Demokratie und Recht brauchen keine Einheitsmeinung, sondern freie Bürger

Am schlimmsten sind jene, die nur noch Äußerungen von sich geben, bei denen sie sicher sind, dass die linke Gesinnung sie hören will und sie sich des Applauses sicher sein können.

Ja, man beschimpft mich auch schon mal als „alten weißen heterosexuellen Cis-Mann“. Ich musste tatsächlich erstmal nachschlagen, was denn das bedeutet. Ich muss ja wissen, über welche schlimme Beleidigung ich mich jetzt aufregen muss.

Es stellte sich heraus, dass Cis-Mann nichts anders bedeutet, als ein Mann im Männerkörper zu sein. Da kann ich nichts Schlechtes daran finden. Ich fühle mich ganz wohl mit mir selbst.

Also wieder nichts mit einer echten Beleidigung? Ah, doch das „alt“ am Anfang ist doch etwas diskriminierend.

Interview
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Und rege ich mich auf? Nein. In meinem Wirkungs- und Lebenskreis, der eben nicht dem Neusprech, dem politisch Korrekten folgt, wird eine klare, vielleicht althergebrachte, deftige und auf den Punkt bringende Sprache gesprochen. Ich bin dann doch dankbar, nicht mehr 20 zu sein. Gendersternchen und Knacklaute jedenfalls helfen nicht bei der Wahrheitsfindung; sie verkomplizieren und verschleiern nur, was klar gesagt werden soll.

Ich nehme mir heraus, zu sagen, was ich will – und wie ich es will. Natürlich beleidige ich niemanden bewusst, aber ich passe mich auch nicht dem politisch Korrekten an. Da würde ich ja meine eigenen Aussagen nicht mehr verstehen. Ich lebe in meinem Zeitgeist und der ist vielleicht einige Jahrzehnte alt, aber ich bin zufrieden damit. Niemand wird mich zwingen, nicht mehr zu sagen, was ich will.

Ich wusste übrigens bestimmt bis zu meinem 25. Lebensjahr nicht mal, was ein G-Punkt ist und wenn man mich gefragt hätte, wäre meine Antwort sicher gewesen, dass das irgendwas mit Beschleunigung und Erdanziehung zu tun haben müsste.

Nun also wird über den von mir sehr geschätzten, konservativ-liberalen Journalisten Roland Tichy berichtet, er habe gesagt… HALT! Er hat es gar nicht gesagt oder geschrieben. Es stand in einer Zeitschrift, die er verantwortet; ein kleiner, aber feiner Unterschied, wobei sonst doch heute noch auf allerkleinste Diversifikationen so viel Wert gelegt wird.

Hmm, ich kann das wirklich nicht beurteilen, aber finde diese Äußerung zwar nicht besonders politisch, aber auch nicht weiter schlimm. Wäre es politisch korrekt, wenn die Aussage gelautet hätte: der einzige Pluspunkt ist, dass sie eine Frau ist?

Konservativ-Liberal nenne ich Roland Tichy deshalb, weil ich wie er ein starkes Verständnis für seine Werte habe, und liberal, weil er im Gegensatz zu vielen anderen jede Meinung zulässt, auch wenn sie noch so falsch ist. Das heißt aber immer noch nicht, dass ich immer seiner Meinung bin. Er wohnt ja auch in seinem eigenem Körper und scheint ganz zufrieden damit zu sein, der alte Cis.

Er geht aber sehr wohl – wie ich auch – davon aus, dass es sein könnte, dass der Gegenüberstehende Recht hat.

Ich habe mich öfter mit Roland Tichy unterhalten und im Gegensatz zu mir ist er immer sehr ruhig und wohlbedacht mit meinen kritischen Aussagen umgegangen. Er kann gut zuhören und verarbeitet, was man ihm sagt.

Nun Roland Tichy aus einer Zeile eines Artikels und dieser Äußerung einen Strick zu drehen und ihn zur Persona non grata zu machen, könnte den Andersdenkenden gerade so passen. MIR NICHT!

Aber man sucht jetzt geradezu überall fieberhaft nach Phrasen und Zeichen, die nicht „mehr“ erlaubt sind. Generell hat eine Transformation begonnen, die ich wirklich ekelhaft finde. Nun habe ich vermutlich wieder irgendwen beleidigt und es tut mir nicht mal leid.

