Bizarre Propaganda für die „Wunderwaffe der Energiewende“

Die Wärmepumpe ist für alle Gebäude geeignet und unschlagbar günstig: Diese Behauptung soll die grünen Heizungs-Pläne stützen. Ein grüner Bundestagsabgeordneter machte sich jetzt mit einem besonders grotesken Werbefeldzug zum Gespött auf Twitter.

Screenprint: via Twitter - Collage: TE

Bisher genoss der grüne Bundestagsabgeordnete Bernhard Herrmann, 57, keine übertrieben große Prominenz. In seinem Wahlkreis Chemnitzer Umland holte er 2021 bescheidene 4,1 Prozent der Erststimmen, zog über die Landesliste ins Parlament, und fiel dort keinem größeren Publikum auf. Bis zum vergangenen Wochenende.

Zurzeit findet vonseiten der Grünen eine flächendeckende Kampagne statt, mit der die Wärmepumpen den Deutschen als die „Wunderwaffe der Energiewende“ (Frankfurter Rundschau) schmackhaft gemacht werden soll. Vorgeblich kostet der Einbau des Geräts plus notwendiger Umbau nur wenig. Und lohnt sich auch für alte Gebäude, selbst ohne Dämmung und Fußbodenheizung. Ein wenig erinnern Versicherungen dieser Art an den berühmten Satz des damaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin, die Energiewende werde jede Familie nur den Gegenwert einer Kugel Eis im Monat kosten, also einen Euro.

Der Abgeordnete Herrmann jedenfalls twitterte gleich zwei konkrete, mit Fotos illustrierte Beispiele, die belegen sollen, wie die Wärmepumpe das Heizen laut Expertise eines Energieberaters kostengünstig revolutioniert: „Altes Bauernhaus, Wände 80 cm stark“, hieß es da, „Energieberater bestätigt: Wärmepumpe auch schon ohne Dämmung sehr sinnvoll, wenn PV an Dach & Wand über viele kühle, helle Tage unschlagbar günstigen Strom liefert. Dämmen später.“

Und: „Reihenhaus Bj 1994 – Heizung ‚will‘ bei -12°C ca. 60°C Vorlauf. Bekommt es nicht, nur 50°C … aber nachts dafür auch 45°C an solchen Tagen. Niemand friert. Niedertemperatur passt! Mit grö. HKs & Dämmen ‚fliegt‘ das! #Grips statt #Klimaschmutzlobby!“

Die Stoßrichtung seiner Mitteilungen war in beiden Fällen die gleiche: Erstens sollten sie die Doktrin untermauern, Wärmepumpen seien für jede Immobilie sinnvoll, auch ohne Dämmung und Fußbodenheizung. Und zweitens: Wer etwas anderes behauptet, gehört zur „Klimaschmutzlobby“, deren Ziel darin besteht, die Heizungsrevolution in Deutschland zu verhindern.

Vielen Twitter-Nutzern kam vor allem sein Beispiel des Bauernhauses in Sachsen seltsam vor. Achtzig Zentimeter starke Mauern – falls es so wäre, dann müssten die beiden Fenster in der gezeigten Fassade innen mit der Wand abschließen. Die Laibung des Kellerfensters auf dem Bild spricht außerdem nicht für diese enorme und bei Häusern dieser Art ungewöhnlichen Wandstärke. Außerdem wäre vor dem Dämmen („Dämmen später“) wegen des fehlenden Dachüberstandes erst einmal ein Dachum- beziehungsweise Neubau nötig. Sollte ein Energieberater dann trotzdem empfohlen haben, dieses Dach sofort mit Solarmodulen zu bestücken?

TE ebenso wie WELT-Autor Don Alphonso bat den Bundestagsabgeordneten um nähere Auskunft: Handelt es sich um seine eigenen Häuser? Oder kennt er sie wenigstens näher? Außerdem bat TE Herrmann darum, die detaillierten Rechnungen des von ihm zitierten Energieberaters zu übermitteln.

Offenbar waren das nicht die einzigen Anfragen, die den grünen Politiker erreichte. Auch direkt auf Twitter wiesen ihn viele auf die offensichtlichen Merkwürdigkeiten hin. Vor allem auf eine: Per Bildsuche fanden mehrere Nutzer gleichzeitig Näheres über seine Beispielhäuser heraus. Es handelte sich um ältere Aufnahmen. Und zwar aus Wikipedia – einmal zur Illustration eines Artikels zum Thema Dreiseiten-Hof, einmal zum Thema Reihenhaus. Herrmann sollte also die Wärmepumpenberechnungen ausgerechnet für zwei Immobilien besitzen, die seit Jahren in der Online-Enzyklopädie abgebildet sind?

