Deutschland ist vielleicht noch immer eine „verspätete Nation“

Heute vor 175 Jahren trat in der Frankfurter Paulskirche das erste gesamtdeutsche Parlament zusammen.

IMAGO / epd
1848 standen Freiheit und Recht der Bürger nicht im Vordergrund

Am heutigen 18. Mai 2023 jährt sich zum 175. Mal die Eröffnungssitzung des ersten gesamtdeutschen Parlaments in der Paulskirche in Frankfurt am Main. Ziel war damals die Schaffung einer freiheitlichen Verfassung und die Bildung eines deutschen Nationalstaats. Zu diesem Jubiläum wird es in der Paulskirche einen Festakt mit Rede des Bundespräsidenten und mit anschließendem Bürgerfest geben. Wir werden uns die Rede des Bundespräsidenten vornehmen, sobald sie vorliegt.

175 Jahre „Paulskirche“: Man kann diesem Ereignis, seiner Vorgeschichte und seiner Wirkung nicht mit einer kurzen Kolumne gerecht werden. Große Bücher wurden dazu geschrieben. Dennoch bedarf es wenigstens eines gerafften Rückblicks. Denn: Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt in Geschichtsschreibung und Erinnerung zu leicht die äußerst bewegte erste Hälfte des 19. Jahrhunderts vergessen. Die beiden Weltkriege (1914/18 und 1939/45) sowie das Entstehen der beiden großen Terrorsysteme des sowjetischen Kommunismus (1922) und des deutschen Nationalsozialismus (1933) sind präsenter. Die Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war zwar bei weitem nicht so verlustreich, aber zumal für Europa und für die Deutschen war kaum weniger zerklüftet.

Die explosiven Umstände von 1806 bis 1848

Eine hochkomplexe, explosive Gemengelage hatte sich ergeben. Genannt seien nur eine paar Ereignisse, die Deutschland prägten. Dass vergleichbare Erschütterungen von Sizilien bis Polen und zum Ärmelkanal reichten, sei nur erwähnt.

  • 6. August 1806: Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, begründet anno 962, durch Abdankung von Kaiser Franz II., der am 14. Juli 1792 im Frankfurter Dom zum Kaiser proklamiert worden war;
  • 12. bis 20. Juli 1806: Gründung des Napoleon gefälligen Rheinbundes mit bis zu 20 deutschen Staaten; am 1. August 1806 Austritt aus dem Reichsverband;
  • 1813: Ende des Rheinbundes nach Napoleons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig, Befreiungskriege;
  • 1814/15 Gründung des „Deutschen Bundes“ mit 39 Staaten (davon 35 Fürstentümern) auf dem Wiener Kongress; aufgelöst 1866;
  • 1815 bis 1848 Restauration mit Wiederherstellung der dynastischen Verhältnisse;
  • 1815 bis 1848: „Vormärz“ versus „Biedermeier“;
  • ab 1817 Wartburgfeste studentischer Verbindungen, jeweils am Jahrestag der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig; gegen Kleinstaaterei, für einen deutschen Nationalstaat;
  • März 1819 Karlsbader Beschlüsse mit weitgehender Unterbindung des politischen Lebens der Bevölkerung sowie Einschränkungen der Universitäts- und Pressefreiheit; Verfolgung bzw. Ausweisung von Leuten wie „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, Ernst Moritz Arndt, Joseph Görres, Gebrüder Grimm
  • 1830 Julirevolution in Frankreich;
  • 27. Mai bis 1. Juni 1832 rund 20.000 Demonstranten beim Hambacher Fest unter den Farben „schwarz-rot-gold“ mit Forderungen nach nationaler Einheit und Volkssouveränität, gegen Restauration. Die Versammlung war ein Protest der pfälzischen Bevölkerung gegen Repressionsmaßnahmen der bayerischen Verwaltung (die Rheinpfalz war von 1815 bis 1946 staatsrechtlich bayerisch).
  • 1834 Deutscher Zollverein mit Schaffung eines Binnenmarktes;
  • 1848 Revolution und Arbeiteraufstand in Paris; 18. März 1848 Massenkundgebung vor dem Berliner Schloss, nachdem sich die Nachricht vom Sturz Metternichs verbreitet hatte. Das Militär schritt gegen die Demonstranten gewaltsam ein, es kam zu blutigen Barrikadenkämpfen, an deren Ende über zweihundert Tote zu beklagen waren. Am Morgen des 19. März 1848 ordnete König Friedrich Wilhelm IV. den Abzug der Soldaten an.
Nationalversammlung in der Paulskirche

