Bei Lanz: Spahn gibt sich klinisch rein

Jens Spahn will beim Beschaffen der Corona-Masken nichts falsch gemacht haben. Am Ex-Gesundheitsminister beißt sich Markus Lanz die Zähne aus. Auch, weil er selbst längst widerlegte Narrative munter weiter verbreitet. Und entscheidende Fragen gar nicht stellt. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

„Was macht das mit der Glaubwürdigkeit von Politik?“, fragt ein völlig entnervter Markus Lanz am Ende einer Sendung, in der er Jens Spahn abgeklopft hat wie einen losen Pudding und partout nicht festnageln konnte. Der Mann ist einfach nicht zu fassen. Doch bei der Beantwortung seiner Frage muss sich Lanz auch an die eigene Nase fassen. Was macht es mit der Glaubwürdigkeit von Medien, wenn eine Talkshow auch nach fünf Jahren noch Märchen und Mythen verbreitet, die längst faktenreich widerlegt wurden?

Nach den geleakten RKI-Protokollen ist klar, dass es eine Pandemie, eine gesundheitliche Lebensgefahr, nicht gegeben hat. Auch die legendären, erschreckenden „Bilder aus Bergamo“ (die eigentlich nur ein einziges Bild waren) sind – zusammen mit dem Lampedusa-Fake – längst als Inszenierung enttarnt worden. Denn in jedem LKW soll sich nur ein einziger Sarg befunden haben, und die Infektions- oder gar Todeszahlen waren auch in Bergamo nicht überdurchschnittlich.

Skandal auf Wiedervorlage
Der Spahn-Masken-Skandal: Was in internen Papieren steht
Dennoch wird Bergamo auch bei Lanz wieder erwähnt, ohne jede kritische Einordnung. Jens Spahn muss sich auch nicht dafür verantworten, warum er überhaupt Masken orderte, wenn er doch – wie es aus den RKI-Protokollen klar hervorgeht – längst wusste, dass es dafür keinen Anlass gab. Er darf in minutenlangen, ausweichenden Antworten immer wieder die Bergamo-Bilder erwähnen oder das Chaos, das angeblich überall herrschte. „Es war halt weltweit Wildwest“, sagt er.

Lanz und die taz-Journalistin Anna Lehmann beißen sich lediglich daran fest, dass Spahn Masken zu überhöhten Preisen einkaufte. Oder gegen den Rat seiner Experten das Logistikunternehmen Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises beauftragte (Spahn: Fiege „hat einen Standort auch in Bergamo, wir erinnern uns“). Was hingegen nicht thematisiert wird: dass er im großen Stil Masken gegen Vorkasse zu völlig überhöhten Preisen und ohne jegliche Lieferverpflichtung geordert hat – also quasi Blankoschecks für Lieferanten ausstellte. Dass sich Kollegen seiner Partei CDU oder die Politiker-Tochter Andrea Tandler   zweistellige Millionensummen verdienen konnten, indem sie Masken per Telefon an die Bundesregierung vermakelten. TE hat schon vor Jahren die Dokumente vorgelegt.

Dass er sich parallel zu den undurchsichtigen Geschäften privat eine Vier-Millionen-Villa in Berlin kaufte, die angeblich mit einer Erbschaft seines Ehemannes bezahlt worden sein sollte und dass diese Räuberpistole dann später platzte, weil es gar kein Erbe gab – kein Thema bei Lanz, auch wenn das ZEIT und SPIEGEL bekanntlich wahrheitswidrig nur so behaupten können.

