Wohnungsnot nimmt zu: Baugenehmigungen um gut 30 Prozent eingebrochen

Das Ziel der Ampel-Regierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, entpuppt sich als reines Wunschdenken. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts sind 2025 nur noch 200.000 neue Wohnungen bezugsfertig auf dem Markt.

IMAGO / Michael Gstettenbauer

Hamburg als Beispiel: Hier brach der Auftragseingang im Wohnungsbau im ersten Quartal des Jahres deutlich ein. Verglichen mit dem Vorjahres-Zeitraum ging der Wert auf 99 Millionen Euro zurück, berichtet die Welt. Preisbereinigt – also nach Abzug der Inflation – betrug der Rückgang sogar 50,9 Prozent.

Laut einer Studie, die unlängst das Bündnis Soziales Wohnen vorgestellt hatte, herrscht in Deutschland der größte Wohnungsmangel seit mehr als 20 Jahren. Demnach fehlten 700.000 Wohnungen und das Problem spitze sich wegen der Bevölkerungszunahme weiter zu. Für das kommende Jahr wird geschätzt, dass 1,4 Millionen Menschen im Jahr 2024 keine Wohnung mehr finden.

Interview Sebastian Münzenmaier
Krise am Wohnungsmarkt: „Die Bundesregierung muss Bauen wieder bezahlbar machen“
Nach Berechnungen des Ifo-Instituts sind 2025 nur noch 200.000 neue Wohnungen bezugsfertig auf dem Markt. Das Ziel der Bundesregierung liegt hingegen bei 400.000. „Der wichtigste Grund für den Rückgang ist die erhebliche Verteuerung der Finanzierung und der Bauleistungen. Gleichzeitig hat der Bund die Neubauförderung drastisch zurückgefahren und die Standards für den Neubau Anfang 2023 abermals verschärft.“ 2022 waren 295.300 Wohnungen fertiggestellt worden. Schon dieses Jahr wird diese Zahl laut Ifo-Prognose auf 275.000 fallen, 2024 dann auf 235.000.

Dass die hohen Zinsen für Baudarlehen für die Misere mit verantwortlich sind, ist Legende. Der Zinssatz liegt aktuell zwischen 4,1 bis 4,5 Prozent effektiv – je nach Höhe des Kreditrahmens und des eingebrachten Eigenkapitals. Dazu kommen immense Kostenfaktoren wie höhere Grundsteuer und die Grunderwerbssteuer.

Doch mit immer neuen Regeln vor allem beim Klimaschutz macht der Gesetzgeber das Bauen immer komplizierter. Hinzu kommen die zahlreichen Bauvorschriften. Rund 3.700 Normen sind für das Bauen in Deutschland relevant. Für alles und jedes gibt es technische Vorschriften und DIN-Normen, die für den Wohnungsneubau alles komplexer, materialintensiver machen und für einen ständigen Preisanstieg sorgen.

Am Freitag nun veröffentlichte das Statistische Bundesamt (Destatis) neue Zahlen. Und die verdeutlichen das Ausmaß des Elends. Die Zahl der Baugenehmigungen ist im April um 32 Prozent eingebrochen, verglichen mit dem April des Vorjahresmonats. Das ist der stärkste Rückgang zu einem Vorjahresmonat seit März 2007.

So titelt auch die Welt: „Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern faktisch zusammengebrochen“. Bei Einfamilienhäusern betrug das Minus 33,5 Prozent. Besonders ausgeprägt ist die Krise des Wohnungsbaus bei Zweifamilienhäusern, so die Welt. Die Baugenehmigungen für diese Klasse haben sich von Januar bis April 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf minus 52,1 Prozent halbiert. Bei Mehrfamilienhäusern brachen die Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 27 Prozent ein.

Ende 2022 fehlten rund 700.000 Wohnungen
Die Wohnungsnot spitzt sich zu – Bauministerin Klara Geywitz weist Kritik von sich
Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, erklärte, derzeit sei die Umsetzung von Bauvorhaben an vielen Stellen zu langsam. „Aber wir haben letztes Jahr gezeigt, dass wir schnell sein können, wenn wir wollen. Wir müssen gemeinsam Tempo in unserem Land aufnehmen“, so Kellner am Tag der Bauindustrie. Seit spätestens letztem Jahr im Juni war bekannt, dass sich der Fachkräftemangel am Bau verschärft. Die Zahl der offenen Stellen habe sich mittlerweile vervierfacht. Muss an Herrn Kellner vorbeigegangen sein. Also einfach nur in die Hände gespuckt – und anpacken. Wird schon werden.

Und Finanzminister Christian Lindner kritisierte, dass die Politik durch immer höhere Wohnungsbaustandards die Preissteigerungen auch selbst vorantreibe. Schlau gesagt – doch wie will Lindner sämtliche 3.700 technische Vorschriften und DIN-Normen einschließlich Vorschriften beim „Klimaschutz“ außer Kraft setzen oder reduzieren?

Zwar warb Lindner für eine „Liberalisierung der Grunderwerbssteuer“ und schlug vor, jedes Bundesland solle selbst festlegen können, ob es auf die Grunderwerbssteuer bei selbst genutztem Wohnraum verzichten will. Aber eben nur für selbstgenutzten Wohnraum. „Ich wünsche mir einen Wettbewerb zwischen den Ländern. So können die Bundesländer zeigen, wer am eigentumsfreundlichsten ist“, fügte er hinzu.

