Rekordkrankschreibungen bei jungen Beschäftigten

Noch nie wurden in Deutschland so viele Menschen krankgeschrieben wie im ersten Quartal diesen Jahres. Oft handelte es sich dabei um Atemwegserkrankungen

IMAGO / Zoonar

Im ersten Quartal 2023 wurden so viele Beschäftigte wie noch nie krankgeschrieben. Besonders betroffen waren die jüngeren, meist Frauen. Jede zweite Arbeitnehmerin zwischen 20 und 25 Jahren war im Untersuchten Zeitraum mindestens einen Tag lang krankgeschrieben. Zwar ging die Zahl der Krankschreibungen wegen einer Corona-Infektion um 60 Prozent zurück: Gleichzeitig nahm die Zahl der Krankschreibungen wegen anderer Atemwegserkrankungen um 63 Prozent zu.

Doch auch 44 Prozent der Männer in diesem Alter fehlten mindestens einen Tag von der Arbeit. Im Vorjahr waren es noch 27 Prozent gewesen. Wie bei allen Beschäftigten waren auch hier Atemwegserkrankungen wie Erkältung und Bronchitis der führende Grund. Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin führte dies auch auf die Corona-Einschränkungen zurück: „Einerseits erleben wir ein Nachholen von Infekten und Immunisierungen, die durch die Kontaktbeschränkungen von 2020 bis Anfang 2022 verhindert wurden. Es fiel also einiges an ‚Infekt-Training‘ aus“.

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Die Gesellschaft wird nun offenbar mit den Folgen einer Politik konfrontiert, die den Schutz vor Corona nicht gegen andere Gesundheitseffekte ihrer Entscheidungen abwägen wollte. Die Zahl anderer Folgeerkrankungen nahm ebenfalls stark zu. Die Weltgesundheitsorganisation berichtete, dass alleine im ersten Pandemiejahr die Zahl von Personen mit Depressionen und Angststörungen um 25 Prozent gestiegen sei – weltweit. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung meldete, dass Jugendliche im Zusammenhang mit den Schulschließungen 75 Prozent häufiger Depressionssymptome aufwiesen. Auch ohne Schulschließungen stieg die Häufigkeit dieser Symptome an, allerdings nur mit einer Steigerung um 22 Prozent.

Allgemeiner Anstieg statistisch bedingt?

Der insgesamt gemeldete Krankenstand nahm im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls deutlich zu. Statt wie vorher 52 fehlen nun an einem beliebigen Arbeitstag 59 von 1.000 Beschäftigten krankheitsbedingt. Diesen generellen Anstieg machte die DAK zumindest teilweise als statistisch bedingt aus. Seit dem 1. Januar werden Krankmeldungen durch den Arzt automatisch und elektronisch an die Krankenkassen gemeldet – und von dort an die Arbeitgeber weitergeleitet. Damit gehen weniger „gelbe Zettel“ verloren; das war besonders für Kurzkrankschreibungen ein Problem.

Erkältung, die neuen Bauchschmerzen?

Doch Scherer macht auch einen anderen Grund für den Anstieg der Krankschreibungen im Bezug auf Atemwegserkrankungen aus:
„Andererseits ist inzwischen auch die Sensibilität dafür gestiegen, dass man mit Infekt potenziell immer andere anstecken kann. So kommen weniger Menschen noch hustend und schniefend an ihren Arbeitsplatz zurück. Generell empfiehlt das Robert Koch-Institut, bei Atemwegsinfekten drei bis fünf Tage zu Hause zu bleiben – und dafür braucht man eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“

Hier stellt sich die Frage, inwieweit Atemwegserkrankungen also die neuen Bauchschmerzen sind – ein praktischer Grund, um sich von einem Arzt krankschreiben zu lassen, damit man blaumachen kann. Doch dass die Zahl der Krankschreibungen insgesamt steigt, lässt vermuten, dass das nicht der einzige Grund sein kann. Eine andere Erklärung ist aber, dass die Werbekampagnen der Bundesregierung Wirkung zeigen. Während der Corona-Pandemie wurden die Bürger dazu aufgerufen schon bei Erkältungssymptomen zuhause zu bleiben: Dass sich das auch nach der Pandemie fortsetzt, war zu erwarten. Gerade jüngere Arbeitnehmer kennen dies als Normalität, die sich auch nach der Pandemie fortsetzt.