Stattdessen darf Spahn sein ganzes rhetorisches Besteck auffahren und in schier endlosen Antwortrunden Ballons voll heißer Luft aufsteigen lassen. Dabei legt er gern die Hände wie beim Gebet vor dem Mund zusammen und erinnert an die harten, harten Zeiten. So, als seien sie über die Menschheit gekommen und nicht er selber ein wesentlicher Treiber für völlig überzogene Corona-Maßnahmen gewesen – gegen den Rat der eigenen RKI-Fachleute. „Da ist der gesundheitliche Kriegsfall eingetreten und wir hatten keine Gewehre und keinen Schutz“, schwadroniert Spahn. Er spricht von den vielen Unwägbarkeiten, der chaotischen Zeit, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, von den Masken zum Impfen und zu den Lockdowns. „Wir haben ja noch ein paar andere Themen …“ Lanz bremst ihn nur halbherzig ein: „Ne, ne, ne, heute ist Maskentag.“ Doch es hilft alles nichts. Wer nicht die richtigen Fragen stellt, bekommt von einem Spahn genau das, was er verdient: nichts.

Der Zuschauer aber hätte mehr verdient.

TE berichtete schon 2021
Jens Spahn, die Masken und der längst bekannte Skandal
Die Antworten des Ex-Ministers sind derart blutleer, dass wir uns an dieser Stelle ersparen, sie alle aufzulisten. Auf die Frage nach eigenen Fehlern kommen bekannte Floskeln wie „mit dem Wissen von heute …“ oder „maximale Krise, maximale Not“. Spahn erinnert sich an viele ganz schlimme, ganz stressige Situationen, die er detailreich zum Besten gibt, aber wenn es um Fakten geht, hapert es plötzlich am Gedächtnis. Dann kommt nur ein lapidares „ich habe keinen Zugang zu den Akten mehr“.

Den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD) über Spahns seltsame Maskendeals, der seit Monaten unter Verschluss ist, will Spahn noch immer nicht kennen. Das glaubt ihm in der Runde zwar keiner, nicht einmal Lanz, doch Spahn bleibt dabei. Er wisse gar nicht, ob es überhaupt ein Bericht sei oder nur irgendwelche Texte. Auf jeden Fall seien dort Namen erwähnt, die geschwärzt werden müssen. „Ich kann doch nicht über diese Datenschutz- und Prozessrisiken hinweggehen“, sagt Spahn larmoyant. Eine Ausrede, die an Karl Lauterbach und die RKI-Protokolle erinnert.

Am Ende wurden die entschwärzten RKI-Papiere geleakt, und es stellte sich heraus, dass eben nicht nur Namen geschwärzt worden waren, sondern vor allem jene entscheidenden Passagen, nach denen man damals schon wusste, dass es nach Infektionszahlen und Krankenhausbelegungen überhaupt keine Pandemie gab. Und dass vor allem die Minister Spahn und später Lauterbach trotzdem die Maßnahmen in voller Härte durchzogen. Konsequenzen bis heute: keine. Die RKI-Protokolle werden von den meisten Medien weitgehend ignoriert.

Masken- und Impfstoffbeschaffung
Überparteilicher Skandal – Der Spahn-Lauterbach-Komplex
Ob es Konsequenzen geben wird, wenn eines Tages der komplette Sudhoff-Bericht geleakt worden ist? Die Chancen stehen schlecht. Spahn stellt bis dahin eine Art „Bericht über den Bericht“ in Aussicht, was Lanz einigermaßen fassungslos zurücklässt. Immerhin drängt der Moderator den Ex-Minister mehrmals zu Aussagen wie dieser: „Für mich wäre es leichter, wenn dieser Bericht öffentlich wäre.“ Man wird Spahn zu gegebener Zeit an diesen Worten messen.

„Mein. Gewissen. Ist. Rein.“, betont Spahn mit emphatischer Pause hinter jedem Wort. Es ist ein Moment, der in seiner Theatralik an Christoph Daums Kokain-Pressekonferenz erinnert oder Uwe Barschels legendäres Ehrenwort-Versprechen. Substanziell aber weiß Spahn nichts beizutragen. Dafür outet er sich als Verschwörungstheroretiker, vermutet ein Komplott hinter all den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben werden: „In wessen Interesse ist das, was da gerade passiert?“, fragt er und aus seinen Augen blitzt eine Mischung aus Mystery und Hysterie.

