Der Zynismus von Greenpeace: Wunsch nach dem Ende der Freiheit

Greenpeace-Chef Martin Kaiser macht in einem Interview mehr als deutlich, welchen Wert Freiheit für ihn hat. Die Freiheit steht auf seiner Agenda eher unter der Überschrift: einschränken oder abschaffen. – Am besten gleich abschaffen, dann muss man sie später nicht einschränken.

IMAGO / Future Image
Greenpeace-Chef Martin Kaiser bei der Friedensdemo in Berlin am 27.02.2022

Greenpeace posiert gern als Robin Hood, dabei wäre die Rolle von Greenpeace in dieser Geschichte eher die des Sheriffs von Nottingham: den Armen nehmen, die Mittelschicht durch steigende Energiepreise und durch knebelnde Gesetze ruinieren, Deutschland durch eine falsche Energiepolitik deindustrialisieren, an die Stelle der Freiheit den Klimasozialismus setzen. Das ist kurz zusammengefasst das Interview, das der Geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, der Welt gegeben hat.

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Kaiser beklagt, dass die „Import-Abhängigkeit Deutschlands und damit die Erpressbarkeit von Russland mit Gas, Öl und Kohle“ zugenommen hat, verschweigt aber, dass genau die Energiewende Deutschland in diese Abhängigkeit getrieben hat. Die Import-Abhängigkeit geht nicht zuletzt auf eine Energiepolitik zurück, deren Grundlage in der Utopie der erneuerbaren Energien begründet ist, für die Greenpeace kämpft. Greenpeace hält also eine Aktie an der Energieabhängigkeit. Dass faktisch über Nacht planlos Atomkraftwerke abgeschaltet worden sind und Gas, Öl und Kohle als böse „fossile“ Rohstoffe nur noch für den Übergang geduldet waren, bis jeder Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen zum Slalom durch Windräder wird, erwähnt Kaiser nicht. Gerade die irrationale Utopie, den steigenden Energiebedarf – auch durch die in den Himmel gehobene E-Mobilität und die Digitalisierung – allein durch erneuerbare Energien decken zu wollen, führte paradoxerweise zu der hohen Abhängigkeit.

Die Argumente, die Kaiser gegen die Atomkraft ins Feld führt, haben die intellektuelle Qualität von Habecks Äußerung, dass der Weiterbetrieb der noch verbliebenen drei Kernkraftwerke im kommenden Winter 2022/23 nicht helfen würde und mit „höchsten Sicherheitsbedenken“ verbunden wäre. Es geht hier – wie bei den Grünen und bei Greenpeace zu beobachten – nicht um das Wohl der Bevölkerung, sondern um Ideologie, es geht nicht um Rationalität, sondern um puren Glauben. Welche Logik dahinter steckt, Energieerzeuger abzuschalten, auf sie zu verzichten, wenn man nicht einmal weiß, wie man Energiesicherheit selbst mit ihnen gewährleisten soll, erschließt sich rational jedenfalls nicht. Null minus drei ergibt jedenfalls nicht plus 4.

Wohlweislich hatte Habeck bei seiner ominösen Vorprüfung laut Welt am Sonntag weder die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) noch die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) einbezogen und gefragt. Stattdessen vielleicht Greenpeace? Oder den Verband der WindEnergie? Zumindest fordert Kaiser im Interview die „schnelle Wärmewende“. Setzt sich allerdings seine und Habecks Utopie durch, erleben wir schon im Winter 22/23 eine sehr schnellere und sehr rigorose Wärmewende, nämlich die Wende von warm zu kalt. Und da Greenpeace die Menschen zu ihrem „Glück“ gern zwingen möchte, findet Kaiser, dass man jetzt ein „Ausstiegsgesetz für Öl- und Gasheizungen und einer Ausbauoffensive für Wärmepumpen, Solarthermie, grüne Wärmenetze und Gebäudedämmung“ benötigt.

