„Spiegel“ im publizistischen Kampf gegen Milliardäre – Bill Gates wird verschont

Sie machen Gewinne, zahlen keine Steuern und mehren ihre Macht. So berichtet der „Spiegel“ über „gesetzlose“ Milliardäre. Nur einen vergessen sie: Bill Gates. Von dessen Stiftung der „Spiegel“ Millionenbeträge erhält.

IMAGO / agefotostock | Spiegel.de

Das Kinn gereckt, der Blick stolz – so schauen fünf Milliardäre dem Leser des Spiegels vom Titelblatt entgegen. Umringt sind sie von Statussymbolen wie Yacht, Flugzeug, Sportwagen und Rakete. Die Symbole stehen gleichzeitig für die Macht der Fünf wie für ihre Gier und ihre Anmaßung. In die Mitte dieser gefährlichen Milliardäre ist natürlich Elon Musk platziert, das Feindbild der Woken, seitdem er angekündigt hat, auf Twitter die Meinungsfreiheit durchsetzen zu wollen. Amazon-Chef Jeff Bezos ist neben ihm abgebildet.

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In den Texten zum Thema „Die Gesetzlosen“ kritisiert der Spiegel den neuen Feudalismus und meint den unverschämten Reichtum, das Herumdrücken um Steuerzahlungen und vor allem die Tendenz der Superreichen, sich immer mehr politische Macht aneignen zu wollen. Wer im Feudalismus ein „Gesetzloser“ war, galt als „vogelfrei“, war also zum Töten freigegeben. Eine intellektuelle Militarisierung des Spiegels. Dazu passt ein Essay, das der Spiegel veröffentlicht und in dem der Umwelt-Terrorist Andreas Malm Klima-Aktivismus rechtfertigt. Beziehungsweise: umgekehrt. Der Spiegel nennt Malm beschönigend Aktivist und lässt ihn sagen: „Nur Sabotage und Sachbeschädigung helfen.“ Der Zustand der Erde rechtfertige Gewalt.

Driftet der Spiegel nach links ab? Gilt fortan die Devise: „Friede den Hütten und Krieg den Palästen!“? Nicht ganz. Einen Palast verschont der Spiegel. Ein Gesicht fehlt auf der Gruselparade der bösen Milliardäre. Es ist das Bild von Bill Gates. „Die wohlhabendsten 520.000 Menschen verfügen über mehr als ein Zehntel des globalen Vermögens. Und sie tun alles, um möglichst wenig abzugeben“, schreibt der Spiegel unter dem Bild der „Gesetzlosen“. Zu den wohlhabendsten 520.000 Menschen dürfte Bill Gates zählen. Gerade so. Nachdem er Flaschenpfand zurückgebracht hat. Doch den Microsoft-Gründer verschont der Spiegel in seinem Bashing.

Es hat ein Geschmäckle. Der Spiegel hat mindestens zweimal Geld erhalten von der „Bill and Melinda Gates Foundation“. Die Stiftung lässt seit Oktober dem „Sturmgeschütz der Demokratie“ 2,9 Millionen Dollar zukommen. Davor hat der Spiegel schon mal 2,3 Millionen Dollar von der Stiftung erhalten. Zuständig für die Zahlungen ist dort die Abteilung „Global Policy and Advocacy“. Auf Deutsch übersetzt: „Weltweite Politik und Einflussnahme“.

Auftrag ist Auftrag
Gates-Foundation unterstützt SPIEGEL Online mit 2,9 Millionen Dollar
Die erste Zahlung vom Dezember 2018 sollte laut dem Geschäftsbericht der Stiftung eine Berichterstattung des Spiegels unterstützen, die Themen aufgreife, die für Spaltungen weltweit sorgten. Etwa die Einwanderung. Die Berichterstattung solle helfen, diese Spaltungen zu überwinden. Das gemeinsame Projekt von Spiegel und Gates läuft unter dem Namen „Globale Gesellschaft“. Das „Sturmgeschütz der Demokratie“ räumte diese Zusammenarbeit ein, betonte aber in einer Erklärung: „Die SPIEGEL-Redaktion entscheidet jederzeit allein und unabhängig, worüber sie berichtet.“