Dann folgte der Anlauf in der säkularisierten Paulskirche zu einer großen Nationalversammlung. Man wollte binnen drei bis vier Monaten Deutschland vereinen und ihm eine moderne Verfassung geben. Die Delegierten wurden nach einem Vorschlag des vom 31. März bis 3. April 1848 tagenden „Vorparlaments“ gewählt. 586 Mitglieder sollten es sein, ein (männlicher) Delegierter je ca. 50.000 Bewohner. Insgesamt waren es nach häufigen Wechseln 808. Die meisten Delegierten kamen (je 50 bis 90) aus den bayerischen Bezirken inkl. Pfalz, aus Baden und aus Württemberg, Österreich, Schlesien, Böhmen und Mähren, der Rheinprovinz und Ost- und Westpreußen, die wenigsten (2 bis 5) aus Oldenburg, Brandenburg, Dalmatien, Luxemburg, Liechtenstein usw. Zumeist waren es lokale Honoratioren, darunter 130 Adelige, 223 Juristen, 106 Professoren (unter anderem J. Grimm, Uhland, Arndt), 46 Industrielle und 4 (!) Handwerker. Als Präsident saß der Nationalversammlung Heinrich von Gagern (1899 – 1880) vor: ein Liberaler, Urburschenschafter, hessisch-darmstädter Abgeordneter und später kurzzeitiger Ministerpräsident dort.

Die Gruppen repräsentierten die maßgeblichen Zeitströmungen: Die Monarchisten setzten sich für die Einzelstaaten und Monarchen ein. Die liberalen Gruppierungen des rechten und linken Zentrums befürworteten eine föderale, konstitutionelle Monarchie mit einem Parlament und einem erblichen Kaiser. Die demokratischen Linken wollten eine parlamentarisch-demokratische Republik.

Am 21. Dezember 1848 verabschiedete die Versammlung das „Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“ – durchaus maßgebend für die Weimarer Verfassung von 1919 und das Grundgesetz von 1949. Zum ersten Mal erlangten damit Menschen- und Bürgerrechte Gesetzeskraft in Deutschland. Kernbestandteile sollten sein: Volksvertretung, Gewaltenteilung, Presse-, Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit, Gewerbefreiheit, Freizügigkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit der Wohnung und des Privateigentums, allgemeines Wahlrecht, Aufhebung aller Standesvorrechte, Abschaffung der Todesstrafe.

Die am 27. März 1849 verabschiedete Reichsverfassung sollte einen föderalen deutschen Einheitsstaat konstituieren, dem mit Ausnahme des Kaisertums Österreich alle Staaten des Deutschen Bundes angehörten (kleindeutsche Lösung). Die Reichsverfassung sah einen erblichen Kaiser als Staatsoberhaupt vor, der das Recht zur Einsetzung der Regierung hatte. Dem Reichstag, der sich aus einem Staatenhaus und einem demokratisch zu wählenden Volkshaus zusammensetzte, oblagen die Gesetzgebung, das Budgetrecht und die Kontrolle der Exekutive. Die Monarchie geriet nicht in Gefahr.

Es war eine Revolution, ja, aber keine des Proletariats wie 1789 in Frankreich und damit auch nicht, wie sich Marx/Engels eine Revolution in ihrem „Kommunistischen Manifest“ vom Februar 1848 (!) vorgestellt hatten, sondern eine Revolution – wie Marx/Engels gesagt hätten – der Bourgeoisie. Aber es wurde auch eine Revolution der enttäuschten Erwartungen. Die Quadratur des Kreises konnte nicht gelingen. Allein schon die Frage „großdeutsche oder kleindeutsche Lösung?“ zerriss die Versammlung. 290 der Delegierten waren pro Kleindeutschland, 248 pro Großdeutschland, also für die Einbeziehung Österreichs. Am 28. März 1849 lehnte dann der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die Würde eines deutschen Erbkaisers ab – weil sie „revolutionär“ zustande gekommen wäre. Auch alle anderen Pläne zerbröselten.

Es gab aus nachvollziehbarem Frust heraus Aufstände. Ab Mai 1849 folgte deren Niederschlagung durch preußische Truppen in Dresden, Baden, der Pfalz und zuletzt in Rastatt (23. Juni 1849). Ein versprengter Teil der Nationalversammlung war als Rumpfparlament für zwei Wochen im Juni 1849 nach Stuttgart umgezogen, ehe er dort von militärischen Kräften aufgelöst wurde. Damit war der revolutionäre Widerstand im Sommer 1849 endgültig gebrochen und die liberale, demokratische Einheits- und Freiheitsbewegung von 1848/49 endgültig gescheitert. Man war freilich bereits zuvor an einem aufgrund interner Zerstrittenheit und Verzagtheit toten Punkt angekommen. 1850 wurden in fast allen deutschen Staaten die liberalen Ansätze annulliert und vorrevolutionäre Zustände wiederhergestellt. Es war ein Scheitern im Sinne Ludwig Börnes, der 1840 in seiner „Denkschrift“ schrieb: „Eine Revolution ist ein Unglück, aber ein noch größeres Unglück ist eine verunglückte Revolution.“

Können die Deutschen Revolution oder nur „verspätete“ Nation?