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Was Kaiser verlangt, ist nichts weniger als der Ruin derer, die Eigenheime gebaut haben oder Wohneigentum besitzen, aber auch derjenigen, die über Immobilienfonds Wohnungen geschaffen haben, denn es ist vollkommen klar, wer den Ausstieg, also den Abriss der Öl- und Gasheizungen zu bezahlen hat – nicht Martin Kaiser. Nicht wenige werden ihr Häuschen verlieren, weil sie nicht das Geld für Wärmepumpen und Gebäudedämmung aufzubringen vermögen, schon gar nicht in einer Inflation, die auch von der CO2-Steuer getrieben wird. Bis jetzt sind übrigens, auch wenn das von interessierter Seite lanciert wird, hohe Energiepreise nicht die Folge des Krieges, sondern die der desaströsen Energiepolitik von Schwarz-rot unter Standing Ovations der Grünen.

Außerdem bedeutet ein Gesetz dieser Art, einen diktatorischen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger vorzunehmen, aber die Freiheit steht auf Kaisers Agenda doch eher unter der Überschrift: einschränken oder abschaffen. Sie stört nur. So blitzt trotz gewundener Formulierung die Illiberalität durch, wenn er behauptet: „Zu meiner individuellen Freiheit kann es ja gehören, in meiner Mobilität nicht eingeschränkt zu werden. Das heißt aber nicht, dass ich mit meinem Benzin-betriebenen SUV in jede Ecke der Republik fahren darf.“ Will er Sonderfahrgebiete einrichten oder Mauern bauen? Zum Freiheitsbegriff von Martin Kaiser gehört es also, so sagt er es klar und deutlich, dass die Bürger nicht das Recht haben, dorthin zu fahren, wohin sie wollen. Will Martin Kaiser vorschreiben, wer wann mit welchem Fahrzeug wohin fährt? Gratulation, so weit ist nicht einmal die SED gegangen.

Kaisers Rhetorik läuft darauf hinaus, im ersten Satz etwas mit weichen und konditionalisierenden Formulierungen zuzugestehen, was im folgenden Satz knallhart aufgehoben wird. Der berechtigte Vorwurf der Interviewer, dass Greenpeace-Aktionen das Leben von Menschen gefährden, wird als Vorfall in München, als berühmter Einzelfall, als ein „Technikdefekt“ abgetan, um dann rhetorisch das große Becken zu benutzen – schließlich „weist“ Greenpeace „immer wieder sehr deutlich auf Missstände hin, weil Deutschland die Pariser Beschlüsse jahrelang nicht umsetzte.“ An der Gefährdung von Menschen sind nicht die Gefährder, sondern ist die Nichteinhaltung der Pariser Beschlüsse durch Deutschland schuld. Mit anderen Worten: Eigentlich war die Aktion richtig. Es sei schließlich die Aufgabe von Greenpeace „den Finger in die Wunde zu legen.“ Auch in die Wunden derer, die bei einer Greenpeace-Aktion Schaden an Leib und Leben nehmen könnten?

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Auf die Aktion der Gruppe „Aufstand der letzten Generation“, die Straßen und Autobahnen blockiert und dabei in Kauf nimmt, „dass Menschen zu Schaden kommen – etwa, wenn Krankenwagen im Stau stecken bleiben“, distanziert sich Kaiser nicht wirklich, sondern verkündet: „Das Anliegen teile ich.“ Anschließend versucht er darzustellen, dass diese Aktion auch „im Klima-Kontext“ richtig ist. Eigentlich geht es nur darum, „der Gesellschaft“, die in Kaisers Selbstbewusstsein der weisen Belehrung des Funktionärs Kaiser bedürftig ist, „gut zu erklären, warum man bestimmte Aktionsformen wählt.“

Auf die Feststellung, dass der Protest die „Falschen“ trifft – Pendler, Berufstätige, die zur Arbeit müssen –, hat Kaiser nur die Antwort parat: „Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage beschäftigt: Darf ein kurzzeitiger Protest auch Leute stören, die damit nichts zu tun haben? Es kam zum Schluss, dass so was möglich sein sollte in einer Demokratie.“ Aber natürlich: „Ich kann das aber im Einzelfall aus der Ferne nicht beurteilen.“ Martin Kaiser, der von Amtswegen ein Fachmann sein sollte für dieserart Aktionen, kann das also nicht beurteilen? Wenn man ihm glaubt, wäre er am falschen Platz, wenn er am richtigen Platz ist, kann man ihm nicht glauben.

Aber womöglich hat er sogar recht. Womöglich kann es ein Greenpeace-Funktionär nicht beurteilen, was es für berufstätige Menschen bedeutet, nicht pünktlich zur Arbeit zu kommen, oder was es heißt, wenn ein Rettungswagen in höchster Eile nicht zum Krankenhaus gelangt?

