Elon Musk verursacht Twitter-Gewitter um die Fake-Accounts

Wie viele Fake-Accounts stecken hinter Twitter und treiben angebliche Reichweite in die Höhe? Das will Elon Musk genauer wissen und liefert sich mit Twitter-Chef Parag Agrawal ein öffentliches Tweet-Geplänkel – mit einem seltsamen Symbol.

IMAGO / Fotoarena

Tesla-Chef Musk will bekanntlich Twitter kaufen, hat 44 Milliarden Dollar zusammengekratzt und bereits ein für Aktionäre sehr verlockendes Übernahmeangebot unterbreitet. Doch bei genauerer Durchsicht der »Akten« kamen Musk offenbar Zweifel. Je mehr Fragen er bei Twitter stelle, desto größer würden seine Bedenken, wie wertvoll das Unternehmen tatsächlich sei. Werber, die mit ihren Geldern Twitter finanzieren, müssten immerhin wissen, was sie für ihr Geld bekommen.

Es geht in erster Linie um die Frage, wie viele Kunden Twitter tatsächlich hat und wie viele Accounts reine Fake-Accounts sind. Seit 2013 habe Twitter seine Angaben zu Spam- und falschen Konten nicht geändert, warf Musk am vergangenen Freitag auf einer Konferenz vor. Ein höherer Anteil an falschen Accounts sei eine schwerwiegende Falschinformation über das Unternehmen. Auf Fox wird bereits über einen Wertpapierbetrug diskutiert, den Twitter begangen habe.

Twitter selbst behauptet, dass der Anteil der falschen Nutzer unter fünf Prozent liege. Twitter-Chef Agrawal betonte standesgemäß auf Twitter, es sei nicht möglich, eine solche spezifische Schätzung extern durchzuführen. Dies würde private Informationen tangieren, die Twitter nicht herausgeben könne. 

Musk twitterte als Antwort ein Kothaufen-Emoji. Mindestens 20 Prozent seien Fake-Accounts, glaubt Musk. Ein Ergebnis zeitigte immerhin diese Äußerung von Musk: Die Twitter-Aktie rauscht in den Keller. 

Musk kündigte an, er wolle Twitter wieder zu einem Hort der Meinungsfreiheit machen und freie Rede zulassen. Auch der frühere US-Präsident Donald Trump soll wieder twittern können. Der erst hatte den früher jahrelang dahindümpelnden Dienst mit seinen Tweets groß gemacht, wurde aber von den linken Twitter-Herrschern hinauskatapultiert.

Im Unternehmen selbst sorgten die Absichten von Musks für mittlere Schocks. Welche Arbeitsmoral sich durchgesetzt hat, zeigt ein bemerkenswertes Gespräch des leitenden Software-Ingenieurs bei Twitter, Siru Murugesan, mit Undercover-Journalisten. Auf der neuen Konkurrenz-Plattform GETTR veröffentlicht »Project Veritas«, was Twitter-Angestellte über die Bestrebungen von Elon Musk denken. 

Auf die Frage »was sagen Ihre Kollegen dazu, dass Elon Twitter kaufe«, antwortete Murugesan: »Sie hassen es. Ich bin zumindest okay mit ihm. Aber einige meiner Kollegen sind super links, links, links. Sie sind der Meinung, dass dies deren letzter Tag sein werde, wenn das passiert.«

Es habe sich bereits viel bei Twitter geändert, seitdem Musk das Unternehmen kaufen will. »Wir sind um unsere Jobs besorgt.« Er habe immerhin angefangen zu arbeiten. Bisher galt der Grundsatz, man müsse sich wohlfühlen, und wenn man sich nicht wohlfühlt, dann nimmt man ein paar Tage frei. 

Folge: »Die Leute haben sich monatelang freigenommen.« Murugesan: »Im letzten Quartal habe ich nur noch vier Stunden pro Woche gearbeitet. Und so funktioniert es in unserer Firma.«

Für ihn eine ideologische Ansicht: »Kapitalisten würden sagen: ‚Du musst versuchen, Gewinne zu machen, oder du bist raus.‘« Viele Leute würden in dieser Kultur nicht überleben.

»Wie würden Sie den Kommunismus innerhalb von Twitter beschreiben?« fragt »Project Veritas« Murugesan. 

»Im Grunde kann jeder machen, was er will«, antwortet der. »Niemand kümmert sich wirklich um Betriebskosten wie die Kapitalisten. Die interessieren sich für Zahlen oder dafür, wie man das Unternehmen effizienter machen kann.«

Eine verblüffend profane Auffassung von Kommunismus, nichts mehr mit Überbau, gar materialistischer Dialektik. Kommunismus ist, wenn keiner mehr arbeiten will. Also gilt es, Kapitalisten zu bekämpfen.

Dazu gehört auch, »Rechte« zu zensieren. Das haben sie getan bei Twitter. Murugesan: »Twitter glaubt nicht an die Meinungsfreiheit. Elon glaubt an die freie Meinungsäußerung. Er ist ein Kapitalist, und wir haben nicht wirklich wie Kapitalisten gehandelt, eher sehr sozialistisch.«

Er bekennt: »Wir sind alle wie verdammte Kommunisten – ideologisch gesehen.«

»Die Rechten würden sagen: ‚Bruder, es ist okay, etwas zu sagen, wir tolerieren es.‘ Die Linken werden sagen: ‚Nein, ich werde es nicht tolerieren. Ich brauche eine Zensur, sonst bin ich nicht mehr auf der Plattform.‘«

Murugesan bestätigt ganz offen politisch einseitige Twitter-Löschaktionen: »Die Rechten zensieren sie, die Linken nicht.« Bemerkenswerte Innenansichten, die letztlich sämtliche Kritik an dem Dienst bestätigen. 