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Kommentare ( 16 )

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Mocha
1 Jahr her

Welche Fachkräfte wollen denn in ein Land kommen, wo die höchsten Abgaben abgepresst werden, die Energiekosten durch die Decke gehen, der ÖRR per Zwangsabgabe bezahlt wird, die Sicherheit der Familie nicht mehr gewährleistet ist, die Rente auf einem niedrigen Niveau liegt und die Leistungen des Staates sich auf sinnlose Bevormundung reduziert? Verwunderlich ist auch, dass Intel mit viel Steuergeld 10.000 Arbeitsplätze in Magdeburg schaffen will und das ganz ohne Mitarbeiter?

alter weisser Mann
1 Jahr her

Das Artikelbild hat allerdings weniger mit den Baugenehmigungen als mit der Sanierung zu tun. Aber ein WDVS zur Erreichung der Gebäudeenergiepassklassenvorgaben will man vor so eine Fassade auch nicht haben.

fatherted
1 Jahr her

Schüttet man in einen vollen Eimer Wasser immer mehr Wasser….läuft er über. Dieses einfach Prinzip scheint in Berlin nicht anzukommen. Holt man Millionen rein…helfen auch wenige Hunderttausende Wohnungen nicht…..der Spruch „das Boot ist voll“ war noch nie so wahr wie heute…..wird aber ignoriert….man will weitere Millionen. Lustig dabei: Man denkt daran das man Fachkräfte gezielt anwerben möchte….denkt aber nicht daran, dass diese dann hier überhaupt keine Lebensgrundlage (Wohnung, Kita, Schule, Infrastruktur) haben….sondern teilweise prekärere Verhältnisse als bei sich zu Hause vorfinden. So wird das nichts.

Nibelung
1 Jahr her

Vorsicht, wenn Sozialisten Heilsversprechen machen, dann kommt in der Regel meist das Gegensätzliche raus, was man überall auf der Welt gesehen hat und bei uns dreimal in den letzten hundert Jahren, wo sie immer mit der gleichen Masche die Leute über den Leisten ziehen und die haben seither einfach nichts dazu gelernt. Die haben immer die gleiche Eigenheit und verschenken das was anderen gehörte, bis nichts mehr da ist und dann ziehen sie die Reißleine über eine deftige Inflation und der Gehörnte ist zum Schluß wieder der Besitzende, während die Besitzlosen quasi nichts verlieren können und damit fängt alles wieder… Mehr

Britsch
1 Jahr her

Man soolte sich doch mal überlegen z.B. bezüglich Wohnungsnot, Altenpflege Kinderbetreueng ua. Der seit jahren propagierte Umbau der Gesellschaft „Experten“ empfehlungen usw. Immer weiter weg von ehemaligen aus langer realer Erfahrung gewachsenen Strukturen, weg von der Großfamilie. Zwischenzeitlich bereits Bestreben Zerstörung der Familie und des von der Natur gegebenen überhaupt.# Vorteil z.B. bei zusammenleben von Großfamilie in Größerer Einheit zusammenwohnen, gemeinschaftsräume, wenige insgesamtwohnraum erforderlich, gemeinsames Essen, Ernährung insgesamt weniger Verbrauch Abfall, Einkauf günstiger. Man ist beieinander und kann sich gegenseitig problemloser helfen z.B. Kinderbetreuung, Krankteitsfall, Gebrechlichkeit usw. Das Ganze wurde systematisch über Jahre hinweg gewissermaßen „verteufelt“. Wobei z.T. genau diejenigen,… Mehr

alter weisser Mann
1 Jahr her
Antworten an  Britsch

Keine Ahnung was Sie wollen, Großfamilien sind doch auf dem Vormarsch.

Britsch
1 Jahr her

Um die Realität zu nennen, nur ein ganz geringer Teil Derer die kommen/ angelockt werden sind Fachkräfte, die in Deutschland als Fachkräfte tatsächlich gebraucht werden und bereit sind offiziell steuerpflichtig zu arbeiten.
Ein großer Teil dieses geringen Prozentsatzes an Fachkräfte die kommen und bereit sind zu arbeiten, arbeiten für die eigene Tasche, nicht Steuerlich / sozialversicherungspflichtig angemeldet, Kassieren teilweise nebenbei noch staatliche Unterstützung.

Conradp
1 Jahr her

Wenn sich eine grünsozialistische Bundesregierung auf eine zentralistische Planungswirtschaft verlegt und den Markt mit den Worten von Markus Krall nur mehr als ökonomischen Hilfsmotor heranzieht, sind alle verkündeten Absichten, soundsoviele Wohnungen im Jahr bauen zu wollen, buchstäblich in den Wind gesprochen. Solange hochqualifizierte Jahrhundertbegabungen wie etwa Kühnert oder Habeck Verstaatlichungsorgien oder der Kommandowirtschaft das Wort reden, ist damit der Anreiz für potentielle Investoren verbunden, ihr Geld zusammenzuhalten oder lieber anderswo zu investieren. Der Staat als Unternehmer hat in der Geschichte der Menschheit noch nie etwas getaugt.

fischer
1 Jahr her

Wie der Name Immobilie schon andeutet: am Ort gebunden und jedem neuen Steuer-/Abgaben-/Heizungs-/Lastenausgleichs-/Zwangseinquartierungshorror ausgeliefert.
Wer will so ein Risiko noch eingehen ?

Irene Engel
1 Jahr her

In meiner Stadt gibt es keine Wohnungen mehr, in bezahlbar gleich gar nicht. Ja,läuft für die AfD. Spätestens wenn der deutsche Normalo bei den Eltern auf dem Sofa schlafen muss fällt endlich der Groschen.

89-erlebt
1 Jahr her

Der Angleich zur DDR läuft auf Hochtouren. Auch dort war Wohnungsnot eine Begleiterscheinung des Niedergangs. Der grün lackiert gewollte Rückgang der Modernisierung und Instandhaltung wird noch seinen Beitrag liefern, nur nicht ganz so massiv wie der ungebremste Zustrom der Welt Flüchtlinge.