Einen Tag später räumte der Abgeordnete dann ein: Die von ihm verwendeten Fotos hätten nichts mit den von ihm beschriebenen Fällen zu tun, er habe sie aus den Wikipedia-Artikeln herauskopiert. (Dass er die Quellenangabe dabei vergessen hatte, erwähnte er nicht).

„Das Beschriebene zu den Tweets ‚Altes Bauernhaus‘ und ‚Reihenhaus Bj 1994‘ sind reale Fälle aus Sachsen“, twitterte Herrmann nun: „Die Fotos stehen nur illustrierend für diese Gebäudetypen.“

Wie real Herrmanns Fälle tatsächlich sind, lässt sich nicht nachprüfen: Der Bitte von TE, die jeweiligen Energieberater-Pläne einmal komplett vorzulegen, kam er jedenfalls nicht nach. Der Parlamentarier beantwortete auch nicht die naheliegende Frage, warum er, wenn er tatsächlich „reale Fälle“ und die jeweilige Wärmepumpen-Kalkulation dazu kennt, dann nicht einfach die Fotos der echten Gebäude dazustellte.

Bei Herrmann handelt es sich um den bisher prominentesten, nicht um den einzigen Fall der politischen PR-Welle, in dem die Wärmepumpe passend zu den Plänen von Robert Habeck als günstige und universell geeignete Heizalternative angepriesen wird.

Auf dem anonymen Twitter-Account „naturschuetzen.nord“ verbreitete eine Person mit nicht nachprüfbarer Identität fast zeitgleich mit Herrmann die Rechnung, sie (oder er) habe früher mit Gasheizung 1.600 Euro im Jahr für Heizung und Warmwasser gezahlt. Mit Wärmepumpe seien es jetzt nur noch 480 Euro jährlich.

Viele Nutzer wiesen darauf hin, dass 40 Euro monatlich für Heizen und Warmwasser per Wärmepumpe nur in einer winzigen Behausung und minimalem Verbrauch möglich wären. Dazu passen dann aber nicht die angeblichen Gasheizungskosten von 1.600 Euro früher.

Es drängt sich die Frage auf: Wenn es sich bei der Wärmepumpe tatsächlich um eine technisch und finanziell unschlagbar günstige Lösung für fast alle Fälle handelt – warum muss sie dann mit derartigen Propagandamethoden herbeigetrommelt werden?

Generell lohnt der Blick darauf, wer für die universelle Einsetzbarkeit der Wärmepumpe wirbt. Die Frankfurter Rundschau, die, wie oben erwähnt, die Wärmepumpe in einem Beitrag ganz unironisch als „Wunderwaffe der Energiewende“ bezeichnete, ließ als Experten Marek Miara vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme zu Wort kommen.

Screenprint: Frankfurter Rundschau

Miara räumt dort mit „Irrtümern“ auf. Die Wärmepumpe, erklärte er in der FR, eigne sich auch für ungedämmte Altbauten hervorragend. Was die Leser der Frankfurter Rundschau nicht erfuhren: Miara ist nicht nur als Forscher am Fraunhofer Institut tätig. Im Jahr 2020 rückte er in den Vorstand der EHPA auf, der „European Heat Pump Association“ – den europaweiten Lobbyverband der Wärmepumpen-Hersteller.

Screenprint EHPA

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Kommentare ( 84 )

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Helfen.heilen.80
11 Monate her

Komisch. Wir rutschen irgendwie immer tierer in den Konflikt im Osten hinein, und gleichzeitig ruinieren wir uns anscheinende mit einer verblüffenden Zeitnähe unsere Energiesicherheit, Produktionsmöglichkeiten und Wohnsicherheit der Zivilbevölkerung.
Erinnert mich an den erstaunlichen Anfall von vorausschauenden Risikobewußtsein, als die Grünen bereits Anfang 2022 die Einschätzung der deutschen Schutzbunkerstrukturen beauftragten.

