Ralf Stegner: Auflösung von UNRWA ist eine Chance

Ralf Stegner, seit einiger Zeit zum Außenpolitiker und Putinversteher avanciert, sieht das Scheitern Deutschlands an der Seite der UNRWA als Chance. Nun könne „etwas anderes“ an die Stelle des korrupten Hilfswerks treten. Experten bestätigen: Die Schließung der UNRWA würde die Palästinenser-Nachkommen zu möglichen Flüchtlingen in aller Welt machen.

IMAGO / Bernd Elmenthaler
Ralf Stegner (SPD), 28.11.2023

Kann man noch Artikel über Ralf Stegner schreiben? 64 Jahre alt, ist er erst seit 2021 Mitglied des Bundestages, und man hätte gedacht, dass das viel länger der Fall wäre. Denn die Hochzeiten der Bundespräsenz des Politikers scheinen lange zurückzuliegen. Dabei böte Stegner auch heute noch einen gewissen Schauwert – als Putinversteher zur SPD-Linken, der 2016 dazu aufrief, AfD-Politiker zu „attackieren“ und ihnen daneben unterstellte, dass sie „die Todesstrafe für demokratische Politiker“ forderten (was er gemäß einstweiliger Verfügung des Landgerichts Hamburg nicht mehr wiederholen darf). Diesen Akt simpler Spiegelung der eigenen Motivationslage könnte Stegner vielleicht auch heute noch zum allgemeinen Amüsement (natürlich mit anderen Ausdrücken) vorführen, aber der Mann ist relativ aus der Mode gekommen. Man weiß eigentlich nicht, warum.

Zuletzt fiel er durch freundliche Kommentare über Putin und dessen magische „Scheinwelt“ auf, zu der Stegner einen Zugang gefunden zu haben scheint. (Man kann natürlich auch für Dialog mit Russland sein, ohne Putin eine Pseudo-Kosmologie zuzuschreiben, aber diesen Weg hat Stegner eben nicht gewählt.) Doch Stegner hat ein neues Thema gefunden, wiederum mit durchaus östlicher Komponente, nur etwas weiter südlich. Die UNRWA erregte jüngst Aufsehen, weil ihre Mitarbeiter teils auch Hamas-Mittäter am 7. Oktober waren. Die aktuelle Lage des bald 75-jährigen Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge hat im Grunde schon den Stegner-Bullshit-Pegel erreicht. Die Hilfs- und Arbeitsagentur für die Enkel (und sicher Urenkel) von Palästina-Flüchtlingen galt lange schon als absurd. Die Verstrickung in den Hamas-Terror brachte nur den letzten Tropfen, um die Auflösung der Agentur in greifbare Nähe zu rücken.

— Ralf Stegner MdB (@Ralf_Stegner) February 7, 2024

Damit sieht Stegner nun allerdings seine Chance gekommen, um den politischen Honig aus dieser Geschichte zu ziehen. Die Palästinenser, die bisher als Flüchtlinge der UNRWA quasi „reserviert“ waren, könnten jetzt nämlich „frei“ werden und damit vermehrt für einen Flüchtlingsstatus unter anderem organisatorischen Dach verfügbar sein. An dieser Stelle kann die SPD nicht zögern, sie muss das jahrzehntelange Scheitern an der Seite der UNRWA – das später auch die Grünen unter Außenministerin Baerbock fortsetzten – in einen inoffiziellen Sieg wandeln. Der Rheinischen Post gab Stegner daher nun mahnende Worte zur UNRWA-Kommission des Bundestages mit, die doch anscheinend eine gute, in die Zukunft gerichtete Arbeit versehe: „Was diese Kommission macht, scheint mir der richtige Ansatz zu sein, um zu einer Veränderung zu kommen, die möglicherweise heißen kann, dass etwas anderes an die Stelle der UNRWA treten könnte, wenn es nicht gelingt, die strukturellen Probleme zu lösen.“

„Etwas anderes“, das klingt zunächst vage. Zu vage für die Gegenwart, meint auch Stegner, denn derzeit gebe es diese Alternative nicht, und eine „humanitäre Katastrophe“ drohe, wenn man die Millionen Palästinenser rund um Israel in dieser von ihnen ja irgendwie selbst heraufbeschworenen Lage unbeaufsichtigt durch einen Flüchtlingsmechanismus ließe. Eigenverantwortung ist ja eher ein Buhwort unter Sozialdemokraten. So weit also die offenen Fäden des Außenpolitikers Stegner.

Auflösung der UNRWA würde den Bann über den Palästinensern lösen

Wie man die Auflösung der UNRWA doch noch zu einem Erfolg nach Jahrzehnten sozialdemokratischer Außen- und Palästina-Politik machen kann, das zeigt ebenfalls in der Rheinischen Post der Heidelberger Völkerrechtler Matthias Hartwig auf. Laut Hartwig verhindert nämlich die Existenz der UNRWA, dass Palästinenser zum Gegenstand der Genfer Flüchtlingskonvention werden. Im Artikel 1D der Konvention heiße es nämlich: „Dieses Abkommen findet keine Anwendung auf Personen, die zurzeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen genießen.“ Die zwischen 1948 und 1967 aus Israel geflohenen Palästinenser sollten sich nicht aus ihrer weiteren Heimatregion fortbewegen, so deutet Hartwig den Sinn dieses Artikels und der UNRWA. Und das würde in der Tat zum Verhalten der anderen arabischen Staaten passen, die sich ja standhaft weigern, die Palästinenser dauerhaft und definitiv oder überhaupt aufzunehmen.

Der Zweck der UNRWA bestand also darin, die Palästinenser im engeren Raum um Israel festzubannen. Würde die Organisation aufgelöst, dann entfiele dies. Die Palästinenser könnten in anderen Staaten von der Genfer Flüchtlingskonvention – noch so ein überlebtes Gebilde des Völkerrechts – Gebrauch machen und dort wiederum um „Schutz“ bitten, obwohl sie natürlich nicht unter politischer Verfolgung in ihren Staaten (Palästina, Jordanien, Libanon) leiden. In dem Moment, in dem Israel von der korrupten und terrornahen UNRWA befreit würde, erhielte die Welt ein Geschenk: die Palästinenser, die sich fortan in alle Himmelsrichtungen verstreuen könnten. Die EU und Deutschlands könnten hier zu Top-Destinationen werden.

Sollte der chronisch missgelaunte Stegner diese Lösung doch noch im letzten Moment verhindern wollen? Es würde uns wundern, eher ist zu erwarten, dass die SPD alle Wege frei macht, die zu einem weiteren, möglicherweise sogar stattlichen Flüchtlingskontingent aus Nahost in der EU und Deutschland führen können. Damit würde sich die SPD und alle ihre Mitspieler beharrlich gegen den Rat von Islamkundigen aus Nahost und anderswo wenden, die vor dem explosiven Potential der palästinensischen Widerstandsbewegung – wie der Muslimbrüderschaft allgemein – immer gewarnt haben. Nicht zuletzt deshalb haben sich ja Saudi-Arabien oder die Emirate betont zurückgehalten bei der Aufnahme von Palästina-Flüchtlingen. Und Ägypten und Jordanien folgen heute ihrem Beispiel.

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