Nur wie: Wirklich viel berichtet der Spiegel über Gates „Engagement“ in der Stiftung. Etwa für die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dass der Wohltäter Geld spende, um weltweit Impfungen zu fördern. Deutlich und immer seltener zu lesen ist im Spiegel indes, dass der Uneigennützige seinen Notgroschen in Aktien angelegt hat. Darunter Anteile am Impfstoff-Hersteller Pfizer. Also hat der Uneigennützige einen Nutzen von seinem Engagement. Das ließe sich auch so auslegen, dass die Stiftung eine Lobby-Organisation ist, die Interessen ihres Namensgebers fördert. Das tut der Spiegel aber nicht: „Die SPIEGEL-Redaktion entscheidet jederzeit allein und unabhängig, worüber sie berichtet.“

So wie die Spiegel-Redaktion über die bösen Milliardäre Musk, Bezos und Co berichtet. Und Gates dabei außen vor lässt. Eine redaktionelle Entscheidung. Unabhängig getroffen. Und allein. Eine schöne Geschichte mit einem Makel: Die Zahl derer, die sie nicht glauben, wird größer. Für das Kommando „Save Bill“ musste sich der Spiegel einiges an Häme gefallen lassen. Von unabhängigen Kollegen. Und von Twitter-Nutzern.

So schreibt UntergrundBonn
„Bin mit ‚Spiegel‘ aufgewachsen und war jahrelanger Abonnent.
Super enttäuscht darüber wie sich das ‚Blatt‘ entwickelt hat.“

Chris Ullmann fragt:
„Nicht ‚neu‘ genug? Die Verflechteung [sic] des Spiegel mit der Bill and Melinda Gates Stiftung wird ja kaum eine Rolle spielen, oder?“

Benedict Weitz scherzt:
„Selten sowas dummes gelesen. (Kommentar finanziert von Bill Gates ?)“

David schreibt
„Wer bezahlt, der bestimmt.
Deshalb ist #Gates, der Prototyp des westlichen Oligarchen, nicht auf dem Cover. Gegen #Gates ist #Musk ein kleines Licht.
Zur Erinnerung: Oligarch ist wer sehr reich ist UND sehr starken, aktiven politischen Einfluss ausübt.“

Das Treiben um Gates sei „grotesk“ antwortet der Spiegel auf Anfrage der Welt. Also dass man dem „Sturmgeschütz der Demokratie“ unterstellt, Gates weggelassen zu haben, weil der das Sturmgeschütz mit seinen Millionen lädt. Grotesk. Der Gedanke. Wirklich.

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Kommentare ( 34 )

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Vox critica
11 Monate her

Genau, Bill Gates hatte ich seinerzeit auf dem Titelbild auch vermisst.

Maja Schneider
1 Jahr her

Der Spiegel wird es sich kaum leisten wollen, diesen „Philantropen“ als ihren edlen Spender zu verlieren, der Mann meint es so gut mit der ganzen Menschheit und ist sogar bereit, zukünftig durch die WHO alle Länder einer Gesundheitsdiktatur zu unterwerfen, weil nur er genau weiß, was eine „Plandemie“ ist, wann sie auszurufen ist und was man den Menschen zuzumuten hat an Quarantäne, an Impfungen, an Verzicht auf alles, was Lebensfreude hervorrufen könnte. Ganz abgesehen davon kann man den Spiegel und seinen Haltungsjournalismus schon lange nicht mehr ertragen, der Schwund der Abonnenten zeigt es allzu deutlich.

Silverager
1 Jahr her

Die „Welt“ bezeichnete George Soros als „Philantropen“, was, wie ich gelernt habe, „Menschenfreund“ bedeutet.
Dass dieser alte Spekulant ein Menschenfreund ist, das war mir ganz neu.

Schwabenwilli
1 Jahr her

Der Spiegel tut ja auch wirklich alles um sich unglaubwürdig zu machen. Steckt da eine Strategie dahinter?