Offensichtlich hat Martin Kaiser seine Empathie für anderes aufgespart, denn er hofft, „dass die jungen Leute nicht gelähmt werden von der Lage – sondern in ein Handeln kommen, das ihnen und anderen Mut und Hoffnung gibt“. Was Kaiser fordert, ist „eine Transformation bei Mobilität, Landwirtschaft, Energieversorgung, beim Bauen“. Mit anderen Worten: Damit die Freiheit in Zukunft nicht „stark eingeschränkt sein“ wird, schaffen wir sie lieber gleich ab, dann brauchen wir sie später nicht einzuschränken.

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Kommentare ( 53 )

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Andreas aus E.
2 Jahre her

Brennstoff Holz? Denken Sie bitte an Feinstaubbelastung!

Hauptvorteil der Rodung ist aber, daß man dort Parkplätze für Elektroautos asphaltieren könnte.

Last edited 2 Jahre her by Andreas aus E.
Tesla
2 Jahre her

Greenpeace ist nichts weiter als eine verkappte neomarxistische Sekte unter dem Deckmäntelchen des Umweltschutzes und des „Klimaschutzes“. Dass diese Volkserzieher kein Interesse an Freiheit haben, liegt in der Natur solcher marxistischer Sekten. Freiheit könnte den Menschen ja auch ermöglichen, die kranken Ideologien dieser Sekten abzulehnen und sich auch direkt gegen diese Volkserzieher zu wenden.

J. Werner
2 Jahre her

Verbietet solche schlimmen „Sekten“ wie Greenpeace, und zwar sofort. Solange das nicht klappt, sollte man sich mal die Finanzquellen dieser Geldmaschine genauer anschauen. Wenn das überhaupt möglich ist! Es tut weh, wenn man sich ansieht, daß sie allesamt Putin proaktiv in die Hände arbeiten. Wir sind jetzt dank diesen Leuten und Merkel /Schröder – Operationen komplett von Rußland abhängig… Soll es jetzt einfach so weitergehen?! Es wäre jetzt an der Zeit, hier eine Korrektur vorzunehmen, die alle diese NGO-Kraken an den Haken nimmt und zwar „for good“!

Nachdenkerin X
2 Jahre her

Annelana Baerbock holt sich doch gerade eine Predigerin der Endzeitsekte ins Ministerium. Was ich noch nie verstanden habe und auch nie verstehen werde: Die gleichen Leute, die das Sparen von Energie predigen, wollen ständig neue Bewohner ins Land holen. Selbst wenn diese Leute alle selbst ihren Lebensunterhalt verdienen würden – was sie bekanntermaßen in den meisten Fällen nicht tun – JEDER neue Bewohner braucht Energie! (Heizen, Kochen, Mobilität, zusätzlicher Bau von Wohnraum etc. etc.) Jetzt mal ganz abgesehen von den kulturellen Verwerfungen: Wenn wir die ganzen illegal Eingewanderten nicht hier hätten, wäre die Bevölkerungszahl deutlich kleiner und hätten dementsprechend auch… Mehr

gmccar
2 Jahre her
Antworten an  Nachdenkerin X

Die Endzeitpredigerin ist doch offizielle Zuarbeiterin von Schwab/WEF. Da ist doch verständlich, wo der Geldsegen herkommt. mittlerweile habe ich die Vermutung, das Greenpeace und die Grünen durch die erste Panik-Institution „Club of Rome“ in den 70ern von dessen Mitgründer Rockefeller ins Leben gerufen wurden.

Teiresias
2 Jahre her
Antworten an  Nachdenkerin X

Die „Neubürger“ brauchen nicht einfach Energie.

Sie brauchen MEHR Energie als in ihren Herkunftsländern, weil sie aus warmen Ländern kommen.

Ginge es wirklich um „CO2“ und „Klima“, müsste man umgekehrt Menschen aus dem dichtbesiedelten, kalten Norden in den dünner besiedelten, warmen Süden umsiedeln, wo es keinen echten Winter gibt.

Sie geben sich beim Betrügen nicht mal Mühe, diese Arroganz der Macht ist schwer erträglich.

