von rechts und links“ die Gefährdungen für unsere Demokratie auf. Erfreulich daran: Während in aller Regel es immer nur um die durchaus beunruhigenden Vorgänge auf der Neonazi-Seite des politischen Spektrums der Irrläufer geht, fand diesmal auch das gewalttätige und gefährliche Treiben der extremistischen Linken ausreichend Raum. Nüchtern und sachlich wurde das Treiben freiheitsfeindlicher Kräfte in Vergangenheit und Gegenwart aufgezeigt. Der journalistische Stil erinnerte mich an die Arbeitsweise der BBC, sodass ich sogar kurz annahm, ich hätte mich im Programm getäuscht. 

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Zu meiner großen Überraschung wurde der Kampf der Extreme gegen die Weimarer Republik in Erinnerung gerufen. So versuchte gleich zu Beginn dieses historischen Demokratie-Versuches die kommunistische Linke in Form des „Spartakus-Aufstandes“, das zarte Pflänzchen der Freiheit zu ersticken. Das erklärte Ziel von Karl Liebknecht und Genossen war dabei die Errichtung einer Räterepublik nach sowjetischem Muster – kurzum, einer Diktatur! Nur mithilfe konservativ-nationalistischer bewaffneter Anhänger der Monarchie und dubioser Freikorps konnte diese erste große Herausforderung für die besonders von Sozialdemokraten repräsentierte neue Ordnung niedergeschlagen werden. Eine schwere Hypothek, die die Armee zum Staat im Staate machte.

Bald schon polarisierte sich die deutschen Gesellschaft. Feinde der liberalen Demokratie bekämpften sich und waren sich doch in einem einig: dem Haß auf die Weimarer Republik und dem Ziel der Errichtung einer Diktatur. Im großen BVG-Streik zu Beginn der 30er Jahre stellten Kommunisten und Nazis gemeinsame Streikposten, die an den U-Bahn-Eingängen die Bevölkerung am Betreten hinderten. Was bei den vielen Berichten über die Machtergreifung der Nazis und den Untergang der Weimarer Demokratie in der Regel unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass eine Mehrheit der Deutschen bei den Reichstagswahlen 1932 die Demokratie abwählte. NSDAP und KPD erreichten zusammen nahezu zwei Drittel aller Stimmen.

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Erlöst werden konnte Deutschland nur durch die totale Niederlage des Zweiten Weltkrieges und die Übernahme der Macht durch die Sieger. Während im sowjetisch besetzten Teil des Landes der Albtraum einer roten Diktatur Wirklichkeit wurde, entwickelte sich unter den Westalliierten eine parlamentarische Demokratie. Es dauerte nicht lange, bis sich hier die alten Feinde ans Tageslicht trauten. Braune wie rote Verächter der Freiheit machten wieder mobil. Ungeachtet von Parteiverboten gegen beide Seiten sind jeweilige Aktivisten auch heute wieder aktiv. Ihre Blutspur zieht sich vom rechtsextremen Anschlag auf das Oktoberfest 1980 über die Mordtaten der RAF, vom Mördertrio des NSU zur Ermordung des hessischen CDU-Politikers Lübke bis hin zu den linken Orgien der Gewalt im Hamburger Schanzenviertel, in Leipzig-Connewitz und in der Rigaer Straße in Berlin. 

Nur eben: Die Aufmerksamkeit der veröffentlichten Meinung ist ungleich verteilt. Die Bedrohung von Rechts ruft kollektive Empörung hervor. Die Gewalt von Links wird oftmals verharmlost und mit einem stillen Verständnis begleitet. 

Mischen sich bei bürgerlichen Demonstrationen, zum Beispiel gegen die Corona-Politik der Bundesregierung, rechtsextreme Chaoten als Trittbrettfahrer darunter, werden gleich alle Demonstranten zu Neonazis erklärt. Wenn sich die linksradikale und eindeutig gewaltbereite Antifa an allen möglichen Aufzügen des „linken Fortschritts“ beteiligt, wird das als selbstverständlich akzeptiert. Hier stimmt mit dem antitotalitären Konsens der Demokraten in unserem Lande schon lange nichts mehr. Vor langer Zeit war es auch in der Bundesrepublik common sense, dass beide Ideologien die Grund- und Menschenrechte des Einzelnen zugunsten abstrakter Ideen außer Kraft setzen werden. Wer eine der Gefahren unterschätzt oder verharmlost, öffnet der anderen Tür und Tor. 

Dem ZDF sei Dank für diese Sendung und die Kultusminister der Länder sollten sie in der Mediathek der Schulen aufnehmen und möglichst Vielen zugänglich machen.


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Kommentare ( 59 )

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59 Comments
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Deutscher
3 Jahre her

Verfassungsschutzbericht 2019 – Anzahl extremistischer Personen in Deutschland

Rechtsextremisten: 32080
Linksextremisten: 33500
Ausländische Extremisten: 56840

Thorsten Maverick
3 Jahre her

Zur Weimarer Republik: Ich darf daran erinnern, daß die Nazis Sozialisten waren, Linke und vor allem gegen das liberale Bürgertum. Sie sahen sich als die neuen Kommunisten. Deshalb konnte die SED nach dem Krieg die Nazis problemlos integrieren und hat offensiv um sie geworben.

