Werteunion wird eigene Partei – Das Parteienspektrum erweitert sich

Die CDU bekommt Konkurrenz: Enttäuschte konservative Unionsmitglieder wollen jetzt mit einer eigenen Liste bei Wahlen antreten. Im nächsten Bundestag könnten dann womöglich neun Parteien sitzen – mehr als zuletzt im Reichstag der Weimarer Republik.

dts

„Eine Partei, die sich gegen jede Form vom Neosozialismus und Totalitarismus und Brandmauern stellt und das Land wieder nach vorne bringen wird“: So kündigt Hans-Georg Maaßen die „Werteunion-Partei“ an.

Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat am Samstag in Erfurt auf einer Mitgliederversammlung der „Werteunion“ das Mandat erhalten, die Gründung einer Partei mit diesem Namen auf den Weg zu bringen. Das soll so zügig erfolgen, dass die neue Partei schon an den Landtagswahlen im kommenden Herbst (Brandenburg, Sachsen, Thüringen) teilnehmen kann.

Bisher ist die „Werteunion“ ein eingetragener Verein, dem nach eigenen Angaben etwa „70 überwiegend langjährige Mitglieder der CDU und CSU“ angehören. Die Gruppierung gibt es seit 2017. Sie hatte sich gegründet, „um dem von Frau Merkel zu verantwortenden und spätestens seit der Grenzöffnung 2015 deutlich erkennbaren Linkskurs der Unionsparteien entgegenzutreten“ – so steht es in einer Selbstbeschreibung im Internet. Weiter heißt es dort:

„Wir kämpfen für eine Rückbesinnung auf die Werte der CDU/CSU von Adenauer, Strauß und Kohl – notfalls auch gegen die von Angela Merkel in die linksideologische Irre geführten Unionsparteien.“

Maaßen hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker von seiner politischen Heimat CDU entfremdet. Seit Monaten versucht Parteichef Friedrich Merz, den unbequemen, aber in konservativen Kreisen sehr populären ehemaligen Spitzenbeamten aus der Union ausschließen zu lassen – bisher erfolglos. Mit der Gründung der neuen Partei dürfte Maaßen, zusammen mit seinen Anhängern, die CDU nun wohl bald freiwillig verlassen.

Das Parteienspektrum erweitert sich

Die Neugründung – oder besser: der CDU-Protest-Ableger – erweitert das deutsche Parteienspektrum zumindest zahlenmäßig weiter. Vor kurzem erst hatte sich das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ BSW aus der „Linken“ (und gegen sie) sozusagen ausgegründet. Auf dem Wahlzettel bei der kommenden Bundestagswahl könnten dann mittlerweile insgesamt neun (in Zahlen: 9) Parteien stehen, denen Demoskopen realistische Chancen einräumen, ins Parlament einzuziehen:

  • CDU/CSU
  • AfD
  • SPD
  • B’90/Grüne
  • FDP
  • „Die Linke“
  • Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)
  • Freie Wähler
  • Werteunion-Partei (WUP).

Eine solche Fragmentierung der Volksvertretung gab es zuletzt im letzten frei gewählten Reichstag der Weimarer Republik. Der wurde ab März 1933 von insgesamt acht Parteien mit mehreren Abgeordneten bevölkert (für Geschichtsfans: BVP, DDP, DNVP, DVP, KPD, NSDAP, SPD, Zentrumspartei). Dazu kamen noch ein paar versprengte Einzelabgeordnete von Kleinstparteien.

Durch die Parteien-Inflation heute wird Deutschlands politische Landschaft nicht nur enorm unübersichtlich: Auch die Bildung zumindest halbwegs stabiler (und deshalb handlungsfähiger) Regierungen dürfte sehr schwer werden – mitunter auch unmöglich. Zusätzlich verschärft wird das Problem durch die derzeit sehr angesagten „Brandmauern“ bzw. die berüchtigte Ausschließeritis: Wenn größere und demokratisch gewählte Parteien aus ideologischen Gründen als Koalitionspartner ausgeschlossen werden, dann sind eben recht bald keine Koalitionen mehr möglich. Die CDU sitzt in der Falle: Sie hat eine Zusammenarbeit gleich welcher Form mit der AfD ausgeschlossen – damit kann sie sich nur bei den Grünen anbiedern oder der kollabierenden SPD. Genau diese Parteien aber will kaum mehr jemand.