Am Ende der Sendung ist auch Lanz am Ende. „Es ist nicht trivial. Es geht am Ende um drei Milliarden. Es entsteht ein weiteres Mal der Eindruck, die stecken alle unter einer Decke. Da hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus. Die haben Dinge zu verbergen.“ Und er bietet an: „Frau Lehmann und ich helfen im Zweifel beim Schwärzen. Notfalls auch heute Nacht.“

Wenn die Corona-Aufarbeitung so weitergeht, dann gute Nacht.

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Kommentare ( 71 )

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Juergen Semmler
18 Tage her

Spahn faselt aktuell davon, “ reinen Tisch “ machen zu wollen. Zitat / Jens Spahn: […..] “ „Ich würde viele Entscheidungen mit dem Wissen von heute anders treffen,“ […..] Zitat Ende. WER DAS GLAUBT, WIRD SEELIG ! Das glaubt Spahn doch auch selber nicht und so, wie er sich aalglatt dreht und windet und nur das häppchenweise zugibt, was er nicht mehr verheimlichen kann, was ihm eindeutig nachgewiesen wurde, so wird er auch in Zukunft tricksen, täuschen und vernebeln. Dem SPAHN guckt die BLANKE UNGLAUBWÜRDIGKEIT AUS DER VISAGE. Reinen Tisch machen, sieht jedenfalls anders aus. Er ( Spahn) habe ein… Mehr

joerg hensel
18 Tage her

Guter Bericht, der wieder einmal aufzeigt, dass die Pflichten gem. § 26 (2) MStV von Lanz resp. vom ZDF wieder mit Füßen getreten wurden, da belastende Fragen zu offenkundigen Fakten unter den Teppich gekehrt wurden, was auch kein Wunder ist, wenn man sich die staatsnahe Zusammensetzung der ZDF-Gremien einmal genauer anschaut. – Staatsfunk halt. – In einem Land ohne Grundgeetz und Gewaltenteilung.

Ingolf
19 Tage her

Wer schon einmal Aale gefangen hat, weiß, woher sich der Begriff „aalglatt“ herleitet.
Wer schon einmal öffentliche Aussagen von Politikern gehört hat, deren Verhalten, zumindest für den Steuerzahler, nachteilig ist, fühlt sich an den Aalfang erinnert.
Berichte, die geschwärzt werden sollen, Berichte, die bereits „entschwärzt“ sind, aber vom Mainstream ignoriert werden, immer noch laufende „Bußgeldverfahren“ und Urteile … der Fisch stinkt (um bei diesem Bild zu bleiben) vom Kopfe her (und es gibt viele „Köpfe“ in diesem Fall).

Kassandra
19 Tage her
Antworten an  Ingolf

Dazu all die Berichte mit Zahlen, Daten und Fakten, die gar niemals an die Öffentlichkeit kommen werden.
Demokratie ist anders.

Gottfried
19 Tage her

Wenn unser Staat funktionieren würde, stünde Spahn vor Gericht und er hätte kein politisches Amt mehr. Wundern muss man sich nicht, wenn immer mehr Menschen politik- und parteienverdrossen sind.

Ricarda Breit
19 Tage her

Spahn ist einer dieser zahlreichen Teflontypen, die unsere gegenwärtige Politik bevölkern. Sie können den allergrößten Mist bauen, es hat keine Folgen für sie. Kritik perlt an ihnen ab, sie machen einfach munter weiter, steigen unter Umständen sogar weiter auf. Und dann wundern sich einige, warum mehr und mehr Bürger mittlerweile der Meinung sind, nur noch in einer Scheindemokratie zu leben.

Monika Vogel
19 Tage her

Wir werden diese aalglatten Polittypen ohne Gewissen, wie Spahn, nicht loswerden, weil sie Teil des Systems sind, von dem sie vor ehrlicher Aufarbeitung geschützt werden. Niemand vom Politkartell ist an der Wahrheit interessiert, weil sie alle mehr oder weniger Dreck am Stecken haben. Der Versuch von Lanz, Spahn wenigstens etwas Ehrlichkeit zu entlocken, musste scheitern. Denn Lanz betreibt seine Aufklärung nur halbherzig. Mir scheint, er ist das Feigenblatt des linksideologischen ÖÖR. Wie es Bosbach für die CDU und Kubicki für die FDP waren. Ich könnte mir aber sogar eine abgesprochene Inszenierung vorstellen, um dem kritischen Zuschauer etwas ehrlichen ÖÖR vorzugaukeln.