Deutscher
3 Jahre her
Antworten an  Thorsten Maverick

So sieht es aus, ja. In der Strategie der Ausbreitung unterschied sich der braune Sozialismus vom roten. Während Rotsozialisten innerhalb jeder Nation einen Bürgerkrieg wollten, um den Sozialismus an die Macht zu bringen, wollten die Braunsozialisten dies zentralistisch geführt durch militärische Eroberung der anderen Länder erreichen. Deshalb die nationalistische Komponente.

Last edited 3 Jahre her by Deutscher
peer stevens
3 Jahre her

…folge ich den Kommentaren zu dem Artikel, dann komme ich, aus weiter Ferne, zu dem Schluss
…offensichtlich war dabei dann doch nicht so viel -Sehenswertes- , um damit die bisherige feste Meinung von den -Propaganda und Volkserziehungsmedien- etwas entgegenzusetzen
…aber dennoch, danke an den Autor fuer den Beitrag
…nur traegt er nicht dazu bei, das katastrophale Bild, dass diese BRD in die Welt aussendet, zu verringern

Thomas Jacobs
3 Jahre her

Ich habe leider nur etwas mehr als die Hälfte der Sendung gesehen und meine Stellungnahme ist daher sachlich eingeschränkt. Aber ich kann aufgrund des von mir Gesehenen und auch privat Gelesenen die Meinung des Autors Gafron durchaus teilen, was die Objektivität der Berichterstattung angeht. Da es eine Darstellung der Ereignisse nahezu eines Jahrhunderts war, kann man in einer zeitlich nur sehr begrenzten Sendezeit nicht detailliert in die Tiefe gehen, sondern nur in gedrängten, fast groben Zügen das nachverfolgen, was eher eine mehrteilige Sendung erfordert hätte. Das sollte man bei überzogener Kritik an der Ausstrahlung beachten. Bei ausführlicherer Darstellung müsste man… Mehr

Marcel Klappert
3 Jahre her

Kritik am bestehenden politischen System bedroht laut der ZDF Doku unsere Demokratie!? Was für Drogen muss man nehmen, um diesen Quatsch zu glauben. Seit 16 Jahren macht Merkel Politik unter dem Motto: „Demokratie ist die Diktatur der Mehrheit!“ Kritiker werden diffamiert, mundtot gemacht oder verlieren ihre berufliche Existenz. Man darf im Gegensatz zu einer Diktatur (fast) alles sagen, ohne dafür im Gefängnis zu landen, aber manche Dinge sagt man im Moralstaat „BRD“ nur einmal, bevor man finanziell ruiniert ist. Kein Wunder, daß die Linken in den 70er Jahren skandierten: „Wenn Wahlen wirklich was ändern würden, wären sie schon längst verboten… Mehr

RUEDI
3 Jahre her

Es war eine reine ALIBI-Sendung: Seht her wir sind sowas von neutral ! Und das glauben nur Naivlinge. Eine Neuauflage altbekannter Versatzstücke und unterlegt mit Kommentar eines sogenannten „unabhängigen“ Experten. Mit fragwürdigen Statistiken und Definitions-Wirrwarr: Rechts = Nazi = Rechtsextremistisch = Rechtspopulistisch ( = AFD = Corona-Leugner ) Und das ist der eigentliche Sinn und Zweck – auch wenn hier am Ende erst der Bogen geschlossen wird. Die subtile Botschaft ist angekommen. Als Gegenstück darf dann z.B. einer der Hassprediger, z.B. Sundermeyer als RBB- Rechtsextremismus- Experte ( wo studiert man das ?) und Rundfunkangestellter beim RBB dann in 10 facher… Mehr

Skadi
3 Jahre her

Denke, die Öffentlich-Rechtlichen laufen sich schon für die Wahl im kommenden Jahr warm. Es werden seichte Töne angeschlagen. Da könnte man glatt den Eindruck der Läuterung gewinnen, wenn da nicht die Erfahrung der letzten Wahlen wäre. Okay, es gibt leider immernoch zu Viele, die sich einlullen lassen. Nach der Wahl wird sich der Ton wieder ändern – sicher.

mb
3 Jahre her

Erstaunlich, dass Herr Gafron diese Doku als ausgewogen beurteilt.

Marina
3 Jahre her

Mentalität lässt sich schwer verändern.
Darum glaube ich, dass das gleiche wieder passieren könnte.
Aber dieses mal werden viele Deutsche die linke Diktatur wählen (ob der ständigen öffentlichen Propaganda), außer mehrheitlich im Osten vielleicht , so glaube ich..
Denn im Osten hätte das rechte Lager in Form der AfD, die Oberhand.
Es ist nur noch eine ökonomische Frage?
Aber was macht da schon der Unterschied, wenn alle die Diktatur wählen?

Skeptiker
3 Jahre her
Antworten an  Marina

Das ist ganz einfach eine Folge der Tatsache, dass die Ossies einige -zig Jahre Erfahrung mit Regierungen haben, die gegen die Interessen des Volkes handelten. Für die Wessies dagegen ist diese Erfahrung noch RELATIV neu, sie glauben immer noch in (viel zu) grosser Zahl, was die Regierung tue, das müsse wohl schon in Ordnung sein. War doch früher auch meist so, oder?

Kristallo
3 Jahre her

Aber bitte nicht vergessen: Die eigentliche Gefahr geht nicht von den rechten Patrioten aus, sondern von den Zerstörern des Eigenen, den Beseitigern der Grenzen, den Reglementierern der Sprache und den Wahrheitsverdrehern des Mainstream!