Phil
11 Monate her

Jaja, selbstverständlich funktioniert dass mit den Wärmepumpen ebenso tadellos wie die Energieerzeugung mittels Sonne und Wind: SMARD | Marktdaten visualisieren Ups, funktioniert ja gar nicht wie versprochen…. Der Grossteil der Energie liefern aktuell wieder einmal Kohle und Gas. Zwischen 18. und 29. Januar z. Bsp., also Tage an welchen so eine Elektroheizung durchaus ihrem Verwendungszweck entsprechend heizen sollte, existiert kaum Strom aus den sogenannten „Erneuerbaren“, ebenso Scheisse sah es zwischen Ende November bis etwa am 18 Dezember 2022 aus, welches tendenziell auch eher so die Jahreszeit ist, an welcher die Menschen heizen möchten. Eine neue und wesentlich effizientere Gas- oder… Mehr

Thomas S62
11 Monate her

Als ich 1999/2000 mein Haus grundsaniert habe, habe ich mich über alle möglichen Wärmeerzeuger informiert. Darunter nicht nur die uneffektive Luftwärmepumpe, sondern auch die mit Grundwasser betriebene.
Egal wie, es lief immer darauf hinaus: Zuerst Wärmedämmung für Wand und Dach, neue Fenster, Belüftungsanlage, Fußbodenheizung…..
Also Kosten in Höhen von mindestens 150.000 DM (War noch vor der Euro-Einführung)
Ich habe mich dann für eine 3.500 DM teure Gasbrennwerttherme entschieden.
Und da hat sich bis heute nichts geändert.

Andreas Sewald
11 Monate her

Auf Grundlage, dass viele für eine ausreichende Solaranlage auf dem Dach für eine Wärmepumpe keinen Platz/oder Richtung/oder Geld haben sowie in einen Mehrparteienhaus wohnen könnten. Unabhängig davon kann das Dach eines Einfamilienhauses nicht so groß sein, dass eine PV-Anlage die Wärmepumpe im Winter ausreichend versorgen könnte. Eine Wärmepumpe im Winter für ein 120 qm Haus braucht min. 600 kw/h im Monat. Zahlen, die Fakt sind: Der deutsche Strommix produziert ca. 420 g CO2 pro Kw/h Daran wird sich auch nicht viel ändern. Zur Zeit steigt der CO2-Ausstoß im Strommix sogar. Eine moderne Oelheizung produziert ca. 320 g CO2 pro Kw/h… Mehr

Micci
11 Monate her

Bei der kleinen Schlagwort-Überschrift „Habeck-Pläne“ habe ich gerade gelesen: „Habeck-Plage“.
Ist irgendwie zutreffender, oder nicht?

Bunte Kuh
11 Monate her

Ich soll also meine Gasheizung rauswerfen und mir eine Technologie einbauen, die mit Strom betrieben wird, welchen der Herr Minister mit Gaskraftwerken erzeugen will? Und dieser Spaß soll mir 25.000 Euro wert sein? Das erinnert doch sehr an organisierte Kriminalität.

Peter Pascht
11 Monate her

„Wunderwaffe der Energiewende“ ? Was für Energiewende? Dieser Tage haben EU und die USA für die europäischen AKW vereinbart, dass die EU unabhängiger wird von russischem Kernbrennstoffen und dazugehörigen Dienstleistungen. Ups? „europäische AKW“ ? Deutschland macht doch seine letzten AKW, gerade platt. Deutschland ein Aussenseiter? So sieht verlogene deutsche und „EU-Energiewende-Propaganda“ aus. Was ist denn nun mit vdLeyens „green deal“ passiert? doch kein „green deal“? Das riesiege Erdwärme Potential ? In Mitteleuropa nimmt die Temperatur um etwa 3 °C pro 100 Meter Tiefe zu. Wärmepumpe Leistung Auch da verschaukelt man den Bürger. Eine Gasheizung für ein Einfamileinhaus hat in der… Mehr

fatherted
11 Monate her

In keinem einzigen „Wärmepumpen-Talk“ kam mal ein Mann aus der Praxis zu Wort. Wie wäre es mal einen Sanitär-Heizungsbauer dazu einzuladen? Macht keiner? Warum nur? Weil die ihnen wohl die Wahrheit sagen würden….und die „Damen und Herren Experten“ dann der Mund offen stehen würde. Handwerker sind ja eh alle rechts….dann doch lieber Kleber einladen….die wissen alle mehr.

Nevaeh
11 Monate her

Wir haben eine Wärmepumpe von Vaillant- die Stromkosten für Heizen und Warmwasser betragen im Jahr etwas über 1000 Euro.
Das Haus (Baujahr 2014 deswegen gut gedämmt!) hat 150 qm und wir heizen moderat (20 Grad Celsius Zimmertemperatur).
Diese 480 Euro können nur ein Fake sein.

FKR
11 Monate her

Es ist den linken egal, wie es uns nach der Coronaimpfung geht, es ist den Linken egal ob eine WP effektiv ist,es ist den Linken egal, wie ein Rentner ab 67
Das Geld dafür aufbringt. Alte Menschen sind denen sch…egal.