Die derzeitige Gleichmacherei erinnert an Gleichschaltungen in etlichen politischen Systemen des 20. Jahrhunderts bis hin zu McCarthy in den USA, an den die dortigen Ereignisse nicht erst im laufenden Präsidentschafts-Wahlkampf anknüpfen.

Da sind Politiker, die hoffen, durch Aussagen nur noch die linke veröffentlichte Meinung zu befriedigen. Z.B. der bayrische Ministerpräsident Söder: „Das Zeigen der Reichsflagge ist undemokratisch“. So ein Quatsch. Diese Leute, die irgendwie etwas krude denken, dürfen natürlich, das ist ihr demokratisches Recht, so eine Flagge zeigen. Ganz im Gegenteil: das Verbot wäre wahrlich nicht liberal und zudem undemokratisch.

So wird jeder, der sich nicht im immer enger werdenden Rahmen des politisch-korrekten Zeitgeists äußert, sukzessive durch einen politmedialaktivistischen Kreis sozial geächtet.

Am schlimmsten sind jene, die nur noch Äußerungen von sich geben, bei denen sie sicher sind, dass die linke Gesinnung sie hören will und sie sich des Applauses sicher sein können.

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Kommentare ( 105 )

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RS
3 Jahre her

Was sich m.E. sehr verändert hat in Deutschland und der Welt, ist nicht die Menge des dummen Geschwätzes, das hin und her wabert, oder die Zahl der Wichtigtuer, Großschwätzer, Aufplusterer, Luftballons, es ist das schiere Ausmaß der Hasenfüßigkeit, mit der auf jedes noch so blöde Geschwafel reagiert wird, wenn es nur laut genug ist. Es ist die Menge der Feiglinge, Mitläufer, Nachplapperer, Vorauseiler, Blockwarte, ihr Anteil am öffentlichen Diskurs. Das größte Problem der Vernünftigen scheint mir zu sein, daß sie jeden Mist wahrnehmen und ihrerseits darauf reagieren, anstatt ihn schlicht zu ignorieren. Bsp.: In einem Medium gibt es heute eine… Mehr

RS
3 Jahre her

Die eigentliche Gefahr für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Deutschland kommt von Links und sie beginnt in der Regierung. Die traditionellen Medien machen da fast alle mit. Der „Kampf gegen Rechts“ ist in Wahrheit nur Camouflage und eine Ablenkungsstrategie.

moorwald
3 Jahre her

Von allen Parteien sind die Grünen am wenigsten dem verpflichtet, was man „Gemeinwohl“ zu nennen pflegt. Zum sektiererischen Sendungsbewußtsein kommt die Verachtung der kleinen Leute. Man hält sich in jeder Hinsicht für überlegen. Allerdings kommen die dümmsten Äußerungen zu Sachfragen zuverlässig von Grün. Die Grünen können nur dort Stimmen sammeln, wo man es auch nicht so genau wissen will, wo man die kurzen Wege, die einfachen Antworten liebt. Also bei den Bequemen, die die Mühen des Kenntnis- und Erkenntnisgewinns nicht auf sich nehmen wollen. Es spricht nicht für das politische Urteilsvermögen der Deutschen, wenn die Grünen so viel Zustimmung erfahren.… Mehr

Aljoschu
3 Jahre her

Danke Herr Duin für das klare, unmissverständliche und direkte Wort! Auch ich fühle mich sehr wohl in meinem Cis-Körper eines alten weißen Mannes. Dh weiß ist der garnicht, eher sonnengebräunt von der Arbeit im Freien. Ja, man würde sich Deutschland wieder so wünschen , wie es einmal war, vor Merkel: liberal, konservativ, bürgerlich! Damals herrschten noch Zuversicht und die Gewissheit weitest verbreiteten Wohlstands. Heute stattdessen Spaltung, Hetze, Blockwarte überall, Infantilisierung, Panik, Schuldzuweisung, Einschüchterung und Ausgrenzung – und die Gewissheit des sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Niedergangs.

Lesterkwelle
3 Jahre her

Es ging mitnichten um Chebli und den G-Punkt. Es geht darum, die von Tichy verantwortete Seite bzw. Magazin zu diskreditieren und letzlich zu zerstören. Abweichende Meinungen sind unerwünscht. Letzlich wieder ein hinterlistiger Angriff auf die Meinungsfreiheit. Im übrigen die Taz-Redakteurin Ulrike Hermann stellt in ihrem neuen Erhard als üblen Kollaborateur und Nutzniesser der Nazis dar. Wäre auch mal einer Diskussion wert.

