Bei Illner: Die Flucht in die Außenpolitik vor den Problemen im eigenen Land

Illner hat wohl einfach keine Lust, sich andauernd in neue Themen einzulesen. Einfacher lässt sich so eine Show ja nicht produzieren, als einfach jede Woche die gleiche zu drehen: erst Trump, dann Corona und nun Ukraine.

Screenprint ZDF / Maybrit Illner

Es war wieder Donnerstag und damit war auch wieder Illner auf der gleichen Welle und – was ich als persönlichen Angriff auf meine Augen auffasse – bedauerlicherweise wieder im lila-orangenen Studio. Ich werde sicher noch einige Sendungen brauchen, bis ich diese Verkörperung des schlechten Geschmacks überwunden habe. Am meisten schäme ich mich, dass ich das mitfinanziere. Ganz ehrlich, wenn die sich beim ÖRR selbst Massagesessel gönnen, uns das Geld aus der Tasche ziehen und dann auch noch politischen Aktivismus betreiben, könnten sie uns wenigstens was fürs Auge bieten.

Dabei befürchte ich tatsächlich, dass Maybrit Illner selbst dieses Makeover sehr gefällt. Gestern Abend passte sie sich jedenfalls farblich an, mit Bluse in knallorange und Lippenstift – allerdings einem anderen Orange-Ton. Fehlt nur noch, dass sie sich die Haare violett tönt. Man sagt ja, Geschmäcker sind verschieden, aber manche sind einfach schlecht.

"unproduktive Debatte"
Wie sich Maybrit Illner für ihre restriktive Gäste-Auswahl rechtfertigt
Schlechten Geschmack hat man dann gleich auch noch bei der Gästewahl bewiesen. Bündnis-90-Urgestein Jürgen Trittin war dabei, der Mann, der schon in der Partei war, als sie sich noch für pädosexuelle Hippies eingesetzt hat. Norbert Röttgen, der schon in der CDU war, als die noch nicht in der Opposition versauerte. Peter R. Neumann, Professor für Sicherheitsstudien, der sich aufführt, als sollte man ihn kennen. Dann Felix Lee, früher Korrespondent der taz, und Sabine Adler, langjährige Osteuropa-Korrespondentin des Deutschlandfunks. Also kurz: abgehalfterte Politiker, abgezogene Journalisten und ein Professor eines Fachs, von dem man noch nie gehört hat. Und bevor Sie Hoffnung auf eine geschmackvolle Themenwahl haben – was fürs Auge war da nichts dabei, eher für die Tonne.

„Spielball der Weltmächte – kommt die Ukraine-Hilfe zu spät?“ Es ist ja nun wirklich nicht so, als wäre das eine Frage, die den aufmerksamen Illner-Zuschauer bis tief in die Nacht plagt – schließlich wird sie ja jeden Donnerstagabend diskutiert, nur eben mit etwas anderer Fragestellung. Nun, ich verstehe wirklich nicht, weshalb Illner sich immer so auf ein Thema fixieren muss. In den etwa zwei Jahren, die ich diese Sendung schon verfolge, gab es im Grunde nur drei Themen: erst das Monster Trump, bis er endgültig abgewählt wurde, dann Corona, bis selbst Lauterbach es aufgab, und nun wird sie der Ukraine-Schauplatz wohl nicht mehr loslassen, bis der Krieg vorbei ist. Zum Glück gab es ihre Sendung nicht schon während des Dreißigjährigen Krieges.

Besonders nicht verstehen kann ich aber, warum sie es immer so übertreiben muss. Es kann doch eigentlich nicht in ihrem Interesse sein, dass ihren Zuschauern jedes ihrer Themen zum Halse raushängt – mir zumindest raubt es regelmäßig jede Lebensfreude. Und das, obwohl politikinteressierte ÖRR-Gucker, die tatsächlich bereit sind, Talkshows zu schauen und das auch noch bis tief in die Nacht, sowieso schon eine sehr gewagte Zielgruppe sind.