Wetten auf die Zukunft

Lesen soll ja nicht zuletzt auch Spaß machen. Deshalb wage ich hier einmal zwei Prognosen: Erstens – die AfD wird nicht verboten. Der Ärger, den sich die anderen Parteien mit einem Verbot einhandeln würden, wäre völlig unkalkulierbar. Er würde unser politisches System mehr durchrütteln als Corona – und vor allem wäre nicht sicher, dass am Ende die anderen Parteien wirklich einen Vorteil davon hätten.

Im Kanzleramt weiß man das, bei der Union auch. Dass die Grünen traditionell ein Problem mit der ideologischen Impulskontrolle haben und deshalb zu politisch selbstmörderischer Kompromissunfähigkeit neigen – geschenkt.

Zweite Prognose: Ende dieses Jahres haben wir mindestens eine Landesregierung mit AfD-Beteiligung.

Denn parlamentarische Mehrheiten entstehen nicht in Umfragen, nicht in Talkshows, nicht in den Redaktionsstuben, nicht in Bürgerräten und schon gar nicht auf der Straße. Parlamentarische Mehrheiten entstehen in der Wahlkabine. Die Aufmärsche „gegen Rechts“ in einigen deutschen Großstädten sollten deshalb nicht darüber hinwegtäuschen, dass keine Regierung in der deutschen Nachkriegsgeschichte so wenig Rückhalt im Volk hatte wie die Ampel.

Die verschiedenen DDR-Regime laufen hier außer Konkurrenz, weil sie unter Bedingungen an der Macht waren, die mit denen in der heutigen Bundesrepublik nicht vergleichbar sind.

Jedenfalls noch nicht.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 86 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

86 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
egal1965
10 Monate her

Die Werteunion wird nur den sogenannten „Altparteien“ helfen, in dem sie der AfD Wähler entzieht und somit quasi alles beim alten bleibt, mehr nicht….

Franck Royale
10 Monate her

Wir brauchen nicht mehr Parteien, sondern weniger. Eigentlich brauchen wir überhaupt keine Parteien. Weg mit dem Zirkus. Ein Bundestag mit 85 direkt gewählten Bürgern mit Berufs- und Lebenserfahrung sollte reichen.

Grumpler
10 Monate her
Antworten an  Franck Royale

Wir brauchen vor allem keine Berufspolitiker mehr, die mit den Parteinetzwerken ein informelles politisches Kartell errichtet haben. Aber gegen ein Mehrheitswahlrecht (Kandidatendirektwahl) werden sie sich mit Klauen und Krallen wehren. Intellektuell ist ja auch nicht mehr drin. Und sollten sie verlieren, haben wir den US-amerikanischen Salat, wo die Parteien oder „Interessenverbände“ die Wahlkämpfe von Einzelkandidaten unterstützen. Wenn wir schon Wunschlisten aufstellen, wäre ich auch noch für eine Trennung von Legislative (Parlament, Bundestag, Landtage) und Exekutive (Regierung, Bund und Länder) — also keine Doppelfuktionen in Regierung und Parlament gleichzeitig — SOWIE Judikative (Rechtssprechung). Keine „Essen“ mehr mit Richtern — egal ob… Mehr

Last edited 10 Monate her by Grumpler
Andreas Sewald
10 Monate her

Wenn ich es richtig gehört habe, könnte sich durch die Wahrrechtsreform die CSU aus dem Bundestag schießen, weil sie an der 5 % Hürde kratzt und da dabei alle Erststimmen durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sein müssen, wird es für die CSU im Gefolge der CDU eng. Wenn dann noch ein nicht unwesentlicher Teil der CDU-Wähler die Werteunion wählen wird, weil sie nicht über den Umweg der CDU die Grünen wählen wollen, kann sich März schon mal auf ein Ergebnis unter 20% „freuen“. Dann kommt noch nicht einmal Schwarz/Rot/Grün auf eine Mehrheit. Das ist heutige Beobachtung. Denken wir mal knapp 2… Mehr

Grumpler
10 Monate her
Antworten an  Andreas Sewald

Die Frage ist, wieviele Neuwähler kann sich die Spezialdemokratie durch die erneute Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts heranziehen? Es war an anderer Stelle die Zahl von 5 Mio. genannt. Je nach Zugrundelegung der Zahlen der Wahlbeteiligung müßte sich das — grob geschätzt — zwischen 7 bis 11 Punkten bewegen.
Weiterhin besteht ja noch Aussicht auf eine Klage gegen das neue Wahlrecht.

