Verwirrung um Bürgermeisterwahlen in Rheinland-Pfalz: Doch kein Verbot von AfD-Kandidaten?

Nach Berichten, bei den anstehenden kommunalen Wahlen in Rheinland-Pfalz würden AfD-Kandidaten ausgeschlossen, hat die Gemeinde Nieder-Olm entsprechende Inhalte von ihrer Website entfernt. SPD-Innenminister Ebling verstrickt sich derweil in Widersprüche. Der „Kampf“ gegen die AfD nimmt mittlerweile bizarre Züge an.

picture alliance/dpa | Arne Dedert
Innenminister von Rheinland-Pfalz Michael Ebling (SPD)

Tichys Einblick hatte am 4. Dezember berichtet, dass AfD-Mitglieder von einer Kandidatur bei den (Ober-)Bürgermeisterwahlen am 22. März 2026 in acht Gemeinden in Rheinland-Pfalz ausgeschlossen seien, und dazu ein Interview mit dem bekannten Politikwissenschaftler Werner Patzelt geführt.

Nun scheint in Rheinland-Pfalz und speziell in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm nach der exklusiven Berichterstattung der „Jungen Freiheit“ Chaos ausgebrochen zu sein.

Die Verbandsgemeinde Nieder-Olm hat noch am 4. Dezember einen entsprechenden Passus zur „Belehrung über die gesteigerte Pflicht zur Verfassungstreue“ und einer damit verbundenen erforderlichen Unterschrift eines Bewerbers von ihrer Website entfernt. Der AfD-Bewerber Roberto Kiefer bestätigte der JF am Donnerstag, 4. Dezember, dass er darüber von der Kreisverwaltung informiert worden sei.

Der entsprechende Passus hätte AfD-Kandidaten ausgeschlossen, weil die AfD in Rheinland-Pfalz in einer Liste des SPD-geführten Innenministeriums bzw. des dortigen Verfassungsschutzes als „extremistisch“ geführt wird.

Verwirrend: Die „Belehrung“ inklusive Liste „extremistischer Organisationen“ (mit AfD) ist allerdings nach wie vor auf der Website der Verbandsgemeinde zu finden. Die Gemeinde war am Donnerstagnachmittag des 4. Dezember für die „Junge Freiheit“ zunächst nicht telefonisch für eine Stellungnahme zu erreichen.

SPD-Innenminister Ebling verstrickt sich in Widersprüche

Welt-TV hatte den JF-Bericht aufgegriffen und Innenminister Michael Ebling (SPD) zum Interview gebeten. Ebling bestritt dort, dass es einen pauschalen Wahlausschluss für AfD-Kandidaten geben könne. „Der Kandidat, der hier etwas moniert, moniert erkennbar etwas Falsches, weil er behauptet, die AfD sei ausgeschlossen; das stimmt einfach nicht.“ Ebling sprach von einer „vielleicht bewussten Falschdarstellung“.

Er behauptete rabulistisch, es würden zwei Dinge vermischt: Das eine sei die Voraussetzung, die für einen Wahlantritt gilt. Über die Zulassung entscheide der Wahlausschuss, und das habe nichts mit der Parteimitgliedschaft zu tun. Das andere sei die Voraussetzung, um als Beamter (hier als Wahlbeamter) eingestellt zu werden. Ebling verschleiert hier, dass sein erster Punkt bei der OB-Wahl in Ludwigshafen praktiziert wurde, als AfD-Kandidat Joachim Paul ausgeschlossen wurde.

Heißt das nun, dass man als AfD-Bewerber zwar gewählt werden kann, dann aber das Amt nicht antreten darf? Auch hier galt in Ludwigshafen etwas anderes.

Ebling erwähnt nicht: Die „Liste“ extremistischer Organisationen (inkl. AfD) auf der Gemeinde-Website bezog sich ausdrücklich auf Wahlbewerber. Die Vorschrift und die Liste stammen nicht von der Gemeinde, sondern waren im Juli 2025 vom Landesinnenministerium erlassen worden. „Wer diese Erklärung verweigert und dadurch begründete Zweifel an der eigenen Verfassungstreue … nicht ausräumen kann, wird nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt“, teilte das Innenministerium seinerzeit mit. Dies könnte den Amtsantritt eines potentiell gewählten AfD-Bürgermeisters verhindern.

Nicht nur am Rande: Ehrenamtlicher Bürgermeister in Nieder-Olm ist seit 2019 Dirk Hasenfuß (FWG). Die AfD stellt seit der letzten Wahl 2024 zwei der 40 Ratsmitglieder. Sie erzielte 4,9 Prozent. Auf der Website der Gemeinde rangiert in der histographischen Darstellung der Wahlergebnisse vom 9. Juni 2024 zwar namentlich die FDP mit 3,5 Prozent. Die AfD indes wird unter „Übrige“ nicht gesondert genannt, also quasi unsichtbar gemacht; wiewohl sie die einzige „Übrige“ war.