Kann der deutsche Michel überhaupt Revolution? Nein, er kann Revolution nicht. Denn er gefällt sich – bis heute – als Untertan, der sich alles gefallen und die Regierenden schalten und walten lässt. So wie es Heinrich Heine vor ziemlich genau zweihundert Jahren 1824/26 in seiner „Harzreise“ beschrieb: „Untertanentreue ist ein so schönes Gefühl! Und es ist ein so wahrhaft deutsches Gefühl!“

Wenn die Deutschen überhaupt Revolution können, dann nur als Revolution von oben. Letztere erfolgte rund zwei Jahrzehnte nach der „Paulskirche“ durch Bismarcks Reichsgründung 1871.

Gewiss haben die Deutschen als Kultur- und Sprachnation eine lange Vergangenheit, als Staatsnation aber nur eine kurze Geschichte. Jahrhundertelang gab es keinen Willen zur Nation. Über Jahrhunderte hinweg bis 1871 nicht einmal eine Hauptstadt, die mit Paris oder London vergleichbar gewesen wäre, sondern viele mehr oder weniger wichtige Zentren. Es gab auch keine geografisch räumliche Kontinuität. Das hat damit zu tun, dass Deutschland im Gegensatz etwa zu Frankreich oder England kaum natürliche Grenzen hat.

All dies waren keine günstigen Voraussetzungen für das Werden einer Staatsnation. Zu viele Strömungen standen sich entgegen: Zentralmacht versus Regionalmacht, Thron versus Altar, Katholizismus versus Protestantismus, Größenwahn versus Minderwertigkeitskomplex, Auserwähltsein versus Subalternität, „Faust“ versus „Untertan“.

Die Benennung Deutschlands als „verspätete Nation“ hat sich übrigens seit der gleichnamigen Schrift der Jahre 1935 und 1959 des Philosophen und Soziologen Hellmut Plessner (1892 – 1985) eingebürgert. Plessners Kernthesen waren: England und Frankreich hatten ab dem 18. Jahrhundert ihre moderne Gestalt angenommen. Deutschland hinkte hinterher. Es war nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) in einen Flickenteppich aus mehr als 300 souveräne Einzelstaaten und Fürstentümer zersplittert. Der Kulturphilosoph Erich Kahler hat es fast zur gleichen Zeit, nämlich 1937, nahezu wortgleich diagnostiziert: Deutschland sei ein „Spätling, der den zuvorgekommenen, vor ihm gereiften Kulturen Europas unterlegen war“, ja mehr noch: Deutschland sei nie über die Pubertät hinausgekommen. Während andere europäische Nationen im 17. Jahrhundert kulturell aufblühten, konnten die Deutschen wegen des langen Krieges von 1618 bis 1648 weder die Früchte der Aufklärung und des Rationalismus ernten noch einen Liberalismus wie den der Engländer entfalten. Das scheint seit einigen Jahren auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts zu gelten.

Wie Heinrich Heine vor und nach 1848 darüber gedacht hat

Die Vorgeschichte der „Paulskirche“ mit ihren Verwerfungen kann man wohl nicht besser beschreiben als Heinrich Heine (1797 – 1856) in seinen „Nachtgedanken“ (entstanden 1843 im Pariser Exil, in das ihn die Restauration 1831 verbannt hatte):

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Und das Ergebnis von 1848/49 kann man ebenfalls kaum besser beschreiben als Heinrich Heine in seinem Gedicht „Im Oktober“ von 1849:

Gelegt hat sich der starke Wind
Und wieder stille wird’s daheime.
Germania, das große Kind
Erfreut sich wieder seiner Weihnachtsbäume …

Wie hellsichtig und aktuell auch diese Verse von Heinrich Heine sind! Deutschland läuft der Nationwerdung noch immer hinter her. Es ist gar dabei, das Erreichte rückgängig zu machen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 29 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

29 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
EKattner
11 Monate her

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass sich der Revolutionsfunke aus Frankreich zuerst bereits Anfang März nach 1848 Baden ausbreitete, das nach der Flucht des Großherzogs und dessen Regierung am 13. Mai 1849 für einige Wochen eine Republik war. Nach der Schlacht bei Waghäusel am 21. Juni 1849, bei der die Revolutionsarmee den preußischen Truppen unterlag, flohen viele in die Festung Rastatt, die sich am 23. Juli 1849 (nicht Juni) ergab.
Viele badische Revolutionäre flohen in die USA, wo sie sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzten. Friedrich Hecker, der Volksheld der Badischen Revolution, kämpfte deshalb beispielsweise als General in der Nordstaatenarmee.