Waldorf
1 Jahr her

„Oligarch ist, wer sehr reich ist UND starken politischen Einfluss ausübt“ sehr richtig, aber neben Bill Gates steht der 10x größere weiße Elefant George Soros im Raum, weltweit Er findet die Bezeichnung „Philanthrop“ allerdings viel „netter“ als Oligarch und sein NGO-Geflecht um die OSF viel sympathischer als die BMGF. Kaum ein lebender Amerikaner der Zeitgeschichte und Gegenwart nutzt sein Vermögen derart massiv politisch, wie Soros, nicht einmal Zuckerberg. ihn zu erwähnen, führt direkt in „die rechte Ecke“, ihn nebst seinen „NGOs“ aus dem Land zu werfen (Russland, Ungarn) direkt in die Hölle. Dass Soros‘s OSF ihren Hauptsitz für Europa von… Mehr

Ralf Poehling
1 Jahr her

Das sind die direkten Folgen des „Trickle-Down-Effektes“, dessen Existenz von linker Seite immer wieder bestritten wird. Was wohl damit zu tun hat, dass sie davon selbst am meisten profitiert und das wohl nicht zugeben will. Allerdings hat dieser „Trickle-Down-Effekt“ natürlich auch einen Nebeneffekt: Man kritisiert natürlich nicht die, die einen bezahlen. denn dann wird es ganz schnell dazu kommen, dass diese ihr Geld woanders investieren. Das Problem liegt also eigentlich nicht bei den Oligarchen selbst, sondern bei denen, die einfach deren Geld annehmen. Es wird ja niemand gezwungen, sich von Gates, Soros, Musk oder wem auch immer sponsorn zu lassen.… Mehr

axel58
1 Jahr her

Dieses ehemalige Nachrichtenmagazin ist eigentlich schon seit dem Tod Rudolf Augsteins,aber endgültig nach dem Weggang von Stefan Aust in den Links/Grünen Haltungsjournalismus abgedriftet.Bill Gates „Spende“ rettet dieses Blatt für einige Zeit um über die Runden zu kommen.Die Leserzahlen sinken beim Spiegel nähmlich enorm.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Das ganze Titelbild ist Stuß. Die tatsächlichen Strippenzieher der Macht laufen nicht gar so öffentlichkeitsgeil rum, dass jeder ihre Gesichter kennt und jede Woche was über sie liest.

bkkopp
1 Jahr her

Wer sich darüber empört, dass die wirklich Reichen überall viel zu wenig Steuern zahlen, oder dass die Wertschöpfungen nicht schon besser verteilt werden während sie entstehen – z.B. über Aktien an Gesundheits- und Pensionsfonds – der sollte auch darüber nachdenken, dass all dies weltweit, aber besonders ausgeprägt in den USA, dem Mutterland des neoliberalen Kapitalismus, von den kapitalistenfreundlichen “ Konservativen “ so gedeichselt wurde. Alles andere wäre ja Sozialismus/Kommunismus. Wer sich damit zufrieden gibt, dass die Wirtschaft gut läuft, wenn die Börse brummt und die Immobilienwerte steigen, der stellt sich auch auf die Seite derer, die die Privilegien der Reichen… Mehr

bkkopp
1 Jahr her
Antworten an  bkkopp

Ordo-liberale, soziale Marktwirtschaft hat nichts mit Neid oder links zu tun. Lesen Sie Ludwig Erhard, Wohlstand für Alle – gibt es im TE-Shop zu kaufen. Anarcho-libertärer, amerikanischer Neoliberalismus hat nichts mit unserer Zivilisation tun. Sozialdarwinismus hat seit mehr als 2500 Jahren nichts mit unserer jüdisch-christlichen Kultur zu tun. Niemand bestreitet, dass der Sozialstaat viele Übertreibungen hervorgebracht hat, und dass man sehr oft auch “ anti-links“ sein muß. Die Marktwirtschaft bringt man aber auch nicht mit Hilfe des “ Kapitals “ voran, weil die Besitzenden traditionell nach wettbewerbsbeschränkenden Privilegien gegiert und machtpolitisch auch durchgesetzt haben.

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  bkkopp

So sieht es aus, aber ist wohl bemerkenswertes Detail, daß Mr. Gates, Großspender des Blatts an der Relotiusspitze, es nicht auf das Titelbild geschafft hat.

Lotus
1 Jahr her

Grotesk ist höchstens der Glaube, dass es beim SPIEGEL noch so etwas wie unabhängigen Journalismus gibt. Ideologisch nur noch linksgrün, finanziell an der Leine von Bill Gates.

Traurig, was aus dem SPIEGEL geworden ist. Auch ich war lange Zeit regelmäßiger Käufer/Leser des Blattes. Vor gut drei Jahren hatte ich dann die Nase voll. Ideologischen Mainstreamjournalismus bekomme ich auch beim ÖRR, für den muss ich ohnehin zahlen – was mir immer mehr sti…