Jason Miller, CEO von GETTR, freut sich währenddessen über den Aufstieg seines Dienstes zu jener Social Media Plattform, die am schnellsten wächst. Er warnte übrigens, dass es selbst Musk nicht gelingen werde, Twitter wieder zu einer Plattform der Meinungsfreiheit zu machen. Dazu müsse fast die gesamte Truppe ausgewechselt werden. 

Zu viele ehemalige Nutzer erinnern sich, verbannt worden zu sein. GETTR-Nutzer »Bullhead11« meint auf GETTR: »Ich persönlich werde nie wieder zu ‚Twister‘ zurückgehen, weil sie das mit der Wahrheit gemacht haben.«

 

Wie immer die Übernahmeschlacht ausgeht: Keinem gelang bisher so nachhaltig die Zerstörung der Glaubwürdigkeit von Twitter wie Musk verbunden mit erheblichem Kursverlust. Sollte die Übernahme scheitern, weil Twitter falsche Angaben gemacht hat, würde er eine Milliarde Dollar kassieren.

Der Mann ist tatsächlich in der Lage, selbst an gescheiterten Käufen zu verdienen. Als Nächstes muss er sich nur noch um Youtube kümmern. 

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Kommentare ( 8 )

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Mausi
1 Jahr her

Und wenn nur das der Zweck des Ganzen war: Die Schlagzeilen um Twitter bringen manches an den Tag. Gut so. Allerdings ist das Gedächtnis der Bevölkerung leider sehr kurz.

Ich bin wirklich gespannt auf den Ausgang. Könnte Twitter die Zahlung einer Millarde verkraften, ohne Pleite zu gehen?

Last edited 1 Jahr her by Mausi
bkkopp
1 Jahr her

Kothaufen zu twittern ist für die Geneigten einer der kleinen Höhepunkte von Redefreiheit für die man sich keine Beleidigungsklagen einhandelt. Neben allen erwähnten Vermutungen zur aktuellen Twitter-Musk-Saga könnte es vielleicht sein, dass Musk vermuten muß, dass seine angeblichen ca. 80 Millionen Follower auch mehrheitlich fake sind. Sicher nicht fake ist Musks anarcho-libertäres, erratisches Verhalten, wie es die Geneigten lieben.

Oneiroi
1 Jahr her

Twitter Aktionäre werden sicherlich schon geahnt haben, dass das Unternehmen nicht wirklich kapitalistisch arbeitet und haufenweise Bots beschäftigt und rechnen demenstprechend mit weiteren Kursverlusten. Allgemein dürften bei Twitter im Wesentlichen die woke Bubble und ein paar Großinvestoren die Echokammer am Laufen halten. Der Vergleich zu Potemkinschen Dörfern drängt sich auf. Wenn die SEC den Laden mal genauer untersuchen sollte wirds spannend ob da noch Strafverfahren kommen, wenn die dort ein ganzes Geschäftsmodell simuliert haben.

RMPetersen
1 Jahr her

Dass Twitter eine Menge Fake-Accounts hat und damit vorwiegend linke Propaganda exponentiell verbreiten kann, hat Musk doch vorher gewusst.
Seine Absetz-Bewegung hat, glaube ich, mit den allgemeinen Kursverlusten US-Kursverlusten zu tun. Er hat mit seinem Kaufangebot einen zu hohen Twitter-Aktienkurs vorgegeben; aus heutiger Sicht könnte er Twitter billiger bekommen.
Gleichzeitig sind seine Tesla-Aktien deutlich gefallen, sein Eigenkapital sollte aus Tesla-Aktienverkäufen kommen. (Dazu externe Finanziers, denen er aber als Sicherheit auch Tesla-Aktien geben muss.) Durch die Tesla-Aktienverluste wird es eng und er könnte, wenn es wirtschaftlich bei Twitter schlecht läuft, die Kontrolle über Tesla verlieren.
(Aber klar, ich wünsche ihm Erfolg.)

Bernd Schulze sen.
1 Jahr her

Eines verstehe ich, was will er mit Twitter und das dort nicht mit rechten Dingen zu geht, ist ja nun kein Geheimnis und das die Geheimdienste fleißig mitlesen, dürfte ebenfasicher sein. Warum schafft er nicht sein eigen Twitter, wenn gut gemacht, dürfte ihm der Erfolg sicher sein. Von mir aus brauchte es Twitter überhaupt nicht geben, daß gute ist daran so manche Lüge von Politiker *innen, kommt zum Vorschein.

Biskaborn
1 Jahr her

Er sollte sich am Besten um alle diese von Linken unterwanderte Dienste kümmern!

taliscas
1 Jahr her

Schöne neue Welt.

Manuela
1 Jahr her

„Als Nächstes muss er sich nur noch um Youtube kümmern.“
Ja, bitte aber schleunigst!