Delegro
10 Monate her

Dann wird es der Werteunion (der neuen Partei) genau so ergehen, wie es der AfD derzeit ergeht. Als die WU noch ein Teil der CDU war, war alles O.K. Keine Nazis, alles Demokraten. Jetzt, wo man sich von der CDU weg bewegt und selber politisch aktiv wird ist man von heute auf Morgen „rechtsradikal“ und Nazi. Es geht der links/grünen Blase in Berlin einzig und alleine um die alleinige Herrschaft im politischen System mit anschließendem Umbau zum Sozialismus/Kommunismus. Mit Fakten kann man die AfD nicht stellen. Mit guter Politik, trotz aller Beteuerungen, schon gar nicht. Also reagiert man wie man… Mehr

November Man
10 Monate her

Die WerteUnion ist noch nicht mal richtig gegründet und schon beginnt die absolut undemokratische linke Ausschließeridis. So hat Sachsens Ministerpräsident Kretschmer bereits eine Zusammenarbeit mit der Werteunion ausgeschlossen.
Mein Gott müssen die politisch arm dran sein. Die CDU schwächt sich in ihrer Verzweiflung selbst immer mehr. Aber sie nennen sich dummerweise immer noch „Wir die Demokraten“ – „Wir die demokratischen Parteien“

Eberhard
10 Monate her

Das Parteienspektrum erweitert sich? Leider haben die großen Volksparteien es nicht mehr geschafft, einen großen Bereich ähnlicher politischer Meinungen unter eine Haube zu bringen. Es gibt ihn in der Politik nicht mehr, den kleinsten gemeinsamen Nenner. Merkel ist bestes Beispiel dafür gewesen. Die Partei internen Auseinandersetzungen werden dadurch immer härter und unerbittlicher. Eine Demokratie, die keinen Ausgleich mehr schaffen kann, wird aber auch immer undemokratischer. Die Folgen erreichen uns bereits immer mehr.

November Man
10 Monate her

In den Lügenmedien wird die neue Partei „WerteUnion“ schon als eine „sehr konservative Partei“ genannt. Da kommt bald noch mehr linksextremer Hass und Hetze gegen die WerteUnion. Neue werden von denen nicht geduldet. Außer es ist eine linksextreme oder kommunistische Parteie.  

WGreuer
10 Monate her

„Maaßen hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker von seiner politischen Heimat CDU entfremdet.“
Ist dem Autor hier ein Satzdreher unterlaufen? Sollte das nicht eher heißen:
„Die CDU hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker von Maaßens politischer konservativer Heimat entfremdet.“
Nicht Maaßen und die Werteuntion haben sich geändert, sondern die CDU ist seit Merkel extremst nach linksgrün abgedriftet.

Alf
10 Monate her

rnd – CDU und CSU schließen Doppelmitgliedschaften mit Partei der Werteunion aus
Die C-Parteien haben Angst um ihre Pfründe.
An der Regierung sind sie nicht.
Als Opposition verhindern sie nichts.
Mit Steilvorlagen der Ampel können sie nichts anfangen.
Eigentlich müßte der Rest der C-Parteien (also die, die Merkel nicht vermissen) froh sein, das es eine neue Partei gibt, in die man wechseln kann.
Unser Land braucht keinen „Oppositionsführer“ Merz, der bei der Kanzler-Frage immer noch knapp hinter Scholz liegt.
In Anbetracht der Politik der Ampel gegen das eigene Land unglaublich.

Monika
10 Monate her

Die WU muß von Anfang an die konservativen CDU-Wähler und die jetzt heimatlosen FDP-Wähler in den Blick nehmen. Den Boden für Altparteien-Untreue hat bereits die AfD bereitet. Bei garantiert auftretendem Nazi-Keulen-Geschwinge von links muß man die Ohren und Hirne auf Durchzug stellen. Denn da wird einiges kommen. Der links-grüne Zeitgeist wird nicht kampflos aufgeben, und die Politik wird alles dafür tun, alternative Medien zu unterdrücken. Aber das hat auch was Gutes, denn beim gemeinen Bürger ziehen wegen Gewöhnung an das Gegen-Rechts-Geplärre diese Dinge immer weniger, die Lächerlichkeit der „Guten“ wird immer evidenter.