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Kommentare ( 22 )

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Marco Mahlmann
10 Monate her

Teilweise ist es schon zu verstehen, wenn sich die Leute sagen, daß sie für diesen Staat und für diese Gesellschaft nicht mehr tun als nötig. Der Artikel von Herrn Turnes über den Zusammenhalt der Gesellschaft schildert’s. Andererseits ist es tatsächlich eine Generationsfrage. Wir sind gesellschaftlich bei der sprichwörtlichen Dritten Generation angelangt. Die Nachkriegsgeneration hat den Wohlstand aufgebaut, die Boomer haben ihn erhalten, die Leute ab Jahrgang 80 frönen dem Hedonismus und verjubeln den Wohlstand. Wer sich früher für einen Tag mit Magen-Darm abmeldete, setzt zudem heute mit „mich hat’s erwischt“ für eine Woche aus. Was früher bei atmosphärischen Spannungen im… Mehr

Gerner
10 Monate her

Noch nie war es so einfach! Warum lassen sich die Menschen, besonders die jungen, jetzt öfter krankschreiben… weil es so einfach ist… hat man in der Pandemie gelernt… der Arzt muß alles glauben was man ihm erzählt… müde, abgeschlagen, Rücken, Migräne usw. Dann noch die aktuelle Besonderheit, z.T. auch Coronamaßnahmenbedingt: Arbeitskräftemangel… man riskiert keinen Rauswurf, und wenn doch… nicht so schlimm wegen Bürgergeld. Und wenn man mal spitzkriegt wie sich das Leben ohne Mietzahlungen (übernimmt der Staat) und ohne Risiko für Heizkostensteigerung (übernimmt dann auch der Staat), ohne Verpflichtung und Verantwortung anfühlt… warum gleich wieder Arbeiten? Und dann noch das… Mehr

Rob Roy
10 Monate her

Meinen Beobachtungen in meinem Umfeld nach sind Menschen, die häufig, also mehr als zweimal geimpft sind, besonders anfällig für alles Mögliche, welche dann eine Krankschreibung erfordert. Und besonders jüngere haben sich ohne Sinn und Verstand „pieksen“ lassen.
Zudem glaube ich, dass die psychischen Nebenwirkungen der unsäglichen Maßnahmen, von Abstandhalten bis Zwangsimpfungen, auch eine erhebliche Rolle spielen, dass die Arbeitskraft nachlässt.
Außerdem ist die Resilienz der Generation Schneeflöckchen ohnehin weniger stark ausgeprägt.

fatherted
10 Monate her

Ich erlebe eher den neuen Trend „Burn out“. Bei uns arbeiten um die 25 Kollegen….von denen hatten in den letzten 3 Jahren 2 Damen und 2 Herren Burn-Out….Alter zwischen 30 und 55…..und bei uns arbeitet man wirklich nicht im „Steinbruch“. Krankschreibungen von 4-8 Monaten am Stück…..da ist der „blaue Montag“ ein Witz dagegen.

Juergen P. Schneider
10 Monate her
Antworten an  fatherted

Man sollte den Burn-Out-Patienten vielleicht einmal sagen, dass man, um diese Krankheit zu bekommen, auch einmal „geburnt“ haben muss. Manche sind ausgebrannt, ohne je Feuer gefangen zu haben. 🙂

kasimir
10 Monate her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Die meisten kommen ja gut damit durch. Die gehen dann zum Psychologen und sagen, sie sind „ausgebrannt“. Die meisten Psychologen werden dann die Krankschreibung rüber reichen, das lässt sich nämlich schwer nachweisen. Das Problem bei solchen „Psycho-Fällen“ ist ja, dass das meist über Monate geht. Mit einem Krankenschein über eine Woche ist es damit nicht getan…