Leser14
2 Jahre her

Es sei daran erinnert, daß bereits 2016 über 150 Nobelpreisträger Greenpeace Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwarfen durch deren völlig unwissenschaftliche Angstmache gegenüber den Anbau von „Golden Rice“ zur Verhinderung von weit verbreitetem Vitamin A – Mangel gerade bei den ärmeren Bevölkerungsschichten der Dritten Welt.
Bei den woken Medien wurde davon nahezu keine Notiz oder Anstoß genommen.

Lotus
2 Jahre her

Außerdem bedeutet ein Gesetz dieser Art, einen diktatorischen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger vorzunehmen, aber die Freiheit steht auf Kaisers Agenda doch eher unter der Überschrift: einschränken oder abschaffen.“

Nicht nur auf Kaisers Agenda. Hat das BVerfG nicht bereits einen Blankoscheck bzgl. Grundrechtseinschränkungen/-beseitigung an jetzige und künftige Regierungen ausgestellt?

Martin Beckmann
2 Jahre her
Antworten an  Lotus

In der Tat: Zitiert aus dem Cicero – „Corona, Klima, Rundfunkbeitrag: „Karlsruhe“ entwickelt sich immer mehr zum Erfüllungsgehilfen der Politik.“ von Rechtsanwalt Gerhard Strate aus Hamburg im Cicero: https://www.cicero.de/innenpolitik/bundesverfassungsgericht-stets-zu-diensten-gerhard-strate Zitat: „Damit ist der Grundstein für eine bizarre Situation gelegt, in der bereits das Einschalten der Heizung im Winter, der Verzehr einer Fleischmahlzeit oder ein Flug in den Urlaub in jedem Einzelfall Gegenstand einer verfassungsrechtlichen Abwägung wird. Da passt es hinein, wenn an anderer Stelle davon die Rede ist, es könnten „selbst gravierende Freiheitseinbußen künftig zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und gerechtfertigt sein“. Dass mit derartigen Formulierungen ein Gewöhnungsprozess eingeläutet wird,… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Martin Beckmann
Reinhold
2 Jahre her

Diese Organisation schadet der Gesellschaft massiv. Die Medien sollten ihr keine Plattform mehr bieten, sonst machen sie sich mit schuldig.

Montesquieu
2 Jahre her

Genau. Das Argument, man könne die finanziellen Belastungen ja durch Konsumverzicht umgehen, war schön öfter zu hören. Die GRÜNEN haben die Wähler mit dem höchsten Durchschnittseinkommen. Darüber hinaus wird es zu massiven Umverteilungen kommen. Die weit überdurchschnittlich staatsabhängig beschäftigten GRÜNEN-Wähler werden davon allerdings nur marginal betroffen sein.

StefanB
2 Jahre her

„Will Martin Kaiser vorschreiben, wer wann mit welchem Fahrzeug wohin fährt? Gratulation, so weit ist nicht einmal die SED gegangen.“

Kaiser ist ein Sinnbild der westlichen Gesellschaft. Schließlich fordert und spricht der Chef der linksgrün-radikalen Vorfeldorganisation nur deutlich aus, was in der linksgrünen Politik – und die macht 90 Prozent der deutschen Politiklandschaft aus – nicht nur gedacht, sondern in Art der Salamitaktik auch gemacht wird. Eins ist dabei auch klar: Frieren sollen bitte die anderen. Immerhin: Die anderen wählen diese Politik seit Jahrzehnten zu 90 Prozent. So gesehen hat alles seine Richtigkeit.

Last edited 2 Jahre her by StefanB
GP
2 Jahre her

In Zusammenhang mit Greenpeace benutze ich den Begriff „Öko-Faschismus“. Das ist eine Sekte die zur Vermeidung ihrer Endzeitphantasien die freiheitlichen Rechte der Bevölkerung völlig abschaffen wollen. Erlösung durch Verzicht (der anderen, wohlgemerkt…) ist die Basis aller Religionen und wiederholt sich im Ökologismus unserer Tage. In den letzten 100 Jahren wurde die Freiheit mal von den Brauen und den Roten abgeschafft, jetzt sind die Grünen an der Reihe. Das Theaterstück ändert nicht, nur die Farben wechseln. Und Greenpeace ist nichts anderes als die NSDAP des Öko-Zeialters.