Meine Theorie ist ja, dass Illner einfach keine Lust hat, sich andauernd in neue Themen einzulesen. Einfacher lässt sich so eine Show ja nicht produzieren, als einfach jede Woche die gleiche zu drehen.

Und so sind schon wieder die gleichen Phrasen gefallen. Norbert Röttgen beteuert wieder, wie sehr er sich Frieden in Europa wünscht und kritisiert: „Wir hätten früher anfangen müssen, Munition zu liefern.“ Jürgen Trittin hat dem Duft von Friedenskeksen abgeschworen und fordert: „Die Waffenlieferung, die wir haben, insbesondere, was den Nachschub von Munition angeht, hat nicht das Ausmaß, wie es die Ukraine langsam braucht.“ Der Rest der Besatzung philosophiert über die symbolische Wirkung von allem möglichen. Soweit nichts Neues. Eine Sache war allerdings neu: Und das war der chinesische Wind, den Felix Lee in die Sendung reinbrachte.

Der wurde erst sehr spät in die Sendung mit einbezogen, obwohl er die ganze Zeit im Studio hockte. Als er dann endlich dran war, ging die Winnie-Pooh-Märchenstunde los. Maybrit Illner konfrontierte ihn mit dem Vorwurf der Amerikaner, China würde Russland Waffen liefern, den er erstmal sehr persönlich nahm. „Ich finde, das ist schon ein harter Vorwurf, da ist die USA auch verpflichtet, diese Beweise vorzulegen.“ Es dürfte eigentlich keine Überraschung für niemanden sein, wenn zwei Nachbarländer – beide sozialistisch, beide mit dem Wunsch nach maximalem Einfluss und beide antiwestlich – sich zusammenraffen und zusammenhalten.

Felix Lee sieht das anders. Er nimmt das als Beleidigung und Vorwurf auf, den es zu entkräften gilt. Daher sieht er die Schuld bei den USA. Die würden China Putin nämlich geradezu in die Arme treiben. „So klug und erfahren ich Joe Biden halte (…), so gefährlich halte ich es, dass Joe Biden das fortsetzt, was sein Vorgänger auch schon getan hat, nämlich eine geradezu antichinesische Stimmung in seinem Land zu schaffen.“ Zunächst mal: Hinter der Formulierung des ominösen Vorgängers von Joe Biden versteckt sich natürlich Donald Trump, der Mann, dessen Namen man nicht sagen darf. Richtig, der war nicht gut auf China – oder „Scheina“, wie er sagen würde – zu sprechen. Immer damit verbunden war das Ziel, die nach China abgewanderten Arbeitsplätze wieder zurück nach Amerika zu holen. America first eben.

Er wurde für seine feindliche Haltung gegenüber China vor allem aus dem Westen angefeindet. Kein Wunder, denn während Trump die Abhängigkeit von China minimieren wollte, dehnten wir sie weiter aus. Ganz nebenbei sei erinnert, dass Trump Deutschland damals auch gewarnt hat, sich von Russland abhängig zu machen, und damals von uns noch verspottet wurde. Naja, heute lacht keiner mehr. Sicher, da muss man es Biden ja auch als großen Fehler anrechnen, dass er tatsächlich eins der Dinge weiterführt, bei dem sein Vorgänger bislang recht behalten hat. Ich frage mich derweil, ob Sleepy Joe nicht einfach vergessen hat, wer hier eigentlich gerade im Krieg ist. „Klug und erfahren“ ist doch ehrlicherweise nur ein Euphemismus für „alt und dement“.