Astrid
10 Monate her

Tja, es kann selbstverständlich „nur“ an der Arbeitseinstellung und der Unlust zum Arbeiten liegen. Egal, was es für eine Krankheit ist, die Gen-Spritze hat damit nichts zu tun. Die Ärzteschaften in sämtlichen Ländern rätseln warum es soviel Fehlgeburten, Herzmuskelentzündungen, die Grippe ist ja plötzlich auch wieder da, Hauterkrankungen usw. gibt, aber man hat einfach keine Erklärung. Patienten, die bei chronischen Krankheiten gut medikamentös eingestellt waren, haben seit der Gen-Spritze enorme gesundheitliche Schwierigkeiten, aber mit der Gen-Spritze hat das nichts zu tun. Was könnte hier bloß passiert sein?

Perlentaucher10
10 Monate her

Einfach rausschmeißen. Weiß denn keiner mehr, wie man das macht?

kasimir
10 Monate her
Antworten an  Perlentaucher10

Das ist aber nicht so einfach. Da müsste man dem „Patienten“ schon nachweisen können, dass er nur krank „feiert“.
Eine Kollegin von mir wurde vor Jahren mal deswegen gefeuert. Der Chef hat sie auf dem Festnetz nicht erreicht und danach gleich auf dem Handy angerufen. Als sie am Handy war, hat er gefragt, wo sie denn gerade wäre. Sie meinte, sie wäre zuhause…Dazu muß man aber sagen, dass sie in jedem Quartal mindestens 1-2x krank war und wir hatten eh‘ schon immer Personalmangel.
Dann konnte er ihr natürlich kündigen. Aber ansonsten wird es schwierig, jemanden einfach rauszuschmeißen…

cernunnos
10 Monate her
Antworten an  Perlentaucher10

In meinem Umfeld sehe ich aber auch, dass die Chefs gezwungen sind mehr Bullshit mitzumachen, weil sie nicht so mir nichts dir nichts sofort Ersatz finden für die Leute. Neuen Kollegen, im Schnitt alle zwei Wochen zu spät, einmal im Monat gar nicht da weil Gelage am Vorabend oder ähnliches. Wäre früher längst weg vom Fenster gewesen…jetzt…es gibt keinen Ersatz. Meistens ist er ja da. Schon lustig, früher hätte man gefragt wie gut jemand ist im Job, heute reicht, dass man zumindest anwesend ist. Sehe auch nicht wie sich das wieder ändern soll.

Manuela
10 Monate her

„Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin führte dies auch auf die Corona-Einschränkungen zurück“

Warum wird hier nicht angesprochen, dass viele Menschen sich das Immunsystem haben kaputtspritzen lassen? Wieder mal der rosa Elefant im Raum, den keiner sehen und vor allem ansprechen will.

StefanB
10 Monate her

Ich habe auch gerade ne heftige Erkältung. Selbstverständlich bin ich nicht so unsolidarisch, meine Mitmenschen nicht dabei zu unterstützen, ihr Immunsystem zu trainieren (es versteht sich von selbst, dass ich niemanden anniese oder anhuste). Aber zuhause bleibe ich wegen einer ordinären Erkältung auch nicht. Damit gehöre ich schließlich zur natürlichen Umwelt.

Nibelung
10 Monate her

Blaumachen ist eine Geisteshaltung und greift immer mehr um sich und das geht schon los in der Kinderzeit, wenn sie die Eltern sehen, die wegen der geringsten Kleinigkeit den Arzt aufsuchen, sich teuere Medikamente verschreiben lassen, die zu einem drittel verbraucht werden und dabei mit der Krankschreibung noch die Kassen und der Arbeitgeber belastet werden, wobei man fast wetten könnte, daß gut die Hälfte simuliert um sich ein paar schöne Tage zu machen von den Ausnahmen abgesehen, wo man wirklich nicht mehr stehen und gehen kann. Wer in so einem Milleu aufwächst und nichts anderes kennt, der wird sein ganzes… Mehr

Axel Haare
10 Monate her

Eine Jugend, die sich monatelang an Home-Office und ausgewogener Work-Life-Balance gewöhnt hat, hat sich ein neues Lebensmotto zu eigen gemacht: „Mir geht es gut, ich geh zum Arzt!“