MfS-HN-182366
11 Monate her

Herr Kraus, Sie erschrecken mich, wenn Sie ankündigen, dass der Winkaugust aus dem Schloss Bellevue das Laudatio beim Festakt in der Paulskirche halten will. Es war und der ist furchtbar!
All dies waren keine günstigen Voraussetzungen für das Werden einer Staatsnation. Zu viele Strömungen standen sich entgegen: Zentralmacht versus Regionalmacht, Thron versus Altar, Katholizismus versus Protestantismus, Größenwahn versus Minderwertigkeitskomplex, Auserwähltsein versus Subalternität, „Faust“ versus „Untertan“.“
Es hat sich in 175 Jahren in Deutschland nichts geändert. Es ist immer noch in der infantilen Pubertät und wird m.E. das Erwachsenenalter, wenn überhaupt, unter einer osmanischen Knute leben müssen.

eisenherz
11 Monate her

Verspätet, zu spät kommen, in der Zeit voraus, in der Zeit zurück? Wenn denn Deutschland endlich mal vernünftig handelt, im Zeitstrom mit vielen anderen Ländern um Deutschland herum vereint, wie in den goldenen Jahre der Bundesrepublik. Dann schaffen es immer wieder Kräfte in Deutschland, die von sich behaupten der Zeit voraus zu sein. Die schaffen es das Rad der Zeit so weit zurückzudrehen, in nur wenigen Jahrzehnten, dass Deutschland wieder weit zurückgeworfen wird. Wie jetzt die Grünen und die Volksfront und die gleichschalteten Medien es vorhaben, anstreben und Stück um Stück in die Praxis umsetzen, Deutschland immer 30 Jahr der… Mehr

BK
11 Monate her

Das heutige Deutschland hat man Berufspolitikern, Quotenfrauen und Lobbyisten überlassen. Es sind die Leute, die nichts besitzen, also Anstand und Moral, oft auch keine höhere Bildung oder Allgemeinwissen haben, aber sehr glücklich sind.

EinBuerger
11 Monate her

Kurze Geschichtsdarstellung:
Ab ca. 1.000 n. Chr. bestand das Abendland aus relativ stabilen Nationen. Also keine Imperien wie in anderen Teilen der Welt.
Ein ganz wichtiger Unterschied zwischen diesen Nationen war wie zentralisiert sie waren, d.h. wie mächtig der König war.
Frankreich und England waren meistens sehr zentralisiert. Polen und Deutschland deutlich weniger. Und Italien überhaupt nicht.
Das Ergebnis: Nicht zentralisierte Staaten waren im Great Game des Abendlandes relativ ohnmächtig. Dafür war die Kultur nicht nur auf die Zentrale beschränkt.

weltinbildern
11 Monate her

Nachtgedanken?!
Immer der selbe Blödsinn!
Herr Heine sorgte sich nicht um Deutschland, sondern um seine Mutter!

So gehen die Nachtgedanken weiter:

„Deutschland hat ewigen Bestand,

Es ist ein kerngesundes Land,

Mit seinen Eichen, seinen Linden

Werd ich es immer wiederfinden.

Nach Deutschland lechzt‘ ich nicht so sehr,

Wenn nicht die Mutter dorten wär;

Das Vaterland wird nie verderben,

Jedoch die alte Frau kann sterben.“

EinBuerger
11 Monate her

Naja. Ich sehe nicht, dass die BRD so viel anders ist als die anderen Staaten des Westens. Siehe Schweden. Oder Frankreich. Oder GB.
Die BRD hat sich vollkommen in den Westen integriert.