Während vier vielbeschäftigte Männer und zwei vielbeschäftigte Frauen ihre Spucke darauf verschwenden, zum hundertsten Mal über ein Thema zu diskutieren, auf das wir eh keinen Einfluss nehmen können, läuft zum Ende der Sendung plötzlich ein Banner über den Bildschirm: „Heute gegen 21:00 Uhr schoss(en) ein oder mehrere unbekannte Täter auf Personen in einer Kirche. Betroffen sind Bereiche im Stadtteil Hamburg Groß Borstel, Deelböge und Umgebung. Die Straßen in diesem Bereich wurden umfangreich abgesperrt. Umfahren Sie als Verkehrsteilnehmer weiträumig den abgesperrten Bereich. Meiden Sie den Gefahrenbereich. Im Gefahrenbereich verbleiben Sie an Ihrem derzeitigen Aufenthaltsort und begeben Sie sich vorläufig nicht ins Freie. Weitere Informationen auf heute.de und ab 00:30 Uhr im heute journal update.“

Die Primetime geht dabei für ihre kaum vorbereitete Sendung drauf, während wir über Konkreteres über einen Angriff in unserem eigenen Land erst nach Mitternacht informiert werden. Illner mag ja mit unentwegt außenpolitischen Themen vor dem Geschehen in diesem Land weglaufen, aber sie holen sie doch immer wieder ein. Jetzt sogar ungegendert quer über ihr Bild geschrieben.

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Kommentare ( 29 )

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29 Comments
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JamesBond
1 Jahr her

Heute in einem Kommentar der FAZ: „Jetzt hat Xi Jinping nur noch Ja-Sager um sich. Von der Realität wird er so noch weniger mitbekommen als bisher. Verantwortung für Fehler wird er nie übernehmen. Das ist der Kern seines Systems.“

Ersetze Xi Jingping durch ScholzHabeckLindner je nach Vorliebe und es passt, genau wie die Lobhudeleien vom Maibrett.

Kuno.2
1 Jahr her

Außer der Ukraine gibt es ja noch den Dauerkrieg in Syrien. Da hat sich nun die Türkei bereit erklärt zusammen mit Russland, Syrien und dem Iran ein Außenministertreffen zu veranstalten um da endlich ein Licht in den Tunnel zu bringen. Gleichzeitig signalisiert Saudi-Arabien ein Interesse die Beziehungen zum Iran zu normalisieren. Eigentlich müsste US Präsident Biden und diverse Lakeien in Berlin für ein Tribunal wegen antiwestlicher Politik gestellt werden. Bisher war nämlich Pakistan mehr oder weniger prowestlich. Nachdem die Sanktionen gegen Russland eingeführt wurden explodierten die Gaspreise an den weltweiten Spotmärkten. Pakistan und auch Indien mussten plötzlich deutlich mehr für… Mehr

Dr. Rehmstack
1 Jahr her

„Meine Theorie ist ja, dass Illner einfach keine Lust hat, sich andauernd in neue Themen einzulesen.“ Oder sie darf nicht. Es ist ja in der Tat bemerkenswert, mit welcher Inbrunst unsere Talkshow Giganten sich ausschließlich dem Ukraine Thema widmen, wobei die wirklich brennenden Fragen wie Zuwanderung, COVID Aufarbeitung, Energiekrise, Verbrenner Aus und Habecks Heizungspläne keine Beachtung finden. Da aber nicht siebenmal in der Woche Ukraine besprochen werden kann, haben Frau Will und Frau Maischberger dankenswerter Weise ihre Bildschirm Präsenz deutlich eingeschränkt, müssten sie doch, um wenigstens noch etwas interessant zu sein, sich diesen wirklich relevanten Themen zuwenden, das aber will… Mehr

pcn
1 Jahr her

In der Ukraine fallen Bomben, die das Land zerstören und täglich Menschen umbringen. Bei uns fallen keine. Dafür haben wir die Ampel, die das Land ohne Bomben zerstört. Dass auch hierbei Menschen ihre Lebensgrundlagen verlieren ist für ARD und ZDF kein Thema wert. Schließlich geht es um den Umbau einer Gesellschaft, zugunsten einer gehorsamen, die alles frisst, was mit Deindustrialisierung, Verarmung Gender, Cancel Culture und grenzenloser Einwanderung bis zum Abwinken betrifft. Abgesehen davon erfüllt Illner gemäß den verordneten Vorgaben des Haltungsjournalismus einen Auftrag, den sie wöchentlich gerne erfüllt. Illner fällt das nicht schwer. Ist sie doch im „Roten Kloster“, der… Mehr