OJ
19 Tage her

Wir haben leider keine Entscheider und Macher wie Trump oder Orban, wir haben Schwätzer, Lügner und Dilettanten❗

Ricarda Breit
19 Tage her
Antworten an  OJ

Bitte die Schaumschläger nicht vergessen! Ohne ihre „Kunst“ wäre unsere Politik für jeden als das zu erkennen, was sie ist: ein Häufchen Elend.

Monostatos
19 Tage her

Nun gut – wenn der Herr Spahn mit seinem Gewissen im Reinen ist, dann gibt es wirklich überhaupt keinen plausiblen Grund mehr, einen Untersuchungsausschuss abzulehnen. Er wird ihn dann ja mit Leichtigkeit bestehen – also nur zu! Nur muss er dort die Wahrheit sagen, und das führt nach Einschätzung seines in dieser Hinsicht überaus kompetenten Nachfolgers nicht selten zum politischen Exitus.Ich für meinen Teil werde diese n beiden üblen Zeitgenossen und deren KomplizINNEN rein gar nichts verzeihen, was Jens Spahn sich ja seinerzeit wünschte. Stattdessen soll er sich vor einem ordentlichen Gericht – gibt‘s das überhaupt noch in Deutschland??? –… Mehr

rainer erich
19 Tage her

Man koennte sagen, dass die Psychopathen den Kriminellen den Weg zur totalen Macht ebnen. Zeitweise arbeiten natuerlich die “ Vertreter“ beider Gattungen, mitunter ohnehin in einer Person vereinigt, ideal zusammen. Der grandiose Erfolg ist natuerlich nur durch die Figur des Biedermanns, das ist der mit der pathologischen Feinderkennungsverweigerung, und ein passendes System mit den Helfern insbesondere in der Justiz moeglich. Im Grunde darf der Michel nur beten, an wen auch immer, dass die Taeter es nicht allzu schlimm mit ihm treiben, wobei Corona schon durchaus interessant war. Aber da geht noch mehr, viel mehr. Das muesste gerade dem, seinem Regime… Mehr

Wilhelm Rommel
19 Tage her

„Wir wissen, sie lügen. Sie wissen, sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen. Und trotzdem lügen sie weiter.“ (Alexander Solschenizyn).
Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen…

Siggi
19 Tage her
Antworten an  Wilhelm Rommel

Bis es kracht. Das nun befohlene Schwieg n zu den Straftaten der Importe, über die Importe selbst und das völlige Ausblender des Oppositionsführers, wird nicht mehr lange funktionieren. Die Faust in der Tasche wird bald herausgeholt. Es reicht. Halten die uns Deutsche für Idioten?

Juergen Semmler
19 Tage her

Spahn verkörpert alle Eigenschaften eines „YOUNG GLOBAL PRACHT- DEMAGOGENs “ .

Leider gab / gibt es zu viele Jens SPAHNs in der Politik , womit das GRUNDÜBEL und die URSACHE für den seit Jahrzehnten andauernden , schleichenden Niedergang des WERTEKANONS innerhalb dieser politischen Clique benannt ist, ganz egal, ob Schwarz, Rot
, Grün, Gelb oder SED .

Als Bürger / Wähler muss man erkennen, sich solche schrägen Typen einfach nur „zu erspahn“…..

Und der LANZ gehört in ein IRRENHAUS…. der wirkt doch jedes Mal wie ein Nervenkranker…oder auf Drogen.

Siggi
19 Tage her
Antworten an  Juergen Semmler

Ich würde eher sagen, schwul, arrogant und ungebildet. Das trifft es besser. Was Sie über Lanz sagen, ist vollkommen richtig. Warum und wofür bezahlen wir dem Millionen im Jahr? Für diesen Abfall?