Waldorf
11 Monate her

Leider wahr, es geht eher zurück in die vornationale Zeit vor 1871. Und das ist (wie der Atomausstieg) eine weitere Herzensangelegenheit der westdeutschen Linke, die sich heute insbesondere in SPD und Grünen tummeln, aber auch weit in die Union hinein wirkt. Diese Gruppen oder politischen Strömungen sehen sich unbestreitbar in marxistischer Tradition und leiden im Gegensatz zu Nichtmarxisten an zwei historischen Traumata: dem Hitlerfaschismus und dem Zerfall der Sowjetunion als Hort des real existierenden Sozialismus/Kommunismus, ihm folgend der Zerfall der DDR und die deutsche Wiedervereinigung. Diese beendete die deutsche Zweistaatlichkeit. Dass die DDR den Wettbewerb der Systeme, auf dessen Sieg… Mehr

MfS-HN-182366
11 Monate her
Antworten an  Waldorf

Alles richtig! Aber: „Dass die DDR den Wettbewerb der Systeme, auf dessen Sieg viele Westlinke gehofft hatten, verloren hat, kommt hinzu.“
Sind Sie sich da sicher Waldorf? Ich nehme es anders wahr! Honecker und Mielke haben, mit Hilfe von IM Erika, den Wettbewerb gewonnen. Wer es anders sieht, ist blind.

Waldorf
11 Monate her
Antworten an  MfS-HN-182366

Stimmt Nach 1998 hat rotgrüne Politik das Land und die EU geprägt, ermöglicht durch eine sehr lange Nullzinsphase. Diese Etappe ist vorbei, ohne Gratisgeldgiesskanne können „Linke“ nix, weder Wohlstand bewahren, geschweige denn mehren. Die schlechteste Kanzlerin der Nachkriegszeit hat Schröders Agenda geerbt und lange davon profitiert. Die Effekte der Nullzinsphase als „wir haben gut gewirtschaftet“ zu verkaufen, war tollkühn, hat aber zu drei Wiederwahlen gereicht. Und jetzt können noch größere Nieten wirken, bis es doch irgendwann mal auch der Gutmütigste merkt, dass die Ungarn, Italiener, Schweden, Finnen, etc vielleicht doch richtig damit liegen, die Zeitgeistparty beendet zu haben. Habecks Heizungs-Voodoo… Mehr

Franz Guenter
11 Monate her
Antworten an  Waldorf

Ich hoffe, es werden vernichtende Wahlschlappen. Erst wenn dem Michel der Allerwerteste fest friert, begreift er, auf was er sich eingelassen hat. Und dann wird es auch weniger Nichtwähler geben. Hoffen wir, das die letzte Messe noch nicht gelesen ist.

Berlindiesel
11 Monate her

Ich sehe das so, und mir fällt das auch hier bei diesem Beitrag auf: In Deutschland (nicht erst seit 1945, und allenfalls kurz unterbrochen im Kaiserreich von 1871) muss die „deutsche Nation“ immer mit einer „freiheitlichen Verfassung“ zusammengedacht werden. Seit 1949 nennt man das Verfassungspartriotismus. Oder „freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Im Deutschland von heute ist nur diese zu schützen, nicht aber „Deutschland“. Wer das anders sieht, wird als „Verfassungsfeind“ exkommuniziert und kriminalisiert. Deutscher dagegen kann angeblich jeder Mensch weltweit sein oder per Papier werden. Ein Nation aber hat damit nicht das geringste zu tun. Sie hat auch nicht mit einer Verfassung zu… Mehr

Last edited 11 Monate her by Berlindiesel
Maunzz
11 Monate her

Eine gute Zusammenfassung. Dass mit der verspäteten Nation, ist Folge des über Jahrhunderte bestehenden, antiquierten Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Man kann Kaiser Napoleon dankbar sein, dass er mit seinem Kaiserreich die Stärkung des Bürgertums nach ganz Europa exportiert hat (u.a.code zivil). Dass die deutschen Königshäuser Freiwilligenverbände für Befreiung der Fremdherrschaft akzeptierten, war ein gewaltiger Fortschritt, der zwar durch die Restauration zurückgedrängt, aber im Geiste nicht mehr aufhaltbar war (Hambacher Fest usw.). Dass 1870/71 eine Revolution von oben ist, kann ausgeschlossen werden, da nicht bestehende Herrschaft gestürzt, sondern verfestigt wurde.

Peisistratos
11 Monate her
Antworten an  Maunzz

Ich finde nicht, dass wir Nachgeborene das Recht haben, das Alte Reich als „antiquitiert“ zu diskreditieren, indem wir immer noch Maßstäbe des 19. Jhs. anlegen. Bislang hat sich noch kein Staatsgebilde auf deutschem Gebiet als so dauerhaft erwiesen wie das Alte Reich. Besser Föderalismus als Zentralismus.

Wolfgang Schuckmann
11 Monate her
Antworten an  Maunzz

Geschichte ein wenig falsch verstanden, Sorry!