DerHerbert
1 Jahr her

„Gottseidank gab es ihre Sendung noch nicht während des dreißigjährigen Krieges“ Danke dafür, wir haben gelacht. Man muss aber dazu sagen, dass es der Staatsfunk und die bezahlten Hofjournalisten auch nicht wirklich leicht haben. Praktisch alle Probleme die Deutschland hat sind hausgemacht. Also durch Merkel oder Rotgrün verursacht. Und da die alle heilig, wenn nicht als gottgleich, zu betrachten sind und jedwede Kritik und Diskussion eben nicht als solches, sondern sofort als Ketzerei gesehen wird, hat man halt von vornherein schonmal keine Themen mehr parat. Der einzige Weg aus diesem Dilemma wäre, dass man sich noch unglaubwürdigere Lügen ausdenken müsste.… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat: „und – was ich als persönlichen Angriff auf meine Augen auffasse – bedauerlicherweise wieder im lila-orangenen Studio. Ich werde sicher noch einige Sendungen brauchen, bis ich diese Verkörperung des schlechten Geschmacks überwunden habe.“ > Nun ja, was für die einen „ein schlechter Geschmack“, ist für die anderen „der Höhenrausch der Sinne“. Was ich mit Blick auf das „tolle“ lila-orangene Studio versuche zu sagen, ist, dass ich bei Illner und den meisten ihrer Gäste anhand der -zumeist immer gleichen- Themen und wegen deren oft seltsamen Fragen, Antworten und Begründungen den starken Verdacht habe, dass sich die dort sitzende -zumeist grün-linke-… Mehr

89-erlebt
1 Jahr her

Liebe Fr David, sie tun mir aufrichtig leid, sich stets diesen GEZ Foltern aussetzen zu müssen. Für einen Menschen mit klarem, eigenem Verstand sind diese … „ wollt ihr die totale Verblödung …“ Sendungen unerträglich. Eine offensichtlich im Bunten binden Land zur Perfektion gebrachte Foltermethode. Unsere SED Genossin Illner muss bei einigen Parteilehrjahr Veranstaltungen an der Karl Marx Uni zu Leipzig dereinst sehr gut aufgepasst haben.

Klaus D
1 Jahr her

Das entscheidet doch nicht frau Illner welches thema kommt! Frau Illner wird fürstlich entlohnt (wie werde ich millionärin mit rundfunkgebühren) und dafür hat sie das tehma zu bringen was „von oben“ vorgegeben wird und natürlich auch wie sprich so wie man sich das „da oben“ vorstellt. Frau Illner ist wie viele andere (Lanz usw usw) nur ein lakaie der für geld das tut was man erwartet. Oder glaubt hier ernsthaft wer das gerade beim öffentlich rechtlichen rundfunk die journalisten machen können was sie wollen also beruflich an themen und artikeln. Die einzigen freien journalisten in deutschland sind bürger wie herr… Mehr

giesemann
1 Jahr her

Wir haben keine „Probleme im eigenen Land“. Deswegen kommen ja alle zu uns, damit wir deren Probleme lösen sollen. Kostenpflichtig, versteht sich.

Dr.KoVo
1 Jahr her

Hallo Frau David, mit wieviel besticht Sie denn Roland Tichy, daß Sie sich die Sendung antun? Sind Sie auch gegen Folgeschäden versichert? Bedenken Sie, Sie sind noch jung. Ich würde eine Aufteilung gerecht finden. Obwohl, Ihre Texte zu diesen Veranstaltungen sind hervorragend. Ach, machen Sie halt einfach weiter.