Fazit: Der „Kampf“ gegen die AfD nimmt mittlerweile bizarre Züge an. Letztlich zum Nutzen der Partei. Dass sich dabei offenbar amtierende kommunale Amtsträger besonders dienstbeflissen erweisen wollen, kann wohl nur mit politischer Windschnittigkeit oder mit Karrieregelüsten erklärt werden.


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Kommentare ( 34 )

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Werner Geiselhart
3 Stunden her

Das Niveau UnsererDemokraten unterschreitet inzwischen das Verhalten von kleinen Kindern im Sandkasten, die sich gegenseitig die Sandburgen kaputt machen.
Was für ein infantiles Trotzverhalten von angeblich erwachsenen Politikern.
Man wendet sich ab mit Grausen.

yeager
4 Stunden her

Der Stimmenverlust der Kartellparteien ist auf deren Politik zurückzuführen, insbesondere die Politik der offenen Grenzen kombiniert mit attraktiver Vollversorgung für jeden der es irgendwie nach Deutschland schafft, und eine Energie- und Industriepolitik die Deutschland in die Armut führt. Statt aber an ihrer Politik etwas zu ändern wollen die Kartellparteien die Alternativen zu ihrer Politik verbieten, speziell die AfD, deren Positionen bezüglich Einwanderung vor Merkels Grenzöffnung politischer Konsens war, und bezüglich Energie vor Fukushima und Merkels Reaktion CDU-Position. Die heutigen politischen Verhältnisse resultieren aus einer parteipolitischen Logik der Merkel-Zeit: Der wichtigste Konkurrent der CDU war die in SPD, Grüne und „Die… Mehr

Gerhard_F_Mossmayr
4 Stunden her

Wie cool:
Wahlergebnis RLP2026:
48 % S.E.D. 2.0
52 % Übrige
Das ist genau mein Humor!

Evero
4 Stunden her

Ich rekapituliere nochmal, ob ich das alles richtig verstanden habe: 1. Die AfD ist in Rheinland-Pfalz durch eine SPD-geführte Landesregierung durch den dortigen VS als „extremistisch“ eingestuft worden. 2. Die lokalen Wahlausschüsse, besetzt nur mit Nicht-AfD-Freunden, entscheiden, ob sie Bürgermeisterkandidaten zulassen, die der AfD angehören. 3. Sollte ein Bewerber der AfD vom Wahlausschuss zugelassen werden und er dann vom Volk mehrheitlich als Bürgermeister gewählt worden sein, entscheidet der SPD-Innenminister anhand der „Extremistenliste“, ob er den AfD-Bewerber als Wahlbeamten akzeptiert oder er andernfalls sein Amt nicgt antreten kann. DA hat sich die Antifa-SPD alle Optionen offengehalten. Selbiges gilt natürlich nicht bei… Mehr

Mermaid
4 Stunden her

War es nicht Kurt Beck, der dekretiert hat, daß in Rheinland Pfalz niemand Karriere im öffentlichen Dienst machen kann, der nicht in der SPD ist?
Und die AfD lernt daraus…

Last edited 4 Stunden her by Mermaid
Or
4 Stunden her

„Dass sich dabei offenbar amtierende kommunale Amtsträger besonders dienstbeflissen erweisen wollen, kann wohl nur mit politischer Windschnittigkeit oder mit Karrieregelüsten erklärt werden.“

Respekt TE. So elegant wurde „Angst um den Fressplatz am Trog !“ noch nie umschrieben.

maps
5 Stunden her

Ausser lügen und betrügen und unser Steuergeld zu verprassen können diese Alt-Parteien und dieser Staat eh nichts mehr.

NurEinPhilosoph
5 Stunden her

Wozu Wahlkampf?
Wozu Zettelfalten?
Wozu Stimmenzählen?

Herr Ebling, der große Retter UnsererDemokratie, kann sich den Bürgermeister doch gleich selbst aussuchen.

Die präventive Nötigung des Wahlausschusses ist da nur noch ein Detail.

Delegro
5 Stunden her

Ebeling ein klassischer Apparatschik. Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal. Erfahrung im wahren alltäglichen Leben der Wähler = NULL. Was will man da erwarten?

Haba Orwell
5 Stunden her

> SPD-Innenminister Ebling verstrickt sich derweil in Widersprüche. Der „Kampf“ gegen die AfD nimmt mittlerweile bizarre Züge an.

Trump wollte sich die Satrapien Westeuropas vorknüpfen und Orban erwartet politisches Erdbeben hier? Dieser „Kampf“ ist eh fast schon verloren.