RMPetersen
3 Jahre her

Diese bewusste Formulierung ist doch völlig egal; man hätte eine andere Sünde gefunden und sich darüber künstlich aufgeregt; auch ohne diese Anzüglichkeit sind Tichyseinblick und Herr Tichy persönlich den linken Hetzern Attackenziele. Nun haben sie angegriffen und etliche Opportunisten tröten mit – nun gut, dann kennt man die Feinde der Meinungs- und Pressefreiheit eben noch deutlicher. Mit der CDU und der FDP, so ist wieder einmal deutlich geworden, ist keine pluralistische Demokratie mehr zu machen. Sie sind im Herzen Anhänger einer Herrschaft von oben, einer Schein-Demokratie. Was gesagt werden darf, was getan wird und wohin die Reise geht, wird von… Mehr

Wolf Koebele
3 Jahre her

Der Herr Söder will sogar verbieten, die Reichsflagge zu zeigen. Soweit sind wir schon oder so weit wagr sich der Möchtegerndespot aus der Deckung. Ein Herr Reiter (SPD) in München eifert ihm nach; aber bevor er verbietet, erlaubt er schon mal: Eheleuten, Partnern u.ä sowie Kindern das Zusammensein in privaten Räumen. Das hätte sich noch nicht einmal Adi getraut! (Nicht, daß ich hier gleichzusetzen beabsichtige; es geht um die Methoden und die Durchsetzung autokratischer Gelüste.)

Frank v Broeckel
3 Jahre her

Weshalb 87,4 Prozent aller Deutschen auf die Ersatzenkelunterschiebung Flüchtlinge dauerhaft hereingefallen sind, weil alle anderen alteuropäischen Völkerschaften ihre eigenen wenigen jungen Menschen zur Aufrechterhaltung ihrer eigenen Staaten selbst dringend benötigen?

Fragen Sie mich nicht, weshalb gewisse oppositionelle Medien und Parteien das Ganze selbst nach fünf Jahren immer noch NICHT auffliegen lassen WOLLEN!

Sind anscheinend je eingewanderten Ersatzenkel irgendwie umsatzbeteiligt oder warten anscheinend auf besseres Wetter!

moorwald
3 Jahre her

Zu den unterhaltsamsten und faszinierendsten kulturellen Erscheinungen gehören die mannigfaltigen Ausdrucksformen, die der „Krieg der Geschlechter“ im Laufe der Jahrtausende angenommen hat. Dabei braucht man nicht mal die großen und weniger großen Geister von Aristophanes über Schopenhauer, Nietzsche bis Weininger zu bemühen. Auch der Alltag bietet immer wieder neues Anschauungsmaterial. Heute ist der Vorwurf des „Sexismus“ en vogue. Kommt, soviel ich sehe, immer nur von Frauen. Frauen, die ihn erheben, wollen anscheinend damit darauf bestehen, nicht oder nicht in erster Linie als Frauen wahrgenommen zu werden. Wobei es nicht mehr um die Herabwürdigung zum „Lustobjekt“ zu gehen scheint. Aber „Unlustobjekt“… Mehr

Max Wedell
3 Jahre her

Albert Duin’s Kommentar enthält zwar nur vernünftige Sätze, aber er ist dennoch im höchsten Maße kontraproduktiv. Duin macht nämlich genau das Gleiche wie der Großteil der Medien: Er verschweigt, daß es sich bei der inkriminierten Äußerung um einen Bestandteil einer SATIRE-Kolumne handelt. Und nicht nur das! Er tut so, als ob sich um eine völlig ernstgemeinte politische Analyse gehandelt habe. Natürlich muß auch SATIRE einen Kern Ernstgemeintes enthalten, aber sie darf eben auch Übertreibung und Zuspitzung in einem Ausmaß enthalten, die nichtsatirische politische Analyse nicht enthalten darf, wenn sie ernstgenommen werden will. Wenn SATIRE hingegen in gleichem Maße und ganz… Mehr

AlterEgo
3 Jahre her
Antworten an  Max Wedell

War der Artikel im Heft auch explizit als ‚Satire‘ überschrieben? Sonst ist es ja sehr wahrscheinlich dass Frau Bär und Co das nicht verstehen (möchten). Oder ‚zufällig‘ überlesen haben.
In der Online-Ausgabe https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/blackbox-kw-39-stuermische-zeiten/ ist es ja nochmal dick reingeschrieben.